Table Of ContentThorsten Koletschka
Der Supergau als Anlageobjekt?
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Okonomische Analyse des Rechts
Herausgegeben von
Professor Dr. Peter Behrens
Professor Dr. Manfred Holler
Professor Dr. Claus Ott
Professor Dr. Hans-Bernd Schafer (schriftfuhrend)
Professor Dr. Rainer Walz
Universitat Hamburg, Fachbereich Rechtswissenschaft II
Die 6konomische Analyse des Rechts untersucht Rechtsnormen auf
ihre gesellschaftlichen Foigewirkungen und bedient sich dabei des
methodischen Instrumentariums der Wirtschaftswissenschaften, ins
besondere der Mikro6konomie, der Neuen Institutionen- und Konsti
tutionen6konomie. Sie ist ein interdisziplinares Forschungsgebiet, in
dem sowohl Rechtswissenschaftler als auch Wirtschaftswissen
schaftler tatig sind und das zu wesentlichen neuen Erkenntnissen
uber Funktion und Wirkungen von Rechtsnormen gefUhrt hat.
Die Schriftenreihe enthalt Monographien zu verschiedenen Rechts
gebieten und Rechtsentwicklungen. Sie behandelt Fragestellungen
aus den Bereichen Wirtschaftsrecht, Vertragsrecht, Haftungsrecht,
Sachenrecht und verwaltungsrechtliche Regulierung.
Thorsten Koletschka
Der Supergau als
Anlageobjekt?
Rechtliche und wirtschaftliche Aspekte der
Versicherung von GroBschadensrisiken durch
Finanzinstrumente
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Hans-Bernd Schafer
Deutscher UniversiHits-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber
<http://dnb.ddb.de> abrufbar.
Dissertation Universitiit Hamburg, 2004
1. Auflage Juli 2004
Aile Rechte vorbehalten
© Deutscher Universitiits-Verlag GmbH, Wiesbaden, 2004
Lektorat: Brigitte Siegel/Sabine Scholler
Der Deutsche Universitiits-Verlag ist ein Unternehmen von
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wiiren und daher von jedermann benutzt werden diirften.
Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main
Gedruckt auf siiurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
ISBN-13:978-3-8244-8167-5 e-ISBN-13:978-3-322-81806-5
001: 10.1007/978-3-322-81806-5
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Geleitwort VII
Geleitwort
Die vorliegende Abhandlung entstand als Dissertation am Graduiertenkolleg ,,Recht und
Okonomik - Neue Formen privatwirtschaftlicher Kooperation & zivilrechtlicher Haftung" am
Institut flir Recht und Okonomik des Fachbereichs Rechtswissenschaft der Universitat Ham
burg. Der Verfasser geht der Frage nach, inwieweit die bestehenden, unter Anreizgesichts
punkten unzureichenden Haftungsregeln flir industrielle GroBschadensrisiken mit Hilfe von
Kapitalmarktinstrumenten reformiert werden konnen. Bei katastrophalen Schaden mit sehr
geringer Eintrittswahrscheinlichkeit und gleichzeitig unvorhersehbarem SchadensausmaB
kann das System von Versicherung und Rtickversicherung leicht tiberfordert werden. Urn die
Folgen derartiger Ineffizienzen zu verdeutlichen, wahlt der Verfasser die derzeit wohl groBte
Gefahr industrieller Aktivitat, das Risiko eines nuklearen Reaktorunfalls. Er zeigt dabei auf,
welche Anreizverzerrungen vom derzeitigen Haftungssystem flir Nuklearschaden ausgehen.
Hierzu werden die Charakteristika des internationalen Atornhaftungsrechts autbereitet und
anhand der deutschen und US-amerikanischen Regelungen verdeutlicht. Der Verfasser arbei
tet dabei heraus, dass auch die Haftungserweiterung des deutschen Atornhaftungsrechts urn
das Zehnfache im Wege der 10. Gesetzesnovelle vom 27. April 2002 nur einen kleinen
Schritt in Richtung eines anreizkompatiblen Haftungssystems flir industrielle GroBschadensri
siken darstellt. Folgerichtig setzt er sich mit alternativen Internalisierungsmoglichkeiten aus
einander. Er zieht hierzu eine Parallele zu den Entwicklungen am US-amerikanischen Versi
cherungsmarkt flir Naturkatastrophen, auf dem infolge mehrerer GroBschadensfalle in den
neunziger Jahren auf die Absicherung von Versicherungsrisiken durch Kapitalmarktinstru
mente zuriickgegriffen wurde. Diese, als "Securitization" bezeichnete versicherungsrechtIiche
Innovation, versucht, mit Hilfe unterschiedlicher Finanzinstrumente das Versicherungsrisiko
auf eine Vielzahl von Kapitalmarktanlegern zu verteilen. Der Verfasser untersucht eingehend,
inwieweit diese Finanzinstrumente das Versicherungsrisiko zunachst auf unterschiedlichste
Weise btindeln und dann zur Absicherung tiber Kapitalmarkte streuen konnen. Der Versuch
einer Obertragung auf das deutsche Haftungssystem flir Nuklearschaden scheitert nach Auf
fassung des Verfassers allerdings an der mangelnden Tragweite der Finanzmarkte flir diese
hochspekulativen Finanzinstrumente.
Trotz der im Endergebnis negativen Bewertung der Finanzinstrumente als alternative Haf
tungsform fur Nuklearschaden in Deutschland zeigt der Verfasser in seiner Arbeit Reforman
satze auf, die sich gegebenenfalls auf andere Versicherungsrisiken tibertragen lassen. Erste
Entwicklungen in diese Richtung zeichnen sich anhand von Wetter-Derivaten flir den deut
schen Markt abo Auch diese weisen allerdings noch die vom Verfasser herausgearbeiteten
Schwachen auf: Zum einen fehlt es an akzeptierten Modellen zur Preisberechnung. Zum ande
ren ist es bisher nicht gelungen, allgemein genutzte bOrsennotierte Derivate zu kreieren, durch
die ein liquider Handel an TerminbOrsen moglich ware. Der Erfolg dieser alternativen Form
der Versicherung wird also stark davon abhangen, inwieweit diese noch vorhandenen
Nachteile tiberwunden werden konnen. Der Verfasser tragt hierzu bei, indem er in seiner Ar-
VIII Geleitwort
beit die Perspektiven und Grenzen des "Securitization-Ansatzes" herausarbeitet und darnit
aufzeigt, in welche Richtung sich die Versicherung katastrophaler Schaden weiterentwickeln
kann.
Hans-Bernd Schafer
Vorwort IX
Vorwort
Die Vielzahl verheerender Naturkatastrophen und schwerwiegender industrieller GroBschaden
zeigte Ende des 20. lahrhunderts die Schwachstellen der existierenden Versicherungssysteme
auf. Die Terrorgefahr des beginnenden 21. lahrhunderts verdeutlicht, wie notwendig die Su
che nach alternativen Risikoinstrumenten zur Absicherung bestehender GroBgefahren aus
politischen, gesellschafilichen und wirtschaftlichen Griinden ist. Diese Herausforderung er
fordert nicht nur eine Zusammenarbeit tiber Disziplinen, sondern auch tiber Grenzen hinweg.
Die Bedeutung eines internationalen und interdisziplinaren Graduiertenkollegs ist vor diesem
Hintergrund von unschatzbarem Wert. Meine groBte Hochachtung und mein Dank gebtihrt in
diesem Zusammenhang meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Hans-Bernd Schafer. Durch
seinen fortwiihrenden und vielseitigen Einsatz fur die Forschungsrichtung ,,Law and Econo
mics" hat er entscheidend dazu beigetragen, dass das Hamburger Institut fur Recht und Oko
nomik zum europaischen Forschungszentrum in dieser Disziplin aufgestiegen ist. Dies ware
nicht ohne die Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschafi moglich gewesen, die
mit der finanziellen Forderung des Graduiertenkollegs die wesentliche Grundlage fur die For
schung und den wissenschafilichen Austausch gelegt hat. Hiervon habe ich sehr profitiert.
Entscheidend vorangebracht hat mich auch mein Forschungsaufenthalt am wirtschafiswissen
schafilichen Fachbereich der Universite du Quebec a Montreal (UQAM)/Kanada von luni
2001 bis Februar 2002. Herrn Prof. Claude Felteau, dem Direktor des Fachbereichs, sowie
Herrn Prof. Claude Fluet, der mich an der UQAM betreute, gilt in diesem Zusammenhang
mein personlicher Dank. Ftir fachliche Hilfestellungen und Materialen konnte ich stets auf
Herrn Prof. Dr. lochen Bigus, Habilitand am Graduiertenkolleg wahrend unserer gemeinsa
men Forschungszeit, und Herrn Prof. Dr. Andreas Richter, Institut fur Versicherungsbetriebs
lehre der Universitat Hamburg, zuriickgreifen. Ganz personlich danken mochte ich meinen
Kollegen am Graduiertenkol\eg ftir Recht und Okonomik sowie der benachbarten Lehrsttihle
fur die wissenschafiliche Zusammenarbeit und den freundschafilichen Zusammenhalt. Allen
voran nattirlich die Schicksalsgemeinschafi, die in unruhigen Zeiten bewiesen hat, wie stark
man gemeinsam werden kann. Zu guter Letzt noch ein personliches Wort an meine Eltern:
Danke, dass Ihr mich bis heute mit all Euren Krafien untersttitzt, mir stets die erforderliche
Freiheit und Orientierung gegeben und mir vor allem das notwendige Vertrauen geschenkt
habt, das mich bislang zu den entscheidenden Schritten in meinem Leben ermutigte.
Thorsten Koletschka
Inhaltsverzeichnis XI
Inhaltsverzeichnis
Abbildnngs. nnd Tabellenverzeichnis .............................................................................. XV
I. Einfiihrung ....................................................................................................................... 1
1. Prob1emdarstellung ......................................................................................................... 1
2. Altemativer Risikotransfer als m6gliche L6sung? ........................................................... 4
3. Gegenstand der Arbeit .................................................................................................... 5
4. Untersuchungsgang ........................................................................................................ 5
II. Jnristische nnd wirtschaftliche Grundlagen der Atomhaftnng .................................... 7
1. Ein1eitung ....................................................................................................................... 7
2. luristische Grundlagen .................................................................................................... 8
2.1. Internationa1e Konventionen .................................................................................... 9
2.1.1. Pariser Ubereinkommen .................................................................................... 9
2.1.2. Briisseler Zusatziibereinkommen ..................................................................... 10
2.1.3. Pariser Protokolle ............................................................................................ 11
2.IA. Wiener Ubereinkommen ................................................................................. II
2.1.5. Gemeinsames Protokoll yom 21. September 1988 ........................................... 11
2.1.6. Erganzungsprotokoll zum Wiener Ubereinkommen ......................................... 12
2.1.7. Zusatzhaftungsiibereinkommen ....................................................................... 12
2.2. Nationale Regelungen ............................................................................................ 12
2.2.1. Das bundesdeutsche Atomgesetz ..................................................................... 13
2.2.1.1. Alte Fassung ............................................................................................. 14
2.2.1.2. Neue Fassung ........................................................................................... 17
2.2.1.3. Stellungnahme .......................................................................................... 20
2.2. 1A. Fazit ......................................................................................................... 23
2.2.2. Der US-amerikanische Price-Anderson Act... .................................................. 24
2.2.3. Zusammenfassung ........................................................................................... 26
2.3. Atomhaftung vs. traditionelles Haftungsrecht ........................................................ 28
2.3.1. Gef<ihrdungshaftung ........................................................................................ 28
2.3.2. Haftungskanalisierung ..................................................................................... 29
2.3.3. Haftungsbegrenzung ....................................................................................... 30
2.3A. Pflichtversicherung ......................................................................................... 31
2.3.5. Fazit ................................................................................................................ 33
3. Wirtschaftliche Rahmenbedingungen ............................................................................ 33
3.1. Die Versicherbarkeit von Katastrophenrisiken ....................................................... 34
3.2. Das nukleare Risiko als Katastrophenrisiko ........................................................... 35
XII Inhaltsverzeichnis
3.3. Die unzureichende Haftungsmasse der Versicherungswirtschaft ............................ 35
3.4. Stellungnahme ....................................................................................................... 37
4. LOsungsansiitze ............................................................................................................. 39
4.1. Steuem oder Gebiihren .......................................................................................... 39
4.2. Verhandlungslosung nach dem Coase-Theorem ..................................................... 40
4.3. Poollosung ............................................................................................................. 41
4.4. Risikotransfer in den Kapitalmarkt ........................................................................ 43
5. Ergebnis ....................................................................................................................... 44
ITI. Der Einsatz von Finanzprodukten fUr Gro8schadensrisiken .•...................•.........•.... 46
1. Einleitung ..................................................................................................................... 46
2. Die einzelnen Finanzinstrurnente .................................................................................. 49
2.1. Katastrophenoptionen ............................................................................................ 49
2.1.1. Wertpapierrechtliche Einordnung und Definitionen ......................................... 49
2.1.2. Funktionsweise ............................................................................................... 53
2.1.3. Praxisbeispiele ................................................................................................ 59
2.1.3.1. PCS-Optionen an der CBOT ..................................................................... 60
2.1.3.1.1. Beispielfall ....................................................................................... 62
2.1.3.1.2. Handelsstrategien ............................................................................. 62
2.1.3.1.2.1. Spreads ...................................................................................... 63
2.1.3.1.2.2. Butterfly-Spreads ....................................................................... 65
2.1.3.1.2.3. Strips ......................................................................................... 67
2.1.3.2. GCCI-Optionen an der BCOE ................................................................... 67
2.1.4. Vor-lNachteile ................................................................................................ 70
2.1.4.1. Vorteile .................................................................................................... 70
2.1.4.1.1. Transaktionskosten ........................................................................... 70
2.1.4.1.2. Ausfallrisiko ..................................................................................... 71
2.1.4.1.3. Liquiditiit ......................................................................................... 71
2.1.4.1.4. Marktein-/ausstieg ............................................................................ 72
2.1.4.1.5. Antiselektionsgefahr ......................................................................... 72
2.1.4.1.6. Moralisches Risiko ........................................................................... 73
2.1.4.1.7. Zusammenfassung ............................................................................ 74
2.1.4.2. Nachteile .................................................................................................. 74
2.1.4.2.1. Basisrisiko ........................................................................................ 74
2.1.4.2.2. Sonstige Nachteile des bisherigen Handels ....................................... 79
2.1.4.2.3. Fazit ................................................................................................. 79
2.2. Katastrophenanleihen ............................................................................................ 80
2.2.1. Allgemeine Funktionsweise ............................................................................ 80
2.2.2. Gestaltungsvarianten ....................................................................................... 85
2.2.2.1. Trigger ..................................................................................................... 86
2.2.2.2. Risikostrukturen ....................................................................................... 87