Table Of ContentIngrid Riesener
Der Stamm 13y im Alten Testament
Ingrid Riesener
Der Stamm lay
im Alten Testament
Eine Wortuntersuchung
unter Berücksichtigung
neuerer sprachwissenschaftlicher
Methoden
w
DE
G
Walter de Gruyter • Berlin • New York
1979
Beiheft zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft
Herausgegeben von Georg Fohrer
149
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Riesener, Ingrid
Der Stamm 13? im Alten Testament : e. Wortunters, unter Be-
rücks. neuerer sprachwissenschaftl. Methoden / Ingrid Riesener. -
Berlin, New York : de Gruyter, 1979.
(Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft : Beih. ; 149)
ISBN 3-11-007260-2
©
1978
by Walter de Gruyter & Co., vormals G.J.Göschen'sehe Verlagshandlung - J. Guttentag,
Verlagsbuchhandlung - Georg Reimer - Karl J. Trübner - Veit & Comp., Berlin 30
Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe,
der Ubersetzung, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien,
auch auszugsweise, vorbehalten.
Printed in Germany
Satz und Druck: Hubert 8c Co., Göttingen
Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Berlin 61
Vorwort
Im Wintersemester 1975/76 wurde die vorliegende Arbeit von der
Kirchlichen Hochschule Berlin als Dissertation angenommen. Auf die
Einarbeitung der seither erschienenen Literatur, insbesondere der mir
beim Abschluß meines Manuskriptes im Sommer 1975 noch nicht zugäng-
lichen ausführlichen Untersuchung von J.P.Floß, Jahwe dienen — Göttern
dienen, BBB 45, 1975, wurde verzichtet, da dies größere Eingriffe in das
Manuskript notwendig gemacht und damit das Erscheinen dieser Unter-
suchung noch weiter verzögert hätte.
Herrn Prof. Dr. Richard Hentschke verdanke ich neben dem Hinweis,
daß im deutschsprachigen Raum eine monographische Untersuchung des
Stammes "DJ* fehlt, auch die Möglichkeit, während meiner Assistenten-
tätigkeit bei ihm dieses umfangreiche Thema zu bearbeiten.
Herrn Prof. Dr. Diethelm Michel, der das Korreferat übernahm,
spreche ich meinen Dank aus für die Förderung meiner wissenschaftlichen
Beschäftigung mit dem Alten Testament und besonders mit der hebräi-
schen Sprache. Herrn Prof. D. Dr. Georg Fohrer, D.D. danke ich für die
Aufnahme der Arbeit in die Reihe der „Beihefte zur Zeitschrift für die alt-
testamentliche Wissenschaft" und der „Landeskirchlichen Stiftung für
evangelische Theologen, begründet von Hermann L. Strack" für die Über-
nahme der Druckkosten.
Meinen Eltern, die mir unter mancherlei Opfern das Studium ermög-
lichten und mir auch später mit Rat und Tat zur Seite standen, schulde ich
großen Dank.
Ein wesentlicher Anteil am Entstehen dieser Arbeit kommt meinem
Mann zu: Er übernahm die Reinschrift des Manuskripts, teilte mit mir die
Mühe des Korrekturlesens und Registererstellens und förderte vor allem
durch sein großes Verständnis und Interesse das Werden dieser Unter-
suchung.
Berlin, im August 1978 Ingrid Riesener
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung . 1
2. Synchronische Betrachtung 8
2.1. Wortfamilie und Wortbildungslehre 8
2.1.1./2. 13? und 13? 8
2.1.3. ffjif 10
2.1.4. und mi3? 10
2.1.5. 13? und 13
2.1.6. Eigennamen 13
2.2. Syntaktische Verwendung 15
2.2.1. 15
Exkurs: Die Verwendung des Wortes rPH im Zusammen-
hang mit Zustands- und Eigenschaftsaussagen 17
2.2.2. 13? 26
2.2.3. n-jä? 31
2.3. Analyse der referentiellen Bedeutung 32
2.3.1. 13? 33
2.3.2. 13? 46
2.3.3. n-ja* 49
2.4. Wortfelduntersuchung 54
2.4.1. Die Wortfeldlehre in der Sprachwissenschaft und ihre Be-
deutung für alttestamentliche Wortuntersuchungen . .. 54
2.4.1.1. Die bisherige Anwendung der Feldanalyse in der alttesta-
mentlichen Wissenschaft 54
2.4.1.2. Die Feldanalyse in der Sprachwissenschaft 56
2.4.1.3. Die Bedeutung und Anwendung der Feldanalyse im Hin-
blick auf die Fragestellung der Arbeit 70
2.4.2. Wortfelder von und rrj3? 75
2.4.2.1. Das Wortfeld von 13? in der Bedeutung »Sklave« . . .. 75
2.4.2.2. Das Wortfeld von ¡TJ3? als Terminus für das »Handeln«
Jahwes 89
2.5. Frequenzanalyse 106
VIII Inhaltsverzeichnis
3. Diachronische Betrachtung 112
3.1. Der nichtreligiöse Sprachgebrauch 112
3.1.1. Die Verwendung von T35> im Zusammenhang mit der
Institution der Sklaverei in Israel 113
3.1.2. Die Verwendung von Tay im Zusammenhang mit der In-
stitution des Königtums in Israel 135
3.1.2.1. Die »Untertanen« des Königs 135
3.1.2.2. Politische Unterwerfung und Vasallenstatus 142
3.1.2.3. Die im Dienst des Königs Stehenden 150
3.1.3. Der formelhafte Gebrauch 156
3.2. Der religiöse Sprachgebrauch 160
3.2.1. In den alten Pentateuchquellen und den dazugehörigen
Ergänzungen 160
3.2.2. Bei den vorexilischen Propheten 173
3.2.3. Im Deuteronomium und im deuteronomistischen Ge-
schichtswerk 184
3.2.3.1. T3? 186
Im Deuteronomium 186
Im deuteronomistischen Geschichtswerk 186
3.2.3.2. T3? 204
Im Deuteronomium 205
Im deuteronomistischen Geschichtswerk 208
3.2.4. In den Psalmen 223
3.2.4.1. T9? 223
3.2.4.2. T3? 232
3.2.5. Bei Deuterojesaja und bei Tritojesaja 235
3.2.5.1. Bei Deuterojesaja 235
3.2.5.2. Bei Tritojesaja 247
3.2.6. In verschiedenen Schriften der exilischen und nachexili-
schen Zeit 250
3.2.6.1. Im Ezechielbuch 250
3.2.6.2. Im Dodekapropheton und bei Daniel 252
3.2.6.3. Im Hiobbuch 254
3.2.6.4. Im der Priesterschrift 257
3.2.6.5. Im chronistischen Geschichtswerk 260
4. Zusammenfassung 268
5. Literaturverzeichnis 272
6. Register 287
1. Einleitung
Vergleicht man einmal die Verwendung des Wortes in einigen alt-
testamentlichen (= atl.) Texten, dann fällt von vornherein die große
Spannweite dieses Wortes auf:
• EX21(20)21 geht es — im Zusammenhang mit verschiedenen Straf-
bestimmungen bei Körperverletzungen (Ex 2118-36) — um die Festlegung
der Strafe für den Fall, daß ein Mann »seinen 13? mit dem Stock schlägt«,
so daß dieser 135? stirbt. Tritt nun der Tod erst nach ein oder zwei Tagen
ein, dann soll keine Rache bzw. Strafe erfolgen, »denn es war sein Geld«. —
Hier wird der 135» als der völlig zum Eigentum Verfallene gesehen, nämlich
nur unter dem materiellen Gesichtspunkt, daß er zum »Besitz« desjenigen
gehört, der ihn gekauft und getötet hat.
• I Regl27: Die Erzählung von der »Reichsspaltung« (I Regl2l-20)
sieht den Grund für die Konstituierung des Nordreiches als eines selbstän-
digen Staates in der unklugen, überheblichen Haltung Rehabeams. Als
die Israeliten diesen nämlich bitten, die harte rn35> seines Vaters Salomo
zu erleichtern, fragt Rehabeam zunächst »die Alten« um Rat. Sie ant-
worten ihm (v.7): »Wenn du heute diesem Volk ein 13? bist DJVpin ...,
dann werden sie dir allezeit Q'l?? sein.« (pf.!) Rehabeam jedoch folgt nicht
dem Rat »der Alten«, sondern kündigt im Gegenteil den Israeliten an, er
werde ihr »Joch« noch schwerer machen als sein Vater; daraufhin verliert
das Haus Davids durch Rehabeams Unbesonnenheit das Königtum über
(Nord-)Israel, nur Juda bleibt bei Rehabeam. —
Offensichtlich muß hier die Aussageintention des Wortes 13? in
anderer Richtung gesucht werden, da »die Alten« dem König raten, ein
13J> zu sein und dieser dadurch keineswegs zum Eigentum des Volkes
wird. Das 135?-Sein kann hier, wie die Erzählung zeigt, nur bedeuten, daß
der König auf die Forderungen des Volkes eingehen, daß er nachgiebig
sein soll1. Eine genaue Analyse des hebräischen Textes zeigt nun freilich
auch Unterschiede in der syntaktischen Konstruktion: Ex2120 wird der
135? durch das Possessivsuffix 3.m.sg. seinem Besitzer zugeordnet (113?),
1 Immerhin erscheint die Formulierung sehr drastisch, und so ist es bezeichnend, daß
II Chr 10 7 das Wort "73? nur noch für das Volk verwendet wird, die Empfehlung für
Rehabeam nur , lautet (= »sich freundlich zeigen, gefällig sein«). Vgl.
Noth, Könige, 267.
1 Riesener, Der Stamm
2 Einleitung
I Reg 127 wird der Ausdruck V 73? rrn verwendet. Die Annahme liegt
nahe, daß die unterschiedlichen grammatischen Konstruktionen auch sinn-
gemäß zu differenzieren sind: Die Suffixverbindung kennzeichnet den
135? als denjenigen, der eben einem anderen »zugehörig« ist2. In einigen
wenigen Fällen3 wird nun diese Zugehörigkeit ebenso wie IReg 127 durch
b und das Verb rrn ausgedrückt; diese Verwendung findet sich z.B. auch
II Reg241: »In seinen Tagen zog Nebukadnezar, der König von Babel,
herauf, und Jojakim war ihm drei Jahre lang ; danach fiel er wieder von
ihm ab.« — Jojakim war demnach zunächst kein 135?, im Verlaufe der Er-
oberungen Nebukadnezars wird er dessen 13? und fällt dann wieder von
ihm ab. Diese Stelle legt die Vermutung nahe, daß V 13? rrn dann ver-
wendet wird, wenn die temporäre Begrenztheit, die Diskontinuität des
135? -Seins herausgestellt werden soll. Im Unterschied dazu würde dann die
Suffixverbindung einfach nur ein bestehendes 13?-Verhältnis konstatieren.
Von dieser Unterscheidung her wäre deutlich, warum I Reg 127 b 13? rrn
stehen muß: Diesen einen Tag nur soll Rehabeam dem Volk ein 13? sein —
d.h. in diesem Zusammenhang: die Wünsche bzw. Forderungen anderer
erfüllen —, dann werden die Israeliten während seiner ganzen Regierungs-
zeit seine D'13? sein, d. h. seinen Befehlen folgen.
V 13? rrn wird also IRegl27 zweimal zur Beschreibung eines
zukünftigen 13? -Seins von Personen verwendet, die im Augenblick, da
diese Aussage von ihnen gemacht wird, noch keine sind: Insofern
dient der Ausdruck zur Wiedergabe einer gewissen Diskontinuität des
13?-Seins. So zeigt sich hier, daß die Frage nach der syntaktischen Ver-
wendung für das Verständnis des Wortes 13? unerläßlich ist; hierbei wird
zu prüfen sein, ob sich die an den bisher betrachteten Texten beobachteten
inhaltlichen Unterschiede der verschiedenen grammatischen Konstruktio-
nen auch in anderen Texten wiederfinden oder nicht und ob sich damit
unsere Vermutung über deren Funktion verifizieren bzw. falsifizieren
läßt4. Betrachten wir nun als letztes Beispiel
• Num 126-8: Hier wird Mose innerhalb einer Jahwerede von Jahwe
selbst als »mein 13? « bezeichnet, und der Zusammenhang zeigt, daß dies
für Mose der höchste überhaupt denkbare Ehrentitel ist; denn er ist über
das ganze Haus Jahwes gesetzt, und mit ihm spricht Jahwe »von Mund zu
Mund«, während er sich den Propheten »nur« durch Visionen und Träume
mitteilt.
2 Vgl. W. Zimmerli, ThWNT V, 655. Zur Präzisierung des Begriffes »Zugehörigkeit«
s.u. 37ff.
3 S. 24, vgl. Anm. 42.
4 S.Kap. 2.2.1., 15 ff.