Table Of ContentAusgabe1.10
Denkmalpf lege
in Westfalen-Lippe
Neufund eines Wandgemäldes in Lemgo
Fremde Impulse – Kulturhauptstadt RUHR.2010
©2010Ardey-VerlagMünster
AlleRechtevorbehalten
Litho/Druck:DruckVerlagKettler,Bönen
PrintedinGermany
ISSN0947-8299
16.Jahrgang,Heft1/10
Erscheinungsweise2maljährlichzumPreisvon
4,50Euro(Einzelheft)zuzüglichVersandüberden
Ardey-VerlagMünster,
AndenSpeichern6
48157Münster
Herausgegebenvom
LWL-AmtfürDenkmalpflegeinWestfalen
imAuftragdesLandschaftsverbandesWestfalen-Lippe
Redaktion:
Dr.JostSchäfer(Leitung)
Dr.BarbaraPankoke
Dr.ThomasSpohn
Dr.DirkStrohmann
Anschrift:
LWL-AmtfürDenkmalpflegeinWestfalen
Fürstenbergstr.15,
48147Münster
[email protected]
DieAutoren
AusdemLWL-AmtfürDenkmalpflegeinWestfalen:
Wiss.-Bibl.SabineBeckerM.A.
Dr.DorotheeBoesler
Dipl.-Ing.SybilleHaseley
Dr.-Ing.BettinaHeine-Hippler
Dipl.-Ing.ChristianHoebel
AnnegretHerden-HubertusM.A.
Dr.FredKaspar
KlausNennoM.A.
Dr.MarionNiemeyer
Dipl.-Ing.HartmutOchsmann
Dr.UlrichReinke
Dr.JostSchäfer
Dr.BarbaraSeifen
Dr.DirkStrohmann
Dr.ThomasSpohn
Dipl.-Ing.DanaeVotteler
Dipl.-Ing.ImmeWittkamp
Dr.AngelikaSchyma
LVR-AmtfürDenkmalpflegeimRheinland
AbteiBrauweiler
Ehrenfriedstr.19
50259Pulheim
AntoniusBöing
KreisBorken
FachabteilungKultur
Inhalt
Seite3 Editorial
Aufsätze
Seite4 FragmenteinesnachreformatorischenBilderzyklus?
NeufunddesWandgemäldes„ChristusamÖlberg“inderev.NikolaikircheinLemgo
DirkStrohmann
Seite13 FremdeImpulse–BaudenkmaleimRuhrgebiet.ErmunterungzuhistorischenStreifzügen
durchdieKulturhauptstadtRUHR.2010
BarbaraSeifen/AngelikaSchyma
Berichte
Seite19 KunstdesfrühenundhohenMittelalters–ForschungundDenkmalpflege.
KolloquiumzumGedenkenanHildeClaussen
JostSchäfer
Seite19 GroßeÖffentlichkeitfürkleineObjekte.LWLwürdigtehrenamtlicheGrenzsteine-Erfasser
AnneHerden-Hubertus
AusderPraktischenDenkmalpflege
Seite20 Burbach:NeueNutzungimehemaligenPostamt
AusdemBildarchiv
Seite22 FlorenceDeclaration.EmpfehlungenzumErhaltanalogerFotoarchive
Buchvorstellung
Seite23 DeutschesNationalkomiteefürDenkmalschutz(Hg.),DNK-Studentenworkshop
Willebadessen2008.Brühl2009
Seite24 NeuerscheinungendesAmtes
Seite26 NeuerwerbungenderBibliothekinAuswahl
Mitteilungen
Seite27 HerbsttreffenderAGBauforschung
Seite27 ErkennenundBewahren–KirchenbauderNachkriegszeitinNordrhein-Westfalen
Seite28 „DenkmalboxsollKinderndasFensterzurVergangenheitöffnen“
Seite29 „Denkmalpflege–Westfälisch–Praktisch“:Holzfenster-Restaurierungam18.August2010
inDetmold
Seite29 4.WestfälischerTagfürDenkmalpflege2010aufSchlossCappenberg
Preise
Seite30 Scheinbarunscheinbar–PreisausschreibungderStiftung„KleinesBürgerhaus“2010
Seite31 Westfälisch-LippischerPreisfürDenkmalpflege2009
Seite34 VerleihungdesBundespreisesfürHandwerkinderDenkmalpflegeinNRW2009
Seite35 Felix-Sümmermann-Preis2009
Personalia
Seite37 ErichLubahnimRuhestand
Seite38 Dipl.Ing.SaskiaSchöferwiederimAmt
Seite38 Inmemoriam:RenateReinkober
Seite40 VerkäuflichesBaudenkmal
Umschlag-Foto: Lemgo, ev.Pfarrkirche St.Nikolai, Südquerhauswand. Wandgemälde „Christus am
Ölberg“,DetailderInschrift.2009.LWL-AmtfürDenkmalpflegeinWestfalen:Strohmann
5
Editorial
rer Fachbehörde stärker in den Fokus: Hinter
demBereich„Restaurierung“verbergensichvier
Amtsrestauratoren und ein Kunsthistoriker, die
einerseits–HandinHandmitderBauforschung
–MaterialbefundeundhistorischeArbeitstechno-
logienuntersuchenunddokumentieren,anderer-
seits Schadensbilder an Baudenkmälern und ih-
rer Ausstattung diagnostizieren und – in enger
Zusammenarbeit mit der Praktischen Denkmal-
pflege–Konservierungs-undPflegekonzepteer-
arbeiten, einschließlich der zugehörigen, grund-
legendenkunstwissenschaftlichenForschung.
DerBegriff„Dokumentation“stehtindieserRefe-
ratsbezeichnung als Oberbegriff für die westfa-
lenweit singuläre Infrastruktur an angesammel-
tem Fachwissen. Neben kleineren Sammlungen
handelt es sich im wesentlichen um vier große,
SeitmehrerenJahrenfindetsichinderhinteren professionell betreute Bestände: Das Aktenar-
Klappe des kartonierten Einbandes dieser Zeit- chiv, das Bildarchiv (einschließlich Negativar-
schrift ein Organigramm unseres Amtes, des chiv),dasPlanarchivunddieFachbibliothek.Ne-
LWL-Amtes für Denkmalpflege in Westfalen. In ben dem kontinuierlichen Ausbau dieser Be-
dieserAusgabestellenwirandiesemOrtdieak- stände wird ihre weitergehende Digitalisierung,
tuelle,geänderteOrganisationunsererDenkmal- sowie die Weiterentwicklung der digitalen Er-
fachbehörde vor: Anstelle der bisherigen zwei schließungeinwichtigesAufgabenfeldsein.
großen Fachgebiete „Inventarisation, Baufor- Dasjüngste„Denkmalinformationssystem“istdie
schung, zentrale Dienste und Redaktion“ einer- Denkmaldatenbank „KLARAweb“, die in dieser
seits, „Praktische Denkmalpflege“ andererseits, Formseit1997existiert.DieDatenbankstehtal-
findenSienundiedreiReferate„Denkmalinven- lenmitDenkmalschutzbefasstenKörperschaften
tarisation“, „Praktische Denkmalpflege“ sowie zur Verfügung. In KLARAweb sind rund 80.000
„RestaurierungundDokumentation“. Bauten aus dem Landesteil Westfalen-Lippe er-
Was ist der Hintergrund und die Erwartung an fasst, darunter etwa 27.000 Baudenkmäler, mit
dieseNeuorganisation?Zunächstgiltganzallge- vielen Zusatzinformationen zur Durchführung
mein,dassOrganisationsstrukturenundVerwal- umfangreicher Recherchen. Mittelfristig wird
tungsabläufe von Behörden kein Selbstzweck KLARAweb das zentrale Medium zur Erschlie-
sind, sondern idealerweise die optimale Rah- ßungdesDenkmalwissenssein.
menstrukturzurErledigung(gesetzlich)vorgege- Ziel des LWL-Amtes für Denkmalpflege ist es,
benerAufgabenbilden.ZudenzentralenAufga- auch künftig in allen relevanten Sparten der
ben einer Denkmalfachbehörde gehören die Er- Denkmalpflege aktuell zu bleiben und mit eige-
forschungderBaudenkmäler,dieDokumentation nen fachlichen Beiträgen zur laufenden Innova-
undDarstellungdiesesWissens,sowiedieSicher- tion des Wissens um Denkmäler und des Um-
stellung des fachgerechten Umgangs mit diesen gangsmitDenkmälernbeizutragen.DieneueOr-
bedeutsamenundempfindlichenbaulichenQuel- ganisationsstrukturwirddiesesZielbefördern.
len. Mit diesen Kompetenzen betreut und unter-
stütztdasLWL-AmtfürDenkmalpflegeinWestfa-
len als wissenschaftlich begründende Fachbe-
hörde die Kommunen als zuständige Untere
DenkmalbehördenbeiihrerArbeit.
Mit dem neuen Referat „Restaurierung und Do- Dr.MarkusHarzenetter
kumentation“ rücken Sonderkompetenzen unse- Landeskonservator
4
DirkStrohmann
Fragment eines nachreformatorischen
Bilderzyklus?
NeufunddesWandgemäldes„ChristusamÖlberg“inderev.NikolaikircheinLemgo
IndenJahren2007–2009wurdederbedeutendemittelalterlicheSakralbauvonSt.Nikolaiin
Lemgo einer Generalinstandsetzung unterzogen. Darüber wird an anderer Stelle zu berich-
ten sein. Gegenstand dieses Beitrags ist ein bisher unbekannter Wandmalereibefund, der
sichergab,alsdasgroßehölzerneHängeepitaphdesRabanvonKerssenbrock(gest.1615)
und seiner Ehefrau Elisabeth von Donop (gest. 1611) zur Überführung in die Restaurie-
rungswerkstatt von der Wand abgenommen wurde. Dieses laut Inschrift auf Veranlassung
derbeidenSöhnederVerstorbenen1617errichteteEpitaphhatseinenangestammtenPlatz
anderSüdwanddesQuerhausesderNikolaikirchezwischenderWandvorlagedesöstlichen
Gewölbegurtbogens, dem Südportal und dem darüber angeordneten Fenster. Zum Vor-
scheinkameingroßes,aufdenPutzgemaltesWandbildmiteinerfigürlichenBildszene,die
sichtrotzihrerfragmentarischenErhaltungsofortalsDarstellungdesThemas„Christusam
Ölberg“identifizierenließ(Abb.1).
Gemessen an der Oberkante des Inschriftfeldes trus, Jakobus und Johannes auf dem Boden vor
unterhalb der figürlichen Darstellung liegt die einer Erhebung, die den Hang des Ölbergs sym-
Bildszene ca.4m über dem heutigen Bodenni- bolisiert.ErhatdieHändeimGebetsgestusgefal-
veau.DieunregelmäßigeäußereBegrenzungder tet vor die Brust erhoben. Er ist mit einem lan-
Befundfläche (größte Höhe ca.6,70m, größte gen, gegürteten Gewand bekleidet, das wie die
Breiteca.4,50m)folgtnaturgemäßdenKonturen nur zum Teil erhaltenen Gewänder der Apostel
dessieabdeckendenEpitaphs,dasseit1617ver- Reste rötlicher Färbung aufweist. Während der
hinderte,dassdergrößereTeilderWandmalerei Oberkörper im Dreiviertelprofil wiedergegeben
von den jüngeren Wandanstrichen zugedeckt ist, erscheint der nach links gewendete Kopf im
wurde,wieesandenumgebendenWandflächen Vollprofil. Christus trägt Bart und lange, hinter
der Fall ist. Damit ist auch ein „terminus ante den Ohren auf die Schultern herabfallende
quem“ für die Datierung des Wandbildes gege- Haare.DieBinnenzeichnungdesGesichtsistnur
ben. stark reduziert erhalten. Er wendet sich nach
DieinSecco-TechnikgemalteÖlbergszeneistdie links, wo außerhalb des vom Epitaph abgedeck-
vierte Farbfassung auf dem romanischen Wand- tenBereichsunterdenjüngerenAnstrichschich-
putzdererstenHälftedes13.Jahrhunderts.Jede ten der obere Teil des Berghangs und die Er-
der Farbfassungen liegt auf einer eigens aufge- scheinungdeströstendenEngelsunddesKelchs
tragenen Kalktünche. Von den drei älteren als Symbol des bevorstehenden Leidens zu ver-
SchichtensindnurunzusammenhängendeFarb- mutensind.
reste sichtbar. Genauere Angaben zu Schichten- GegendenBerghanggelehntruhtamlinkenun-
abfolge,TechnologieundZustandderFassungen terenBildrandeinschlafenderJünger,denrech-
sind dem Bericht der Amtsrestauratoren Leon- tenArmüberdenBauchgelegt,dasrechteBein
hard Lamprecht und Brigitte Vöhringer zu ent- aufgestellt,daslinkelangausgestreckt.DerOber-
nehmen,dieimFrühjahr2009dasWandbildein- körper ist fast nur noch in seinen Konturen ab-
gehenduntersuchthaben.NachderDokumenta- lesbar. Die wegen des nächtlichen Geschehens
tion des Befundes und erfolgter Konservierung stark verschattete vordere Bodenzone setzt sich
derPutz-undTüncheschichten(Reinigung,Festi- weiternachrechtsfort.DortsitztmittigimBild-
gung, Randanböschung) durch die Paderborner vordergrundinfrontalerHaltungderApostelPe-
FirmaarscolendiverdecktdasrestaurierteKers- trus mit gekreuzten Beinen, den nur noch mit
senbrock-Epitaph nun wieder die im folgenden Resten der Binnenzeichnung versehenen bärti-
auskunsthistorischerSichtvorzustellendeWand- genKopfschlafendindieHändegestützt.Petrus
malerei. istandemindieArmbeugegelegtenSchwertzu
erkennen, mit dem er später bei der Gefangen-
Beschreibung nahmeChristidemSchergenMalchuseinOhrab-
Das Wandbild zeigt das in den Evangelien bei schlagenwird.Nurschemenhaftistweiterrechts
Matthäus(26,36–46),Markus(14,32–42)undLu- einandererJüngererhalten,derPetrusdenRü-
kas (22,39–46) berichtete „Gebet Christi am Öl- cken,dasschwacherkennbareGesichtaberdem
berg“imGartenGethsemane,einederGefangen- Betrachter zuwendet. Am rechten Bildrand ha-
nahme unmittelbar vorausgehende Begebenheit bengroßeFehlstellendieLesbarkeitstarkbeein-
derPassion(Abb.2).Christusknietinderlinken trächtigt, nur das Fragment einer weiteren be-
BildhälfteinmittenseinerschlafendenJüngerPe- kleidetenFigur(?)istzuerkennen.
7
1 Lemgo,ev.PfarrkircheSt.Nikolai,Südquerhauswand.Wandgemälde„ChristusamÖlberg“,nachReinigungundersten
Konservierungsmaßnahmen.2009.
2 Lemgo,ev.PfarrkircheSt.Nikolai,Südquerhauswand.Wandgemälde„ChristusamÖlberg“,Ausschnittvergrößerung
ausAbb.1.
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3 Lemgo,ev.PfarrkircheSt.Nikolai,Südquerhauswand.Wandgemälde„ChristusamÖlberg“,DetailderInschrift.2009.
Hinter den Figuren im Bildvordergrund öffnet dieLinienstellenweiseleichtschiefunddortdop-
sicheinedurchdieschwacherhaltenenGrüntöne pelt verlaufen, wo die Striche wegen der Abwei-
undPflanzenformen,bishinzudemOlivenbäum- chungen von der Gerade neu angesetzt werden
chen direkt hinter Christus, als Gartenland cha- mussten(Abb.3).MittelsseitlichdesInschriftfel-
rakterisierteMittelgrundsfläche.DerGartenwird desangeordneter,abernuringeringenRestener-
weiter hinten von einem horizontal durch das haltenerRollwerkornamentikwurdedieÜberlei-
Bild verlaufenden Lattenzaun abgeschlossen. tung von dem wesentlich breiteren Bildfeld zur
Wegen der Andeutung der räumlichen Entfer- gerahmtenInschriftgeschaffen.
nung in miniaturhaft kleinen, aber dennoch de-
tailliert ausgebildeten Gestalten nahen hier von Datierung
rechts durch ein Tor Judas und die Häscher der Neben der Tatsache, dass das Wandbild mit der
HohepriesterumChristuszuverhaften.Oberhalb ÖlbergszenenichtmehrnachderAnbringungdes
des Zaunes sind keine weiteren Darstellungsele- Kerssenbrock-Epitaphs1617gemaltwordensein
mentemehrablesbar,sodassoffenbleibenmuss, kann,istdieRollwerkornamentikanundumdie
ob sich das Wandbild bis zur Unterkante der Inschriftkartusche wohl der wichtigste Anhalts-
Fenstersohlbank erstreckte. Überhaupt fehlen punkt für die Bestimmung der Entstehungszeit.
rahmenartigeBegrenzungendesBildfeldesanal- Roll-undBeschlagwerkfindenerstseitderMitte
lenSeiten,odersiesindnichtmehrerhalten. des16.JahrhundertsausgehendvondenNieder-
Direkt unter der vorderen Bodenzone mit den landen auch in Deutschland weite Verbreitung,
Hauptfiguren ist im mittleren Bereich unter Pe- vermittelt u.a. durch Ornamentstiche von Hans
trus ein querrechteckiges Inschriftfeld mit drei- Vredeman de Vries und anderen niederländi-
seitigemRahmenprofilundRollwerkdekorange- schen Entwerfern und Stechern. Eines der frü-
ordnet.NachobenfehltdieRahmenbegrenzung. hesten und zugleich qualitätvollsten Beispiele in
Das Feld trägt eine vierzeilige Inschrift, von der Westfalen ist die Bauornamentik von Schloss
nur noch gegen Ende der dritten Zeile einige Horst in Gelsenkirchen seit 1557. Bis zur Ablö-
WorteinFraktur-Schriftzuentziffernsind:…nidt sung durch den Knorpelstil, der sich erst gegen
Ick wil … wat Du wilt. Somit handelt es sich bei Ende des zweiten Jahrzehnts des 17.Jahrhun-
der unvollständig erhaltenen Inschrift offenbar derts in Westfalen allgemein durchsetzt, bleiben
umdieWiedergabederKernaussagederÖlberg- Roll- und Beschlagwerk nicht nur in der Bauor-
szene, des Stoßgebetes Christi, in dem er sich namentik, sondern auch in der Ausstattungs-
trotz seiner Todesangst und der Bitte um Ver- kunst vorherrschend. Ihre Hauptblüte in Lippe
schonung von dem bevorstehenden Opfer dem unddarüberhinausdürftemitdemletztenVier-
Willen Gottes unterwirft. Nach Markus, Kap.14, teldes16.Jahrhundertsgrobumrissensein.Man
Vers36, lautet der Text in der Luther-Überset- wird daher sicher nicht fehlgehen, die Ölberg-
zungvon1545:vndsprach/Abba/meinVater/ szene in etwa eine Generation, ca. 30–40 Jahre,
Es ist dir alles müglich / vberhebe mich dieses vor der Aufhängung des Epitaphs zu datieren,
Kelchs.Dochnichtwasichwil/sondernwasdu also um 1580/90. In der Lemgoer Nikolaikirche
wilt. ist das Rollwerk im übrigen an allen Ausstat-
Die ca.4,5cm hohen Schriftzeilen sind in die of- tungsstückendesspäten16.undfrühen17.Jahr-
fenbar noch feuchte Kalktünche vorgeritzt, aber hunderts festzustellen, beginnend mit dem Epi-
anscheinendohneVerwendungeinesLineals,da taph des 1576 gestorbenen Franz von Kerssen-
9
4 Lemgo,ev.PfarrkircheSt.Marien,OstwanddesNordseitenschiffs.Rollwerkkartusche,DetaildervonderVertäfelung
unterhalbderheutigenOrgelemporeverdecktenWandmalerei,nach1587.1995.
brock über Taufe (1597), Kanzelkorb (1600/10) zwischen den gotischen Ausmalungsphasen (zu-
bis hin zu dem die Wandmalerei überdeckenden letztum1470)undderdesBarock(um1665/70)
Epitaph von 1617, letzteres schon im Übergang fehlten dagegen in der Nikolaikirche bisher völ-
zum Frühbarock. Auch die Verwendung der lig. In etwa zeitgleich sind aber Befunde einer
Frakturschrift weist in diesen Zeitraum und Rollwerk-Ornamentmalerei in St.Marien in
kommtsowohlbeiderWandmalereialsauchan Lemgo,diedenProspektdervermutlich1587er-
den genannten und weiteren Ausstattungsstü- richteten Schwalbennestorgel umgab und deren
ckenderNikolaikirchevor. Reste heute hinter Empore und Prospekt der
Befunde von Wandmalerei bzw. einer in das 1612/13 neu erbauten Orgel verborgen liegen
späte 16.Jahrhundert fallenden Raumfassung (Abb.4).
8
5 Barntrup-Sonneborn,ev.-ref.Pfarrkirche,südöstlicherGewölbezwickeldesKirchenschiffsmitBildszene„Christusam
Ölberg“,nach1564.1955.
TeileinesumfangreicherenBildprogramms? NäheLemgos,undzwarinderseitAnfangdes17.
Man fragt sich natürlich, ob es sich bei der Öl- Jahrhunderts reformierten, zur Entstehungszeit
bergszene der Nikolaikirche um ein isoliertes desProgrammsbaldnach1564abernochluthe-
Einzelbild gehandelt hat, oder ob das Wandge- rischen Pfarrkirche in Barntrup-Sonneborn.
mäldenichtvielmehrTeileinesgrößerenBilder- Hilde Claussen hat diesen Malereien 1963 einen
zyklus war, der sich möglicherweise durch die erhellenden Aufsatz gewidmet. Im Auftrag von
ganzeKirchezog.Daseinzige,nochdazuguter- HermannSimonGrafzurLippe,deminPyrmont
halteneBeispieleinessolchenumfassendenAus- residierendenBruderdesregierendenlippischen
malungsprogramms lutherischer Prägung in Grafen BernhardVIII., wurde die kleine Dorfkir-
Westfalen-Lippe findet sich ausgerechnet in der che komplett ausgemalt. Die malerische Gliede-
Description:LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland. Abtei Brauweiler. Ehrenfriedstr. 19. 50259 Pulheim. Antonius Böing. Kreis Borken. Fachabteilung Kultur