Table Of ContentARBEITSGEMEINSCHAFT FOR FORSCHUNG
DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
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a m 6. Apr ill 9 5 5
in Diisseldorf
ARBEITSGEMEINSCHAFf FOR FORSCHUNG
DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
HEFT 52
F. W. A. Patmore
Der Air Registration Board und seine Aufgaben
im Dienst der britischen Flugzeugindustrie
A. D. Young
Gestaltung der Lehrtatigkeit
in der Luftfahrttechnik in GroBbritannien
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
ISBN 978-3-322-98166-0 ISBN 978-3-322-98833-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-98833-1
C o p y r i g h t 1 956 b y Springer Fachmedien Wiesbaden
Urspriinglich erschienen bei Westdeutscher Verl.g, Kăln und OpI.den 1956 .
INHALT
Mr. F. W. A. Patmore, London
Der Air Registration Board und seine Au£gaben im Dienst
cler britischen Flugzeugindustrie 7
Diskussionsheitrage
von Staatssekretar Prof. L. Brandt, Prof. Dr.-Ing. H.
Ebner, Prof. Dr.-Ing. F. Bollenrath, Prof. Dr.-Ing. M.
Haas, Prof. Dr.-Ing. F. Seewald, Prof. Dr.-Ing. G. Made
lung, Prof. Dr.-lng. G. Bock, Prof. Dr. A. 'Walther, Regie
rungsdirektor Dr. lng. H. Kubler, Mr. F. W. A. Patmore,
Prof. Dr. W. Groth, Regierungsbaudirektor J. Stelle. 23
Prof. A. D. Young, London
Gestaltung der Lehrtatigkeit In der Luftfahrt In GroB-
britannien 35
Diskussionsbeitrage
von Staatssekretar Prof. L. Brandt, Prof. Dr. A. Naumann,
Prof. Dr.-Ing. P. Ruden, Prof. Dr.-Ing. F. Seewald, Prof.
Dr. H. Behnke, Prof. Dr.-Ing. G. Bock, Prof. Dr. A. 'Wal
ther, Direktor H. Sachse, Prof. Dr. H. Kaiser, Dipl.-Ing.
K. Deunert, Prof. Dr.-Ing. K. Lurenbaum, Prof. Dr.-Ing.
A. W. Quick, Oberregierungsrat Freiherr von Medem, Prof.
Dr.-lng. G. Madelung, Mr. F. W. A. Patmore. 63
Der Air Registration Board und seine Aufgaben im Dienst
der britischen Flugzeugindustrie
Mr. F. W. A. Patmore, London
1. Einleitung
Bei meiner Schildeflung der Stellung, welche 'der "Air Registration Board"
gegenliher -cler britischen Flugzeugindustrie, den verschiedenen Ministerien,
den staatlichen Forschungsanstalten sowie allen sonstigen Organisationen,
die einen integrie~enden Bestandteil des britischen Zivilluftfahrtwesens bil
den, einnimmt, werde ich die Aufgaben und die Arbeitsweise des Board
darlegen und kurz einige unserer laufenden Probleme erwahnen.
Die heutige Stellung des Board unterscheidet sich remt erheblich von
seiner Stellung vor dem Kriege. In den letzten zehn Jahren hat sich die
GroBe, Geschwindigkeit, Flughohe und Kompliziertheit der Flugzeuge ganz
betrachtlich erhoht. Die Feststellung der Lufttlichtigkeit hinsichtlich Wirt
schaftlichkeit und Sicherheit wurde Zu einem ausgesprochenen Fachgebiet.
2. Verhiiltnis zwischen den betreffenden Organisationen
The Ministry of Transport and Civil Aviation
(Ministerium flir Verkehr und Zivile Luftfahrt)
Das Ministry of Transport and Civil Aviation ,ist liber seinen Minister
der Krone flir alle Angelegenheiten des zivilen Luftwesens verantwortlich.
Dazu gehOrt die Feststellung der Lufttiichtigkeit und Oberwachung der
Einsatzfahigkeit von Flugzeugen sowie die Unterhaltung und Ausrlistung
aller staatlichen Flugplatze. Dieses Ministerium erteilt auf ein Gutachten
des Board hin die Lufttiichtigkeitsscheine sowie amtliche Genehmigungen
flir Mitglieder von Flugzeugmannschaften.
Das Ministerium erlaBt Bestimmungen, die durch das Parlament geneh
migt werden und infolgedessen Gesetzeskraft haben. Diese Bestimmungen
enthalten zahlreiche Anweisungen, die in einigen Fallen wsatzlich zu den
Anforderungen hinsichtlich der Lufttlichtigkeit treten.
8 F. W. A. Patmore
The Ministry of Supply
(Versorgungsministerium)
Das Ministry of Supply ist der Einkaufer fiir Miliciirflugzeuge, und sein
technisches Personal unterhalt sehr enge Verbindung mit allen Flugzeug
firm en. In gewissen Fallen werden groBe zivile Flugzeuge yom Ministry
of Supply in Auft rag gegeben, welches als Einkaufer der Erstausfiihrungen
<lluftritt und einen Teil der Entwicklungskosten bezahlt. Das Ministry of
Supply ist befugt, zur Unterstriitzung der Industriefirmen und gewisser
Organisacionen Geldmittel ~u Forschungszwecken zuzuweisen. Ferner unter
halt dieses Ministerium eine Anzahl Forschungs- nnd Versuchsanstal
ten, unter denen ,das Royal Aircraft Establishment in Farnborough und
das Aircraft and Armament Experimental Bstablishment in Boscombe
Down die bedeutsamsten sind. Der Air Registration Board verfiigt iiber
keine eigenen Geldmittel fiir Forschungszwecke; er erbittet zuweilen die
Unterstiitzungdes Ministry of Supply in der Bearbeitung sowohl von grund
satzlichen Fragen als auch von laufenden Angelegenheiten.
The Royal Aircraft Establishment
(Kg.l. Anstalt fiir Flugzeugwesen)
Die Notwendigkeit, ausgedehnte und kostspidige Forschungsarbeiten
iiber eine Vielzahl von Problemen durchzufriihren, hat zu einem weiteren
Aushau des staatlichen Royal Aircraft Establtishment gefiihrt. Die Hilfs
mittel nnd Ausriistung dieser Anstalt sind weit groBer, als eine Firma jemals
z,u besitzen erhoffen kann. Diese Anstalt gibt die Ergebnisse ihrer Arbeiten
in zahlreichen Berichten an die interessierten Industriezweige weiter. Sie
steht ferner dem Flugzeugkonstrukteur und dem Air Registration Board
zur Beratung zur Verfiigung.
The Society of British Aircraft Constructors
(Gesellschaft britischer Flugzeugkonstrukteure)
Die Society of British Aircraft Constl.iuctors ist eine Korperschaft, welche
als Sprachrohr der Hersteller dient. Sie nimmt innerhalb der Industrie eine
bedeutsame Stellung ein und ist sowohl in dem Air Registration Board als
auch in einer Reihe technischer Ausschiisse vertreten. $omit ist diese Gesell
schaft in der Lage, die Ansicht der Konstrukteure etwa bei der Ausarbeitung
Der Air Registration Board 9
neuer, oder bei der Erganzung bereits bestehender Vorsmciften fur die Luft
tumtigkeit ziviler Flugzeuge zu vertreten.
3. The Air Registration Board
Mit der Kompliziertheit der modernen zivilen Flugzeuge seit 1946 hat
aum die Bedeutung des Board fur das zivile Luftwesen standig zugenom
men. Die verstarkte staatliche Oberwamung des Betriebspersonals der Flug
zeuge hat nam Ansimt vieler die Forderung nam Errimtung einer unab
hingigen Behorde fur Fragen der Lufttiimtigkeit verstarkt.
Der Board wurde Un Jahre 1937 gebildet. Er entstand aus dem Wunsm
der an der Entwicklung des zivilen Luftfahrtwesens interessierten Kreise,
ihre Flugzeuge durch eine auto nome Behorde, welme aIle beteiligten Grup
pen vertritt, auf die Lufttiimtigkeit hin kontrollieren zu lassen. Nach Smaf
fung des Board wurde der Minister (bei dem es sim damals urn den Secre
tary of State for Air handelte) ermamtigt, einige seiner Aufgaben auf diese
neue Korperschaft zu iibertragen.
Wiihrend des Kr~eges unterhielt der Board eine kleine Belegschaft und
iibernahm spaterhin hereitwillig die mit der Wiedererrimtung der zivilen
Luftfahrt in GroBbritannien verbundenen Arbeiten. Seit dem Kriege sind
geringe Knderungen in den Aufgaben des Board eingetreten, jedoch sind
diese Knderungen kaurn grundsatzlimer Art.
Der Board ist eine vollig unabhangige Korperschaft. Seine Gesmafts
£i.ihrung wird bestimmt durm einen Beirat, der nam dem Gesetz aus 18 Per
sonen bestehen muB. Diese Personen, welme keine Entsmadigung fiir ihre
Dienste erhalten, vertreten die folgenden Kreise:
die Flugzeughersteller
die Flugzeughalter
die Versimerer
die unabhangigen Mitglieder
die offentliche Hand
die Berufspiloten.
Jedes Mitglied des Beirates list vier Jahre Un Amt und kann dann durm
die von ihm vertretenen Gruppen wiedergewahlt werden. Die Verfassung
des Board gewahr1eistet, daB seine Entscheidungen keinen iibermaBigen
EinfluB auf irgendein besonderes Luftfahrtinteresse haben.
Der Board besmaftigt ein standiges Personal von 250 Personen. Der
Grund fur diese zahlenmaBig smwame Belegschaft ist in dem System der
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anerkannten Firmen zu sehen, auf das idt spater in meinem Vortrag ein
geben werde. Mehr als die Halfte der Belegschaft besteht aus Technikern,
darunter Fachleuten aouf dem Gebiete ·der Triebwerke, elektrischen Anlagen,
Motoren, Hydraulik, FiUnkinstrumente, Flugerprobungen usw. Der groBte
Teil dieser Techniker befaBt sich mit ·der Kontrolle von Flugzeugen und der
Priifung des tedtnischen Personals. Sie sind stationiert in den Buros des
Board in England und in den uberseeischen Gebieten. Der mit dem Flug
zeug- und Motoretllbau beschaftigte Teil des Personals ist zum groBen Teil
in London stationiert.
4. Aufgaben des Board
Die Hauptaufgabe des Board besteht darin, den Minister fur zivile Luft
fahrt in Angelegenheiten zu beraten, weldte auf die Untersuchung der Luft
tiichtigkeit von Flugze'l1gen zwecks Erteilung bzw. Erneuerung des Luft
tiichtigkeitsscheins Bezug haben.
Zwecks Durchfiihrung dieser Aufgaben muB der Board eine Anzahl
Nebenarbeiten durchfuhren, wie z. B. die Ausarbeitung und Veroffent
lichung von annehmbaren Normen hinsidttlich des Entwurfs, cler Konstruk
tion und Unterhaltung von Flugzeugen, der Zulassung von Herstellern,
der Zulassung von Motoren, Ausrustung, Xnderungen sowie Ausarbeitung
und Veroffentlichung von Flughandbiichern, Leistungsverzeichnissen und
Bekanntmachungen Fur Ingenieure.
AuBer dies'en hauptsachlichen Pflichten priift und lizenziertder Board
Flugzeugingenieure und fUhrt technische Prufungen von Piloten von Ver
kehrsflugzeugendurch.
5. Britische Vorschriften fur die Lufttuchtigkeit von Zivilflugzeugen
Ohoe Benutzung irgendeines MaBstabes ware es clem Board nicht moglich,
die Lufttiichtigkeit von zivilen Flugzeugen zu untersuchen. Bin MaBstab
ist auch notwendig, urn es dem Konstrukteur zu ermoglichen, ein Flugzeug
so zu entwerfen, daB hinreichend Aussicht auf Genehmigung des Entwurfs
besteht. Der Board arbeitet daher im Zusammenwirken mit der britischen
Flugzeugindustrie Vorschriften fur die Lufttuchtigkeit britischer ziviler
Flugzeuge aus und veroffentlicht sie. Die Bespremungen, die von dem Board
auf internationaler Ebene durchgefiihrt werden, sind ebenfalls von EinfluB
auf diese Arbeit.
Der Air Registration Board 11
Jeder, der mit der Ausarheitung von Vorschriften zu tun hat, weill, wie
schwierig es [st, einen befriedigenden Lufttiichtigkeitsstand aufzustellen, der
ohne unerwiinschte Auswirkung auf den Handelswert des Flugzeuges aIs
Transportmittel ist. Dieses Problem ist nicht leicht zu lasen. Die raschen
Entwicklungen ClJuf dem Gebiet der Flugzeugkonstruktion iiberholen haufig
die bestehenden Vorschr.iften. Die Rev,ision und Umarbeitung verschiedener
Abschnitte der britischen Vorschriften fiir die Lufttiichtigkeit ziviler Flug
zeuge ist daher standig im Gange.
Wahrend der Ausarbeitung neuer oder revidierter Lufttiichtigkeitsvor
schriften werden Abschr.iften der heabsichtigten Revision mit Angabe der
Griinde der beabsichtigten Knderung den int,eressierten Parteien zur Stel
lungnahme zugestellt.
Der endgiiltige Entwurf der beabsichtigten Knderung w~rd sodann einem
AusschuB vorgelegt, der 'zwecks Koordinierung der A1"beit gebildet ist. In
diesen Ausschiissen sitzen Verteter der Ministerien und der Forschungs
organisationen.
Es ist das standige Ziel des Board, obj'ektive Vorschriften zu veroffent
lichen, welche die zu erfiillenden Bedingungen auffiihren. Dem Konstruk
teur bleibt es iiberlassen, Wege auszudenken, die am besten geeignet sind,
den Bedingungen g,erecht zu werden, doOch muB jeder Fall zur Zufriedenheit
des Board nachgewies'en werden.
1m allgemeinen begriiBt man in England die Aufstell:ung groBziigig an
gelegter Grundsatze. Die allgemeine Einstellung des Board hinsichtlich der
Auslegung der Vorschriftengeht dahin, daB gut ausgedachte Vorschriften
einen Beitrag zur Gewahrleistung von Sicherheit bedeuten; doch behauptet
der Board nicht, daB die Erfiillung von Vorschriften allein ausreicht, die
Sicherheit zu garantieren. Das technische Wissen des Entwurfsingenieurs,
des Konstmkteurs und des Betriebspersonals ist von erstrangiger Bedeutung.
Der Board ist stets bereit, Ers.atzvorschlage flir die Erfiillung von Vor
schriften zu priifen. Ein betrachtlicher Teil der Zeit des Board wird dafiir
aufgewendet, nichtdie Erfiillung der Vorschr.iften sicherzustellen, sondern
ihre eingehende Auslegung und Anwendung auf das betreffende Flugzeug
zu besprechen.
6. Veroffentlichungen
AuBer den Vorschriften flir die Lufttiichtigkeit britischer Zivilflugzeuge
werden u. a. noch folgende andere Unterlagen veroffentlicht:
12 F. W. A. Patmore
The Flight Manual
(Flughandbuch)
Einer Erstausfiihrung wird kein uneingeschdinktes Lufttiichtigkeitszeug
nis gewahrt, solange nichtein zufriedenstellender Lufttiichtigkeitsstandard
crreicht ist. Wahrend der Untersuchung der Lufttiichtigkeit wird eine Reihe
von Einschrankungen fur das Flugzeug festgelegt. Das Flugzeug bleibt nur
dann lufttiichtig, wenn diese Einschrankungen eingehalten werden. Friiher
war es moglich, alle Angaben ·dieser Art auf clem Lufttiichtigkeitsschein selbst
zu vermerken. Mit clem Anwachsen der Komplizierrheit von Flugzeugen
war dies nicht mehr moglich. Die Einfiihrung moclemer Leistungsvorschrif
ten macht es heute notwendig, viele Leistungsunterlagen zur Verfiigung zu
stellen, d;llmit die Leistung der von dem Flugzeug beflogenen Route an
gepafh werden kann.
Somit ist die Erteilung des Lufttiichtigkeitsscheins fur ein modernes Ver
kehrsflugzeug von der Erstellung eines Flughandbuches abhangig. Dieses
Dokument stellt eine gesetzliche Urkunde dar, weil sie offiziell mit dem
Lufttiichtigkeitsschein verkniipft ist. Jedes Flugzeug hat sein eigenes Hand
buch, obwohl eingroBer Teil cler darin enthaltenen Angaben fur aIle Flug
zeuge des gleichen Typs gemeinsam Geltung hat.
Das Handbuch befaBt sich zum Teil mit cler Leistung, und dieses ist auch
der hervorstechende Zug in den Vorschriften beziiglich der Lufttiichtigkeit
britischer Zivilflugzeuge. Diese Entw~cklung geht darauf hina.us, willkiir
liche Mindestwerte durch eine Bestimmung dahin zu erganzen, daB die Merk
male und Leistungseigenschaften des Flugzeugs bestimmt und verzeichnet
sein miissen. Dies wirkt sich in einer Verminderung unnotiger Spielraume
hinsichtlich der Lufttiichtigkeit aus und beclingt eine genauere 'Oberwachung
der Einsatzfahigkeit.
Leistungsplane
Aus der Einfuhrung des Flughandbuchs und der genaueren Uberwachung
der Einsatzfahigkeit ergab sich die Notwendigkeit, die Betriebsverhaltnisse
von Flugzeugen, we1che vor Einfiihrung der modemen Vorschriften ent
worfen, gebaut und zugelassen worden waren, zu iiberpriifen. N atiirlich
war es nicht moglich, auf diese Flugzeuge die neuen Normen anzuwenden.
Um indessen einen Flugtiichtigkeitsstandard zu err eichen, der sich in etwa
mit den Flugzeugen moderner Bauart vergleichen lieBe, wurde beschlossen,
Leistungsplane einzufuhren.