Table Of ContentGeschlecht und Gesellschaft
Band 8
Herausgegeben von
B. Kortendiek, Duisburg-Essen, Deutschland
I. Lenz, Bochum, Deutschland
H. Lutz, Frankfurt/Main, Deutschland
M. Mae, Düsseldorf, Deutschland
M. Meuser, Dortmund, Deutschland
U. Müller, Bielefeld, Deutschland
M. Oechsle, Bielefeld, Deutschland
B. Riegraf, Paderborn, Deutschland
K. Sabisch, Bochum, Deutschland
P. I. Villa, München, Deutschland
S. Völker, Köln, Deutschland
Geschlechterfragen sind Gesellschaft sfragen. Damit gehören sie zu den zentralen
Fragen der Sozial-und Kulturwissenschaft en; sie spielen auf der Ebene von Sub-
jekten und Interaktionen, von Institutionen und Organisationen, von Diskursen
und Policies, von Kultur und Medien sowie auf globaler wie lokaler Ebene eine
prominente Rolle. Die Reihe „Geschlecht & Gesellschaft “ veröff entlicht heraus-
ragende wissenschaft liche Beiträge aus der Frauen- und Geschlechterforschung,
die Impulse für die Sozial- und Kulturwissenschaft en geben. Zu den Veröff ent-
lichungen in der Reihe gehören neben Monografi en empirischen und theoretischen
Zuschnitts Hand- und Lehrbücher sowie Sammelbände. Zudem erscheinen in
dieser Buchreihe zentrale Beiträge aus der internationalen Geschlechterforschung
in deutschsprachiger Übersetzung.
Herausgegeben von
Beate Kortendiek, Mechtild Oechsle,
Universität Duisburg-Essen Universität Bielefeld
Ilse Lenz, Birgit Riegraf,
Ruhr-Universität Bochum Universität Paderborn
Helma Lutz, Katja Sabisch,
Johann-Wolfgang-Goethe Universität Ruhr-Universität Bochum
Frankfurt/Main
Paula-Irene Villa,
Michiko Mae, Ludwig-Maximilians Universität
Heinrich-Heine Universität Düsseldorf München
Michael Meuser, Susanne Völker,
Technische Universität Dortmund Universität zu Köln
Ursula Müller,
Universität Bielefeld
Koordination der Buchreihe:
Beate Kortendiek,
Netzwerk Frauen-
und Geschlechterforschung NRW,
Universität Duisburg-Essen
Raewyn Connell
Der gemachte Mann
Konstruktion und Krise
von Männlichkeiten
4. durchgesehene und erweiterte Aufl age
Raewyn Connell
University of Sydney, Australien
Die Herausgebenden
Michael Meuser, Technische Universität Dortmund, Deutschland.
Ursula Müller, Universität Bielefeld, Deutschland.
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ISBN 978-3-531-19972-6 ISBN 978-3-531-19973-3 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-531-19973-3
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Lektorat: Dr. Cori Mackrodt, Daniel Hawig.
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Inhalt
Männlichkeiten in Gesellschaft .
Zum Geleit .................................................................................................................. 9
Vorwort zur deutschen Übersetzung ................................................................... 21
Danksagung ............................................................................................................... 27
Einführung in die zweite englischsprachige Ausgabe ...................................... 29
Erster Teil: Wissen im Widerstreit
1. Die Wissenschaft von der Männlichkeit ....................................................... 47
Konkurrierendes Wissen ................................................................................... 47
Klinisches Wissen ............................................................................................... 53
Die männliche Rolle ........................................................................................... 67
Die neuen Sozialwissenschaft en ....................................................................... 75
Politisches Wissen .............................................................................................. 88
Der Gegenstand des Wissens ............................................................................ 92
2. Die Körper von Männern ................................................................................. 95
Wahre Männlichkeit .......................................................................................... 95
Maschine, Landschaft und Kompromiss ........................................................ 96
Der unentrinnbare Körper ................................................................................ 104
Die Komplexität von Schlamm und Blut ........................................................ 107
Banquos Geist: Körperrefl exive Praxen .......................................................... 111
Die Welt gestalten ............................................................................................... 116
3. Die soziale Organisation von Männlichkeit ................................................ 119
Männlichkeit defi nieren .................................................................................... 119
Geschlecht als Struktur der sozialen Praxis ................................................... 124
Beziehungen zwischen Männlichkeiten: Hegenomie,
Unterordnung, Komplizenschaft , Marginalisierung .................................... 129
Historische Dynamik, Gewalt und Krisenanfälligkeit ................................. 135
6 Inhalt
Zweiter Teil: Vier Untersuchungen der Männlichkeitsdynamik
Einleitung ............................................................................................................. 145
4. Lebe wild und gefährlich (Live Fast and Die Young) ................................. 151
Gruppe und Kontext ........................................................................................... 152
Abstrakte Arbeit .................................................................................................. 154
Gewalt und das Gesetz ....................................................................................... 157
Zwangsheterosexualität ..................................................................................... 161
Männlichkeit als kollektive Praxis ................................................................... 165
Protestierende Männlichkeit ............................................................................. 168
Andere Entwicklungslinien .............................................................................. 171
Divergente Männlichkeiten und Geschlechterpolitik .................................. 173
5. Eine ganz(e) neue Welt ...................................................................................... 179
Der Moment des Sich-Einlassens ..................................................................... 181
Distanzierung ...................................................................................................... 183
Die Umweltschutzbewegung ............................................................................. 185
Die Bewegung mit dem Feminismus ............................................................... 188
Der Moment der Abwendung ........................................................................... 189
Die Annulierung von Männlichkeit ................................................................ 194
Der Moment der Herausforderung .................................................................. 199
6. Ein sehr normaler Schwuler ............................................................................ 203
Der Moment des Sich-Einlassens ..................................................................... 206
Sexualität als Initialzündung ............................................................................ 208
Schwulsein: Identität und Beziehungen .......................................................... 212
Relationen zwischen Männlichkeiten ............................................................. 215
Veränderungen ins Auge sehen ........................................................................ 218
Schwule Männlichkeit als Entwurf und Geschichte ..................................... 221
7. Männer von Vernunft ....................................................................................... 225
Konstruktion von Männlichkeit ...................................................................... 227
Konstruktion von Rationalität .......................................................................... 230
Karrieren und Arbeitsplätze ............................................................................. 234
Das Irrationale ..................................................................................................... 237
Vernunft und Veränderung ............................................................................... 240
Inhalt 7
Dritter Teil: Geschichte und Politik
8. Die Geschichte der Männlichkeit ................................................................... 247
Die Herstellung von Männlichkeit in der Entstehung
der modernen Geschlechterordnung ............................................................... 248
Transformationen ............................................................................................... 254
Die gegenwärtige Lage ....................................................................................... 263
9. Männlichkeitspolitik ........................................................................................ 269
Männerpolitik und Männlichkeitspolitik ...................................................... 269
Männlichkeitstherapie ....................................................................................... 271
Die Waff en-Lobby als Bastion hegemonialer Männlichkeit ........................ 278
Schwulenbewegung ............................................................................................ 283
Politik des Austritts ............................................................................................ 287
10. Praxis und Utopie .............................................................................................. 293
Historisches Bewusstsein .................................................................................. 294
Handlungsziele .................................................................................................... 297
P raktische Dekonstruktion und Neugestaltung von „Geschlecht“ ............ 302
Formen des Handelns ........................................................................................ 304
Bildung ................................................................................................................. 309
Ausblick ................................................................................................................ 311
Nachwort .................................................................................................................... 315
Literatur ...................................................................................................................... 339
Namensregister ......................................................................................................... 367
Sachregister ................................................................................................................ 381
Männlichkeiten in Gesellschaft
Zum Geleit
Die vorliegende vierte Aufl age von „Der gemachte Mann“ hat im Unterschied
zu den drei vorangegangenen Aufl agen die zweite, 2005 erschienene Aufl age
des englischsprachigen Originals zur Grundlage. Die Änderungen, die Connell
hierfür vorgenommen hat, bestehen aus zwei Ergänzungen: einer Einführung
und einem Nachwort. Die übrigen Kapitel sind identisch mit der ersten Aufl age.
Für die ergänzte und durchgesehene vierte deutsche Aufl age hat sie zudem ein
neues Vorwort verfasst. Die zweite Aufl age des englischen Originals hat bereits
neun Reprints erfahren. „Masculinities“, so der Titel im Original, dürft e damit
die am häufi gsten rezipierte Monographie der Männlichkeitsforschung sein.
Diesen Erfolg verdankt das Buch nicht zuletzt der Popularität des Konzepts der
hegemonialen Männlichkeit.
„Männlichkeiten in Gesellschaft “ könnten wir den Fokus nennen, den die
neue Ein- und Ausleitung des vorliegenden Bandes einnehmen. Dieser Fokus
wurde bereits von Lenz und Meuser in ihrem Vorwort zu Connells 2013 in dieser
Buchreihe erschienenen Einführungsbuch „Gender“ betont: Connells Werk be-
schränkt sich nicht auf die Entwicklung einer „Soziologie der Männlichkeit“ im
westlichen Modernisierungsdiskurs, sondern überschreitet diese im mehrfacher
Hinsicht.
Für die Entwicklung der in den 1980er Jahren entstandenen Men’s Studies hat
sich das Konzept der hegemonialen Männlichkeit recht schnell als richtungs-
weisend erwiesen. Es wurde von Raewyn Connell in einem gemeinsam mit Tim
Carrigan und John Lee publizierten Aufsatz mit dem Titel „Toward a New Sociology
of Masculinity“ im Jahr 1985 in die Diskussion eingeführt. Rückblickend kann
10 Männlichkeiten in Gesellschaft
man diesen Aufsatz als einen der „Gründungstexte“ der sozialwissenschaft lichen
Männlichkeitsforschung bezeichnen. Zwar hatte es bereits zuvor eine Diskussion
und Forschungen zur männlichen Geschlechtsrolle gegeben, doch dominierte hier
zum einen ein sozialpsychologischer (und oft auch populärwissenschaft licher) Er-
klärungsrahmen. Zum anderen war genau das rollentheoretische Verständnis von
Geschlecht Objekt einer fundamentalen Kritik der sich in den 1980er Jahren in
den USA und Großbritannien formierenden Men’s Studies. Carrigan, Connell und
Lee kritisierten an der Geschlechtsrollentheorie u. a. deren konzeptionelle Blind-
heit gegenüber der Machtförmigkeit von Geschlechterbeziehungen. Stattdessen
forderten sie eine radikale Analyse von Männlichkeit, die erstens Männlichkeit
als eine politische Ordnung begreift , zweitens die feministischen Erkenntnisse zur
geschlechtlichen Arbeitsteilung, zur Geschlechterpolitik des Arbeitsplatzes und
zum Zusammenhang von Geschlechter- und Klassenverhältnissen aufgreift und
drittens Entwicklungen der neueren soziologischen Th eorie berücksichtigt, die
auf eine Überwindung von Dichotomien (Individuum und Gesellschaft , Hand-
lung und Struktur) zielen. In diesem Aufsatz ist gewissermaßen ein Forschungs-
und Th eorieprogramm formuliert, das Connells Arbeiten zu Männlichkeit(en)
bis in die Gegenwart bestimmt. Connells aktuelles Vorwort zur hier vorliegenden
vierten Aufl age von „Der gemachte Mann“ verdeutlicht dies recht gut.
Hegemoniale Männlichkeit ist ein Konzept, das die gesellschaft liche Ver-
knüpfung von Männlichkeit und Macht bzw. Herrschaft betont. Die Be-
deutung, die dieses Konzept nicht nur in der Männlichkeits-, sondern in der
Geschlechterforschung generell erlangt hat, liegt nicht zuletzt darin begründet,
dass es hegemoniale Männlichkeit im Sinne einer doppelten, die hetero- und
die homosoziale Dimension gleichermaßen bestimmenden Distinktions- und
Dominanzlogik fasst: im Verhältnis von Männern gegenüber Frauen und von
Männern untereinander. Die gesellschaft liche Dominanz von Männern gegen-
über Frauen begreift Connell als eine strukturelle Tatsache. Diese bildet insofern
auch die zentrale Basis der Beziehungen der Männer untereinander, als nur eine
solche Männlichkeit hegemonial sein kann, welche die heterosoziale Dominanz
der Männer stützt. In diesem Sinne sind die homosoziale und die heterosoziale
Dimension hegemonialer Männlichkeit unaufl öslich ineinander verwoben.
Ein Verdienst des Konzepts der hegemonialen Männlichkeit liegt darin, dass
es Macht und Herrschaft nicht primär als in Gewaltanwendung und -androhung
fundiert begreift , sondern die Bedeutung eines kulturell vermittelten (impliziten)
Einverständnisses untergeordneter Gruppierungen mit ihrer Position akzentuiert.
Connell schließt an den Hegemoniebegriff von Antonio Gramsci an. Herrschaft ,
vor allem stabile Herrschaft , funktioniert demzufolge über eine Verpfl ichtung auf
geteilte Werte und gemeinsame Deutungsmuster. Zwang, insbesondere in Gestalt