Table Of ContentDER INDUSTRIEOFEN
IN EINZELDARSTELLUNGEN
HERAUSGEBER:
L. LITINSKY
OB.-ING.
LEIPZIG
BAND VI:
DER HOCHOFEN
VON
E. 0 I E P S C H LAG
PROFESSOR FÜR EISENHÜTTENKUNDE
AN DER TECHN. HOCHSCHULE BRESLAU
SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH
1932
DER HOCHOFEN
VON
E. DIEPSCHLAG
PROFESSOR FÜR EISENHÜTTENKUNDE
AN DER TECHN. HOCHSCHULE BRESLAU
MIT 76 FIGUREN IM TEXT SOWIE
54 Z A H L E N TA F E LN
SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH
1932
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1932
Ursprünglich erschienen bei Otto Spamer, Leipzig 1932
Softcover reprint ofthe hardcover 1st edition 1932
ISBN 978-3-662-33711-0 ISBN 978-3-662-34109-4 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-34109-4
Vorwort des Herausgebers.
über Zweck und Ziel der Bücherreihe "Der Industrieofen in Einzeldar
stellungen" unterrichtet ausführlich mein Vorwort, welches in den bis jetzt
erschienenen Bänden dieser Sammlung wiederholt aufgenommen wurde. Da
nach ist geplant, über einzelne industrielle Öfen, je nach ihren Verwendungs
gebieten sowie über die mit industriellen Ofenanlagen verbundenen Teilgebiete
einzelne Monographien zu veröffentlichen. Trotz der Schwere der Zeit ist es
dem Verlag gelungen, bis jetzt die folgenden Einzelbände der begonnenen
Sammlung herauszubringen:
1. H. von JÜptner. Wärmetechnische Grundlagen der Industrieöfen.
2. E. Cotel. Der Siemens-Martin-Ofen.
3. M. Pavlott. Abmessungen von Hoch- und Martinöfen.
4. B. Larsen und Mitarbeiter. Feuerfeste Baustoffe in Siemens-Martin-Öfen.
5. W. Heiligenstaedt. Regeneratoren, Rekuperatoren, Winderhitzer.
Als 6. Band, dem weitere Bände folgen werden, erscheint das vorliegende
groß angelegte Werk von Prof. E. Diepschlag über "Der Hochofen".
Ich hoffe durch die Herausgabe der Sammlung "Der Industrieofen in
Einzeldarstellungen" einem wirklichen Bedürfnis entsprochen zu haben und
bitte die Herren Fachgenossen mich durch Verbesserungswünsche und weitere
Anregungen zu unterstützen.
L. Litinsky.
Vorwort.
In einer Bücherreihe über Industrieöfen kommt auch dem Hochofen eine
besondere Abhandlung zu. Das Thema kann dabei von zwei verschiedenen
Gesichtspunkten behandelt werden. Entweder stellt man den Ofen als bau
liche Einrichtung in den Mittelpunkt der Darstellung, oder hebt mehr sein
betriebstechnisches Verhalten und seine technisch-wirtschaftlichen Aufgaben
hervor. Das letztere ist hier geschehen, von der Erwägung ausgehend, daß
gerade beim Hochofen im Vergleich zu anderen technischen Öfen oder Feue
rungen diese Gesichtspunkte gegenüber baulichen Eigentümlichkeiten in
erster Linie bedeutsam sind.
Im Hochofen wirken eine so große Zahl von verschiedenartigen Stoffen
und Energiegrößen aufeinander ein, daß es nicht möglich ist, alle Einzel-
VI Vorwort.
vorgänge quantitativ herauszulösen und in genauer Größenordnung festzu
stellen. Das Thema ist daher unerschöpflich; es kommt darauf an, diejenigen
Vorgänge und Erscheinungen aufzuzeigen, die in technischem oder wirtschaft
lichem Sinne wertvoll sind. Manches Problem ist noch ungeklärt oder noch
unvollständig aufgedeckt, seine Kennzeichnung soll der Ausgangspunkt für
weitere Forschungen bieten. Rechnerische Untersuchungen können zu unter
einander abweichenden Ergebnissen führen, da entweder die Voraussetzungen
der Rechnungen noch nicht mit Sicherheit gewählt werden können, oder
weil in den einzelnen Fällen die Vorgänge durch andere nicht berücksichtigte
überdeckt werden. Auch sie ergeben den Anreiz zu weiteren Untersuchungen.
Bei den Abhandlungen erschien es angebracht, nicht nur die inneren Vor
gänge des Hochofens näher zu beleuchten, sondern auch dienliche Angaben
über die Rohstoffe und die Erzeugnisse zu machen. Daneben wurden auch
zur Vermittlung des Verständnisses allgemeintheoretische Ableitungen ent
wickelt, soweit solche in den verschiedenen Erörterungen Anwendung fin
den. Die persönliche Stellung zu einer Reihe von Fragen wird immer nach der
einen oder anderen Seite beeinflußt sein, je nach dem Standpunkt des Beob
achters, seinen Bestrebungen und seinen eigenen Erlebnissen.
E. Diepschlag.
Inhaltsübersicht.
Seite
Einleitung. . • . . . . . 1
Aufgaben des Hochofens 2
Das Prinzip des Hochofens 4
Der Brennstoff des Hochofens 8
Beschaffenheit, Gefüge und Bewertung des Kokses 8
Die Vorgänge bei der Verbrennung von Koks. . . 14
Verfahren zur Bestimmung der Reaktionsfähigkeit von Koks 16
Untersuchungen über Temperaturen und Gaszusammensetzung im Verbrennungs-
raum eines Schachtofens. . . . . . . . . . 25
Die Schmelzstoffe des Hochofens •.. . . . . . . . . . . . . . . 36
Zusammensetzung und Bewertung der Eisenerze. . . . . . . . . . . . 36
Die Bedeutung des Gefügeaufbaues der Eisenerze für die Hüttentechnik. 39
Der Wert der Eisenerze für den Hochofenprozeß und die Steigerung desselben
durch Vorbereitung der Erze. . . . . . 44
Die Raumgewichte der Beschickungsstoffe . . . . . . . 46
Gesetzmäßigkeiten und ihre Ableitungen . . . . . . 48
Die Wärmeerzeugung durch Verbrennung von Kohlenstoff 48
Die Bedeutung der Phasenregel . . . . . . . . • . . . 67
Der Einfluß der Zustandsgrößen der für den Betrieb des Hochofens verwendeten
Luft auf das Raumgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
Die Wärmeerzeugung und der Wärmeaustausch im Hochofen . . . . . 74
Die Temperaturen vor den Formen des Hochofens und ihre Abhängigkeit von
Winderwärmung, Kokssatz und Koksbeschaffenheit .......... 74
Die Windführung bei Hochöfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Die Beziehung zwischen Wärmeinhalt und Temperatur des Heizgasstromes und
dem Wärmebedarf der Beschickungsstoffe im Hochofen. . . . . . . . . 91
Die Temperaturanforderungen in den einzelnen Höhenlagen des Hochofens 100
Die Abhängigkeit der Vorgänge im Hochofen von der Stückgröße der Beschickungs-
stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Die Verteilung des Gasstromes und das Profil des Hochofens 117
Rechnerische Unterlagen für den Hochofenprozeß. . . . 125
Beispiel einer Möller-Berechnung ............. 125
Die Stoffmengenberechnungen im praktischen Hochofenbetriel:;e. 136
Die Schichtung der Gichten und das Satzgewicht . . . . . . . 140
Die Beziehungen zwischen den Beschickungsverhältnissen des Hochofens und der
Zusammensetzung des Gichtgases ..........•........ 142
Die Bewertung der Ofenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
Zusammenstellung einiger chemischer Reaktionen und ihrer Wärmetönungen 172
Das chemische Verhalten der Eisenoxyde 176
Die Reduktion der Eisenoxyde . . . . . . 176
Die Kohlungsgleichgewichte des Eisens. . . 184
Die Reduktion der Eisenoxyde durch Kohlenstoff . 189
Die Beziehungen zwischen dem Reaktionsverlauf und den Reaktionsgleichgewichten 194
Der Einfluß der Zeit auf den Reduktionsverlauf der Eisenoxyde ...... 197
VIII Inhaltsübersicht.
Seite
Das Verhalten der Legierungselemente ......... . . . 205
Das Roheisen, weiße und graue Roheisensorten . . . . . . . . . . 205
Beziehungen zwischen Ofentemperaturen, Legierungsbestandteilen und Auf-
kohlungsgrad des Roheisens ..................... 218
Die Aufnahme der Legierungselemente durch das Eisen im Hochofen. . . . 223
Die Entnahme von Stoffproben aus dem Hochofen und die damit erzielten Er-
kenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . 228
Die Reduktion der Manganoxyde im Hochofen 237
Die Reduktion der Kieselsäure im Hochofen 241
Das Verhalten des Phosphors im Hochofen. . 246
Das Verhalten des Schwefels im Hochofen . . 248
Schlackenbildung und Schlackenbeschaffenheit 261
Das Verhalten der Schmelzstoffe im Hochofen von der Gicht bis zur Entstehung
der Schlacken ............................ 261
Das Gebiet beginnender Verschlackung der Schmelzstoffe im Hochofen ... 269
Die Entstehung der Endschlacken im Hochofen, ihre Eigenschaften und Reak-
tionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
Die Beschaffenheit der Hochofenschlacken . . . . . . . . 278
Wärmeinhalt und spezifische Wärme der Hochofenschlacken 286
Bauliche Gesichtspunkte beim Hochofen ....... 288
Betrachtungen über die inneren Wand- und Bodendrucke im Hochofen 288
Das Prinzip der Gichtaufzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 291
Untersuchungen über die Zerstörung von Hochofenschamottesteinen . .. 297
Untersuchungen über die Zerstörung von Hochofensteinen durch Kohlenoxyd 303
Übersicht über einschlägiges Schrifttum 310
Namenver zeichnis 311
Sachverzeichnis 312
Einleitung.
Der Hochofen nimmt seit jeher unter allen technischen Öfen eine Sonder
stellung ein. Größe und Leistungsfähigkeit heben ihn aus der Reihe seiner
Art hervor. Auch der der Technik fernstehende Laie verbindet mit seinem
Namen die Vorstellung eines Riesenhaften und Achtunggebietenden. Für
den Fachmann ist es der Gedanke der Bewältigung größter Massen und der
äußeren Abmessungen, die den Hochofen auszeichnet. Zwar gibt es neuer
dings in der Technik verschiedener Industrien Betriebseinrichtungen, die
Vorstellungen ähnlicher Ausmaße hervorzurufen geeignet sind. Der Hoch
ofen nimmt aber seine Stellung noch durch Überlieferung ein. Gesamthöhen
bis zu 50 m einschließlich der Gichtaufbauten und täglich durchgesetzte
Mengen von über 2000 t an Schmelz- und Brennstoffen kennzeichnen die
Ausmaße. Wenn man die einzelnen Hüttenverfahren so auffaßt, daß zum
Zwecke einer angestrebten stofflichen Umwandlung mehrere verschiedene
Stoffarten von einzelnen getrennt liegenden Punkten auf einen einzigen Bc
triebspunkt zusammengeführt werden müssen und von hier die aus der Um
wandlung sich ergebenden Erzeugnisse wiederum nach getrennt liegenden
Punkten abgeführt werden, so liegt beim Hochofen derjenige Betriebspunkt
vor, in welchem die größte stoffliche Zusammenfassung erfolgt. Mit dieser
stofflichen Zusammenballung ist gleichzeitig eine Energieanhäufung ver
bunden, und auch diese ist beim Hochofen, verglichen mit den anderen Hütten
verfahren, wohl am größten. Aus der alten Hochofentechnik entwickelten
sich Öfen mit immer größeren Abmessungen, in der modernen Hochofen
technik sind diese Öfen auf immer größere Leistungsfähigkeit gebracht worden.
Es ist nicht abzusehen, wo das Ende dieser Entwicklungsreihe liegt. Der
Anfang einer neuen Reihe, die dahin geht, die Güte des Erzeugnisses zu ver
bessern, ist schon zu beobachten. Der Hochofen ist also in verschiedener
Richtung leistungsfähig. Die Grenzen mögen vielleicht da zu setzen sein,
wo die Grenzen menschlichen Vermögens überhaupt zu suchen sind, jede
Leistungssteigerung muß hier letzten Endes ihr Ziel finden. Das Ziel ist
zwar nicht dauernd gleich, es verschiebt sich je nach Anwendungsmöglich
keit von Hilfsmitteln, aber irgendwo ist dieses Ziel gesteckt. Überhaupt ist
die Einstellung des Menschen zu seinen Werken für eine Entwicklungsreihe
ausschlaggebend, sie wird bestimmt durch sein körperliches und geistiges
Vermögen. Das letztere kann in verschiedenen Zeiten in Verbindung mit dem
verfolgten Ziel verschiedene Beträge haben, das erstere nicht, oder doch nur
in geringer Steigerung. Wenn dieses nicht durch Hilfsmittel mechanischer
Art entlastet werden kann, so wird hier die obere Leistungsgrenze zuerst
Diepschlag, Hochofen. 1
2 Einleitung.
erreicht. Mit der Eigenart des Hochofenbetriebes hängt es zusammen, daß
hier voraussichtlich das schwächste Glied in der Kette der Herstellungskräfte
zu suchen ist. Die geistige und physische Anspannung muß gerade im' Hoch
ofenbetrieb als Dauerleistung aufgebracht werden, da der Betrieb keine Unter
brechung kennt, sie ist daher besonders hochwertig. Wenn sie dauernd ge
leistet wird, so geschieht es in Verbindung mit dem Werk. Das Gefühl,
größte Massen, bedeutende Werte täglich zu bewältigen, ungeheure Energie
mengen nicht nur zu erzeugen und zu verbrauchen, sondern zu meistern und
zu regeln, Energien, denen gegenüber der Mensch machtlos erscheinen muß,
etwa im Verhältnis seiner eigenen Größe zur Höhe des Ofens, trägt jeden
mit fort zu erfolgreichem Wollen und Können, zum Einsetzen seiner Kräfte
für sein Werk. In dem Maße, in dem die wachsenden Ausmaße der tech
nischen Mittel seine Kräfte immer ausschließlicher in Anspruch nehmen,
darf diese Einstellung zu seinem Werk nicht unterdrückt werden, soll nicht
die Leistungsfähigkeit und der Wille zur Leistung überhaupt verkümmern.
Aufgaben des Hochofens.
Der Hochofen dient zur Erzeugung des Eisens aus den von der Natur
bereitgestellten Eisenerzen. Die Eisenerze enthalten das Eisen in oxydischen
Verbindungen, und durch Reduktionsvorgänge werden im Hochofen diese
Verbindungen getrennt. Die Eisenerze sind nicht reine Eisensauerstoff
verbindungen, sondern enthalten stets eine mehr oder weniger große Menge
mineralischer Beimengungen der verschiedensten Art in innigster Verwachsung.
Darum muß jedes Eisengewinnungsverfahren neben dem chemischen Vor
gang der Trennung der Elemente Eisen und Sauerstoff einen weiteren durch
führen, nämlich den der Trennung des Eisens von den Begleitmineralien,
der Gangart. Beide Vorgänge können an sich entweder gleichzeitig oder
zeitlich hintereinander verlaufen. Im Hochofen ist das letztere der Fall,
indem zuerst die Zerlegung der Eisensauerstoffverbindungen möglich ist und
darauf die Trennung des Eisens von der Gangart stattfindet. Allerdings
gehen die Vorgänge ineinander über.
Die Trennung des Eisens von der Gangart geht über den Schmelzfluß.
Dadurch, daß die Beschickungsstoffe hocherhitzt und über ihre Schmelz
punkte gebracht werden, trennen sich infolge erheblicher Unterschiede ihrer
spezifischen Gewichte die mineralischen Bestandteile von dem Metall. Es
handelt sich hier um die technische Ausnutzung der Erscheinung, daß die in
den Erzen enthaltenen mineralischen Bestandteile in flüssiger Phase in dem
Metall unlöslich sind.
Diese für den Verlauf des Gesamtverfahrens wichtige Eigenschaft der
Unlöslichkeit trifft jedoch nicht restlos zu. Gewisse Stoffe, die aus der Be
schickung stammen, haben ein mehr oder weniger hohes Lösungsvermögen,
und das Ergebnis ist, daß das Erzeugnis des Hochofens niemals ein reines
Eisen sein kann, sondern eine Legierung des Eisens mit mehreren, im flüssi
gen Eisen löslichen Legierungselementen. Dadurch, daß zum Zwecke der
Trennung des Eisens von den Gangartbestandteilen die Beschickungsstoffe