Table Of ContentDortmunder Beiträge zur Entwicklung und
Erforschung des Mathematikunterrichts
Carina Zindel
Den Kern des
Funktionsbegriffs
verstehen
Eine Entwicklungsforschungsstudie
zur fach- und sprachintegrierten
Förderung
Dortmunder Beiträge zur Entwicklung
und Erforschung des Mathematik
unterrichts
Band 40
Reihe herausgegeben von
Stephan Hußmann, Dortmund, Deutschland
Marcus Nührenbörger, Dortmund, Deutschland
Susanne Prediger, Dortmund, Deutschland
Christoph Selter, Dortmund, Deutschland
Eines der zentralen Anliegen der Entwicklung und Erforschung des Mathematik
unterrichts stellt die Verbindung von konstruktiven Entwicklungsarbeiten und
rekonstruktiven empirischen Analysen der Besonderheiten, Voraussetzungen und
Strukturen von Lehr und Lernprozessen dar. Dieses Wechselspiel findet Aus
druck in der sorgsamen Konzeption von mathematischen Aufgabenformaten und
Unterrichtsszenarien und der genauen Analyse dadurch initiierter Lernprozesse.
Die Reihe „Dortmunder Beiträge zur Entwicklung und Erforschung des Mathe
matikunterrichts“ trägt dazu bei, ausgewählte Themen und Charakteristika des
Lehrens und Lernens von Mathematik – von der Kita bis zur Hochschule – unter
theoretisch vielfältigen Perspektiven besser zu verstehen.
Reihe herausgegeben von
Prof. Dr. Stephan Hußmann
Prof. Dr. Marcus Nührenbörger
Prof. Dr. Susanne Prediger
Prof. Dr. Christoph Selter
Technische Universität Dortmund, Deutschland
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/12458
Carina Zindel
Den Kern des
Funktionsbegriffs
verstehen
Eine Entwicklungsforschungsstudie
zur fach- und sprachintegrierten
Förderung
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Susanne Prediger
Carina Zindel
Fakultät für Mathematik, IEEM
Technische Universität Dortmund
Dortmund, Deutschland
Dissertation Technische Universität Dortmund, Fakultät für Mathematik, 2018
Erstgutachterin: Prof. Dr. Susanne Prediger
Zweitgutachter: Prof. Dr. Florian Schacht
Tag der Disputation: 21.06.2018
Dortmunder Beiträge zur Entwicklung und Erforschung des Mathematikunterrichts
ISBN 9783658250539 ISBN 9783658250546 (eBook)
https://doi.org/10.1007/9783658250546
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Geleitwort
Sprache ist Lernmedium und Lerngegenstand gleichzeitig, insbesondere beim
Aufbau von konzeptuellem Verständnis zu mathematischen Konzepten. Zu die-
ser generell bereits vorliegenden Einsicht legt Carina Zindel eine hoch interes-
sante und tiefgehende Dissertation vor, die diese Einsicht gegenstandsspezifisch
für den Lerngegenstand funktionale Abhängigkeit in ihren genauen und gegen-
standsspezifischen Wirkungszusammenhängen aufblättert.
Trotz zahlreicher Untersuchungen zu einzelnen konzeptuellen Hürden des
Funktionsbegriffs liegen bislang kaum Lehr-Lern-Arrangements vor, die auch
für sprachlich schwächere Lernende einen Zugang zum Verstehenskern des
Funktionsbegriffs ermöglichen. Der Ansatz des fach- und sprachintegrierten Un-
terrichts ist für den Funktionsbegriff bislang noch unterbestimmt. Zum Schlie-
ßen dieser Lücke trägt die Arbeit sowohl theoretisch als auch empirisch und
praktisch bei.
Im Theorieteil wird der detailreiche Forschungsstand zum Funktionsbegriff
aufbereitet, bei dem sowohl historische, stoffdidaktische als auch empirische
und designbezogene Aspekte in Zusammenhang gebracht werden. Die Autorin
leitet daraus in überzeugender Weise ein eigenes Modell der relevanten Verste-
henselemente ab. Auf dieser Basis werden sprachliche Anforderungen identifi-
ziert, dabei integriert die Arbeit die Sprachmodi (Sprachproduktion, Sprachre-
zeption und Sprachbewusstheit) und die Sprachebenen (lexikalische, syntakti-
sche und diskursive Ebene) in innovativer und gut übertragbarer Weise.
Auf dieser Basis und unter Rückgriff auf lehr-lerntheoretische Fundierungen
durch Vergnaud und Aebli entwickelt die Autorin ein fach- und sprachintegrier-
tes Unterrichtsdesign, das in Förder-Kleingruppen erprobt und beforscht und
schließlich (nach Abschluss der Dissertation) auch im Klassenunterricht erprobt
wurde.
Das zentrale Kapitel und Herzstück der Arbeit ist das Empiriekapitel. Es re-
konstruiert in einem systemischen, methodisch wohl kontrollierten Vorgehen die
Bearbeitungs-und Lernwege von vier Lernenden-Paaren in vier Lernsituationen,
die über drei Fördersitzungen verteilt sind. Das entwickelte Facettenmodell
dient dabei als qualitatives Analyseinstrument für die konzeptuellen Aspekte
und die Matrix der sprachlichen Anforderungen als qualitatives Analyseinstru-
ment für die sprachlichen Aspekte. Die Lernsituationen werden zunächst einzeln
ausgewertet und die Bearbeitungswege zu jeder Lernsituation interindividuell
verglichen. Danach werden sie pro Lernendenpaar über die Lernsituationen hin-
weg rekonstruierst, so dass auch ein sehr gut fundiertes Bild der Lernwege ent-
steht.
vi Geleitwort
Auf dieser Basis stellt die Autorin die konzeptuellen und sprachlichen Phä-
nomene der Lernprozesse in fundierter Weise und zunehmend verdichteter Form
zusammen. Es entsteht eine faszinierende Einsicht, wie auf der Mikroebene die
konzeptuell-kognitiven und sprachlichen Prozesse miteinander verwoben sind.
Gerade beim Lesen sprachlich verdichteter Formulierungen zeigt sich, wie diese
konzeptuell und sprachlich aufgefaltet werden und dann schließlich verdichtend
eingeschätzt werden müssen. Die Vielfalt der dabei auftauchenden sprachlichen
Anforderungen in Sprachrezeption, Sprachproduktion und Sprachbewusstheit
auf lexikalischer, syntaktischer und diskursiver Ebene wird dabei erfasst, sodass
das Zusammenspiel all dieser Anforderungen zueinander und zu den konzeptu-
ellen Denk- und Verstehensprozessen aufgeblättert wird. Der Autorin gelingt es
somit, gleichzeitig eine sehr große analytische Tiefe bzgl. der konzeptuellen Di-
mension und eine thematische Breite in der sprachlichen Dimension zu erfassen
und zu zeigen, dass sprachliche Anforderungen in konzeptuellen Lernprozessen
weit über Vokabellernen hinausgehen. Dieser Analyseteil mit seinen Basisana-
lysen und den darauf aufbauenden verschiedenen thematischen Zusammenstel-
lungen hat eine große theoriebildende Relevanz.
Insgesamt ergibt sich damit ein sehr vielschichtiges Bild einer eindrucksvoll
tiefgehenden und sehr kohärenten Forschungs- und Entwicklungsarbeit, die sich
des Forschungsrahmens der Entwicklungsforschung bedient, um sehr substanti-
ell zur Theoriebildung fach- und sprachintegrierter Lehr-Lernprozesse beizutra-
gen. Die Autorin entwickelt schon im Theorieteil beim Aufarbeiten der umfang-
reichen Literatur eine eigenständige und substantielle Perspektive, die sie für die
empirischen Analysen in ausgesprochen gewinnbringender Weise fruchtbar
macht. Ihr zentraler Theoriebeitrag liegt neben dem gegenstandsspezifischen
Facettenmodell zum Kern des Funktionsverständnisses vor allem in der lehr-
lerntheoretisch höchst interessanten Ausdifferenzierung der Zusammenhänge
von konzeptuellem und sprachlichem Auffalten und Verdichten, die bislang in
der Literatur zwar immer wieder angedeutet, jedoch nicht mit dieser empiri-
schen Fundiertheit durchgearbeitet waren.
Ich wünsche der Arbeit daher viele Leserinnen und Leser im Wissenschafts-
bereich. Dass die Arbeit dabei auch praktische Relevanz für die Unterrichtsge-
staltung entfalten kann, hat sich in der Zusammenarbeit mit Lehrerinnen und
Lehrern bereits gezeigt.
Susanne Prediger
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich bei nachstehenden Personen bedanken, ohne
deren vielfältige Unterstützung die Fertigstellung dieser Dissertation niemals
möglich gewesen wäre.
An erster Stelle gilt mein besonderer Dank Frau Prof. Dr. Susanne Prediger,
die mich überhaupt erst zur Promotion motiviert und ermutigt hat. Auch im Pro-
zess stand sie mir mit ihrer Erfahrung, ihrer motivierenden Begeisterung und
ihren konstruktiven Rückmeldungen jederzeit zur Seite. In den vielen intensiven
Gesprächen haben sich immer wieder meine Gedanken sortiert, neue Perspekti-
ven eröffnet und die Ziele dieser Arbeit weiter ausgeschärft.
Ebenso danke ich Herrn Prof. Dr. Florian Schacht für die hilfreiche Betreu-
ung als Zweitgutachter. Seine kritischen Betrachtungen, differenzierten Anmer-
kungen und die angeregten Diskussionen haben meine Arbeit sehr bereichert.
Des Weiteren möchte ich den Mitgliedern des FUNKEN-Kollegs danken.
Der Austausch mit ihnen über grundsätzliche Fragen der Fachdidaktischen Ent-
wicklungsforschung haben nicht nur diese Arbeit immer wieder vorangebracht,
sondern auch meinen wissenschaftlichen Horizont erweitert.
Ebenso danke ich dem IEEM und all seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
tern für die unglaublich schöne Arbeitsatmosphäre und die zahlreichen kon-
struktiven Rückmeldungen in den Arbeitstreffen sowie auch für die vielen nicht-
wissenschaftlichen Gespräche, die meine Arbeit enorm unterstützt haben. Be-
sonders hervorzuheben ist Kristina Penava, die mich in den verschiedensten
Phasen der Anfertigung dieser Arbeit immer wieder motiviert und zu einer kri-
tischen Auseinandersetzung mit meinem Themenkomplex angeregt hat. Außer-
dem danke ich allen Kolleginnen und Kollegen, die in der Endphase Teile mei-
ner Arbeit gelesen und mich bei der Prüfungsvorbereitung unterstützt haben. Jo-
hanna Brandt und Tobias Wollenweber danke ich zudem für die regelmäßige
gelungene Ablenkung während der etablierten Kaffeepause oder nach Feier-
abend.
Mein Dank gilt zudem allen studentischen Hilfskräften für ihren tatkräftigen
Einsatz. Insbesondere möchte ich hier Maria Mäsing hervorheben, die mich
durch den kompletten Prozess meiner Promotion begleitet hat und auf deren
sorgfältige und zuverlässige Arbeit ich mich über die Jahre hinweg stets verlas-
sen konnte.
Außerdem danke ich allen beteiligten Schülerinnen und Schülern sowie Leh-
rerinnen und Lehrern, die durch ihr Engagement die Datenerhebung zu dieser
Arbeit erst ermöglicht haben.
viii Danksagung
Ganz besonders dankbar bin ich Christian Büscher, für sein Verständnis, sein
Vertrauen und seine unglaubliche Unterstützung. Ohne dich wäre das alles nicht
möglich gewesen.
Carina Zindel
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ....................................................................................................1
1.1 Bedarf einer fach- und sprachintegrierten Förderung ...........................3
1.2 Notwendigkeit der Spezifizierung von Anforderungen beim
Umgang mit funktionalen Zusammenhängen .......................................3
1.3 Entwicklungs- und Forschungsinteressen sowie Aufbau der Arbeit .....4
2 Den „Kern“ des Funktionsbegriffs verstehen ..........................................7
2.1 Verortung des Erkenntnisinteresses und begriffliche Grundlagen
dieser Arbeit .........................................................................................8
2.2 Rollen von Darstellungen und Darstellungsvernetzungen .................. 11
2.2.1 Darstellungen von Funktionen .......................................................12
2.2.2 Darstellungsvernetzung als Lernmedium und Lerngegenstand .....13
2.3 Ein Verstehensmodell als kognitionspsychologischer Rahmen zur
Spezifizierung „des Kerns“ des Funktionsbegriffs .............................15
2.3.1 Ein Verstehensmodell als Rahmen zur Spezifizierung des
Lerngegenstands ............................................................................15
2.3.2 Definition: Kern des Funktionsbegriffs .........................................17
2.4 Ein Blick in die Geschichte zur Identifizierung von
Verstehenselementen des Kerns des Funktionsbegriffs ......................18
2.4.1 Geschichte des Funktionsbegriffs ..................................................19
2.4.2 Schreib- und Sprechweisen zum Funktionsbegriff ........................22
2.4.3 Zusammenfassung historischer Entwicklungsschritte zur
Spezifizierung von aufzubauenden Verstehenselementen ..............24
2.5 „Didaktische Phänomenologie“ zur Identifizierung von
Verstehenselementen des Kerns des Funktionsbegriffs ......................25
2.5.1 Ableitung von Kriterien für eine Konzeptualisierung des Kerns
des Funktionsbegriffs .....................................................................26
2.5.2 Ausdifferenzierung des Größen- und Variablenbegriffs .................29
2.5.3 Identifizierung von strukturtragenden Facetten zum Kern des
Funktionsbegriffs ...........................................................................33
2.6 Synthese: Verstehensmodell zum Funktionsbegriff zur
Spezifizierung der konzeptuellen Anforderungen beim Umgang mit
funktionalen Zusammenhängen ..........................................................39