Table Of ContentDetlef Barth
Das Synergetische Therapiemodell
Ein neues Konzept psychosozialer Gruppenarbeit
Deilei Barth
Das Synergetische
Therapiemodell
Ein neues Konzept psychosozialer Gruppenarbeit
f[)fl1.\r7 Deutscher niversitäts Verlag
~ GABlEI1·VIEWEG,wESTDEUTSCHEI1 VERLAG
ClP-Titelau!nahme der Deutschen Bibliothek
I
I Barth, Detlef:
j Das synergetische Therapiemodell : ein neues Konzept
I psychosozialer Gruppenarbeit I Detle! Barth. - Wiesbaden: Dt.
Univ.-Verl., 1990
I (DUV : Psychologie)
Zugl.: Dortmund, Univ., Diss., 1988
IISSBBNN 997788--33--88224444--44004444--33 ISBNIS 9B7N8 -937-83-232-3-92120-93110-381 (-e8B (oeoBko)ok)
D00O1I1 100.1.1000077/9/97788--33--332222-9-911003311-8-8
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© Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden 1990
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ISBN 978-3-8244-4044-3
Inhalt
Vorwort und Danksagung 8
LEinleitung
1. Gegenstand, Ziele und Axiome der Arbeit 9
2. Anthropologischer Bezugsrahmen 13
ll. Grundlegende Überlegungen zu SE-Gruppen, zur
''Selbst''-erfahrung und zum Wachstumsgedanken
1. Historische Entwicklung, mögliche Gründe für das
Entstehen und Gefahren von SE-Gruppen 20
2. SE-Gruppen und Psychotherapie-Gruppen im Vergleich 28
3. Die Erfahrung des "Selbst" 33
3.1 Das "Selbst" aus psychoanalytischer Perspektive 34
3.2 Das "Selbst" aus humanistischer Perspektive 36
3.3 Das "Selbst" aus transpersonaler Perspektive 39
3.4 Zusammenfassung und kritische Würdigung 45
4. Wachstum und Wachstumshemmung in den diversen
Konzepten 46
4.1 Psychoanalytische Auffassungen 46
4.2 Humanistische Auffassungen 47
4.3 Transpersonale Auffassungen 50
4.4 Systemische Auffassungen 53
4.5 Exkurs: Ausdifferenzierungen des personalen Systems 57
4.5.1 Das somatische System 57
4.5.2 Das kognitive System 59
4.5.3 Das emotionale System 62
4.5.4 Das behaviorale System 64
4.6 Bezugsrahmen, Selbstreferenz und Autopoiese 67
4.7 Psychogenetische Ausdifferenzierungen eines Bezugs-
rahmens 75
4.7.1 Das dominant schizoide Bezugssystem 76
4.7.2 Das dominant depressive Bezugssystem 78
4.7.3 Das dominant zwanghafte Bezugssystem 84
4.7.4 Das dominant rigide Bezugssystem 88
-6-
4.8 Zusammenfassung und Problematisierung des
Wachstumsgedankens 91
m.
Spezifische wachstumsrelevante Faktoren aus
diversen Perspektiven
1. Ausgangsüberlegungen 94
2. Die "neuen" Helfer, ihre "neuen" Klienten und Patienten 95
3. Zur Person, Funktion und Rolle des Helfers in den
diversen Konzepten 101
3.1 Psychoanalytische Überlegungen 101
3.2 Behavioristische Überlegungen 104
3.3 Humanistische Überlegungen 105
3.3.1 Die Transaktionsanalyse als Repräsentant
direktiver Methoden 106
3.3.2 Die Gesprächspsychotherapie als Repräsentant
non-direktiver Methoden 111
3.4 Transpersonale Überlegungen 113
3.5 Systemische Überlegungen 114
4. Zur tatsächlichen psychischen Situation der Helfer 117
5. Intrapersonale Bedingungen des Helfens 122
5.1 Idealtypische Erlebniswirklichkeiten von Helfern 122
5.1.1 Helfer mit dominant schizoidem Bezugssystem 127
5.1.2 Helfer mit dominant depressivem Bezugssystem 129
5.1.3 Helfer mit dominant zwanghaftem Bezugssystem 130
5.1.4 Helfer mit dominant rigidem Bezugssystem 132
5.2 Passivität als systemübergreifendes Problem des Helfens 134
5.2.1 Interne Umdeutungsprozesse 135
5.2.2 Externe Umdeutungsprozesse 143
6. Interpersonale Bedingungen des Helfens 146
6.1 Die Helfer/Klient-Beziehung 149
6.1.1 Einseitig wachstumshemmende
Interaktionsformen 153
6.1.2 Wechselseitig wachstumshemmende
Interaktionsformen 157
7. Suprapersonale Bedingungen des Helfens 169
7.1 Strukturale Aspekte 172
7.2 Dynamische Aspekte 173
7.3 Wachstumshemmende Gruppenentwicklungen 183
-7-
IV. Das Synergetische Therapiemodell
1. Einleitende Bemerkungen zum Begriff"Synergetik" 188
2. Einleitende Gedanken zum synergetischen
Gruppenkonzept 189
3. Kriterien des synergetischen Gruppenkonzepts 192
3.1 Erkenntnistheoretischen Grundannahmen 193
3.2 Systemische Grundannahmen 196
3.3 Ergänzende anthropologische Grundannahmen 199
3.3.1 Reflexivität 199
3.3.2 Der Mensch als ganzheitliches Subjekt 202
3.3.3 Therapeut und Klient: strukturgleich? 204
3.3.4 Streben nach Bezogenheit 205
3.4 Diverse Veränderungsdimensionen und Basisziele 206
3.5 Therapeutische Grundhaltungen 216
3.6 Grundlegende Kompetenzen 221
3.6.1 Therapeutische Handlungsaspekte 224
3.6.2 Didaktisch-methodische Kompetenzen 229
3.6.3 "Handeln in Organisationen" 230
3.7 Problemorientierung und Multiperspektivität 240
3.8 Diverse Zeitdimensionen und Lebensplanung 241
4. Ausblick: Möglichkeiten, Grenzen und Gefahren von
Modellen 243
Literaturverzeichnis 245
-8-
Vorwort und Danksagun,
Die vorliegende Arbeit ist eine gekürzte und teilweise überarbeite
te Fassung meiner Dissertation "Multiperspektive Betrachtungen
wachstumsrelevanter Faktoren in Selbsterfahrungsgruppen. Dar
stellung, Analyse, Folgerungen." Sie wurde betreut von Prof. Dr.
Ferdinand Menne (Universität Dortmund) und Prof. Dr. Dr. Sieg
fried Keil (Universität Marburg). Beide Gutachter haben aufgrund
ihrer unterschiedlichen Interessenschwerpunkte für die notwendi
ge geistige Spannung gesorgt, aus der heraus diese Arbeit entstan
den ist.
Ferdinand Menne sei herzlichst gedankt für die vielen anregenden,
zum Teil kontroversen, aber konstruktiven Gespräche. Jahrelange
-mehr soziologisch-argumentative - Begleitung durch die geistigen
Höhen der "Kritischen Theorie" ist nicht spurlos an mir vorüberge
gangen. Mein stetes Bemühen um dialektisches Denken ist auch
sein Verdienst.
Siegfried Keil danke ich für seine psychologisch-argumentative Be
gleitung, die mir vermehrt den Blick für Multiperspektivität geöff
net hat. Sein Ruf nach Marburg hat leider zu wenig Zeit für weite
re interessante Forschungsgespräche zugelassen.
Ferner sei allen Gruppenteilnehmern gedankt, die ich in den letz
ten Jahren in ihrem Wachstum begleiten durfte, für das mir entge
gengebrachte Vertrauen. Sie alle haben durch ihre Bereitschaft,
sich zu öffnen für den Weg der Selbstwerdung, meinen Blick für
Synergie-Effekte geschärft.
Dank auch an Dr. Burkhard Bierhoffund PD Dr. Uwe Sielert. Wir
haben während meiner Leer- und Lehr-Zeiten an der Universität
viele gemeinsame 'Freud'-und Leiderfahrungen geteilt.
Ferner danke ich Use Mainka und Angelika Kietzmann für die
sorgfältige schreibtechnische Unterstützung am Mac-Computer.
Abschließend danke ich meiner Lebensgefährtin Claudia Kuhnert
für ihre vielen liebevollen, offenen und ehrlichen Rückmeldungen
zum Thema 'Anspruch und Wirklichkeit' (Theorie und Praxis).
-9-
I. Einleitung
1. Gegenstand, Ziele und Axiome der Arbeit
Meine Forschungen sind von der Erkenntnis geleitet, daß die indi
viduelle Entfaltung von Wachstumsressourcen in SE-Gruppen sig
nifikant abhängig ist von der Qualität ihrer wachstumsrelevanten
Faktoren, die wiederum wachstumshemmende als auch wach
stumsfördernde Strukturen und Prozesse bedingen können.
Gruppen sind mit Sbandi (1975) keine modemen Organisations
formen, sondern eine Urform menschlicher Existenz. SE-Gruppen
hingegen sind modeme Existenzformen, .. mit deren Hilfe das Indi
viduum seine deformierten und entleerten Beziehungsformen mit
neuem Sinn zu erfüllen versucht. . (Richter 1978,33).
Mit dem Begriff der 'Wachstumshemmung" assoziiert man in
der Regel gebremste und den Fortgang verlangsamende bzw. be
hindernde biologische Wachstumprozesse. Wachstum wird im fol
genden jedoch nicht als dreidimensionaler biologischer Prozeß ver
standen, sondern als ein intra-, inter-, trans- und suprapersonales
Geschehen. Der Begriff Hemmung soll in diesem Zusammenhang
verdeutlichen, daß die oben genannten Prozesse aufgrund be
stimmter Faktorenkonstellationen verlangsamt, gestört oder zeit
weilig unterbrochen sein können.
Wachstumshemmende Faktoren sind dementsprechend solche
Faktoren, die das Individuum und/oder das Gruppengeschehen
nicht gerade pathologisieren, aber zumindest vorübegehend in sei
nen potentiellen Ressourcen einschränken, diverse Funktionen
herabsetzen und bestimmte Aktivitäten oder Ausdrucksverhalten
behindern (vgl. auch Singer 1974,30).
Derartige Faktoren wirken sich hemmend auf die Lemsituation
des Individuums aus, jedoch darf diese lemhemmende Situation
nicht verwechselt werden mit der Lemhemmung als "seelische Stö
rung des Lernablaufes" (ebd.). Während eine Lemhemmung bspw.
aufgrund physiologischer Fehlsteuerungsprozesse oder introjizier
ter parentaler Botschaften (vgl. Jegge 1980) die internen Bedin
gungen des Individuums meint, bilden wachstumshemmende Fak
toren die exogenen Bedingungsfelder der individuellen Lernsituati
on. Diese externen Konditionen können nun - je nach Persönlich-
- 10-
keitsstruktur des Individuums - negative Selbstbilder verstärken,
Abhängigkeit provozieren oder gar kreieren. Der Fokus meiner Un
tersuchungen liegt also nicht nur auf negativen »Beeinträchtigun
gen des Lemvollzugs, die aus einer seelischen Fehlentwicklung
und Fehlleistung« (ebd., 31) des einzelnen resultieren, sondern
auch auf den beeinträchtigenden Bedingungsfaktoren einer Grup
pensituation.
Wachstumshemmende Strukturen und Prozesse lassen sich in
SE-Gruppen überall dort festmachen, wo Abhängigkeiten provo
ziert, verstärkt oder real geschaffen werden, wo folglich bewußt
oder unbewußt unterdrückende Mechanismen gefordert oder fixiert
werden. Derartige Mechanismen lassen sich mit dem transaktion
sanalytischen Terminus "Abwertungen" umschreiben. Abwertun
gen beziehen sich stets auf Aspekte von "ego", "alter" und/oder auf
Aspekte der Situation. Jede Form von Abwertung bildet somit eine
Voraussetzung für wachstumshemmende Prozesse in Bezug auf
Individuum und Gruppenniveau. Problematisch bleibt in diesem
Zusammenhang die Frage nach der Definitionsmacht, da Abwer
tungen nur für diejenigen intersubjektiv nachprüfbar sind, die eine
Mißachtung auch als Mißachtung gelten lassen.
Unterdrückende Mechanismen wie beispielsweise "Abwertungen"
korrelieren mit der Qualität von Gruppenprozessen, die neben ge
sellschaftlichen und institutionellen Bedingungen wiederum ab
hängig sind von:
-der intra-, inter- und transpersonalen Struktur des
Helfers,
-der von ihm angewandten Konzepte, Methoden und
Verfahren,
-der Psychodynamik der Teilnehmer (vgl. Kutter 1985),
-den Interaktionsstrukturen innerhalb der Gruppe,
-der Gruppengröße (vgl. Kutter 1980),
-dem Gruppenarrangement (vgl. Schmidbauer 1979),
-dem Verhaltensniveau (vgl. Sandner 1978).
Nicht alle genannten Prozeßvariablen bilden den Gegenstand mei
ner weiteren Untersuchungen. Wegen ihrer maßgeblichen Rele
vanz wird den helferimmanenten (vgl. Frank 1985, 184) und grup
penintemen Faktoren die größte Aufmerksamkeit geschenkt. Dar-
- 11-
aus ergeben sich für diese Arbeit folgende Ziele:
-wachstumshemmende Faktoren systematisch
zusammenzutragen, und die expliziten und impliziten
Kriterien der diversen Wachstumsmodelle für
Wachstumshemmung transparent zu machen,
-die deutlich wahrnehmbare Tendenz transpersonal
orientierter SE-Gruppen zu dokumentieren und im
Gesamtzusammenhang der Arbeit kritisch zu
kommentieren und zu reflektieren,
-Vorschläge für eine emanzipatorische Gruppenpraxis zu
entwickeln.
Die erkenntnisleitenden Interessen sind somit praktischer wie
emanzipatorischer Art. Als Erkenntnismittel dienen psychoanalyti
sche, behavioristische, humanistische, transpersonale und systemi
sche Theorien und Modelle, sowie eigene Erfahrungen als Teilneh
mer und Therapeut (Begleiter) von SE-Gruppen.
Folgende Axiome bilden die Basis meiner Untersuchungen:
1. Begründer von Wachstumsmodellen bringen ihre ''blinden
Flecken" oder auch "Trübungen" (Berne) in ihre
Theoriebildung mit ein.
2. Diese ''blinden Flecken" fließen nicht nur in die Theorie
bildung mit ein, sondern bestimmen auch das methodische
Vorgehen.
3. Angehende Helfer favorisieren gemäß ihrer Persönlichkeits
struktur bestimmte Wachstumsmodelle.
4. Zwischen den "Trübungen" der Begründer, ihren Apologeten
und ihrem Klientel gibt es strukturale Affinitäten.
5. Ein Helfer erfaßt lediglich »jene psychischen Phänomene, die
er mittels Theorie und Technik seiner therapeutischen
Richtung erkennen kann« (Bilitza 198114,269).
6. Helfer gestalten zunächst ihre Beziehung zum Klienten nach
Maßgabe der jeweiligen "Schule" (vgl. auch ebd.). .
Zum Themenkomplex "SE-Gruppen" läßt sich zunächst Folgendes
sagen: subsumierte man ursprünglich unter dem Begriff "Selbster-