Table Of ContentDer anatomischc W ortschatz
Gerhard KrUger
Der anatomische
Wortschatz
unter M itheriicksichtigung der Histologie
und der Emhryologie fUr Studierende, Arzte
und Tiedirzte
12. Auflage
Dr. Dietrich Steinkopff Verlag . Darmstadt
Dr. med. vet. GERHARD KRUGER, geb. 1918, studierte, nach dem
Abitur auf einem humanistischen Gymnasium, in Berlin, Leipzig
und Hannover Veterinarmedizin und promovierte mit 23 Jahren
an der Universitiit Berlin.
K. erarbeitete sich ein breites Spektrum der Morphologie in der
Human- und Veteriniirmedizin. Daneben hat er sich in Praxis,
Verwaltung. Wissenschaft und Lehre (1972 Berufung an die Ge
samthochschule Kassel) ein Wissenspotential angeeignet. das in
rund 40 verschiedenen Veroifentlichungen seinen Niederschlag ge
funden hat und zur Emennung zum Fachtierarzt in zwei Diszi
plinen (Pathologie und Zuchtkrankheiten) fUhrle. Diese Vorbildung
priidestinierte ihn, 1974 eines der 23 Staatlichen Veterinar-Unter
suchungsamter als Direktor zu ubernehmen.
Das besondere Verdienst Kriigers liegt in der Neubegriindung der
tierarztlichen Lexikographie nach einem Intervall seit 1900. Drei
Jahrzehnte hat er die fUHrende Stellung auf diesem Gebiet im ge
samten deutschen Sprachraum halten konnen; dies beruhte vor
allem in der Einarbeitung der Termini der Gesanitmedizin im Sinne
der Forderungen Virchows.
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
KrUger, Gerhard:
Der anatomische Wortschatz: unter Mitberiicks. d. Histologie u. d.
Embryologie fUr Studierende, Arzte u. Tierarzte/Gerhard Krliger. -
12. Auft.
- Darmstadt: Steinkopif. 1980.
ISBN-13: 978-3-7985-0578-0 e-ISBN-13: 978-3-642-86110-9
DOl: 10.1007/978-3-642-86110-9
Mit Lizenz des © S. Hirzel Verlages
DDR-Leipzig, 1980
Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der Vervielfiiltigung ohne
Genehmigung des VerI ages ist unzulassig.
Leipzig - III/18/97
Vorwort zur 12. Auflage
Seit tiber drei Jahrzehnten hat sich der "Wortschatz" auf
dem medizinischen Buchmarkt behauptet. Dies ist sicher
lich darin begrundet, daB den heutigen sprachlichen
Bildungsanforderungen und den drei medizinischen Be
rufszweigen Rechnung getragen wurrle, der Human-,
Veterinii.r- und Dentalmedizin.
Yom Prinzip, keine zusammengesetzten Termini aufzu
nehmen, sondern nur die einzelnen Worte, und es dem
Leser zu uberlassen, die Kompositionen selbst vorzuneh
men, wurde nicht abgegangen. Ebenso wurde die latei
nische und griechische Lautumschreibung beibehalten.
Erweiterungen und Verbesserungen werden sehr behutsam
vorgenommen, um vor allen Dingen dem Studierenden
ein preisgunstiges Werk in die Hand zu geben. Die Ziel
setzung und der Zweck des Buchleins werden dabei nicht
aus dem Auge geJasscn.
Verlag und Autor hoffen, daB auch diesmal der geneigte
Benutzer des Wortschatzes dies schii.tzen wird.
D-2161 Hollern/Stade
im Fruhjahr 1980 Gerhard Kruger
Einleitung
Alle anatomischen Namen werden lateinisch geschrieben.
Ihre Abstammung ist dabei gleichgultig, obschon sie zum
groBeren Teil aus der griechischen Sprache entlehnt sind.
N ur zu einem ganz geringen Anteil entstammen sie anderen
vorderasiatisch6n Sprachen. Die lateinische Sprache hat
ihrerseits viele anatomische Bezeichnungen selbst gebildet,
hat jedoch auch viele als Fremdworter von der griechischen
ubernommen und latinisiert, d. h. in die eigene sprachliche
Form umgebildet. Bei dieser Latinisierung haben sich die
ursprunglichen Laute, Wortendungen und auch die Beto
nung den Gesetzen der lateinischen Sprache entsprechend
geandert. Hierbei haben folgende Tatsa.chen mitgespro
chen:
Den geradezu verschwenderischen Reichtum an Selbst
lauten (Vokalen) und Doppelselbstlauten (Doppelvokalen
oder Diphthongen) hat das Lateinische nicht, es ersetzt da
her die grieehischen Diphthonge ai durch Ie oder neuer
dings nach PNA auch e in Anpassung an die engl., frz. und
ital. Schreibweise, oi durch ce, ei durch langes i oder langes
e. Auch nicht aIle Mitlaute, uber die das Griechische ver
fugt, gibt es im Lateinischen. Das Lateinische besitzt kein
J, kein K und kein Z, es schreibt und spricht daher statt
eines Zein C. Das auch im Griechischen nichtvorhandene J
wird im Lateinischen durch ein I ausgedruckt, welches dann
wie J gesprochen wird. Das griechische K wird durch ein C
ersetzt, das vor dunklen Vo kalen wie K, vor hellen Vokalen
Einleitung 2
e, y, i, und re) wie C gesprochen wird. - Am starksten
III
wirkt sich der Unterschied zwischen dem Griechischen und
Lateinischen in der Wortbetonung aus, denn im Latei
nischen gilt das unabanderliche Gesetz, daB mehrsilbige
Worter niemals auf der letzten Silbe betont werden diirfen,
was fiir das Griechische nicht gilt. Infolgedessen mull die
Endbetonung ehemals griechischer Worter bei ihrer Her
ubemahme ins Lateinische von der letzten Silbe auf eine
der vorhergehenden zuruckverlegt werden. Aus dieser Tat
sache erklart es sich, daB viele anatomische Bezeich
nungen eine andere Betonung tragen, als sie ihrem
griechischen Wortursprung nach haben miillten.
In diesem Zusammenhang erscheint es angebracht, die
Grundgesetze der lateinischen und der griechischen Wo rt
betonung kurz darzustellen. Der Hauptunterschied der bei
den genannten alten Sprachen zum Deutschen ist der, dall
wir im Deutschen in der Prosa und der Poesie gleicher
mallen nur nach betonten oder unbetonten Silben reden,
ohne auf die Lange bzw. Kiirze (d. h. die Quantitat) der
Silbenvokale zu achten. Die beiden alten Sprachen dagegen
betonen die Worter einzig und allein nach der Quantitat
der Silben. Wenn wir also ein griechisches oder lateinisches
Wort richtig betonen wollen, milssen wir die Quantitii.t der
dabei in Betracht kommenden Silben genau kennen.
Die Wortbetonung im GTiechischen, wo zur Kenn
zeichnung der betonten Silben sogar drei Formen von Ak
zenten als Schriftzeichen verwendet werden, richtet sich
stets nach der Quantitat der letzten Silbe eines Wortes.
Zunichst einmal kann diese selbst betont werden, ohne
Rilcksicht darauf, ob sie lang oder kurz iet (endungsbetonte
Worter). Handelt es sich aber nicht um endungsbetonte
Worter, so wird entweder die vorletzte oder die drittletzte
Silbe des Wo rtes betont, die drittletzte jedoch nur dann,
3 Einleitung
wenn die letzte Wortailbe kurz ist. Man muB also die Quan
titit der letzten Silbe des Wortes genau kennen. FUr das
Griechische gilt ferner das Gesetz, daB niemals mehr als
zwei Silben hintereinander unbetont bleiben dfirfen, also
weiter als bis zur drittletzten Wortsilbe kann niemals der
Akzent zuriickgehen.
Die Wort bet on ung im La teinischen, welches keine
Akzente durch die Schrift ausdriickt, richtet sich nach der
Quantititder vorletzten Wortsilbe. 1st diese lang, so muB
sie auch betont werden, ist sie dagegen kurz, so geht der
Ton auf die drittletzte Silbe zuriick. Als lang gilt eine Silbe
selbstverstandlich dann, wenn sie einen naturlangen Vokal
hat. Doch auch kurze Vokale, auf welche zwei oder mehr
Konaonanten bzw. Doppelkonsonanten foigen, gelten als
kiinstlich gelangt (positionalang). Diese sogenannte Positi
onslange braucht jedoch nicht einzutreten, wenn auf den
kurzen Vokal Konsonantenverbindungen wie bl, br, pI, pr,
el, er, gI, gr, tI, tr, dl und dr foigen, z. B. pudendum mulie
bre, auch muliebre. Auch ffir das Lateinische gilt das Ge
setz, daB niemals mehr als zwei aufeinanderfolgende Silben
ohne Betonung 88in dfirfen.
Zu beachten ist, daB die in der nachstehenden Arbeit
verwend9ten Tonakzente keine giiltigen Schrift
zeichen darstellen, sondern nur Hilfslnittel zur rich
tigen Aussprache sind.
Ebenso sind zu dem gleichen Zweck Zeichen zur Angabe
der Lange und Kiirze von Vokalen benutzt worden, nam1ich
ein Hakchen fiber dem Vokal, um diesen als kurz, ein Strich
fiber dem Vokal, um diesen ais lang zu bezeichnen. Ein
Strich fiber dem Vokal bedeutet also nicht, daB
die betr. Silbe zu betonen ist.
Zum AbachluB dieser phonetischen Vorbemerkungen iat
noch auf foigendea hinzuweisen:
Einleitung 4
1m Lateinischen gilt in der Regel ein einfacher Vokal vor
einem anderen einfachen Vokal oder Diphthong als kurz
(vocalis ante vocalem brevis est).
1m Griechischen gibt es zwei T-Laute, das Tau (= latei
nisch t) und das Theta (= lateinisch th), also: monoton,
aber Theologie.
Anlautendes griechisches R (Rho) wird in der lateini
schen Schreibung durch rh wiedergegeben, also: Rhythmus
(Rho und Theta).
Doppeltes r (Rho) in der Mitte griechischer Worter wird
bei der Latinisierung zu rrh, vgl. Diarrhoe.
Es ist zwischen Fremdwortern und Lehnwortern zu un
terscheiden. Lehnworter haben sich in Aussprache und
Schreibung so sehr der neuen Sprache angepaBt, daB sie
nicht mehr als fremdes Sprachgut angesehen werden.
Die Einfiihrung in die Besonderheiten der griechischen
und lateinischen Formenlehre kann sich auf die Substantiva
(Hauptworter), Adjektiva (Eigenschaftsworter) und die
Partizipien (Mittelworter) beschranken, und zwar auf den
NOlILtnativ (1. Fall) und Genitiv (2. Fall), Singular und Plu
ral (Einzahl und Mehrzahl). Werden Bestandteile der grie
chischen und der lateinischen Sprache zu einem Begriffs
ganzen zusammengefiigt, sog. Hybrid, so wird als Obergang
ein sog. Bindevokal (meist 0, bei rein lateinischen Worten
aber i) dazwischengeschoben.
A. Lat8lnische Formenlehre
Die lateinische Sprache kennt keinen Artikel. Das Ge
schlecht eines Hauptwortes wird im allgemeinen durch die
Endung ausgedriickt oder kann aus beigefiigten Adjektiven
oder Partizipien ersehen werden.
5 Einleitung
Das Lateinische hat ftinf DekIinationen, je nachdem ob
der Wortstamm auf einen VokaI oder auf einen Konsonan
ten ausIautet (vier vokalische DekIinationen auf -a, -0, -u
und -e und eine konsonantische mit den ihr angegIichenen
i-Stammen).
Die nachstehende Tabelle gibt die Endungen und das
GeschIecht der Substantiva der ftinf DekIinationen wieder:
a) Substantiva
Singular Plural
Dekli-
Geschlecht
nation Nomi- Nomi-
Genitiv Genitiv
nativ nativ
1. oder -a -ae -ae -arum Femin.auller
A-Dek!. mann!. Pers.
2.oder a) ·us ·i ·i ·6rum Masku!.
O-Dek!. b) ohne
Endung -i -i ·6rum Masku!.
c) ·um .j .11. ·6rum Neutra
3.oder a) ohne ·is ·es -um Mask.+ Fern.
konso· Endung
nant. b) ·s ·is ·es .um(ium) Mask. + Fem.
Dekl. u. c) -is ·is -es -ium Mask. + Fern.
J·Dek!. d) ohne
Endung ·is .11. -um Neutra
e) ohne
Endung
mit Um-
farbung
oder
Stamm· ·is -a u. ·ia .um(ium) Neutra
verkiirzg.
4.oder a) -us ·us ·us ·uum meist Mask.
U·Dekl. b) ·u ·us ·ua ·uum Neutra
5.oder
E·Dek!. -es ·iii ·es ·erum Femin.
Einleit11D8 6
b) Adjektiva
Singular Plural
Deklination I
Nominativ I Genitiv Nominativ Genitiv
1. u. 2. a) -usm. -im. -i m. -6rum m.
Dekl. -a f. -ae f. -ae f. -arum f.
kombin. -umn. -i n. -an. -6rum n.
b) m.ohne -i m. -i m. -6rum m.
Endung
-a f. -ae f. -ae f. -arum f.
-umn. -i n. -a n. -6rum n.
3. Dekl. a) m.ohne -is m. -es m. -iumm.
(konso- Endung
nant.) -is f. -is f. -es f. -iumf.
-e n. -is n. -ia n. -iumn.
b) -is m. wie oben wie oben wie oben
-is f.
-e n.
c) m.,f., wie oben -es m. -um(ium)
n.ohne fiir m., f.
Endunf I -es f. nndn.
-a (ia)n.
c) Partizipia (Mittelworter) Prasens, Aktiv werden wie
die Adjektiva der 3. Dekl. flektiert (gebeugt).
d) Steigerung der Adjektiva.
Komparativ Superlativ
1) -ior m. und f., -ius n. -issimus m., -a f., -um n.
2) wie oben, jedoch teilw. mit -rimus m., -a f., -um n.
Veranderung d. Stammes. oder -limns, Bonst wie oben.
Merke besonders die unregelmaBige Steigerung von:
magnus, -a, -um = groB maior, -ius manmus, -a, -uin
parvus, -a, -um = klein minor, -us m{nimus, -a, -um
p6sterus, -a, -um = hin- post~rior, -ius postr~mus, a, -um
tenstehend
supel"llB, -a, -um == oben-sup~rior, -ius supr~mus, -a, -um
liegend od. summus, -a, -um