Table Of ContentInformation – Organisation –
Produktion
Herausgegeben von
H. Corsten, Kaiserslautern, Deutschland
M. Reiß, Stuttgart, Deutschland
C. Steinle, Hannover, Deutschland
S. Zelewski, Duisburg-Essen, Deutschland
Die Schrift enreihe präsentiert Konzepte, Modelle und Methoden zu drei zentralen
Domänen der Unternehmensführung. Information, Organisation und Produktion
werden als Bausteine eines integriert angelegten Managementsystems verstanden.
Der Erforschung dieses Bereiches dienen sowohl theoretische als auch anwen-
dungsorientierte Beiträge.
Herausgegeben von
Professor Dr. Hans Corsten
Professor Dr. Michael Reiß
Professor Dr. Claus Steinle
Professor Dr. Stephan Zelewski
Albert Beer
Der Bullwhip-Eff ekt
in einem komplexen
Produktionsnetzwerk
Entwicklung eines realitätsadäquaten
Simulationsmodells in Anlehnung an
ein Realbeispiel und Quantifi zierung
der Wirksamkeit von Maßnahmen
gegen den Bullwhip-Eff ekt
Mit einem Geleitwort von
Univ.-Prof. Dr. Stephan Zelewski
Albert Beer
Essen, Deutschland
Dissertation Universität Duisburg-Essen, 2013
ISBN 978-3-658-06117-3 ISBN 978-3-658-06118-0 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-06118-0
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abrufb ar.
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Geleitwort
Der Autor befasst sich mit einem in der Betriebswirtschaftslehre durchaus bekannten,
aberimmernochherausforderndenwissenschaftlichenProblem.Esbetrifftdensogenann-
tenBullwhip-Effekt,dervorallemimRahmendesSupplyChainManagementsdiskutiert
wird. Unter dem Bullwhip-Effekt wird im Allgemeinen ein „Aufschaukeln“ von Schwan-
kungen der Nachfrage- oder Bestellmengen verstanden, die von geringfügigen, oftmals
erratischenNachfrage-bzw.BestellmengenvariationenaufderSeitederEndkundeneiner
SupplyChainausgelöstwerdenundumsostärkerwerden,jeweiter–ausderPerspektive
desMaterialflussesbetrachtet–„rückwärts“ inderbetroffenenSupplyChaingeschritten
wird.FürdiesenAufschaukelungseffekthatsichinderbetriebswirtschaftlichenFachlite-
raturdiebildlicheMetapherdes„Peitschenschlags“ durchgesetzt,diezuderBezeichnung
Bullwhip-Effektführte.
Der Bullwhip-Effekt stellt aus betriebswirtschaftlicher Perspektive aus mehreren Grün-
deneinhochinteressantesPhänomendar.Erstenshandeltessichnichtumeine„theore-
tische Spielerei“ oder ein „Artefakt abstrakter Modelle“, sondern um ein vielfach empi-
risch belegtes, also „evidentes“ Phänomen. Zweitens ist die wirtschaftliche Relevanz des
Bullwhip-Effektsunbestritten.InvielfachenStudienkonnteaufgezeigtwerden,dasssich
durchdieVermeidungoderzumindestdeutlicheReduzierungdesBullwhip-Effektserheb-
liche Kostenreduzierungen, in geringerem Umfang auch Senkungen des Kapitaleinsatzes
undErlössteigerungen,erzielenlassen.Drittenshatsichherausgestellt,dassderVersuch,
das Zustandekommen des Bullwhip-Effekts mithilfe produktionswirtschaftlicher Modelle
„theoretisch“zuerklärenundaussolchenModellen„theoriebasierte“Handlungsempfehlun-
genabzuleiten,einnicht-trivialesUnterfangendarstellt.DiedreizuvorskizziertenAspekte
–empirischeEvidenz,wirtschaftlicheRelevanzundtheoretischerAnspruch–habendem
Bullwhip-EffektzueinemprominentenPlatzaufderAgendabetriebswirtschaftlicherFor-
schungverholfen.
Trotz zahlreicher Publikationen, die zum Bullwhip-Effekt bereits erschienen sind, zeich-
netsichdievorliegendeStudiedurchmehrereinnovative Aspekteaus.Zunächstisther-
vorzuheben, dass sich der Autor mit einem besonders schwierigen Modellierungsobjekt
VI Geleitwort
auseinandersetzt: der Entstehung und der Bekämpfung des Bullwhip-Effekts in einem
Produktionsnetzwerk. Damit hebt er sich vom Großteil der bisher erfolgten Publikatio-
nen zum Bullwhip-Effekt ab, die sich auf wesentlich einfacher zu modellierende und zu
analysierendeSupplyChainsimSinnelinearerLieferkettenbeschränken.
DarüberhinausfolgtderAutornichtdemvielfachüblichenAnsatz,zunächsteine„leid-
lich beherrschte“ Modellstruktur auszuwählen und alsdann die Problembeschreibung für
denBullwhip-EffektindieStrukturvorgabeeinzupassen.DieserModellierungsansatzist–
nichtnur,abervorallemauch–unterVertreterndesOperationsResearchweitverbreitet.
Er hat zu gravierenden Vorhaltungen im Bereich des betriebswirtschaftlichen Modellie-
rungsdiskursesgeführt,wiebeispielsweisezudeneneines„realitätsfernenModellplatonis-
mus“,eines„FehlersdritterArt“ (beidemfalsch,d.h.realitätsfern,modellierteProbleme
mittels etablierter Methoden „richtig“ gelöst werden) und – besonders provokant – einer
„Prokrustes-Bett-Modellierung“ (inAnlehnunganein„martialischesVorbild“ ausder
griechischenMythologie).Daheristesausdrücklichzubegrüßen,dasssichderAutornicht
dazuhatverleitenlassen,bereitsetablierteModellstrukturenvorauszusetzen.Stattdessen
gehtervondemRealproblem desBullwhip-EffektsineinemrealenProduktionsnetzwerk
aus.EshandeltsichumeinrealesProduktionsnetzwerk,dasauseineminternationaltä-
tigenHerstellervonHalbleiternsowiedessenunmittelbarenLieferantenund(Industrie-)
Kundenbesteht.FürdiesesRealproblementwickeltderAutoreinneuartiges,hinsichtlich
seinerKomplexitätinderFachliteraturnochnichtbekanntesSimulationsmodell,dasvor-
rangignachMaßgabederRealitätsadäquanz undnichtinAnlehnunganbereitsbekannte
odermethodischleichthandhabbareModellstrukturengestaltetwird.
Schließlich erweist es sich als bemerkenswert, dass der Autor zwischen einerseits dem
Bullwhip-Effekt „an sich“ und andererseits der betriebswirtschaftlichen Bewertung der
Konsequenzen, die sich aus dem Auftreten dieses Effekts ergeben, analytisch streng un-
terscheidet.DieseUnterscheidungfehlt–abgesehenvonwenigenAusnahmen,wiez.B.der
DissertationvonKeller–indenmeistenPublikationenzumBullwhip-Effekt.Injenen
Publikationen wird in der Regel suggeriert, dass sich eine Reduzierung oder sogar Ver-
meidung des Bullwhip-Effekts „automatisch“ in entsprechenden Erhöhungen des Erfolgs
der jeweils betroffenen Unternehmen niederschlagen würde. Die suggestive Implikation,
eineBekämpfungdesBullwhip-Effektssei„perse“ betriebswirtschaftlichvorteilhaft,lässt
sichauswissenschaftlicherSichtjedochnichtaufrechterhalten,weilentsprechendeArgu-
mentationsversucheuntererheblichenStringenzmängelnleiden.Daheristderderzeitnoch
selteneForschungsansatzdesAutors,zwischenderBekämpfungdesBullwhip-Effektsauf
der einen Seite und der betriebswirtschaftlichen Bewertung von Maßnahmen gegen den
Geleitwort VII
Bullwhip-EffektaufderanderenSeitesorgfältigzuunterscheiden,ausdrücklichzubegrü-
ßen.
VordiesemHintergrundgelingtesdemAutor,anhandseinessehranspruchsvollenSimu-
lationsmodells einige überraschende wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. Dazu
gehören z.B. die Einsicht, dass eine Reduzierung des Bullwhip-Effekts nicht immer be-
triebswirtschaftlich vorteilhaft sein muss, sowie die begründete Infragestellung weit ver-
breiteter Ansichten hinsichtlich der Wirksamkeit einzelner betrieblicher Maßnahmen ge-
gen den Bullwhip-Effekt. Wer an solchen Erkenntnissen interessiert ist, sollte sich die
Muße gönnen, die ebenso präzisen wie detaillierten Analysen des Autors eingehend zu
studieren.
AusdenvorgenanntenGründenistdenvielschichtigenundinmehrfacherHinsichtinno-
vativen Ausführungen des Autors eine möglichst breite Resonanz unter Leserinnen und
Lesern mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund zu wünschen. Dies gilt sowohl für den
Bereich der Wissenschaft als auch für die wissenschaftlich aufgeschlossene betriebliche
Praxis. Aber auch „Zaungäste“ vor allem aus den Bereichen des Operations Research
undderWirtschaftsinformatiksolltensicheingeladenfühlen,indiesemWerkbemerkens-
werte Ansätze für die Anwendung von komplexen Simulationsmodellen auf die Lösung
anspruchsvollerRealproblemeausderWirtschaftzufinden.
StephanZelewski
Vorwort
Mansollteallessoeinfachwiemöglichsehen–
aberauchnichteinfacher.1)
DieserSatzbringtmeineEindrückewährendmeineserstenKontaktsmitdemBullwhip-
EffektaufdenPunkt.MehrereAnnahmenindenModellen,anhanddererderBullwhip-
Effekt untersucht worden war, standen in Diskrepanz zu meiner langjährigen Berufser-
fahrungbeiderInfineon Technologies AG.DieModelleschienenmirzustarkver-
einfacht.Ichbinsehrdankbar,dassichmeineÜberlegungenwissenschaftlichuntersuchen
unddabeimeinenlangegehegtenTraumeinerPromotionrealisierenkonnte.
ZuerstgiltmeinDankmeinemDoktorvaterHerrnUniv.-Prof.Dr.Stephan Zelewski.
Seine wertvollen Anmerkungen und Anregungen haben mich durch jede Phase der Pro-
motiongeleitet.DieseDissertationhatdurchseinestetigeForderungnachPräzisionund
Stringenzgewonnen.
HerrnUniv.-Prof.Dr.HeimoH.AdelsbergerdankeichfürdieÜbernahmedesZweit-
gutachtensundfürdieinteressantenAspekte,dieichüberSimulationgelernthabe.
Seitens der Infineon Technologies AG bin ich insbesondere Hans Ehm und Dr.
Thomas PonsignonfürdieerfahreneUnterstützungunddiezurVerfügunggestellten
empirischenDatenzuDankverpflichtet.
AlbertBeer
1) DieserSatzwirdindieseroderähnlicherFormAlbert Einsteinzugeschrieben,vgl.z.B.Mör-
tenhummer/Mörtenhummer(2009),S.199,Wüst(2010),S.119,oderFichtl(2012),S.146.
TatsächlichentstammtdieserSatzallerdingsnichtdemschriftlichenWerkAlbertEinsteins,vgl.
Calaprice(2011),S.475.NachCalaprice(2011),S.385,istderSatzmöglicherweiseeinePara-
phrasevonEinstein(1934),S.165:„Itcanscarcelybedeniedthatthesupremegoalofalltheoryis
tomaketheirreduciblebasicelementsassimpleandasfewaspossiblewithouthavingtosurrender
theadequaterepresentationofasingledatumofexperience“.
Abstract
Der Bullwhip-Effekt kann definiert werden als Oszillation der Nachfrage, die mit zu-
nehmendem Abstand von den Endkunden Verstärkung erfährt. Das identifizierte wis-
senschaftliche Problem besteht aus dem Fehlen eines realitätsadäquaten Modells eines
Produktionsnetzwerks in der analysierten Fachliteratur zum Bullwhip-Effekt sowie der
ungesichertenWirksamkeitvonbishervorgeschlagenenMaßnahmengegendenBullwhip-
Effekt in einem Produktionsnetzwerk. Diese Arbeit trägt zur Überwindung des wissen-
schaftlichenProblemsbei,indemsieeinrealitätsadäquatesSimulationsmodelleinesPro-
duktionsnetzwerksinAnlehnunganeinRealbeispielvorstelltundMaßnahmengegenden
Bullwhip-EffektineinemProduktionsnetzwerkmodellgestütztbewertet.
Der gleitende Durchschnitt mit zusätzlichen Perioden kann als Maßnahme gegen den
Bullwhip-Effekt für das Produktionsnetzwerk dieser Arbeit besonders empfohlen wer-
den, da diese Maßnahme die Folgen des Bullwhip-Effektes in einem Produktionsnetz-
werk am stärksten reduziert und zugleich eine gute Reduzierung des Bullwhip-Effektes
in einem Produktionsnetzwerk bewirkt. Der Produktionskapazitätspuffer hingegen kann
für das Produktionsnetzwerk dieser Arbeit nicht empfohlen werden, da diese Maßnah-
medenBullwhip-EffektineinemProduktionsnetzwerkamstärkstenunddieFolgendes
Bullwhip-EffektesineinemProduktionsnetzwerkalseinzigederuntersuchtenMaßnahmen
erhöht.