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Albrecht Beutelspacher / Bernhard Petri
Der Goldene Schnitt
2., iiberarbeitete und erweiterte Auflage
Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg· Berlin' Oxford
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Beutelspacher, Albrecht:
Der Goldene Schnitt / Albrecht Beutelspacher ; Bernhard Petri. - 2., iiberarb. und erw.
Auf!. - Heidelberg; Berlin; Oxford: Spektrum, Akad. VerI., 1996
rSBN-I3: 978-3-8154-2511-4 e-1SBN-I3: 978-3-322-85165-9
001: 10.1007/978-3-322-85165-9
NE: Petri, Bernhard:
© 1996 Spektrum Akademischer Verlag GmbH Heidelberg . Berlin . Oxford
Aile Rechte, insbesondere die der Ubersetzung in fremde Sprachen, sind vorbehalten.
Kein Teil des Buches darf ohne schriftIiche Genehmigung des Verlages photokopiert
oder in irgendeiner anderen Form reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare
Sprache iibertragen oder iibersetzt werden.
Umschlaggestaltung: Kurt Bitsch, Birkenau
Reihengestaltung: Zembsch' Werkstatt Miinchen
Ein
fOr aile klaren und wissbegierigen Geister
nothwendiges Werk;
wo jeder Studirende
der Philosophie, Perspective, Malerei, Sculptur, Architektur, Musik
und anderer mathematischer Facher
eine angenehme subtile und bewundernswerthe
Gelehrsamkeit antreffen
und sich mit verschiedenen Fragen der heiligsten Wissenschaft
erfreuen wird.
So begruBt Luca PACIOLI
im Jahr 1509 die Leser seines Buches
"De Divina Proportione-.
Inhalt
Vorwort 9
Vorbemerkungen und Bezeichnungen 14
Kapitel 1. Grundlagen 15
1.1 Definition des goldenen Schnittes 15
1.2 Charakteristische Eigenschaften der Zahl 4l 18
1.3 Konstruktionen des goldenen Schnittes 20
1.4 Goldene Zirkel 26
Kapitel 2. Das regulare Fiinfeck 31
2.1 Diagonalen im regularen Fiinfeck 31
2.2 Das goldene Dreieck 34
2.3 Geometrische Konstruktionen regularer Fiinfecke 37
2.4 Eine Konstruktion durch Papierfaltung 39
Kapitel 3. Goldene Rechtecke und platonische Korper 47
3.1 Goldene Rechtecke 47
3.2 Platonische Korper 50
Kapitel 4. Die goldene Spirale und die spira mirabilis 57
4.1 Die goldene Spirale 57
4.2 Die spira mirabilis 61
4.3 Bemerkungen zu logarithmischen Spiralen 63
Kapitel 5. Geometrisches A1lerlei 67
5.1 Ein einfacher Quader 67
5.2 Der Schwerpunkt eines Halbmondes 68
5.3 Ein Fiinfscheibenproblem 69
5.4 Ein Dreieck im Rechteck 71
5.5 Das Lothringer Kreuz 72
5.6 Inkreisradius eines Dreiecks im Quadrat 73
5.7 Dreiecksfraktale 74
7
5.8 Maximalflachen 76
5.9 Penrose-Parkette 80
Kapitel 6. Fibonacci-Zahlen 87
6.1 Das Kaninchenproblem 87
6.1.1 Treppensteigen 89
6.1.2 Der Stammbaum einer Drohne 90
6.1.3 Energiezusmnde eines Elektrons 90
6.2 <\> und Fibonacci 91
6.3 Ein geometrischer TrugschluB 95
Kapitel 7. KettenbrOche, Ordnung und Chaos 99
7.1 Die Kettenbruchdarstellung des goldenen Schnittes 99
7.2 Der goldene Schnitt als "Ietzte Bastion der Ordnung im Chaos" 105
Kapitel 8. Spiele 111
8.1 In der Wiiste 111
8.2 Das Spiel von Wythoff 117
Kapitel9. Der goldene Schnitt in der Natur 127
9.1 Sonnenblumen 127
9.2 Phyllotaxis 128
9.3 Ananas und Tannenzapfen 129
9.4 Fiinfecksformen 132
9.5 Blatter und Zweige 133
9.6 Menschliches, Allzumenschliches 134
9.7 Die wohlproportionierte Schuhsohle 137
Kapitel10. Kunst, Poesie, Musik, Witz, Obermuth, Thorheit und Wahnsinn 139
10.1 Architektur 140
10.2 Bildende Kunst 151
10.3 Literatur 162
10.4 Der goldene Schnitt und die Musik 168
10.5 Warum ist der goldene Schnitt so schon? 171
Literaturverzeichnis 173
8
Vorwort
Der goldene Schnitt 111
Hat das nicht zu tun mit
... einer bestimmten Art der Teilung einer Strecke 1
... mit einer Konstruktionsvorschrift fOr Bauwerke 1
... Wurde nicht beim Parthenon der goldene Schnitt verwendet 11
... oder bei der Mona Lisa 111
Solche oder ahnliche Assoziationen kommen wohl jedem in den Sinn, wenn er
auf den Begriff "goldener Schnitt" angesprochen wird. Das Ziel dieses Buches ist
es, moglichst aile Facetten des goldenen Schnitts zu betrachten. Die Grundlage
wird die Mathematik sein, aber viele Aspekte finden sich auBerhalb der Mathe
matik. Wir haben versucht, die nicht-mathematischen Teile so darzustellen, daB
man sie genieBen kann, auch wenn man die mathematischen Grundlagen nur in
homoopathischen Dosen geschluckt hat.
*
Schon seit der Antike wurden Menschen von einer bestimmten geometrischen
Teilung einer Strecke, dem nGoldenen Schnittn, besonders angezogen. Neben
der asthetischen Anziehungskraft fallen heute vor allem dessen vielfaltige Er
scheinungsformen in verschiedenen Bereichen der Mathematik wie auch in
anderen Gebieten wie Architektur, Kunst und Biologie auf. In diesem Buch ver
suchen wir, die vielfaltigen Eigenschaften, Vorkommen und Anwendimgsmog
lichkeiten des golden en Schnittes darzustellen. Den Schwerpunkt bilden aber die
auBergewohnlichen und faszinierenden Ergebnisse im mathematischen Bereich.
Dabei haben wir uns allerdings auf die Mathematik beschrankt, die man mit
Schulwissen verstehen kann. Das bedeutet zum Beispiel, daB der wunderschone
Satz von TUTTE Ober den goldenen Schnitt in der Graphentheorie nicht behan
delt werden wird.
1m ersten Kapitel werden dazu die mathematische Definition und einfache Ei
genschaften des goldenen Schnittes angegeben. Dieses Kapitel enthalt die
9
Grundlagen fur aile nachfolgenden Untersuchungen, auch fUr das letzte Kapitel
uber die Asthetik des goldenen Schnittes. Mit Hilfe der exakten Definition kann
man die Frage, ob ein Kunstler den goldenen Schnitt in seinen Werken wirklich
verwendet hat, wesentlich klarer erortern.
Die ubrigen Kapitel sind meist in sich abgeschlossen; lediglich einige Ergebnisse
aus Kapitel 6 (Fibonacci-Zahlen) werden in den darauffolgenden Kapiteln be
nutzt. Das bedeutet insbesondere, daB die einzelnen Kapitel nicht unbedingt in
der vorgeschlagenen Reihenfolge gelesen werden mussen. Selbstverstandlich
kann jede Leserin (und jeder Leser), die sich fur ein Kapitel besonders inter
essieren, nach Kapitel 1 gleich zu diesem Kapitel ubergehen, ohne daraus
resultierende Verstandnisschwierigkeiten befurchten zu mussen.
Die Vielfalt und Fulle des Vorkommens des goldenen Schnittes hatte fur uns eine
Konsequenz. Wir muBten uns bei der Darstellung einerganzen Reihe von Gebie
ten auf eine Auswahl beschranken. Besonders zu den Kapiteln 5 (Geometrie), 6
(Fibonacci-Zahlen), 9 (Natur) und 10 (Asthetik) hatte sich aufgrund der vielen
vorliegenden Einzeluntersuchungen noch etlicheshinzufugen lassen. Wir hoffen
aber, daB wir typische und reprasentative Beispiele ausgesucht haben; Leser
innen und Leser, die detailliertere Information oder weitere Beispiele suchen,
werden bestimmt fundig, wenn sie das umfangreiche Literaturverzeichnis am
Ende des Buches konsultieren.
*
Die Bezeichnung goldener Schnitt (bzw. goldenes VerhiUtnis) ist noch relativ
jung. Sie setzte sich erst im 19. Jahrhundert durch. In der Zeit davor wurden
andere Begriffe benutzt; in der Antike gab es offen bar noch gar keine kurze und
treffende Bezeichnung fur ihn; die lateinischen Obersetzer Euklids benutzten
die Umschreibung "proportio habens medium et duo extrema", und bis hin zu
Kepler findet man entsprechend auch die Bezeichnung "Teilung im auBeren und
mittleren Verhaltnis".
Der Venezianer Luca PACIOLI benutzte zu Beginn des 16. Jahrhunderts ver
mutlich als erster den Namen divina proportio (gottliches Verhaltnis), der auf sei
ne groBe Hochachtung gegenuber dem goldenen Schnitt hindeutet. Dieser Na
me wurde in der Folgezeit oft verwendet; allerdings findet man daneben auch
noch weitere Ausdrucke, z.B. "sectio proportional is· (proportionale Teilung).
*
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Die Untersuchung des golden en Schnittes war in der Antike eng verbunden mit
der Untersuchung des regelmaBigen FOnfecks. TIMERDING behauptet sogar, daB
Euklid erst durch seine Beschaftigung mit der Konstruktion des regelmaBigen
FOnfecks dazu gebracht wurde, die Aufgabe der Teilung einer Strecke im gol
denen Schnitt zu stellen.
Daher beschaftigt sich das zweite Kapitel mit dem Auftreten des goldenen
Schnittes beim regelmiiBigen FOnfeck und, damit zusammenhiingend, mit dem
Pentagramm (SternfOnfeck), dem vor allem im Mittelalter magische Fiihigkeiten
zugeschrieben wurden.
1m dritten Kapitel werden zuniichst Rechtecke untersucht, deren Seiten im Ver
hiiltnis des golden en Schnittes stehen. Es zeigt sich, daB diese "goldenen" Recht
ecke mit den sogenannten platonischen Korpern in Zusammenhang stehen. Fer
ner gibt es, wie in Kapitel 4 gezeigt wird, auch interessante Verbindungen zwi
schen goldenen Rechtecken und logarithmischen Spiralen.
Der goldene Schnitt erscheint im Bereich der Geometrie sehr haufig. Manchmal
tritt er hier bei der Losung einfacher Probleme vbllig Oberraschend auf. Eine
kleine Auswahl von Beispielen dafOr ist im fOnften Kapitel zusammengestellt.
Die Untersuchung der Fortpflanzung von Kaninchen, ein treppensteigender
Brieftriiger und die Ahnentafel einer Biene bilden den Auftakt zum sechsten
Kapitel. Dort werden "Fibonacci-Zahlen" und einige ihrer Zusammenhiinge mit
dem golden en Schnitt vorgestellt, ein Bereich, der die zahlentheoretisch orien
tierten Mathematiker schon lange fasziniert. Einige weitere zahlentheoretische
Ergebnisse Ober die Kettenbruchdarstellung des goldenen Schnittes leiten dann
im siebten Kapitel Ober zur Theorie dynamischer Systeme, bei denen sich in ganz
neuer, mathematischer Weise die Frage stellt: "Der goldene Schnitt - letzte
Bastion der Ordnung im Chaos?-.
1m achten Kapitel wird gezeigt, daB der goldene Schnitt auch in einem Bereich
erscheint, in dem man ihn kaum vermutet: Er spielt bei der Analyse gewisser
Spiele eine SchlOsselrolle.
1m 19. Jahrhundert, in dem auch eine FOlie von Literatur Ober den goldenen
Schnitt erschien, wurden goldene Proportionen Oberall gesucht und (nicht allzu
Oberraschend) auch in der Natur oder bei der Anatomie des Menschen gefun-
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den. Einige Ergebnisse aus diesem Bereich, vor allem Ober erstaunliche Blatt-und
Kernanordnungen (Phyllotaxis) und Ober das Vorkommen des goldenen Schnit
tes an der "wohlproportionierten" menschlichen Gestalt, sind im neunten Ka
pitel zusammengefaBt.
*
Das Interesse am goldenen Schnitt richtete sich schon seit alters her nicht nur auf
dessen mathematische Eigenschaften, sondern man hoffte auch, mit seiner Hilfe
eine Erklarung fOr den asthetischen Eindruck bestimmter Raumformen oder so
gar fOr das Wesen der SchOnheit Oberhaupt, soweit es sich in der sichtbaren Er
scheinung offenbart, zu finden.
Der reizvolle asthetische Eindruck des goldenen Schnittes kommt unter anderem
darin zum Ausdruck, daB eine groBe Zahl von Architekten und KOnstlern aus ver
schiedenen Epochen ihn bei der Gestaltung ihrer Werke bewuBt oder unbewuBt
benutzt hat. Dies werden wir im zehnten Kapitel an einer Reihe von Beispielen
veranschaulichen. Die entsprechenden KOnstler (bzw. ihre Interpreten) sind der
Oberzeugung, daB bei einem nach goldenen Verhaltnissen gestalteten Kunst
werk das Ganze in einem so ausgewogenen Verhaltnis zu seinen Teilen steht, daB
sich beim Betrachter ein besonderes Wohlgefallen einstellt. Die Verwendung der
"gottlichen Proportion" bei vielen kirchlichen Bauten deutet darauf hin, daB dem
goldenen Schnitt daneben oft auch religiose Bedeutung zugesprochen wurde.
Kritisch anzumerken wird sein, daB wahrscheinlich schon die Magie des Wortes
"golden" ein Garant fOr die hervorzurufende Wirkung ist.
Einige bemerkenswerte Beispiele fOr das Auftreten des goldenen Schnittes in
den Bereichen Musik und Literatur runden das Bild zur Asthetik des goldenen
Schnittes abo
Trotz vieler eindrucksvoller Beispiele und vieler theoretischer Untersuchungen
wurde eine einfache rationale Erklarung fOr einen Zusammenhang zwischen gol
denem Schnitt und Asthetik bisher nicht gefunden. Der goldene Schnitt hat da
her immer wieder gelockt, den Weg in das Zauberland der Metaphysik zu su
chen.
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Description:Der Goldene Schnitt tritt seit der Antike in vielen Bereichen der Geometrie, Architektur, Musik, Kunst sowie der Philosophie auf, aber er erscheint auch in neueren Gebieten der Technik und der Fraktale. Dabei ist der Goldene Schnitt kein isoliertes Phänomen, sondern in vielen Fällen das erste und