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D iie Gesundheitssysteme der Industriestaaten stehen vor künftige Regelversorgung werden, ist die deutsche Versorgungs-
ähnlichen Herausforderungen, gleich wie sie finan- landschaft weit entfernt. Auch wichtige und erfolgreiche Projekte
ziert werden und wie sie ihre Gesundheitsversorgung der Integrationsversorgung schwimmen wie Inseln im Meer des
organisieren. Diese Herausforderungen sind mit den Ober- Korporatismus. Auch ist es nur unzureichend gelungen, positive
begriffen demografische Entwicklung, medizinisch-technischer Ergebnisse und neue Erkenntnisse aus den Integrationsprojekten
Fortschritt, Multimorbidität und Chronifizierung gekennzeich- in andere Versorgungsformen zu übertragen. Vom Populations-
net. Die Versorgungssysteme sind für solche Herausforderun- bezug der Integrationsversorgung, wie ihn das Gesetz seit 2007
gen nur unzureichend gerüstet. Dies gilt sowohl für den Auf- fordert, sind die meisten Aktivitäten weit entfernt. Dazu tragen
bau und die Vernetzung der Versorgungsstrukturen als auch sicherlich die zeitliche und quantitative Begrenzung der An-
für die Steuerung der Versorgungsprozesse. Managed Care schubfinanzierung ebenso bei wie die in den alten Budgetie-
heißt das Sauberwort, das seit den 80iger Jahren die Gesund- rungssystemen ungelöste Budgetbereinigung. Mit der Implemen-
heitspolitiker und die Versorgungsmanager faszinierte. Mittler- tierung neuer Honorierungsformen in der ambulanten und
weile ist der Lack ab, auch weil die Probleme im fragmentier- sta tionären Versorgung müssten solche Probleme bald der Ver-
ten US-Gesundheitssystem nicht gelöst wurden und angesichts gangenheit angehören.
einer heftig kritisierten politischen Untätigkeit vielleicht auch
nicht in den Griff zu bekommen waren. Statt immer nur über D ias Thema Integrierte Versorgung wirft schließlich ein
den großen Teich zu schauen, liegt es also nahe, sich in Euro- schlechtes Licht auf die Unternehmenskultur des deut-
pa umzusehen, in wie weit europäische Ansätze zur Integra- schen Gesundheitswesens. Die Abteilung F & E führt
tion von Strukturen und zur Optimierung von Prozessen führen ein Schattendasein oder ist bei vielen Akteuren des Gesundheits-
könnten. wesens völlig unbekannt. Darüber kann auch die Gründung
privater Servicegesellschaften oder die Einrichtung von Vertrags-
D ias Max-Planck-Institut für ausländisches und inter- werkstätten nicht hinwegtäuschen.
nationales Sozialrecht in München hat auf einem
Symposium im April 2007 die Perspektiven integrierter Di er Gesetzgeber wird sich deshalb in der nächsten Stufe
Versorgung im Wettebewerb ausgelotet. Gesundheit und Sozial- der Gesundheitsreform erneut mit der Integrationsver-
politik konnte die Referentinnen und Referenten dieses Sympo- sorgung befassen müssen und ihren Stellenwert – auch
siums dafür gewinnen, ihre Vorträge als schriftliche Beiträge im Hinblick auf sonstige besondere Versorgungsformen – analy-
auszuformulieren und für ein Schwerpunktheft Integrierte Ver- sieren und gegebenenfalls neu verorten müssen. Aber auch die
sorgung zur Verfügung zustellen. Bei einem Rechtsvergleich Akteure des Systems werden sich fragen lassen müssen, in wie
wird deutlich, dass kein Land einen Königsweg zur Integrierten weit die in Sonntagsreden geprägte Innovationsbereitschaft an
Versorgung gefunden hat. Gleichwohl lohnt es sich zu analy- den Werktagen auch in konkrete Handlungen überführt werden
sieren, in welchem Land welche Steuerungsansätze funktionie- können. Für Pessimismus besteht jedoch kein Anlass. Das zei-
ren bzw. fehlschlugen. Bemerkenswert für die deutschen Per- gen die regen Aktivitäten bespielsweise der Deutschen Gesell-
spektiven ist die uneingeschränkt positive Bewertung, die die schaft für Integrierte Versorgung oder des Bundesverbandes
wesentlichen Akteure des deutschen Gesundheitswesens der in- Managed Care, die sich gezielt dieses Themas annehmen, und
tegrierten Versorgung zumessen. Die anfängliche Skepsis ist die stetig wachsende Zahl von Integrationsverträgen – allen
Kreativität und Engagement gewichen, neue Wege nicht nur widrigen Umständen zum Trotz.
zu fordern, sondern auch konkret zu gehen.
Franz Knieps
Gi leichwohl wäre es verfehlt, die
Hände zufrieden in den Schoß zu
legen. Von der Vorstellung des Gesetz-
gebers, Integrationsversorgung solle die
11-12/2007 Gesundheits- und Sozialpolitik 3
INHALT
Blüht die Integrierte Versorgung
auf?
Integrierte Versorgung auf dem Weg zur Regelversorgung ................................... 11
Bisheriger Entwicklungsprozess und Neuerungen durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
Franz Knieps
Integrierte Versorgung in Europa – ein rechtsvergleichender Überblick ............ 19
Christina Walser
Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben für Integrierte Versorgung ............................ 28
Markus Sichert
Vertragswettbewerb zwischen Krankenkassen in der integrierten Versorgung 39
Jutta Kaempfe
Vertragswettbewerb zwischen Leistungserbringern in der
Integrierten Versorgung ................................................................................................... 44
Karsten Scholz
Möglichkeiten und Grenzen standardisierter Prozessorganisation
im Krankenhaus ............................................................................................................. 48
Antje Haas, Georg Maschmeyer, Steffen Grebner
GKV und PKV nach der Gesundheitsreform – „Systemkonkurrenz“ oder
„konvergente Evolution“? ................................................................................................ 56
Wilfried Boroch und Claus Michel
Zum Rauchverhalten von Studierenden in Österreich .............................................. 61
– Ein empirischer Befund –
Gerhard Reichmann, Margit Sommersguter-Reichmann
TRENDS & FACTS
6
..........................................................................................................................................................................................
LITERATUR
72
..................................................................................................................................................................................................................
IMPRESSUM
74
.......................................................................................................................................................................................................
11-12/2007 Gesundheits- und Sozialpolitik 5
TRENDS & FACTS
Arbeitsproduktivität Patienten in einem wachsenden Grundsicherung
Europa.
Nach Zahlen des Statistischen Bun- Am Jahresende 2006 erhielten nach
Die Niederlassung in den EU-Staa-
desamtes ist die gesamtwirtschaft- Berechnungen des Statistischen Bun-
ten bleibt sichergestellt, größere Frei-
liche Arbeitsproduktivität je Erwerbs- desamtes in Deutschland rund
heiten bei der Dienstleistungserbrin-
tätigen in Deutschland im Zeitraum 682.000 Personen Leistungen der
gung werden geschaffen: Bei erstma-
1991 bis 2006 um insgesamt 22,5 % Grundsicherung im Alter und bei Er-
liger Dienstleistungserbringung muss
und je Erwerbstätigenstunde um werbsminderung. Insgesamt bezogen
die Qualifikation der Leistungserbrin-
32,4 % gestiegen. In der erkennbar damit 1,0 % der Bevölkerung ab 18
ger in den Berufen nachgewiesen
günstigeren Entwicklung der Produk- Jahren diese Sozialleistung. Gegenü-
werden. Das Gesetz berücksichtigt au-
tivität je Erwerbstätigenstunde spie- ber 2005 erhöhte sich die Zahl der
ßerdem die Regelungen, die im Zuge
gelt sich die Verringerung der je Er- Hilfebezieher um rund 52.000 Per-
des Beitritts von Bulgarien und Ru-
werbstätigen durchschnittlich geleis- sonen oder 8,2 %. Seit dem ersten Er-
mänien zur EU erforderlich waren.
teten Arbeitsstunden um 7,5 % wider. hebungsstichtag am Jahresende 2003,
Der Gesetzentwurf steht im Inter- als rund 439.000 Grund-
Die Lohnkosten stiegen zwischen
net unter sicherungsempfänger gemeldet wur-
1991 und 2006 um 37,7 % an. Je Ar-
www.bmg.bund.de (cid:14) Gesetze und Ver- den, hat sich die Zahl bis zum Jahres-
beitnehmerstunde stiegen die Lohn-
ordnungen (cid:14) Gesetzes- und Verord- ende 2006 um 55,4 % erhöht.
kosten deutlich stärker um 50,7 % an,
nungsentwürfe
was darauf zurückzuführen ist, dass Die Grundsicherung im Alter und
im Durchschnitt je Arbeitnehmer bei Erwerbsminderung ist eine seit
2006 im Vergleich zu 1991 gut 8,6 % 1. Januar 2003 bestehende Sozialleis-
Rechengrößen in der
weniger Arbeitsstunden geleistet wur- tung, die den grundlegenden Bedarf
den. Sozialversicherung für den Lebensunterhalt sicherstellt.
Seit 1. Januar 2005 werden diese Leis-
Die Lohnstückkosten, die die Ver-
Die Verordnung über die Sozialver-
tungen nach dem 4. Kapitel des
änderung der Lohnkosten in Relation
sicherungsrechengrößen 2008 ist
Zwölften Buches Sozialgesetzbuch
zur Arbeitsp roduktivität darstellen,
vom Kabinett beschlossen worden
(SGB XII „Sozialhilfe“) gewährt. Sie
stiegen von 1991 bis 2006 nach dem
und bedarf noch der Zustimmung des
können bei Bedürftigkeit von 18- bis
Personenkonzept um 12,4 % und
Bundesrates. Mit der Verordnung
64-jährigen Personen, wenn diese
nach dem Stundenkonzept um
werden die maßgeblichen Rechengrö-
dauerhaft voll erwerbsg emindert
13,8 % an. Bei den Lohnstückkosten
ßen der Sozialversicherung gemäß
sind, sowie von Personen ab 65 Jah-
wird also bei beiden Betrachtungs-
der Einkommensentwicklung im Jahr
weisen eine ähnliche Entwicklung er- ren in Anspruch genommen werden.
2006 aktualisiert. Das Verordnungs-
kennbar. In den letzten drei Jahren, verfahren und die Festlegung der Ende 2006 waren etwa 311.000 Per-
also 2004, 2005 und 2006 gingen die Werte erfolgen in sich jährlich wie- sonen (+ 8,4 % gegenüber dem Vor-
Lohnstückkosten im Vorjahresver-
derholender Routine auf Grundlage jahr) oder 46 % der Grundsicherungs-
gleich jeweils leicht zurück.
gesetzlicher Bestimmungen. empfänger zwischen 18 und 64 Jah-
West Ost
Berufsqualifika tionen
Monat Jahr Monat Jahr
der Heilberufe
Beitragsbemessungsgrenze 5.300 63.600 4.500 54.000
Der Bundesrat hat dem Gesetz zur (allgemeine Rentenversicherung)
Umsetzung der Richtlinie 2005/36/
EG des Europäischen Parlaments Beitragsbemessungsgrenze 6.550 78.600 5.550 66.600
und des Rates über die Anerkennung (Knappschaft)
von Berufsqualifikationen der Heil-
Beitragsbemessungsgrenze 5.300 63.600 4.500 54.000
berufe zugestimmt. Die Richtlinie re-
(Arbeitslosenversicherung)
gelt u. a. die Verfahren, mit denen
Ausbildungen in Heilberufen in den Versicherungspflichtgrenze 4.012,50 48.150 4.012,50 48.150
EU-Staaten gegenseitig anerkannt
(Kranken- u. Pflegeversicherung)
werden. Das Gesetz setzt die Richt-
linie in nationales Recht um. Es be- Beitragsbemessungsgrenze 3.600 43.200 3.600 43.200
trifft die Heilberufe, für deren Aus- (Kranken- u. Pflegeversicherung)
bildung der Bund zuständig ist (z. B.
Bezugsgröße der Sozialversicherung 2.485 29.820 2.100 25.200
Arztberufe, Apothekerberufe, Physio-
therapeutenberufe und Pflegeberufe) vorläufiges Durchschnittsentgelt/
30.084
und verbessert die Situation für Heil- Jahr in der Rentenversicherung
berufler und die Patientinnen und
6 11-12/2007 Gesundheits- und Sozialpolitik
ren alt und erhielten Leistungen der ler überschuldeten Personen aus, desministeriums für Bildung und For-
Grundsicherung aufgrund ihrer dau- repräsentieren aber nur 3 % der Ge- schung und – gemeinsam mit der
erhaft vollen Erwerbsminderung. samtbevölkerung über 18 Jahren. Medizintechnik – ein wesentlicher
371.000 Personen (+ 8,1 % gegenüber Bestandteil der Hightech-Strategie der
dem Vorjahr) oder 54 % der Grundsi- Bundesregierung. Das BMBF stellt
Generationen-
cherungsempfänger waren 65 Jahre zwischen 2007 und 2010 insgesamt
und älter. Frauen stellten mit rund gerechte Gesundheits- 630 Millionen Euro für Gesundheits-
388.000 Personen oder einem Anteil forschung zur Verfügung – ab 2008
versorgung
von 57 % die Mehrzahl der Leistungs- sind es jährlich 160 Millionen Euro.
empfänger. Gefördert werden unter anderem
Der Sachverständigenrat für die
Kompetenznetze zur Erforschung von
Wie in den Vorjahren zeigte sich Entwicklung im Gesundheitswesen ist
Asthma, Diabetes, Adipositas und De-
auch 2006 eine höhere Inanspruch- neu besetzt worden und wird bis zum
menz.
nahme dieser Soziall eistung im frü- Frühjahr 2009 Empfehlungen abge-
heren Bundesgebiet (ohne Berlin): ben, wie eine generationengerechte Die Roadmap Gesundheitsfor-
Hier lag die Quote der Grundsiche- Gesundheitsversorgung in einer Ge- schung ist aus einem breit angelegten
rungsempfänger bei 1,0 %, während sellschaft des längeren Lebens ausseh- Beratungsprozess hervorgegangen.
sie in den neuen Ländern 0,7 % be- en muss. Der Rat soll konkrete Emp- Insgesamt haben sich daran rund 320
trug. Die höchs ten Bezugsquoten fehlungen zum Umbau des Gesund- Wissenschaftler aus Universitäten,
wiesen die Stadtstaaten Berlin (1,8 %), heitswesens in einer älter werdenden außeruniversitären Forschungsein-
Bremen (1,7 %) und Hamburg (1,6 %) Gesellschaft abgeben und d abei zu- richtungen und der Industrie in
auf. Die niedrigsten Bezugsquoten gleich die besonderen Bedürfnisse Deutschland aktiv beteiligt. Anschlie-
waren in Thüringen und Sachsen (je junger Menschen berücksichtigen. ßend erörterten sechs interdiszip-
0,6 %) festzustellen. Dies gilt insbesondere für die Verzah- linäre wissenschaftliche Arbeitsgrup-
nung von Prävention, Akutversor- pen die Krankheitsbereiche Muskulo-
gung, Rehabilitation und Pflege, aber skelettale Erkrankungen, Ernährung
Schuldnerberatung auch exemplarisch für die Versorgung und Stoffwechselerkrankungen sowie
von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, endokrinologische Erkrankungen,
Zahlen des Statistischen Bundes-
die in jedem Alter andere Vorausset- Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lun-
amtes ergeben, dass im Jahre 2006
zungen und Wirkungen habe. gen- und Nierenerkrankungen, Infek-
von einer Schuldnerberatungsstelle
tionen, chronische Entzündungen so-
betreute Personen, im Durchschnitt Speziell die Zunahme chronischer
wie entzündliche Hauterkrankungen,
mit knapp 37.000 Euro verschuldet Erkrankungen und der Multimorbidi-
Krebserkrankungen, Neurologische
waren bei einem monatlichen Netto- tät muss zur Veränderung der Versor-
und psychische Erkrankungen sowie
einkommen von durchs chnittlich gungsstruktur und zu einer effek-
Erkrankungen der Sinnesorgane.
1.150 Euro. Bei knapp 60 % lagen die tiveren und effizienteren Steuerung
Einkünfte sogar unter 900 Euro. der Versorgungsprozesse führen. Weitere Informationen zur Road-
Schließlich ist es notwendig, die De- map Gesundheitsforschung ein-
Diese Angaben beruhen auf einer batte um eine Verbesserung der Ver- schließlich einer Kurzfassung des Ex-
Befragung von 124 Schuldnerbera- sorgungsqualität durch den Aufbau perten-Berichtes stehen im Internet
tungsstellen, deren Dienste 2006 von einer neuen Sicherheits-, Risiko- und unter
rund 47.000 Personen in Anspruch Fehlerkultur im Gesundheitswesen zu www.bmbf.de/de/10953.php
genommen worden sind. Mehr als bereichern und mit den Themen Pati-
die Hälfte dieser Personen, die über- entenrechte und Patientensicherheit
schuldet waren oder einen finanziel- zu verknüpfen. Suchtkranke
len Engpass zu meistern hatten, war
Seinen Vorsitz wählte der Sach- Spätaussiedler
arbeitslos gemeldet. Arbeitslosigkeit
verständigenrat in der ersten konsti-
war auch bei knapp einem Drittel
tuierenden Sitzung. Dabei sind Das Bundesministerium für Ge-
Auslöser der finanziellen Schwierig-
Prof. Dr. rer. pol. Eberhard Wille zum sundheit fördert jetzt das Bundesmo-
keiten.
Vor sitzenden und Prof. Dr. med. dellprojekt „Kosmos“, das sich mit
Nahezu die Hälfte (45 %) der Per- Matthias Schrappe zum stellvertre- neu entwickelten Arbeitsmethoden
sonen lebte allein, wobei deutlich tenden Vor sitzenden gewählt wor- an Russlanddeutsche wendet. Das
mehr alleinlebende Männer als Frau- den. Kompetenznetzwerks Sucht-Selbsthil-
en auf die Hilfe der Beratungsstellen fe für Migrantinnen und Migranten
angewiesen waren. Damit sind Sing- aus Osteuropa („Kosmos“) kombi-
Roadmap Gesundheits-
lehaushalte überproportional an der niert zwei bewährte Arbeitsansätze:
Überschuldung beteiligt. Bei 36 % der forschung Selbsthilfe und internetgestützte Be-
unters uchten Fälle waren Kinder von ratung. Nach dem erfolgreichen
den Konsequenzen betroffen. Allein- Die Gesundheitsforschung ist eine Abschluss einer bundesweit durch-
erziehende Frauen machten 14 % al- der wichtigsten Aufgaben des Bun- geführten Fortbildung zur migrati-
11-12/2007 Gesundheits- und Sozialpolitik 7
TRENDS & FACTS
onsspezifischen Beratung und Be- Das Themenheft ist als Band 39 er- on für den Sechsten Altenbericht der
handlung für die Fachkräfte in der schienen und steht im Internet unter Bundesregierung berufen. Die 14 Mit-
Sucht- und Drogenhilfe, sollen mit www.rki.de/cln_049/nn_197532/DE/ glieder der Kommission werden bis
dem neuen Projekt bewährte Arbeits- Content/GBE/Gesundheitsberichterstat- spätestens 2010 einen Bericht zu dem
ansätze in die Hilfsangebote für Spät- tung/GBEDownloadsT/harninkontinenz. Thema „Altersbilder in der Gesell-
aussiedlerinnen und Spätaussiedler html schaft“ erarbeiten. Die Mitglieder der
integriert werden. Kommission wählten Professor Dr.
Das Bundesmodellprojekt „Kos- Pflegeversicherung Andreas Kruse, Universität Heidel-
berg, zum Vorsitzenden und Professo-
mos“ nutzt für die Sucht-Selbsthilfe
die bei Spätaussiedlerfamilien traditi- Nach den ersten sechs Monaten des rin Dr. Caja Thimm, Universität
onellen Hauskreisgruppen. Das Mo- laufenden Jahres 2007 steht fest: In Bonn, zur stellvertretenden Vorsit-
dellprojekt wird vom 01.10.2007 bis der sozialen Pflegeversicherung über- zenden.
zum 30.09.2010 in den Regionen steigen die Ausgaben aufs Neue die
Die Altenberichterstattung geht auf
Stuttgart, Fulda und Hannover umge- Einnahmen. So werden nach Anga-
einen Beschluss des Bundestages aus
setzt. ben des BKK Bundesverbandes bei
dem Jahr 1994 zurück. Die Bundesre-
den Einnahmen Gelder von rund
Weitere Information zum Bundes- gierung wurde darin aufgefordert, in
8,77 Milliarden Euro verbucht. Dem
modellprojekt kann man im Internet jeder Legislaturperiode einen Bericht
stehen jedoch Ausgaben von rund
beim Projektträger, dem Fachverband zur Lebenssituation älterer Menschen
9,12 Milliarden Euro gegenüber. Das
Drogen und Rauschmittel e.V. erhal- in Deutschland vorzulegen. Der Fünf-
ergibt eine Finanzlücke von rund 350
ten unter te Altenbericht ist zu dem Thema
Millionen Euro.
www.fdr-online.info „Potenziale des Alters in Wirtschaft
Als größter Ausgabenposten bei den und Gesellschaft – Der Beitrag älterer
Leistungen schlagen die Zahlungen Menschen zum Zusammenhalt der
Themenheft für die vollstationäre Pflege mit 4,38 Generationen“ erstellt worden.
Milliarden Euro zu Buche. Absolut ge-
Harninkontinenz
sehen erhöhten sich die Ausgaben in
diesem Bereich damit um 1,7 % im Soziales Engagement
Harninkontinenz ist ein immer
Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
noch sehr tabuisiertes Leiden. Die Fä- im Ruhestand
Auch die Ausgaben für Pflegesachleis-
higkeit zur Blasenkontrolle wird als
tung, also das Geld für die Arbeit von
Meilenstein der kindlichen Entwick- Das Deutsche Institut für Wirt-
Pflegediensten, wuchsen um 2,2 %
lung und als Indikator für die geisti- schaftsforschung hat erstmals den
auf 1,22 Milliarden Euro an. Pflege-
gen und sozialen Fähigkeiten einer Zusammenhang von Freizeit und so-
geld stieg im Vergleich zum Vorjah-
Person angesehen. Das neue Heft der zialem Engagement untersucht. Eige-
reszeitraum um 0,8 % auf rund 2 Mil-
Gesundheitsberichterstattung (GBE) ne aktive Erfahrung mit ehrenamt-
liarden Euro an. Im Gegensatz zu den
mit dem Titel Harninkontinenz fasst licher Tätigkeit und regelmäßiger un-
deutlich gestiegenen Leistungsausga-
auf gut 40 Seiten die wichtigsten Fak- bezahlter Hilfeleistung ist wichtiger
ben haben sich die Verwaltungskos-
ten zu Verbreitung, Ursachen, Folgen, für soziales Engagement im Ruhe-
ten in der Pflegeversicherung nur
Therapie- und Präventionsmöglich- stand als die vermehrt zur Verfügung
leicht erhöht. Im ersten Halbjahr
keiten zusammen. Außerdem werden stehende freie Zeit. Grundlage der
2007 lagen sie bei rund 310 Millio-
eine Reihe von Vorurteilen und Fehl- Analyse sind neue Daten der Längs-
nen Euro und damit nur um rund 3
einschätzungen bei Betroffenen, Me- schnittstudie Sozio-oekonomisches
Millionen Euro oder 1 % höher als
dizinern und in der Gesellschaft zu Panel (SOEP). Entgegen der landläu-
noch im Vorjahreszeitraum.
dieser Gesundheitsstörung angespro- figen Meinung ist Freizeit nicht das
chen. In Deutschland sind derzeit mehr entscheidende Kriterium für ein sozi-
als 2,2 Millionen Menschen pflegebe- ales Engagement von Rentnern. Alte-
Die Häufigkeit von Inkontinenz dürftig. Sie werden täglich von ca. re Menschen, die sich vor dem Über-
steigt mit zunehmendem Alter an, 760.000 professionellen Pflegekräften gang in den Ruhestand nicht bereits
insbesondere durch die Häufung von (546.000 in Pflegeheimen und freiwillig sozial engagiert haben, wer-
Risikofaktoren. Der Schweregrad der 214.000 in Pflegediensten) in insge- den dies wahrscheinlich auch nach
Inkontinenz und das Ausmaß der Be- samt ca. 25.000 Pflegeeinrichtungen Renteneintritt nicht tun.
einträchtigung sind wichtige Krite- und von mehr als einer Million Fami-
rien für den Versorgungsbedarf. Von lienangehörigen gepflegt. Die Zahl ehrenamtlich aktiver Äl-
den Befragten, die beim Telefo- terer ist in Westdeutschland in den
nischen Gesundheitssurvey 2005 des vergangenen Jahren von gut 20 %
Altenbericht
Robert Koch-Institutes angaben, von (1985) auf mehr als 30 % (2005) ge-
unfreiwilligem Harnverlust betroffen stiegen. Eine ähnliche Zunahme zeigt
zu sein, gab der überwiegende Teil ge- Das Bundesministerium für Fa- sich auch für Ostdeutschland nach
ringe bis mäßige Beeinträchtigungen milie, Senioren, Frauen und Jugend, der Wende. Das soziale Engagement
an. hat die Sachverständigen-Kommissi- nimmt im Lebensverlauf zu und er-
8 11-12/2007 Gesundheits- und Sozialpolitik
reicht im Alter von 35 bis 55 Jahren viele gesüßte Getränke und isst zu 91 % der Verstorbenen waren über
seinen Höhepunkt, um dann wieder viele Süßigkeiten. Das sind die wich- 65x Jahre alt.
zurückzugehen. Generell haben Seni- tigsten Ergebnisse der vom Bundes-
oren mit höheren Bildungsabschlüs- ministerium für Ernährung, Land- Über ein Viertel aller Gestorbenen
sen eine größere Neigung zu sozialem wirtschaft und Verbraucherschutz fi- (112.761 Männer und 98.762 Frau-
Engagement. Für die Stimulierung nanzierten EsKiMo-Studie. en) erlag im Jahr 2006 einem Krebs-
des produktiven Potenzials Älterer Im Rahmen der umfassenden Kin- leiden. Bei den Männern hatten bös-
dürfte es langfristig sinnvoll sein, be- der- und Jugend-Gesundheitsstudie artige Neubildungen der Verdauungs-
reits junge Erwachsene für soziales KiGGS, die das Robert Koch-Institut organe (36.424 Verstorbene) und der
Engagement zu gewinnen. Aktivie- von 2003 bis 2006 durchgeführt hat, Atmungsorgane (30.538 Verstorbene)
rungsprogramme, die direkt auf die wurde im Jahr 2006 in einem Modul die größte Bedeutung. Bei den ver-
Gruppe der Senioren abzielen, wer- das Ernährungsverhalten von insge- storbenen Frauen dominierten die
den nach den Forschungsergebnissen samt 2.506 6- bis 17-Jährigen genauer bösartigen Neubildungen der Verdau-
keinen nennenswerten Erfolg haben. untersucht. EsKiMo („Ernährungsstu- ungsorgane mit 32.188 Sterbefällen,
die als KiGGS-Modul“) hat das Robert gefolgt von bösartigen Neubildungen
Koch-Institut gemeinsam mit der der Brustdrüse mit 17.286 Sterbefäl-
Demenzforschung Universität Paderborn durchgeführt. len.
Über eine Million Menschen in
3,9 % aller Todesfälle sind auf eine
Deutschland sind an Demenz er- Insgesamt wurde festgestellt, dass
nichtnatürliche Todesursache (Ver-
krankt, bis zum Jahr 2030 wird ihre bereits im Kindes- und Jugendalter
letzungen und Vergiftungen) zurück-
Anzahl vermutlich um die Hälfte ge- Lebensmittel mit einer hohen Ener-
zuführen. Hieran starben 32.212 Per-
stiegen sein. Die Forschung wird in giedichte bevorzugt werden, wie z. B.
sonen (19.984 Männer und 12.228
Deutschland mit Hilfe eines neu zu Süßigkeiten und Fast Food. Die Ver-
Frauen). Von den 9.765 Personen, die
gründenden Nationalen Forschungs- sorgung mit den meisten Vitaminen
im Jahr 2006 freiwillig aus dem Le-
zentrum zur Bekämpfung von De- und Mineralstoffen kann heute als
ben schieden, waren 74 % Männer
menzen gebündelt. Das neue Zen- ausreichend bezeichnet werden. Bei
und 26 % Frauen.
trum wird unterschiedliche For- jugendlichen Mädchen, die wenig
schungsdisziplinen zu Fleisch und daraus hergestellte Pro-
altersbedingten neurodegenerativen dukte verzehren, ist die Eisenversor-
Bildung auf einen
Erkrankungen wie Alzheimerzusam- gung grenzwertig und bei Kindern
menführen. Es geht um die Erfor- und Jugendlichen, die wenig Milch Blick 2007
schung von Krankheitsursachen, und Milchprodukte essen, ist die aus-
Möglichkeiten der Prävention und reichende Versorgung mit Calcium Die OECD-Studie „Bildung auf ei-
Früherkennung, die Entwicklung gefährdet. nen Blick“ hat sich in den letzten
Jahren zu einem bedeutenden Be-
wirksamer Therapien und die Unter-
Weitere Informationen stehen im
zugspunkt für die bildungspolitische
suchung der psychosozialen Folgen
Internet unter www.kiggs.de
Diskussion in Deutschland entwickelt
von Demenzen.
und gibt wichtige Impulse für Analy-
Hochschulen und außeruniversi- sen und Reformstrategien zum natio-
täre Einrichtungen, die heute schon Todesursachen- nalen Bildungssystem. Die Veröffent-
exzellente neurowissenschaftliche statistik lichung thematisiert bildungspoli-
Forschung in Deutschland betreiben, tisch wichtige Fragen anhand von
werden als Satelliteneinrichtungen Kernindikatoren im internationalen
des Nationalen Zentrums eingebun- Nach den neuen Berechnungen des Vergleich der 30 OECD-Mitgliedslän-
den. Für das Forschungszentrum mit Statistischen Bundesamtes, starben der sowie einiger Partnerländer.
seinen Satelliteneinrichtungen stellt nach Ergebnissen der Todesursa- Schwerpunktbereiche der dargestell-
das Bundesforschungsministerium chenstatistik im Jahr 2006 in ten Kennzahlen sind Bildungsbeteili-
jährlich 50 bis 60 Millionen Euro zur Deutschland insgesamt 821.627 Per- gung und Bildungserfolg, öffentliche
Verfügung. sonen (385.940 Männer und 435.687 und private Bildungsausgaben, Bil-
Frauen). Dies waren 8.600 Sterbefälle
dung und Beschäftigung sowie Lehr-
und damit 1,0 % weniger als im Jahr
und Lernbedingungen an Schulen.
Ernährungsstudie 2005. Die im diesjährigen Bericht verwen-
deten Basisdaten stammen überwie-
EsKiMo
Wie auch schon in den Vorjahren
gend aus den Jahren 2004 und 2005.
wurde bei nahezu jedem zweiten Ver-
Viele Kinder und Jugendliche essen storbenen (149.578 Männer Eine Zusammenfassung der wesent-
zu wenig Obst und Gemüse. Die und 209.375 Frauen) der Tod durch lichen Aussagen der Studie steht im
meisten Kinder und Jugendlichen eine Erkrankung des Herz-/Kreislauf- Internet unter
trinken zwar ausreichende Mengen, systems ausgelöst. Hieran starben ins- www.bmbf.de/pub/bildung_auf_einen_
aber die junge Generation trinkt zu besondere ältere Menschen: Über blick_07_wesentliche_aussagen.pdf
11-12/2007 Gesundheits- und Sozialpolitik 9
TRENDS & FACTS
Asylbewerber- nungen, sofern sie ihren Sitz in Programm zu ermöglichen, die die
Deutschland haben, außerdem öf- anstehenden gesundheitspolitischen
leistungen
fentliche Institutionen und Verwal- Themen gemäß den Programmzielen
Die Empfänger von Asylbewerber- tungen auf Bund-, Länder- und kom- voranbringen, steht ein größeres
leistungen in Deutschland kommen munaler Ebene sowie Vereine. Spektrum von Finanzierungsmecha-
nismen zur Verfügung. Dazu gehö-
anteilig immer öfter aus asiatischen Die besten Wettbewerbsbeiträge
ren:
Ländern. Nach Berechnungen des werden im Rahmen einer Preisverlei-
Statistischen Bundesamts erhielten hung in Berlin der Öffentlichkeit prä- • Kofinanzierung von Projekten, um
Ende 2006 in Deutschland rund sentiert. Die jeweils besten drei Bei- die Ziele des Programms zu errei-
194.000 Menschen Leistungen zur träge in den vier Wettbewerbskatego- chen,
Deckung des täglichen Bedarfs (so ge- rien werden darüber hinaus mit • Öffentliche Ausschreibungen, um
nannte Regelleistungen) nach dem Geld- und Sachpreisen ausgezeichnet. die Ziele des Programms zu errei-
Asylbewerberleistungsgesetz. Mehr als Als Anerkennung winken für die bes- chen,
jeder Dritte (38 %) davon stammte ten Ausbildungskonzepte 15.000 • Kofinanzierung der Betriebskosten
aus Asien. Vor zehn Jahren (Jahresen- Euro. einer nichtstaatlichen Organisation
de 1996) lag der Anteil der Hilfebezie- oder eines spezialisierten Netzes,
her aus asiatischen Herkunftsländern Mehr Informationen zum Wett- • Gemeinsame Finanzierung einer öf-
noch bei 21%. Viele der Empfänger bewerb stehen unter fentlichen Einrichtung oder einer
am Jahresende 2006 stammten aus www.vielfalt-als-chance.de/wettbewerb nichtstaatlichen Organisation
Kriegs- oder Krisenregionen. Die wich- durch die Gemeinschaft und einen
tigsten asiatischen Herkunftsländer oder mehrere Mitgliedstaaten,
waren der Irak (6,4 % aller Leistungs- Health Prog ramme • Gemeinsame Maßnahmen mit an-
empfänger), Syrien (4,6 %), der Liba- deren Gemeinschaftsprogrammen,
non (4,5 %), Afghanistan (4,1%) so- 2008–2013 die weitere Kohärenz zwischen die-
wie der Iran (3,6 %). sem Instrument und anderen Ge-
Das zweite Aktionsprogramm der
meinschaftsprogrammen ermögli-
Nach wie vor kommen die meisten Gemeinschaft im Bereich der Ge-
chen.
Empfänger von Asylbewerberleistun- sundheit 2008–2013 wird am 1. Janu-
gen aus Europa. Ihr Anteil lag Ende ar 2008 in Kraft treten. Dieses folgt
2006 bei 43 %; besonders häufig dem ersten Programm, das über 300
stammten die Menschen aus Serbien Projekte und andere Aktionen geför- Neues Europäisches
und Montenegro (28 % der Fälle). Der dert hat. Der Finanzrahmen für das Bildungsprogramm
Anteil der Asylbewerberleistungsemp- Programm beträgt 321.500.000 Euro.
fänger aus europäischen Herkunfts- Europa hat ein neues Bildungspro-
ländern hat sich jedoch in den letz- gramm – das Programm für lebens-
Die Ziele sind:
ten zehn Jahren deutlich verringert, langes Lernen. Bei einer Laufzeit von
zum Jahresende 1996 betrug er noch • Besserer Gesundheitsschutz der sieben Jahren hat das Programm für
63 %. Bürger, lebenslanges Lernen ein Gesamt-
• Gesundheitsförderung, einschließ- budget von rund sieben Milliarden
lich der Verringerung von Un- Euro – allein in Deutschland stehen
Kulturelle Vielfalt in gleichheiten in der Gesundheitsver- jährlich rund 100 Millionen Euro aus
sorgung, dem Programm zur Verfügung.
der Ausbildung
• Schaffung und Verbreitung von In-
Ziel ist es, jedes Jahr bis zu 80.000
formationen und Wissen zu Ge-
Noch bis zum 14. Dezember 2007 Auszubildenden und jungen Berufstä-
sundheitsfragen.
können sich Unternehmen an einem tigen aus ganz Europa die Chance zu
Wettbewerb der Beauftragten der Bun- Das Gesundheitsprogramm 2008- geben, sich außerhalb ihres Heimat-
desregierung für Migration, Flücht- 2013 soll die Ergänzung, Unterstüt- landes zu qualifizieren und auf den
linge und Integration beteiligen. Ge- zung und Intensivierung der poli- europäischen Arbeitsmarkt vorzube-
sucht werden Unternehmen, Behör- tischen Maßnahmen der Mitglied- reiten. So soll beispielsweise die Zahl
den, öffentliche Einrichtungen und staaten ermöglichen und auf diese der jungen Menschen, die mit einem
Vereine, die Jugendliche aus Zuwan- Weise – durch den Schutz und die ERASMUS-Stipendium in einem an-
dererfamilien ausbilden und dabei Förderung der Gesundheit und Si- deren europäischen Land studieren,
besonders unterstützen, z.B. durch cherheit der Bürger sowie durch die verdoppelt werden: von heute 1,5
Deutschkurse. Verbesserung des öffentlichen Ge- Millionen auf insgesamt drei Millio-
sundheitswesens – einen Beitrag zu nen im Jahr 2012.
Der Wettbewerb soll dazu beitra-
mehr Solidarität und größerem Wohl-
gen, diese Praxisbeispiele ins Licht Weitere Informationen über das
stand in der EU leisten.
der Öffentlichkeit zu rücken und aus- Programm für lebenslanges Lernen
zuzeichnen. Bewerben können sich Um die uneingeschränkte Beteili- stehen im Internet unter
Unternehmen aller Größenord- gung von Organisationen an dem www.bmbf.de/de/919.php
10 11-12/2007 Gesundheits- und Sozialpolitik
THEMA
Integrierte Versorgung auf dem
Weg zur Regelversorgung –
Bisheriger Entwicklungsprozess und Neuerungen durch das
GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
Wohl kaum ein gesundheitspolitisches Thema wird derart kontrovers diskutiert wie die Frage, ob und wie
Wettbewerb die Qualität der Versorgung verbessert und die Allokation der Ressourcen optimiert. Während
in den siebziger und achtziger Jahren Ideologie und Ordnungspolitik der Auseinandersetzung grundsätz-
lichen Charakter verliehen, steht seit Einführung von Kassenwahlfreiheit und kassenartenübergreifender
Solidarität über einen Risikostrukturausgleich mit dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) aus dem Jahr 1992
die konkrete Ausgestaltung der Rahmenbedingungen mit dem Ziel eines qualitäts- und innovationsför-
dernden Wettbewerbs auf der Tagesordnung jeder Gesundheitsreform. Der folgende Beitrag zeichnet die
histroische Entwicklung der Integrationsversorgung in einem wettbewerblichen Kontext nach und bewertet
ihre Zukunftsperspektiven
(cid:81) Franz Knieps
Von der ständischen Ordnung zur Kassenwahlfreiheit Gunsten einer einheitlichen, wettbewerblich ausgerichte-
ten Rahmenordnung. Die kollektivvertraglichen Bezie-
Mit dem Abbröckeln der ständischen Ordnung des Ar-
hungen zu den Leistungserbringern mit einer starken
beitslebens wurde die Unterscheidung zwischen Arbei-
Ausprägung des einheitlichen und gemeinsamen Han-
tern und Angestellten nicht nur im Arbeitsrecht obsolet.
delns aller Kassen und Kassenarten auf Bundes- und Lan-
Auch in der Sozialversicherung ließen sich Strukturen,
desebene wurden nur zugunsten einer auf Modellpro-
die allein am Berufsstand, einer Branchenzugehörigkeit
jekte (F + E) beschränkten Ausnahmeregelung gelockert.
oder am Einkommen anknüpfen, weder sozialpolitisch
Ansonsten wurden in den neunziger Jahren die Ten-
noch verfassungsrechtlich legitimieren. Renten-, Kran-
denzen zur Zentralisierung und Korporatisierung des Ver-
ken- und Pflegeversicherung wurden ihres traditionellen
tragsgeschäfts, die bereits vor dem Gesundheits-Reform-
Bezugsrahmens entkleidet und grundlegend reorgani-
gesetz (GRG) aus dem Jahr 1988 sichtbar waren, fortge-
siert. Während die Rentenversicherung ihr traditionelles
schrieben und an die Kostendämpfungspolitik seit dem
Zuweisungssystem behielt und der Schwerpunkt der or-
Krankenversicherungskostendämpfungsgesetz (KVKG)
ganisatorischen Neuordnung durch den föderalen Staats-
aus dem Jahr 1977 angeknüpft. D aher blieb die Idee ei-
aufbau gep rägt war, wurde die Mischung aus Zuweisungs-
ner qualitätsorientierten Wettb ewerbsordnung mit
und Wahlsystem in der Kranken- und Pflegeversicherung
Schwerpunktsetzung auf einer differenzierten Vertragspo-
durch eine Öffnung (fast) aller Krankenkassen für alle
litik lange Zeit ohne realistische Umsetzungschancen für
Versicherten abgelöst. Die Renten- und die Pflegeversi-
innovative Krankenkassen und Leistungserbringer.
cherung behielten das Zuweisungssystem und den ein-
heitlichen Finanzverbund mit einheitlichem Beitragssatz
Dieser Prozess ist bis heute noch nicht vollständig ab-
bei, während der ausgabenorientierte Finanzverbund in
geschlossen. So werden im GKV-Wettbewerbsstärkungs-
der Krankenversicher ung der Rentner aufgelöst und ins-
gesetz (GKV-WSG) die Sondersysteme Knappschaftliche
gesamt durch einen kassenartenübergreifenden Risiko-
Krankenversicherung und See-Krankenkasse für den all-
strukturausgleich abgelöst wurde. Privilegien einzelner
gemeinen Wettbewerb geöffnet, doch können geschlos-
Kassenarten im Organisations-, Mitgliedschafts-, Beitrags-
sene Betriebs- und Innungskrankenkassen diesen Status
und Leistungsrecht wurden schrittweise abgebaut zu
ebenso aufrecht erhalten wie das Sondersystem der Land-
wirtschaftlichen Krankenversicherung, das erst nach
einer umfassenden Finanzreform der landwirtschaft-
Franz Knieps, Leiter der Abteilung Gesundheitsversorgung, lichen Sozialpolitik in das Gesamtsystem der wettbewerb-
Krankenversicherung, Pflegesicherung im Bundesministerium lichen Krankenversicherung eingegliedert werden
für Gesundheit, Bonn/Berlin* könnte. Schließlich harren auch die unterschiedlichen
11-12/2007 Gesundheits- und Sozialpolitik 11
THEMA
Selbstverwaltungsstrukturen bei den einzelnen Kassen- Der Morbi-RSA als Reaktion auf Fehlentwicklungen
arten einer Harmonisierung, ehe man von einem einheit- im Kassenwettbewerb
lichen Ordnungsrahmen für alle Krankenkassen sprechen
könnte. Misstöne in der neuen Wettbewerbswelt der Kranken-
kassen erzeugte vor allem die Tatsache, dass Betriebe und
Innungen legitimiert blieben, neue Krankenkassen zu
Die Etablierung einer neuen Wettbewerbsordnung gründen. Deren Neu- oder Ausgründungen sowie strate-
und ihre Auswirkungen gisch ausgerichtete Öffnungen bisher geschlossener
Krankenkassen beeinflussten den Wettbewerb seit Ende
Trotzdem hat die Harmonisierung der rechtlichen Rah- der neunziger Jahre stärker als die herkömmlichen Mit-
menbedingungen erhebliche ökonomische Auswir- gliederbewegungen zwischen etablierten Krankenkassen.
kungen auf Kassen und Kassenarten. Die Erscheinungs- Zusätzlich befeue rt wurde die Diskussion durch eine Aus-
formen des Wettbewerbs und die entsprechenden Mit- richtung neuer Anbieter als so genannte „virtuelle
gliederbewegungen haben sich speziell nach Einführung Krankenk assen“ ohne flächendeckendes Geschäftsstel-
der Kassenwahlfreiheit spürbar verändert. Bis zum Jahr lennetz und wohnortnahe Betreuung. Einzelne Exzesse
1996 verloren die so genannten RVO-Kassen – also Orts-, bei der Abwehr schlechter Risiken und spektakuläre fi-
Betriebs- und Innungskrankenkassen – kontinuierlich nanzielle Schieflagen infolge von Fehleinschätzungen
Mitglieder an die Arbeiter- und Angestellten-Ersatzkas- der künftigen Zahlungen an oder aus dem Risikostruktur-
sen. Der Übertritt zu einer Angestellten-Ersatzkasse war ausgleich zwang en den Gesetzgeber wiederholt, die wett-
mehr eine Frage des Sozialprestiges als eine der finanziel- bewerbliche Rahmenordnung zu ändern. Bis zum In-
len Entlastung. Sie dokumentierte den Aufstieg vom Ar- krafttreten einer „solidarischen Wettbewerbsordnung“
beiter zum Angestellten, vom Blaumann zum weißen wurde mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) zu-
Kragen. Zumindest bis in die achtzig er Jahre lag der Bei- dem ein Öffnungsmoratorium verfügt, um die großen
tragssatz der großen Ersatzkassen oberhalb des Niveaus Versorgerkassen von neuen Mitbewerbern mit geringer
vieler RVO-Kassen. Darauf kam es aber den Betroffenen Gesundheits- und Solidarlast zu schütz en. Bereits etab-
wohl weniger an. Beim Übergang vom Arbeiter- zum An- lierte Kassen, die von der Philosophie der Direktversiche-
gestelltenstatus erhielten die Versicherten ein Wahlrecht rung geleitet werden, blieben davon unberührt und
zu bisher ihnen verschlossenen Krank enkassen. Die Aus- konnten seit der Jahrtausendwende größere Mitglieder-
übung dieses Wahlrechts war offenbar ein Wert an sich. gewinne erzielen. Das Internet wirkt dabei als (gewollte)
Dies sah auch der Gesetzgeb er des GSG so, als er eine Selektionsgrenze zwischen alter und neuer Kassenwelt.
Ausweitung des Zuweisungssystems, die vor allem von
der Bund esvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbän- Um unerwünschten Fehlsteuerungen entgegenzuwir-
de vorgeschlagen wurde, ablehnte und die Ersatzkassen – ken, sollte der Risikostrukturausgleich zu einem morbi-
teilweise gegen deren erbitterten Widerstand – für alle ditätsorientierten Ausgleich weiterentwickelt werden, der
Versicherten öffnete. Gleichzeitig sollte ein Risikostruk- die unterschiedlichen Krankheitslasten der jeweiligen
turausgleich für faire Wettbewerbsbedingungen sorgen Versichertenpopulation präziser ausgleicht. Erst mit dem
und größere Beitragssatzunterschiede zwischen den Kas- GKV-WSG konnte der Weg endlich frei gemacht werden
sen einebnen. zum Morbi-RSA, dessen gesetzliche Verankerung schon
im Jahr 2002 beschlossen war, dessen Umsetzung aber
Die Erwartungshaltung des Gesetzgebers lief darauf von den unionsgeführten Bundesländern blockiert wor-
hinaus, diese neue Rahmenordnung werde zur Anglei- den war. Zusammen mit der Vervollständigung des
chung des strukturellen Unterschiede im Mitgliedergefü- Grundlohnausgleichs im Gesundheitsfonds wird das
ge und damit auch im Beitragssatzniveau zwischen Kas- GKV-WSG für die bisher benachteiligten Kassen die Wett-
sen und Kassenarten führen. Diese Erwartungshaltung bewerbsbedingungen durch eine faire Verteilung der
wurde zumindest zeitweise erfüllt. Extreme Ausreißer in Beitragse innahmen deutlich verbessern und die Aus-
der Beitragssatzlandschaft wurden seltener. Zumindest gaben u nters chiede, die nicht durch Management der
zwischen den Kassenarten näherten sich die Niveaus sich Kassen zu beeinflussen sind, weiter reduzieren. Dabei
schnell an. Dies galt insbesondere für AOKs und Ersatz- gibt sich niemand der Illusion hin, ein solcher Morbi-
kassen. Dramatische Mitgliederverluste – Experten pro- RSA könne die Morbiditätslast vollständig ausgleichen,
gnostizierten 1995 jährlich Bewegungen von bis zu 20% zumal die gesetzliche Neuregelung in den §§ 266 ff. SGB
der GKV-Mitglieder – traten nicht ein. Allerd ings setzte V die Zahl der zu berücksichtigenden Krankheiten auf 50
sich mehr und mehr der Beitragssatz als entscheidender bis 80 begrenzt und eine Kostenschwelle vorsieht. Es sind
Wettbewerbsparameter durch. Imagefragen traten – auch immer nur Annäherungen an das gewünschte Ziel denk-
befördert durch geschickte Marketing-Ideen, wie z. B. die bar, den Wettbewerb von Risikoselektion frei zu halten
Gesundheitskasse als Synonym für Prävention in der und auf die Parameter Qualität und Effizienz zu fokus-
AOK – in den Hintergrund. Mitgliederbewegungen pen- sieren. Schließlich sind auch die Schaffung eines einheit-
delten sich zwischen 2 und 3 % pro Jahr ein. Gewinner lichen Spitzenverbands Bund anstelle der sieben bzw.
wurden immer stärker beitragssatzgünstigere Krankenkas- acht Kassenarten bezogenen Bundesverbände und die Er-
sen, unabhängig davon, welcher Kassenart sie ange- möglichung kassenartenübergreifender Fusionen sowie
hörten. der Verzicht auf den Parlamentsvorbehalt mit Staatsver-
12 11-12//2007 Gesundheits- und Sozialpolitik
trägen bei länderübergreifenden Fusionen von Ortskran- Teil schon besteht. Erhebliche Varianzen in der Qualität
kenkassen klare Belege dafür, dass der Gesetzgeber die der Versorgung lassen sich medizinisch allein nicht erklä-
traditionelle Gliederung der Kassenl andschaft für über- ren. Die Instrumente der staatlichen und der korporatis-
holt erachtet. tischen Bed arfsplanung haben sich als ungeeignet erwie-
sen, Kapazitäten an Bedarf und Bed ürfnisse der Patienten
Stattdessen sind Wahlfreiheit und Wettbewerb zentrale
sowie an die Möglichkeiten der Medizin anzupassen. In-
Elem ente eines neuen Organisationsgefüges in der ge-
ternationale Vergleiche zeigen, dass Deutschland eine
setzlichen Krankenversicherung. Dabei ist es durchaus
hohe Arzt- und Bettendichte, eine hohe Fallzahl, ein en
konsequent, die Finanzordnung an diese Veränderungen
hohen Verbrauch an Medikamenten und Medizinpro-
anzupassen, einen Ges undheitsfonds mit einheitlichem
dukten, eine lange Verweildauer in stationären Einrich-
Beitragssatz einz uführen und den Wettbewerb auf einen
tungen und andere aufwendige Input-Indikatoren aus-
posit iven oder negativen Zusatzbeitrag zu lenken. Um ei-
weist, ohne bessere Output-Resultate, z. B. eine geringere
nen Zusatzbeitrag zu vermeiden, werden Krankenkassen
Mortalität oder Morbidität, höhere Qualitätsstandards,
alle Anstrengungen unternehmen müssen, Wirtschaft-
geringere Komplikationen, höh ere Zufriedenheitsraten
lichkeitspotenziale zu erschließen. Die Kritik von Kassen-
etc. zu erzielen. Die Anzeichen für (ungewollte und un-
und Verbandsman agern an dieser gewollten Stoßrich-
systematische) Rationierung nehmen zu. Der professio-
tung des Zusatzb eitrags, man zwinge sie zum Abbau von
nelle Widerstand gegen eine evidenzbasierte Medizin,
Leistungen, ist im Wirtschaftsleben mehr als unüblich.
eine übergreifende Qualitätssicherung und ein patienten-
Andere Branchen reagieren auf erhöhten Wettbewerbs-
orientiertes Risikomanagement schwächt sich zwar ab, ist
druck mit Produktivitätssteiger ungen und Innovationen.
aber bei manchen Funktionären des deutschen Gesund-
Leistungseinschränkungen und Qualitätsabbau dürften
heitswesens noch immer Teil ihrer plumpen Rhetorik.
aber auch für Krankenk assen keine realistische Option
sein, denn die Abstimmung mit den Füßen und eine Neben den von vielen Beteiligten geäußerten, oft un-
wachs ame Öffentlichkeit werden solche Strategien spezifischen Kritikpunkten am System, werden weiterhin
schnell zu einem (existenzgefährdenden) Imagep roblem spezifische Fehlentwicklungen in der Gestaltung der Ver-
anwachsen lassen. Deshalb wird wohl jede Krankenkasse sorgungsstrukturen und in der Steuerung der Versor-
versuchen, im Rahm en der nach § 53 SGB V möglichen gungsprozesse aufgezeigt, die trotz mehrerer grundle-
Tarifdifferenzierungen eine Variante ohne Zusatzbeitrag gender Strukturreformen und zahlreicher weiterer Ge-
anzub ieten. Um einem schleichenden Ausstieg aus (pri- setzgebungsvorhaben in den letzten dreißig Jahren nicht
mär familienpolitisch motivierten) Satz ungsl eistungen zu behoben werden konnten. In erster Linie wird hierfür die
begegnen, hat der Gesetzgeber zudem alle Leistungen der strenge Abschottung der Versorg ungsbereiche verant-
Rehabilitation, Eltern-Kind-Kuren und Impfungen zu wortlich gemacht. Dies gilt nicht nur für die im interna-
Pflichtleistungen deklariert und ein umfassendes Be- tionalen Vergleich einmalige Trenn ung von ambulanter
richtswesen als Controllinginstrument für die tatsäch- und stationärer Versorgung mit Vorhaltung einer doppel-
liche Inanspruchnahme etabliert. ten Facharzts truktur, sondern auch für die Grenzen zwi-
schen Akutversorgung und Rehabilitation sowie zwi-
schen medizinischer und pflegerischer Versorgung bzw.
Von der gemeinsamen und einheitlichen Vertrags- sozialer Betreuung. Die trotz zahlreicher Gegenmaßnah-
politik zu wettbewerblich gestalteten Versorgungs- men weiterhin zu beobachtende Auseinanderentwick-
strukturen und Versorgungsprozessen lung von hausä rztlicher und fachärztlicher Versorgung
wird kritisch gesehen. Folge der zu starken „Zergliede-
Obwohl Deutschland mit rund 12% des Bruttoinlands- rung“ des deutschen Gesundheitswesens, die sich speziell
produkts eine vergleichsweise hohe Summe für Gesund- in nicht kompatiblen Finanzierungs-, Organisations- und
heit aufwendet, haben viele Akteure, insbesondere wis- Honorierungssystemen manifestiert, ist eine sektorale Be-
senschaftlich geschulte Anal ytiker, Zweifel an der Effekti- trachtungsweise von ganzheitlichen Versorgungsproble-
vität der Versorgung und an der Effizienz des men. Diagnose und Behandlung werden zwar innerhalb
Mitteleins atzes. Una bhängig vom ordnungs- und partei- des Sektors optimiert, die Schnittstellen zu jeweils ande-
politischen Standpunkt kommen sie bei weitgeh end ren Sektoren dabei jedoch vernachläss igt.
gleichl autenden Analys en zum Ergebnis, dass die Quali-
tät im deutschen Gesundheitswes en erhöht werden Gerade an diesen Schnittstellen entstehen häufig
muss, um den Mitteleinsatz in dieser Höhe als adäquat Warte zeiten, Doppeluntersuchungen, Behandlungsdis-
anzusehen. Dabei ist man sich weitgehend einig, die Be- kontinuitäten und Fehlentscheidungen. Aus der ganz-
ziehungen zwischen Krankenkassen bzw. ihren Verbän- heitlichen Perspektive eines Patienten werden seine Pro-
den und Leistungserbringern zu flexibilisieren. Einer der bleme so zerteilt, dass sie ins jeweilige Versorgungsseg-
Auslöser dafür war die Fests tellung, dass in Deutschland ment pass en. Auf dem Rücken desjenigen, der eigentlich
Über-, Unter- und Fehlversorgung dicht nebeneinander im Mittelpunkt des Gesundheitswesens stehen soll, wer-
existieren. Überkapazität en in städtischen Ballungsgebie- den Gruppenegoismen und Verteilungskonflikte ausge-
ten konnten trotz verstärkter Regulierung nicht abgebaut tragen. Statt sich einer Gesamtb etrachtung zu öffnen,
werd en, während in ländlichen Gebieten nicht nur der mauern sich viele Akteure im jeweiligen Versorgungs-
neuen Bundesländer (Haus-)Ärztemangel droht und zum segment ein oder versuchen Terrain in anderen Versor-
11-12/2007 Gesundheits- und Sozialpolitik 13
Description:Krebserkrankungen, Neurologische und psychische neue Honorarsystem für ambulante ärztliche Leistungen Praktische. Konsequenzen wurden daraus nur wenige gezogen. Die. Akteure des Gesundheitswesens zogen sich auf ihre üb- liche Grundhaltung zu rück, der Gesetz geber müsse nach-.