Table Of ContentFlorian Lippuner
Das Biografiespiel
Strukturelle Kopplungen
und Transferprozesse im Rahmen
adoleszenter Computerspielnutzung
Das Biografiespiel
Florian Lippuner
Das Biografiespiel
Strukturelle Kopplungen
und Transferprozesse im Rahmen
adoleszenter Computerspielnutzung
Florian Lippuner
Zürich, Schweiz
Die vorliegende Arbeit wurde von der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich
im Herbstsemester 2016 auf Antrag von Herrn Prof. Dr. Daniel Süss und Herrn Prof.
Dr. Heinz Bonfadelli als Dissertation angenommen.
Die Drucklegung dieses Buches wurde durch einen Beitrag der Stiftung Suzanne und
Hans Biäsch zur Förderung der Angewandten Psychologie unterstützt.
ISBN 978-3-658-18875-7 ISBN 978-3-658-18876-4 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-18876-4
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Danksagung
Ich möchte mich hier insbesondere bei den 26 Jugendlichen und jungen Erwach-
senen bedanken, die sich die Zeit genommen haben, mit mir so offen über ihre
Biografie und ihre Computerspielnutzung zu sprechen. Ohne ihre Mithilfe wäre
diese Dissertation nicht in dieser Form zustande gekommen.
Besonderer Dank gilt auch meinen Kommilitoninnen Dr. Petra Kaya von Gerr
und Dr. Brigitte Gasser, welche mich bei vielen Stationen auf dem Weg zur
Dissertation begleitet haben. Ihren fachlichen, insbesondere aber auch den mora-
lischen Support habe ich immer sehr geschätzt und unsere Treffen waren stets
ein willkommener Anlass, etwas Abstand vom mitunter etwas einsamen
Schreiballtag zu gewinnen.
Für ihre ausserordentliche Unterstützung möchte ich auch meiner lieben Ehefrau
Annina danken. Sie hat mir auf dem Weg zur fertigen Dissertation von der ersten
Idee bis zum letzten Satz mit ihrer positiven und freimütigen Art den nötigen
Rückhalt gegeben.
Meiner Mutter Marianne und meinem Vater Niklaus gilt grosser Dank für ihren
uneingeschränkten Beistand während meines Dissertationsprojekts. Sie haben
mich immer unterstützt und mich in meinen Entscheidungen beraten und be-
stärkt. Auch bei finanziellen Engpässen haben sie mir immer grosszügig ausge-
holfen.
Nicht zuletzt gebührt ein grosses Dankeschön meinen beiden Cousins Lukas und
Philip. Dank ihnen habe ich seit den späten 1980er-Jahren viele Computerspiele
VI Danksagung
und Trägermedien kennenlernen dürfen. Den beiden habe ich einen Grossteil
meiner Leidenschaft für digitale Spiele zu verdanken.
Ich möchte hier insbesondere auch die Gelegenheit nutzen, mich bei Herrn Prof.
Dr. Daniel Süss für seine entgegenkommende Betreuung und die zahlreichen
nützlichen Hinweise bei der Planung und Umsetzung meines Projekts zu bedan-
ken. Auch Herrn Prof. Dr. Heinz Bonfadelli möchte ich herzlich für die hilfrei-
chen Anregungen danken.
Zürich, im Oktober 2016
Florian Lippuner
Kurzzusammenfassung
Im Zentrum dieser Studie stehen strukturelle Kopplungen und Transfers zwischen Com-
puterspielwelt und übriger Lebenswelt im Verlauf der Adoleszenz. Untersucht wird,
welche Zusammenhänge die Nutzenden selbst zwischen verschiedenen Phasen und Ereig-
nissen in ihrem alltäglichen Leben und ihrer Computerspielnutzung sehen. Das Gesamt
dieser Zusammenhänge zwischen Biografie und Computerspiel wird mit dem Begriff des
Biografiespiels konzeptualisiert.
Entsprechend dem medienbiografischen Ansatz werden biografische Interviews mit 26
aktuellen und/oder ehemaligen Computerspielern im Alter zwischen 18 und 28 Jahren
durchgeführt. Die Teilnehmenden geben im biografischen Rückblick Auskunft über ihre
frühere und aktuelle Computerspielnutzung. Die erhobenen Daten werden mittels qualita-
tiver Inhaltsanalyse ausgewertet.
Die Resultate zeigen, dass sich die Prozesse der strukturellen Kopplung inhaltlich und
zeitlich von Individuum zu Individuum unterscheiden. Zudem sind sie in Abhängigkeit
von der jeweiligen Lebenssituation und Befindlichkeit grossen Dynamiken unterworfen,
was je nachdem verstärkend oder abschwächend auf die Nutzungsintensität wirken kann.
Die Daten zeigen zudem, dass kompensatorische Motive und Nutzungsformen insbeson-
dere in biografischen Belastungsphasen auftreten, während in positiv gefärbten Zeiten
komplementäre bzw. parallele Kopplungen überwiegen. Auch erfolgen identitätsbezogene
Tätigkeiten im Rahmen der Computerspielnutzung in den meisten Fällen mit der Absicht,
reale selbst- und persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse spielerisch aufzugreifen, zu reflek-
tieren und zu bearbeiten.
VIII Kurzzusammenfassung
Die Annahme der gegenseitigen Beeinflussung von Spieler und Spiel in Form von Trans-
fers wurde bestätigt, ein generell einseitiges Wirkungsverhältnis muss zurückgewiesen
werden. Gerade die Rahmungskompetenz der interviewten Jugendlichen ist es, welche die
vielfältigen Transferprozesse zwischen Computerspielnutzung und Biografie erlaubt. Es
hat sich ausserdem gezeigt, dass im Rahmen der Computerspielnutzung nicht alle Trans-
ferformen gleich häufig vorkommen, gerade direkte Handlungsübernahmen sind praktisch
unmöglich. Transfers können zudem als negativ oder positiv erlebt werden, wobei sich
gerade Transfers in den Bereichen Nervenkitzel, Gewalt, Moral und Soziales diesbezüg-
lich als ambivalent herausgestellt haben.
Bestätigt hat sich auch, dass im Rahmen der Computerspielnutzung verschiedene Kompe-
tenzen auf Seiten der Jugendlichen gefördert werden können, mitunter in den Bereichen
von Medienkompetenz, Kognition, Selbst- und Sozialkompetenz sowie Sensomotorik.
Letztlich können Games unabhängig von diesen Einzelkompetenzen den Jugendlichen zur
Erprobung der Alltagskompetenz dienen.
Jedes Biografiespiel ist einzigartig in Bezug auf Verlauf und Ausprägung. Nichtsdestot-
rotz können mithilfe der Kriterien Dynamik, Strukturelle Kopplung, Transfers und Ver-
lauf fünf Biografiespiel-Typen identifiziert werden, namentlich das frühe Biografiespiel,
das späte Biografiespiel, das situative Biografiespiel, das variable Biografiespiel und das
intensive Biografiespiel.
Einzelne Biografiespiele können zudem in Form eines Diagramms dargestellt werden. Die
wichtigsten biografischen Ereignisse und Phasen werden dabei unter Berücksichtigung
des jeweiligen Alters als Schnittpunkte von Computerspielnutzung und Wohlbefinden in
ein Diagramm eingetragen. Mithilfe eines solchen Biografiespiel-Diagramms lassen sich
biografische Dynamiken im Zusammenhang mit der Computerspielnutzung veranschauli-
chen und als Reflexionsgrundlage nutzen.
Summary
This study examines the interconnection (strukturelle Kopplung) and exchange processes
(transfers) between the realms of virtual game environments and the actual lifeworlds of
adolescent players within their respective, individual biographies. How do they change
over the course of adolescence? How do adolescents view the interconnection between
changes in their everyday life and the way they use computer games? The connection
between the two is conceptualized by the term biography game (Biografiespiel).
According to the Media-Biographical Approach, in-depth biographical interviews with
twenty-six computer game users between eighteen and twenty-eight years of age will be
conducted. The participants will provide information concerning their present, as well as
previous computer game use. The data will then be analyzed and interpreted via Qualitati-
ve Content Analysis.
The results show how the processes of structural interconnection differ individually de-
pending on time and content. These processes are highly dynamic, varying in regards to
the players’ living situations and mental states. These factors can have either a reinforcing
or weakening effect on the intensity of computer game usage. The data also reveals that
compensatory usage motives and patterns usually occur during biographical stages of high
tension, strain or stress. During less challenging and/or demanding periods of life, com-
plementary or parallel interconnections are prevalent. Additionally, identity-related activi-
ties within computer games are usually carried out with intent of taking up and reflecting
actual self-related needs.
Furthermore, the data reveals interdependency, and therefore transfer processes, between
players and computer games. There is no true, one-way relationship in regards to these
X Summary
effects. The interviewees' framing competence allows various transfer processes between
the players‘ computer game usage and their individual biography. Yet, different types of
transfers occur in different frequencies; some scarcely available. In particular, action
related transfers have been found to be nearly impossible. Transfers can be conceived as
either a positive or a negative experience. In example, ones related to thrill, violence,
moral, and social issues are commonly perceived as ambivalent experiences.
The study has also verified that computer game usage can improve various competences
in adolescents, especially in regard to media literacy, cognition, self, social and sensori-
motor competence. Ultimately, computer games can serve as a vehicle for young people
to overall improve their everyday life competence.
In terms of course and characteristic, every biography game is unique. Nevertheless, when
using a specific set of criteria (i.e. dynamics, structural interconnections, transfers, and
dramaturgy), five general types of biography games can be identified: Early Biography
Game, Late Biography Game, Situational Biography Game, Variable Biography Game,
and Intense Biography Game.
Furthermore, biography games can be visualized through diagrams. For this purpose, the
most important biographical events and stages of life, in regard to age, are shown in a
diagram to display the relation between computer game usage and the user’s well-being.
These diagrams are used to illustrate valid points of intersection while visualizing biogra-
phical dynamics in respect to computer game usage, thus allowing further interpretations,
reflections, and discussions.