Table Of ContentSusan Münscher
Das individuelle
Gerechtigkeitsempfinden
Empirischer und
diagnostischer Nutzen aus
pädagogisch-psychologischer Sicht
Das individuelle Gerechtigkeitsempfinden
Susan Münscher
Das individuelle
Gerechtigkeitsempfinden
Empirischer und
diagnostischer Nutzen aus
pädagogisch-psychologischer Sicht
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Ellen Aschermann
Susan Münscher
Köln, Deutschland
Diese Dissertation wurde von der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu
Köln im April 2016 angenommen (Beschluss des Promotionsausschlusses 20.10.2010).
ISBN 978-3-658-15498-1 ISBN 978-3-658-15499-8 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-15499-8
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Geleitwort
„Das war total ungerecht!“ Wohl niemand, der mit der Schule befasst ist, hat nicht einmal
selbst eine solche Erfahrung gemacht oder davon gehört. Der Gerechtigkeitsgedanke spielt im
täglichen Zusammenleben in der Schule eine wesentliche Rolle und Gerechtigkeit kann als
eine zentrale erzieherische Richtgröße betrachtet werden. Auch Lehrkräfte erleben Situationen
in der Klasse oder während einer Konferenz als gerecht oder ungerecht und reagieren ver-
gleichbar. Uns fällt es dabei primär auf, wenn unsere Vorstellungen von Gerechtigkeit (Vertei-
lungsgerechtigkeit, Verfahrensgerechtigkeit oder restitutive Gerechtigkeit) verletzt werden;
diese Verletzung fordert zu einer Reaktion auf.
Die vorliegende Forschungsarbeit geht zentralen Fragen zum Erleben von Gerechtigkeit
und zugrundliegenden psychologischen Prozessen nach. Hier wird das Gerechtigkeitsmotiv
als personeninterne Disposition analysiert und dabei aufgezeigt, welche Faktoren das indivi-
duelle Erleben von (Un-)Gerechtigkeit bestimmen. Ungerechtigkeitserfahrungen können zu
durchaus unterschiedlichen Konsequenzen führen, je nachdem, ob man Täter, Opfer oder Be-
obachter einer solchen Situation ist.
Basierend auf dem von C. Dalbert differenziert untersuchten „Gerechte-Welt-Glauben“ lei-
tet die Autorin Susan Münscher die personenimmanente Vertrauensüberzeugung ab und unter-
scheidet zwischen zwei weiteren Dimensionen - Assimilation und Handlungsaktivierung -,
welche einen kognitiven oder aktiven Umgang mit Ungerechtigkeit erklären.
Das neu entwickelte Testverfahren, mit dem das Gefüge aller drei Aspekte des Gerechtig-
keitsmotivs differenziert sowie objektiv, reliabel und valide erfasst werden kann, steht im Mit-
telpunkt dieser Arbeit und ermöglicht der Forschung eine umfassende diagnostische Abbil-
dung des Gerechtigkeitsmotivs. Hier wird ein eigenständiger Beitrag zur differentiellen Psy-
chologie geleistet.
Weiterführend wird diese sehr sorgfältig dokumentierte Testentwicklung um zwei pädago-
gisch orientierte Studien ergänzt. In der ersten Studie, die der Validierung diente, haben Lehr-
kräfte schulrelevante Fallschilderungen hinsichtlich ihrer Reaktionen auf den drei Dimensio-
nen eingeschätzt. Mit dieser Vignetten-Studie trägt die Autorin der alten Lewin‘schen Er-
kenntnis Rechnung, dass das Verhalten von Menschen sowohl durch Personenfaktoren aber
auch immer durch Situationsfaktoren mitbestimmt ist. In der zweiten Studie wurde das indi-
viduelle Gerechtigkeitsempfinden bei Lehrkräften untersucht und dessen Relevanz für Wahr-
nehmung und Verhalten im schulischen Arbeitsumfeld aufgezeigt.
VI Geleitwort
Erleben von Ungerechtigkeitserfahrungen und persönliches Reagieren darauf werden hier
auf den Kontext Gerechtigkeit in der Schule übertragen und leisten so einen ersten und über-
zeugenden Schritt für die Validierung des Fragebogens sowie dessen pädagogischen Anwen-
dungsbezug.
Deutlich wird darüber hinaus, dass die in der Arbeit entwickelte dimensionale Messung des
Gerechtigkeitsmotivs auch für eine Verbesserung der Wahrnehmung von Gerechtigkeit in der
Schule genutzt werden kann und somit hier auch ein Beitrag zur pädagogischen Psychologie
vorgestellt wird, mit dem die beiden Bereiche Schule und Gerechtigkeit sowohl in der For-
schung als auch in der Schulpraxis innovativ verknüpft werden können. Es ist zu wünschen,
dass die Arbeit von Susan Münscher in zukünftiger Empirie und gerechtigkeitspsychologi-
schen Diskussionen der Pädagogik eingebunden wird und mit ihren Erkenntnissen eine ver-
änderte Sicht auf das Gerechtigkeitsmotiv und dessen Bedeutsamkeit bewirkt.
Köln, 2016
Prof. Dr. Ellen Aschermann
Vorwort
„Was ist am schwersten auf Erden zu erreichen?
Ein rechter Mensch zu sein nach allen Seiten:
zur Höhe, zur Tiefe,
zum Teil und zum Ganzen,
zum Kleinen, zum Großen,
zu sich und zum Andern,
zum Leben, zum Sterben,
zur Welt und zu Gott.“ (Fröhling, 1933)
Carl Fröhling beschreibt auf der einen Seite unser Bedürfnis und Streben nach Gerechtig-
keit, auf der anderen Seite stellt er ihre universale Umsetzung in Frage. Aus dem individuel-
len Blickwinkel ist Gerechtigkeit subjektiv geprägt. Menschen unterscheiden sich in ihren
Wahrnehmungs- und Interpretationsgewohnheiten des alltäglichen Lebens. Diese Erlebens-
diskrepanz führt vor Augen, dass kein gemeinschaftliches Verständnis von Gerechtigkeit in
der Gesellschaft existieren kann.
Wo liegen die Ursprünge unseres Gerechtigkeitsempfindens?
Welche Komponenten beeinflussen unser Erleben und Verhalten in gerechten versus unge-
rechten Situationen?
Diese wie auch weitere Denkanstöße möchte ich für den Leser in meiner Forschungsarbeit
entschlüsseln. Ein erweiterter Blick auf das Gerechtigkeitmotivs bietet Ansatzpunkte, um die
Subjektivität der Gerechtigkeit zu ergründen.
Das Forschungsprojekt entstand während meiner Tätigkeit als Lektorin am Lehrstuhl für
Pädagogische Psychologie und wurde durch den Promotionsausschuss der Universität zu
Köln im April 2016 angenommen. Im Mittelpunkt meines Interesses stand die Messbarkeit
der Dimensionen des Gerechtigkeitsmotivs. Der von mir entwickelte Fragebogen zum subjek-
tiven Gerechtigkeitsempfinden legt sowohl der Forschung ein breiteres Analysespektrum als
auch der Diagnostik Implikationen basierend auf der Abbildung von Gerechtigkeitsmotivpro-
filen offen.
Die Bedeutsamkeit des Themas für alle Bereiche der Psychologie wurde mir im Verlauf der
Arbeit immer bewusster. Es bereicherte meine Sichtweise auf die Welt und mein Verständnis
für meine Mitmenschen. Ich möchte den Leser dazu anhalten, die theoretischen Konzepte zu
reflektieren und die Anwendbarkeit dieser im alltäglichen Leben zu durchdenken. Bei Rück-
fragen oder weiterem Interesse freue ich mich über eine Kontaktaufnahme.
VIII Vorwort
Ich möchte mich bei allen Wegbegleitern, die mir unterstützend zur Seite standen, bedan-
ken.
Frau Prof. Dr. Ellen Aschermann danke ich ganz herzlich für ihre Offenheit und engagierte
Betreuung meiner Arbeit. Dank ihrer Flexibilität konnte ich meine Interessen frei entfalten
und meinen eigenen Forschungsweg finden. Sie unterstützte mich stets während des Arbeits-
prozesses und leitete mich durch wertvolle sowie konstruktive Anregungen auf den richtigen
Weg. Unser gutes und harmonisches Arbeitsklima trug massgeblich zum Gelingen der Disser-
tation bei.
Frau Prof. Dr. Birgit Träuble gilt ebenso mein Dank für ihre freundliche Bereitschaft zur
Übernahme der Zweitprüfung.
Meinen Eltern Therese und Wolfgang Münscher möchte ich von Herzen für ihre endlose
Geduld und ihr immerwährendes Verständnis danken. Ihr unentwegtes Engagement und ihre
moralische Unterstützung gaben mir Rückhalt und motivierten mich, neue Ideen zu verfolgen
sowie Hindernisse im Arbeitsprozess zu überwinden. Insbesondere ihr Vertrauen und ihr
Glauben an meine Fähigkeiten bestärkten mich in meiner wissenschaftlichen Tätigkeit. Auf
Grund der familiären Verbundenheit konnte ich mich unentwegt meiner Dissertation und den
damit verbundenen Aufgaben stellen.
Köln, 2016
Susan Münscher
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis XV
Tabellenverzeichnis XVII
1 Einleitung 1
2 Theoretische Grundlagen des Gerechtigkeitsmotivs 7
2.1 Dimensionale Differenzierungen innerhalb des Gerechtigkeitsmotivs 9
2.1.1 Vertrauensüberzeugung 12
2.1.2 Kognitive Assimilation 13
2.1.3 Handlungsaktivierung 16
2.2 Veranschaulichung der drei Funktionen an zwei Fallbeispielen 17
2.2.1 Schulisches Fallbeispiel: Gerechte Situation 17
2.2.2 Schulisches Fallbeispiel: Ungerechte Situation 18
2.3 Abgrenzungen von konstruktnahen Konzepten der Gerechtigkeitspsychologie 20
2.3.1 Explizites Gerechtigkeitsmotiv 21
2.3.2 Implizites Gerechtigkeitsmotiv 22
2.3.3 Persönlicher Gerechte-Welt-Glauben 24
2.3.4 Allgemeiner Gerechte-Welt-Glauben 25
2.3.5 Glaube an eine immanente Gerechtigkeit 27
2.3.6 Glaube an eine ultimative Gerechtigkeit 28
2.4 Glaube an eine gerechte Welt: Motiv- oder Wissensthese? 30
X Inhaltsverzeichnis
2.5 Die Facetten der Ungerechtigkeitssensibilität 33
3 Diskurs um aktuelle Forschungsinstrumente 39
3.1 Empirisch fundierte Messinstrumente 40
3.2 Abgrenzung diskriminanter Skalen und Hinführung zum Fragebogen 46
4 Entwicklung des Fragebogens 51
4.1 Skalendefinition 52
4.2 Itemkonstruktion und Itemgenerierung 58
4.3 Aufbau des Fragebogens 64
4.4 Anwendung und Auswertung des Fragebogens 69
5 Testspezifische inhaltliche und statistische Analyse 71
5.1 Testgütekriterien 72
5.1.1 Grundlagen für die teststatistische Auswertung und Interpretation 74
5.1.2 Objektivität 78
5.1.3 Reliabilität 80
5.1.4 Validität 90
5.2 Formgebende Fragebogenmodifikationen 105
5.3 Abschließende Darstellung der statistischen Entwicklung 113
6 Transfer auf den schulischen Kontext - die pädagogische Sichtweise - 117