Table Of ContentJahrbuch
für Biblische Theologie
(JBTh)
In Verbindung mit
Luis M. Alonso Schökel, J. Severino Croatto, John R. Donahue,
Paul D. Hanson, Ulrich Mauser und Magne SrebjZI
herausgegeben von
Ingo Baldermann, Ernst Dassmann, Ottmar Fuchs, Berndt Hamm,
Otfried Hofius, Bemd Janowski, Norbert Lohfink, Helmut Merklein,
Werner H. Schmidt, Günter Stemberger, Peter Stuhlmacher,
Marie-Theres Wacker, Michael Welker und Rudolf Weth
Band 8 (1993)
Der Messias
Neukirchener Verlag
© 1993
Neukirebener Verlag des Erziehungsvereins GmbH
Neukirchen-Vluyn
Alle Rechte vorbehalten
Urnschlaggestaltung: Kurt Wolff
Satz und Druckvorlage: Volker Harnpel
Gesarntherstellung: Breklurner Druckerei Manfred Siegel KG
Printed in Germany
ISBN 3-7887-1465-4
ISSN 0935-9338
Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahrne
Der Messias.-Neukirchen-Vluyn: Neukirebener Verl., 1993
(Jahrbuch für biblische Theologie; Bd. 8)
ISBN 3-7887-1465-4
Vorwort
Kaum ein Begriff bestimmt das Selbstverständnis des Christentums so
sehr wie der des Messias. Doch ist das Verständnis biblischer Texte
als messianischer Weissagungen, die sich in Jesus erfüllt haben, die
Sicht des Neuen Testaments und somit des christlichen Glaubens; es
entspricht hingegen nicht unbedingt dem Wortsinn dieser Texte in ih
rem historischen Zusammenhang. Die meisten Juden der Zeit Jesu ha
ben sie nicht so verstanden. Ihre Auslegung stand daher von Anfang
an im Mittelpunkt der christlich-jüdischen Auseinandersetzung und ist
dies weithin bis heute geblieben. Trotz einer Fülle von Monographien
und Aufsätzen zum Thema und seinen verschiedenen Aspekten ist die
Problematik noch lange nicht aufgearbeitet. Auch innerjüdisch und
innerchristlich sind die Positionen dazu heute mehr denn je uneinheit
lich, wie ein Blick in die neuere Literatur zeigen kann; dieser Band
ist - und das ganz bewußt - ein Beispiel dafür. Gerade diese Unabge
schlossenheit birgt in sich auch die Chance eines friedlichen Gesprächs
zwischen Juden und Christen, in dem die Konturen des gemeinsamen
Erbes ebenso bewußt werden wie das Trennende.
Um die biblischen Voraussetzungen der~.ffiessianischen Vorstellungen
in jüdischer und christlicher Tradition geht es in den beiden ersten
Beiträgen des Bandes. W.H. Schmidt und M. S~b(J grenzen biblische
Heils- und Endzeiterwartungen klar vom Messianismus ab; dieser ist
nur ein möglicher Teilaspekt der Erwartung zukünftigen Heils. Auch
wenn man heute kaum noch das Schema »Verheißung- Erfüllung«
an die biblischen Texte heranträgt, ist doch klar, daß die Texte durch
ihre Rezeption stets eine neue Fülle erhalten und mit den Hoffnungen
und Erwartungen ihrer Leser aufgeladen werden. E. Zenger zeigt
dies an Ps 72 in seiner jüdischen und frühchristlichen Auslegungsge
schichte und fragt nach der Rechtfertigung seiner »messianischen Lek
türe«. Wie die Rede vom »Menschensohn« in Dan 7 sich im Früh
judentum entfaltete und mit dem Messiasbegriff in Berührung kam,
so daß im Neuen Testament beide Begriffe sogar gleichgesetzt und
für die Ausbildung einer Zwei-Stufen-Christologie verwendet werden
konnten, stellt K. Koch in seinem Beitrag dar. Kontrovers sind die
Aufsätze von 0. Hofius und P. Stuhlmacher zur Messianität Jesu; sie
VI Vorwort
sind aus Thesenpapieren für eine gemeinsame Lehrveranstaltung her
vorgegangen und werden sicher auch zu weiterer Diskussion anregen.
Dies gilt ebenso für D. Zellers Aufsatz zur Transformation des XpL
cn6s bei Paulus, der unter anderem die Thesen von M. Karrer (»Der
Gesalbte«) anders als K.-W. Niebuhr im Rezensionsteil des Bandes
beurteilt.
F. Garda Mart(nez bietet erstmals eine vollständige Zusammenstel-.
lung aller irgendwie messianischen Texte aus Qumran, darunter auch
manche in den letzten Monaten heftig diskutierte neuedierte und auch
einzelne noch unveröffentlichte Texte. Auch wenn er bewußt noch
keine neue Synthese der Messiaserwartungen von Qumran und ihrer
Geschichte versucht, ist die Zusammenstellung und Kommentierung
des Materials eine wichtige Basis für die weitere Diskussion. Wie
UD
einheitlich die messianischen Erwartungen der übrigen Richtungen
des Frühjudentums gewesen sind, skizziert C. Thoma in seinem Bei
trag. Eine wesentliche Quelle für unsere Kenntnis jüdischer, aber auch
schon judenchristlich umgeprägter Messiaserwartungen ist Justins
»Dialog«, Gegenstand einer Studie von St. Heid. Was hier in der
Frühzeit der christlich-jüdischen Auseinandersetzungen noch irenisch
verhandelt wird, bestimmt die ganze weitere Geschichte des gegen
über den Juden immer aggressiveren Christentums. Ein wichtiges Bei
spiel dafür sind die im Mittelalter den Juden aufgezwungenen Dispu
tationen über die Erfüllung der messianischen Weissagungen, wobei
die christliche Seite immer mehr auch den Talmud als Kronzeugen ih
res Glaubens zu vereinnahmen suchte (G. Stemberger). E. Friedland
schließlich zeigt anband moderner Bearbeitungen der Pesach-Hagga
da, welche Transformationen messianische Vorstellungen im heutigen
Judentum durchmachen können. Traditioneller wirkt dagegen die Auf
nahme biblisch-jüdischen Erbes in den eschatologischen Auffassungen
des Islams, denen H. Busse nachgeht. Angesichts der zunehmenden
Kontakte mit Muslimen ist es sicher hilfreich, auch deren eschatolo
gische Traditionen kennenzulemen.
Wie es möglich ist, eine Christologie zu entwickeln, die keine anti
jüdischen Züge trägt, versucht W. Breuning zu zeigen. Er wie auch
die von U.H.J. Körtner besprochenen Christologien von J. Moltmann,
F.-W. Marquardt und P.M. van Buren machen deutlich, daß eine Ver
söhnung mit dem Judentum nicht im Verschweigen christologischer
Ansprüche bestehen kann. Der christliche Messias ist nicht nur der
Messias aus Israel, sondern auch der Messias für Israel, allerdings
nicht triumphalistisch, sondern am Kreuz zerbrochen und von Gott
auferweckt. Christlicher und jüdischer Anspruch bleiben angefochten,
wie es Paulus in Röm 9-11 exemplarisch vorgeführt hat.
Die Messiasfrage im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Juden und
Christen ist nicht nur ein theologisches Problem. Wichtig für ein ver
söhntes Miteinander der Religionen ist die Vermittlung neuer Einsich
ten. Darum kommt der im Beitrag von H. Schmidt angeschnittenen
Vorwort VII
religionspädagogischen Frage, welches Messiasbild in den Lehrbü
chern der Schulen und der Erwachsenenbildung vorkommt und wie
es aussehen sollte, erhebliche Bedeutung zu.
Zum Schluß ein herzliches Wort des Dankes an Herrn Dr. Volker
Harnpel, der sich vom ersten Band an mit viel Liebe und Mühe für
das Jahrbuch eingesetzt und auch für diesen Band die Druckvorlage
erstellt hat.
Für die Herausgeber
Ernst Dassmann I Günter Sternherger