Table Of ContentDAS GESCHICHTSWERK
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THUKYDIDES
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DAS GESCMCHTSWERK DES
THUKYDIDES
t
VON
EDUARD SCHWAKTZ
BONN
1919
FRIEDRICH COHEN
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COPYRIGHT 1914BYFRIEDRICHCOHEK, BONN
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MEINEM ÄLTESTEN' SOHNE
GERHARD SCHWARTZ
Dr. Phil
GEPORFXzrROc-ioCK T)VS20,OKTOBER iftSq
GEFALLEN BEI MAKKIRCH DEN 3.NOV. 1914
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ERSTi:X J'EIL
ANALYSE
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Das Problem
Franz Wolfgang Ullrich hat den Ruhm, die Frage
nach der Art wie das Geschichtswerk des Thukydides
entstanden sein könne, zu einem Problem erhoben zu
haben, das seit dem Erscheinen seiner 'Beiträge zur Er-
klärung des Thukydides, Hamburg 1846* aus der philo-
logischen Wissenschaft nicht wieder verschwunden ist.
Er ging nicht von allgemeinen Erwägungen aus, auch
nicht von der nie bestrittenen und unbestreitbaren Tat-
sache, dass dasWerk yoo. dem SchrUtsteller unvollendet
hinterlasfien Ist*), sondern von einer Fn^e der Inter>
pretation tind zwar, entsprechend seinem scharfen histo-
rischenUrteil*), voneinersolchen« diemitdemgeschicht-
lichen Inludt des Werltes unmittelbar zosammenhängt.
Was ist unter dem'KriegderPeloponnesierundAtiiener*
zu verstehen, denThukydides imTiteisatz alsGegenstand
seiner Darstellung aufführt? Wer das Ganze und vor
allem die Auseinandersetzung- im fünftenBuch[25(,] über
den unsicheren Friedenszustand nach 421 gelesen hat,
muss glaüben, der siebenundzwanzigjährige sei ^jemeint;
aber diese, schon im Altertum allgemein angenommene
Deutung ist eine Wirkung des thukydideischen Werkes
selbst, die semVerfassernichtvorwegnehmendurfteoder
auch nur konnte. An und fOr sich war es ebenso be>
rechtigt von zweiKriegenzusprechen, dem ersten zehn-
t)DmdkdieseTatsache Ist das tlmkydQdeisGhePmUmb tob voni-
hmin aufeinenanderenBodengestellt, alss.B.dasdesplateaiadM«Staates.
2)Dadurch unterscheidet sic-b Ullrich vorteilhaft von sdnemNach-
folgerQaascn,dessenfiegabtutgdieAufgabeTbukydidcsauerkliiennidit
lag;ervar«IbMaargnumatiacbarKopf»aberderSinfifdasGeiAIAl>
IldMsbgihnth.
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jährigen, den derFriede desNikias formell abschloss, und
dem zureiten, der im Altertum allgemein der dekeleische
hiess: melirtache Stellen aus Schriftstellern des 4. Jahr-
hunderts beweisen, dass die allgemeine Auffassung da-
mals noch diesen Krieis: als einen besonderen in der Er-
innerung behalten und die thukydideische Konstruktion
nicht etwa eine schon feststehende, ohne weiteres ein-
leuchtendeMeinung formuliot hatte. LagaberdieSache
so, dann war der Schriftsteller verpflichtet seine Er-
kenntnis, dass die beiden Kriege in Wahrheit eine ge>
schichtliche Einheit darstellten, gleich im Anfang seines
Werkes auszusprechen, um so mehr als erdasEnde des
von ihm zu erzählenden Krieges zur Datierung benutzt
[1,14^^ 18^] und seine Dauer, unter der anundfOrsich
ebenso gut 10 wie 27 Jahre verstanden werden,können,
wie eine feststehende Grösse mit der des Xerxeszuges
vergleicht[1,23'J. Solche Stellen beweisen, dass esThu-
kvdides'Absicht nicht gewesen sein kann, den Leser bis
zum Ende derErzählung des ersten Krieges imUnklaren
über dieDauer und das Ende desKrieges zu lassen, der
nach dem Titelsatz den Gegenstand des Werkes bilden
sollte,unddiegenaueBestimmung desThemaserstdannzu
bringen, nachdem der erste Teil zum Abschluss gelangt
war. Hm so sonderbaresVerfahren ist umsowenigerzu
erklären,alsesfttrdenGeschichtschreibereinleichteswar,
den Umfang des Krieges den er erzählen wollte, gleich
amAnfang genau zupräzisieren, vorausgesetzt, dassihm
selbst der Gedanke der die beiden Kriege umfassenden
Einheitfeststand,alserseüiWerkzuschreibenunternahm.
Es war nur nötig dieAporie scharf zu formulieren,
umihreLosungzufinden: Thukydideswollteursprünglich
nur den zehnjährigen Krieg erzählen, aus dem einfachen
Grunde, weilermitderAusarbeitung-seinesWerkessofort
nachdemFriedendesNikiasbegann, zueinerZeit, %vo er
noch nicht voraussehen konnte, dass dereben formellbe-
endete KrieginneuenKAmpfenseineFortsetzung und sein
Ende finden werde. Sofort stellten sich auchdie Beweise
fUr dieseHypothese ein: eineReihevonStellenderersten
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dreiBflcher erhaltenerstdannihren richtigenSinn, wenn
sie nicht aufden ganzen, sondern aufden ersten Krieg
bezogen werden.
DerHauptgedanke, dassThukydides'ersterPlan nur
den zehnjährigenKrieg umfasse, istrichtigundfruchtbar:
das hat am sichersten die immer wieder dagegen ver-
suchtePolemik erwiesen. Auch in der Auswahl und Deu-
tung der Beweisstellen hat Ullrich rme selten ^^lückliche
Hand gehabt; dass er sich bei timgen wenigen vergriiien
hat, kommt dagegen nicht aui. Zu einer vollen Ausge-
staltungdesProblemsreichtenfreilichseineBeobachtungen
noch nicht aus. Die Steilen m den ersten drei Büchern,
die erst nach dem Ende des ganzen Krieges geschrieben
sein können, die Aber Perikles [2, 65^ff.] und, wie er
meinte, auch die über Archelaos [2, 100^, Üessen sich
leichtalsEinlagenausscheiden; aberdasvierteBuchwies
solche auf [81*f. 106 deren Tragweite Ullrich ruhig
und sicher genug abschätzte um zu sehen, dass sie sich
nicht in jenerWeise erledigenlassen. Ererkannteferner
zuerst die Wichtigkeit der Wendung daa Kord t6v itö-
Vepov TÖvbe 4,48^ und bezog sie m{ die yon Diodor
13, 48 berichteten korkyraeischenUnruhen, so dass unter
dem 'hier dargestellten Krieg" nur der erste verstanden
werden kann. Auch mit dieser Erklärung hat er Recht
behalten; dagegen istdieBehauptung-, dassdieRestriktion
erstnachträglich von Thukydidesemgetü<:t sei, einIrrtum,
zu dem er durch seine eigeneHypothese verführt wurde.
Er hatte nämlich, methodisch undkonsequent, nacheiner
Konstruktiongesucht, dieseinemeist, wiegesagt,richtigen
Beobachtungen mit seiner Grundanschauung vereinigte,
dassThukydides ursprflnglich nurdenzehnjährigenKrieg
darstellen wollte, und kam zu folgenden Aufstellungen.
ThukydidesbegannmitderDarstellungdeserstenKrieges
'nach der Beendigung desselben durch den Nikiasscfaen
Frieden und zwar gleich mit dem Frooimion des ersten
Buches und schriebdieses, diebeidenfolgendenundauch
noch die erste HflUte des vierten, ehe er den spateren
Krieg kennen konnte. Den in seiner Darstellung be-
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