Table Of ContentMathematik im Kontext
Herausgeber:
DavidE.Rowe
KlausVolkert
InderReihe„MathematikimKontext“
sindbishererschienen:
M.Audin:
JaquesFeldbau,Topologe
M.R.Schneider:
ZwischenzweiDisziplinen.B.L.vanderWaerdenunddieEntwicklung
derQuantenmechanik
A.-M.Décaillot:
CantorunddieFranzosen.Mathematik,PhilosophieunddasUnendliche
Frauke Böttcher
Das mathematische
und naturphilosophische
Lernen und Arbeiten
der Marquise du Châtelet
(–)
Wissenszugänge einer Frau im . Jahrhundert
FraukeBöttcher
FrankfurtamMain
Germany
ISSN-X ISSN-(electronic)
ISBN---- ----(eBook)
DOI./----
MathematicsSubjectClassification():-,A,A,-,A
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Vorwort
„Sijenedoispasréussirdumoinsàêtremédiocre,jevoudrais
n’avoirjamaisrienentrepris.“
(ÉmilieduChâtelet,1706–1749)
DievorliegendeBiographieüberdiemathematischenundnaturphilosophischenBil-
dungswege und Wissenszugänge der Marquise du Châtelet fand ihren Anfang in
meinemErstaunenüberdievölligeAbwesenheitvonFrauenaufeinemhistorischen
PlakatüberbedeutendeMathematikerundPhysiker:Wowarensie,dieMathemati-
kerinnenundPhysikerinnen?Unglaublich,dassessienichtgegebenhabensoll!
Mit diesem Staunen begannmeine Auseinandersetzungmit der Geschichte der
Frauen,derWissenschaftenundderwissenschaftlichenBildung.Schonbaldbegeg-
netemirGabrielleÉmilieleTonnelierdeBreteuil,diespätereMarquiseduChâtelet-
Laumont,genanntMme du Châtelet (1706–1749),eine Gelehrte des 18. Jahrhun-
derts,die,verzweifeltüberihrelangsamenFortschrittebeimErlernendesKalkulus,
denobigenSatzschrieb.Übersetztlauteter:„Wennesmirnichtgelingt,wenigstens
mittelmäßigzusein,wünschteich,niemalsetwasbegonnenzuhaben.“1Hierspricht
eineehrgeizigeLernendederMathematikundNaturphilosophie.Vonihrwollteich
wissen,wiesiesichZugangzumWissenderFachgebieteverschaffthat.Schließlich
lebtesieineinerZeit,inderdieseDisziplinennochnichtinSchulenundUniversitä-
tenetabliertwaren,FrauenderZugangzudiesenBildungsinstitutionenverschlossen
warundmanallgemeinvoneinerNichtbildungderFrauensprach.
Nun ist meine Biographie von du Châtelet abgeschlossen. Meine Forschungs-
fragen habe ich beantwortet, obgleich es offene Fragen gibt, die zu vertiefen sich
lohnenwürde.
DankenmöchteichHerrnProf.Dr.KlausVolkertfürdiewissenschaftlicheBe-
treuungder Arbeit. Er hat mir großesVertrauenentgegengebracht,indem er mich
mein Forschungsthemaeigenständig hat finden und entwickeln lassen. Außerdem
hatermireinenwissenschaftlichenFreiraumgewährt,dermireinerseitsdieVerant-
wortung für meine Arbeit vollständig überließ;mir andererseits erlaubte, meinem
Forschungsinteressenachzukommen.ErhatmichbeständiginderRelevanzmeines
Themasberstärkt.HerrnProf.Dr.FriedrichSteinledankeichfürdasZweitgutach-
ten.SeinZugangalsPhysikhistorikerzudemThemahatmeinenwissenschaftlichen
1DuChâteletanMaupertuis,20.Juni1739,Bestermann,1958,Bd.1,Brief216,S.369.
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Blick erweitertundmiraufgezeigt,welcheFragestellungenesfürmichinderZu-
kunftzuvertiefengibt.
EinKennzeichenderZeit,dieichfürdieErstellungmeinerArbeitbenötigtha-
be, ist das beruflicher und privater Diskontinuität. So gibt es wenige Konstanten
undvieleMenschen,diemeineDissertationeinStückihresWegesbegleitethaben.
Den Startin die historische Forschungermöglichtemir eine Anschubfinanzierung
durchdasCorneliaGoetheCentrumfürFrauenstudienunddieErforschungderGe-
schlechterverhältnisse,anderJohannWolfgangGoetheUniversitätinFrankfurt,für
deren Gewährung ich mich an dieser Stelle bedanke. Besonders wichtig in dieser
PhasewardieBegegnungmitProf.Dr.RitaCasale.VondenfachlichenDiskussio-
nenmitihrhabeichbesondersprofitiert.DieFortsetzungmeinerhistorischenArbeit
erlaubtemireineAnstellungenamRechenzentrumundmeindortigerVorgesetzter
PD.Dr.HansjörgAst.SchließlichführtemeinArbeitswegindieDidaktikderMa-
thematikanderJohannWolfgangGoetheUniversitätundderUniversitätzuKöln.
AmLehrstuhlvonProf.Dr.KlausVolkertfandichnichtnurdieUnterstützungfür
meine Forschung, sondern lernte auch unglaublich viel über das ‚Wie‘ mathema-
tischer Wissensvermittlung. In diese Phase fällt auch ein Stipendium des DAAD,
das mir einen Forschungsaufenthaltin Paris ermöglichte, damit ich in der Biblio-
thèque Nationale de France in Paris die Manuskripte von du Châtelet und diverse
Lehrbücherdes18.Jahrhundertseinsehenkonnte.2009führtemeinArbeitswegin
dieSchule.DieschulischeLehrtätigkeitbegleitetedieletztenSchritteaufdemWeg
zur Fertigstellung der Arbeit. In dieser Zeit war es vor allem mein Lebensgefähr-
te KlausOsenbrügge,dermirhalfmeineBandwurmsätzezuzähmenundmichzu
mehrKlarheitzwang,wasichihmsehrdanke.
Frankfurt,den11.Juli2012 FraukeBöttcher
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung..................................................... 1
2 Educanda:Erziehungs-undBildungssituation .................... 13
2.1 Bildung:HistorischeSituation ............................... 13
2.2 Hauserziehung:BildungschancenfürMädchen ................. 18
2.3 Hauslehrerund-lehrerinnen:RollenundBilder................. 20
2.4 Kloster:SchulederMädchen ................................ 27
2.5 RitterakademieundKollegium:SchulenfürJungen ............. 29
2.6 Exkurs:Mathematikunterricht ............................... 30
2.7 Zusammenfassung ......................................... 33
3 Grundbildung:ElementedesWissens ............................ 35
3.1 Locke:EinflussaufdieInhaltederhäuslichenErziehung......... 36
3.2 KlassischeundmoderneSprachen............................ 38
3.3 Geographie ............................................... 40
3.4 Arithmetik................................................ 43
3.5 Astronomie............................................... 44
3.6 Geometrie................................................ 46
3.7 Chronologie .............................................. 48
3.8 Naturphilosophie .......................................... 48
3.9 Zusammenfassung ......................................... 50
4 Weiterbildung:HöfischeundakademischeNaturphilosophie........ 53
4.1 AllgemeineWissenschaft:PopuläreAstronomie ................ 54
4.2 Fontenelle:HöfischeWissenschaft............................ 56
4.3 Fontenelle:HöfischeDidaktik ............................... 59
4.4 Fontenelle:VomgeometrischenGeist ......................... 65
4.5 AkademischeWissenschaft:MitteilungenderAkademie ......... 67
4.6 Zusammenfassung ......................................... 70
VII
VIII Inhaltsverzeichnis
5 WissenschaftlicheTeilhabe:(Un)Möglichkeiten.................... 73
5.1 IntellektuelleTeilhabe:Wunsch .............................. 74
5.2 VerwehrteZugänge:UniversitätundAkademie................. 75
5.3 InformelleZugänge:KaffeehäuserundSalongesellschaften....... 78
5.4 GeschaffenerZugang:StudienortCirey ....................... 84
5.5 Zusammenfassung ......................................... 86
6 Lernende:SituationundVerhalten............................... 89
6.1 LernendeaußerhalbderBildungsinstitutionen .................. 89
6.2 FehlendeGleichgesinnte.................................... 91
6.3 UnerhörtesInteresse ....................................... 94
6.4 „WennicheinMannwäre...“............................... 96
6.5 FreiräumezumStudieren ................................... 99
6.6 Wissbegierde,FleißundZweifel .............................103
6.7 ZwischenGeheimhaltungundPublizität.......................107
6.8 Zusammenfassung .........................................113
7 Anleitung:Lehrer,MentorenundBriefpartner....................115
7.1 Maupertuis:alsLehrereinGlücksfall .........................116
7.2 König:alsLehrereinMissgriff ..............................122
7.3 BernoulliII:WunschlehrerundVertrauter .....................127
7.4 Clairaut:BeraterundBegleiter...............................131
7.5 Mairan:WissenschaftlicherDiskussionspartner.................135
7.6 Algarotti:höfischerFreund..................................138
7.7 Zusammenfassung .........................................146
8 Lehrbücher:Geometrie,AlgebraundderKalkulus................149
8.1 KlassischeMathematik:GeometriemitAlgebra ................150
8.1.1 Henrion:Die15BücherdesEuklids....................151
8.1.2 Dechalles:DieElementevonEuklid....................152
8.1.3 Pardies:DieElementederGeometrie...................154
8.1.4 Malézieu:DieElementederGeometrie .................155
8.1.5 Castel:DieuniverselleMathematik ....................155
8.2 ModerneMathematik:AlgebraundKalkulus...................156
8.2.1 Guisnée:DieAnwendungderAlgebraaufdieGeometrie ..157
8.2.2 L’Hôpital:VonderAlgebrazumKalkulus...............172
8.3 Zusammenfassung .........................................174
9 Lektüren:PhysikundNaturphilosophie ..........................177
9.1 Descartes:Werke ..........................................178
9.2 Kartesianismus:Physikeinführungen..........................179
9.2.1 Regnault:PhysikalischeGespräche.....................179
9.2.2 Rohault:ExperimentelleKartesianischePhysik ..........182
9.3 Kartesianismus:WerkederKartesianischenTradition............189
9.3.1 DeMolières:PhysikalischeLektionen ..................189
9.3.2 Huygens:MathematischerKartesianismus...............190
Inhaltsverzeichnis IX
9.4 Hartsoecker:KritikanDescartes,NewtonundLeibniz...........193
9.5 Newtonianismus:Lehrbücher................................194
9.5.1 Maupertuis:DieKonstellationderSterne................194
9.5.2 Pemberton:Newtonallgemeinverständlich ..............194
9.5.3 Keill:EinführungindiewahrePhysik ..................196
9.5.4 Desagulier:ExperimentellePhysik.....................197
9.5.5 ’sGravesande:MathematischeElementederPhysik ......198
9.5.6 VanMusschenbroek:ElementederPhysik...............200
9.5.7 Whiston:EnglischePhysik ...........................202
9.5.8 Gregory:SchottischeAstronomie ......................204
9.6 Miscellaneous:ZeitschriftenundFachartikel ...................204
9.6.1 PublikationenausdemUmfeldderAkademie............204
9.6.2 GelehrteZeitschriften................................205
9.7 Zusammenfassung .........................................206
10 Aneignung:Naturphilosophie ...................................209
10.1 Metaphysik:FragenzurMaterie..............................209
10.2 Optik:WidersprüchederFarbenlehren ........................214
10.3 Mechanik:DaswahreKraftmaßbewegterKörper...............217
10.4 Astronomie:GesetzederAnziehung ..........................226
10.5 Zusammenfassung .........................................234
11 Vermittlung:Institutionsdephysique .............................235
11.1 Edition:GeschichtederEntstehung...........................235
11.2 Gestaltung:VignettenundStruktur ...........................244
11.3 Lehrtradition:Naturphilosophie..............................248
11.4 Vorbilder:LehrbücherWolffsundRohaults ....................250
11.5 Didaktik:Rationalitätvs.Unterhaltung........................254
11.6 Mathematik:BedeutungfürInhaltundForm ...................259
11.7 Naturphilosophie:MetaphysikundPhysik .....................267
11.8 KapitelV:VomRaum ......................................275
11.9 Zusammenfassung .........................................280
12 Vermittlung:RezeptionderInstitutionsdephysique ................283
12.1 Verbreitung...............................................284
12.2 Wolff:ReaktionaufdieInstitutionsdephysique ................285
12.3 Wolffianer:Die„SozietätderAlethophilen“....................290
12.4 Deschamps:Konkurrenz....................................294
12.5 Gottschedin:DiedeutscheduChâtelet ........................299
12.6 VonSteinwehr:Wolffianer,SprachapologetundÜbersetzer.......304
12.7 Zusammenfassung .........................................309
13 Schluss........................................................311
Literatur ..........................................................317
Abbildungsverzeichnis
2.1 DieGouvernante(1740)...................................... 20
2.2 ACompendiousSystemofAstronomy(1797)..................... 25
3.1 DieGeographiestunde(um1750) .............................. 41
3.2 Globus(1728) .............................................. 42
3.3 DieAstronomiestunde(1702/03) .............................. 45
3.4 LessixpremierslivresdesEléments(1564)...................... 47
3.5 Essaytorevivetheancienteducationofgentlewomen(1673) ....... 51
4.1 EinPhilosopherklärtdasModelldesSonnensystems(1766) ....... 55
4.2 Entretienssurlapluralitédesmondes(1728) .................... 58
4.3 KartesianischeWirbel(1750) ................................. 61
4.4 AstronomischeBeobachtung(1713)............................ 69
5.1 Teaintheenglishmanner(1766) .............................. 81
5.2 MlleFerrandliestNewton(1753).............................. 83
5.3 ChâteaudeCirey............................................ 85
5.4 Cameraobscura............................................. 86
6.1 KöniginCaroline(unbekannt)................................. 99
6.2 ElisabethvonBöhmen(1736) .................................101
6.3 ChristinavonSchweden(unbekannt) ...........................102
6.4 ÉmilieduChâtelet(1743) ....................................111
6.5 ÉmilieduChâtelet(1740) ....................................112
7.1 Maupertuis(1737)...........................................117
7.2 König(unbekannt) ..........................................123
7.3 BernoulliII(unbekannt)......................................128
7.4 Clairaut(unbekannt).........................................132
7.5 DeMairan(unbekannt).......................................136
7.6 FrancescoAlgarotti(um1745) ................................139
7.7 IlNewtonianismoperledame(1737)...........................141
XI
XII Abbildungsverzeichnis
8.1 Lesquinzelivresdesélémentsgéométriques(1676)...............152
8.2 Huitlivresdesélémentsd’Euclide(1774) .......................153
8.3 Applicationdel’algèbre(1753)................................158
8.4 Applicationdel’algèbreàlagéométrie(1733),Figur17...........164
8.5 Applicationdel’algèbreàlagéométrie(1733),Figur4............169
9.1 Lesentretiensphysiquesd’Aristeetd’Eudoxe(1732) .............180
9.2 Traitédephysique(1692).....................................183
9.3 HorologiumOscillatorium(1673)..............................191
9.4 Discourssurlesdifférentesfiguresdesastres(1732) ..............195
9.5 AviewofSirIsaacNewton’sPhilosophy(1728)..................196
9.6 Physiceselementamathematica(1720) .........................199
9.7 ElementaPhysicae(1751) ....................................201
11.1 Institutionsdephysique(1740) ................................238
11.2 Institutionsphysiques(1742)..................................239
11.3 Institutionsdephysique(1740),S.378. .........................245
11.4 Institutionsdephysique(1740),Tafel4 .........................246
11.5 DeutscheMetaphysik(1751),S.24. ............................247
11.6 Institutionsdephysique(1740),Inhaltsverzeichnis................252
11.7 Institutionsdephysique(1740),Tafel9..........................265
11.8 VignetteKapitelV ..........................................276
12.1 MedaillederAlethophilen ....................................294
12.2 CoursabrégédelaphilosophieWolfienne(1743–1747) ...........295
12.3 DieGottschedin(um1750) ...................................300
12.4 DerFrauMarquisinnvonChastelletNaturlehre(1743)............305
Description:Die französische Marquise Émilie du Châtelet war zu ihren Lebzeiten eine weit über die Grenzen Frankreichs bekannte Mathematikerin und Naturphilosophin. Dies ist erstaunlich, da ihr und ihren Geschlechtsgenossinnen in der Epoche der Aufklärung der Zugang zu den höheren Bildungsinstitutionen ve