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Das betriebliche Informationssystem
Dr. Alex R.V. Niederberger
Das betriebliche
Informationssystem
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
ISBN 978-3-663-12720-8 ISBN 978-3-663-13659-0 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-13659-0
Verlags-Nr.3179
Copyright by Springer Fachmedien Wiesbaden 1967
Ursprünglich erschienen bei Betriebswirtschaft1icher Verlag Dr . Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 1967.
Vorwort
Mit dem Einsatz des elektronischen Rechenautomaten in der betrieblichen
Datenverarbeitung ergeben sich eine ganze Reihe von fundamentalen Fra
gen für Theorie und Praxis. Das Hauptmerkmal dieser Fragestellungen ist
wohl die Tatsache, daß die Unternehmung immer als Ganzes in Betracht ge
zogen werden muß. Es genügt nicht mehr, einzelne Problemkreise isoliert zu
betrachten und dafür Lösungen auszuarbeiten, vielmehr ist jede Aufgabe
im Zusammenhang des Betriebsganzen zu analysieren. Der Interdependenz
aller betrieblichen Vorgänge ist in vollem Maße Rechnung zu tragen. Der
Betrieb, die Unternehmung als Ganzes wird als ein System, ein Informa
tionssystem gesehen und analysiert.
Die theoretischen Grundlagen für diese Überlegungen entstammen aus drei
Bereichen: Informationstheorie, Kybernetik und Betriebswirtschaftslehre.
Aus diesen Wurzeln ergeben sich die Mittel zur Analyse des betrieblichen
Informationssystems, seiner einzelnen Elemente und des sich darin abspie
lenden Informationsflusses. Beim betrieblichen Entscheidungsprozeß geht
es darum festzulegen, in welchem Maße er in ein automatisiertes Informa
tionssystem eingebaut werden kann und wo die Grenzen dazu liegen. Am
Prinzip der Integration, welches die Voraussetzung zur Verwirklichung eines
automatisierten Informationssystems bildet, zeigt sich nochmals der An
spruch, den jede Automation erhebt, die Ganzheit einzubeziehen, den Be
trieb als Ganzes zu erfassen.
Bedingt durch die Entwicklung der modernen technischen Hilfsmittel und
der Erschließung ihrer gewaltigen Möglichkeiten entstand in den letzten
Jahren eine Fülle von Literatur, welche sich vor allem mit den technischen
Aspekten der elektronischen Datenverarbeitung und der Programmierung
auseinandersetzte. Der Anschluß an die Betriebswirtschaftslehre wurde
meist nicht einmal gesucht. Es ist ein Ziel dieser Schrift, bei der Betrachtung
des betrieblichen Informationssystems bei der Betriebswirtschaftslehre an
zuknüpfen und ihre Grundlagen auszubauen. Dadurch wird auch die tech-
nische Seite des Problems, welche hier selbstverständlich einbezogen wer
den muß, in den entsprechenden Rahmen gestellt. Die Arbeit wurde zum Teil
durch die Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds ermöglicht, dem
ich bestens danke, insbesondere dem Präsidenten der Forschungskommis
sion der Universität Freiburg (Schweiz), Herrn Prof. Dr. H. O. Lüthi. Zu
Dank bin ich ebenfalls den Herren Prof. Dr. E. Billeter und Prof. Dr. J.
Schwarzfischer verpflichtet für verschiedene Anregungen und Hinweise.
Zürich, im Frühjahr 1967
Alex Niederberger
Inhaltsverzeichnis
Seite
1. Die Problemstellung 9
1.1 Die Stufen der Datenverarbeitung 9
1.2 Das Wesen der Automation. 10
1.3 Die Problemkreise . 12
2. Die Grundlagen einer Lehre über das betriebliche Informations-
system 13
2.1 Informationstheoretische Grundlagen 13
2.1.1 Wesen der Informationstheorie 13
2.1.2 Einige Grundbegrüfe der Informationstheorie 14
2.1.3 Informationstheorie und Informationssystem 17
2.2 Kybernetische Grundlagen . 18
2.2.1 Wesen der Kybernetik 18
2.2.2 Einige Grundbegriffe der Kybernetik 21
2.2.3 Kybernetik und Informationssystem . 24
2.3 Betriebswirtschaftliche Grundlagen 25
2.3.1 Aufgaben-oder Funktionslehre 25
Eindimensionale Darstellungen 25
Mehrdimensionale Darstellungen . 27
2.3.2 Funktionslehre und Informationssystem . 31
3. Der Aufbau des betrieblichen Informationssystems . 33
3.1 Problemstellung 33
3.2 Betriebliche Information 34
3.2.1 Definition. 34
3.2.2 Arten. 35
3.3 Informationsträger 40
3.4 Informationswege 45
3.5 Elektronischer Rechenautomat 48
3.6 Zusammenfassung . 50
8 Inhaltsverzeichnis
Seite
4. Der Informationsfluß im betrieblichen Informationssystem 53
4.1 Problemstellung 53
4.2 Datenspeicherung 53
4.3 Datenverarbeitung 60
4.4 Datenausgabe 64
4.5 Dateneingabe 66
4.6 Zeitliche Phasen 69
4.6.1 Periodische Datenverarbeitung 69
4.6.2 Real-time Datenverarbeitung 69
4.7 Zusammenfassung . 71
5. Das betriebliche Informationssystem als Führungsinstrument 73
5.1 Problemstellung 73
5.2 Entscheidungsprozeß 74
5.2.1 Wesen 74
5.2.2 Arten. 76
5.3 Formalisierbarkeit des Entscheidungsprozesses 80
5.4 Entscheidungsprozesse im betrieblichen Informationssystem 83
5.5 Zusammenfassung . 84
6. Die Integration . 85
6.1 Problemstellung 85
6.2 Integration und Organisation 86
6.2.1 Die Wesenszüge der Organisation 86
6.2.2 Organisation und Regelkreis . 89
6.2.3 Schlußfolgerungen 91
6.3 Integration und elektronische Datenverarbeitung 91
Literaturverzeichnis 93
1. Die Problemstellung
1.1 Die Stufen der Datenverarbeitung
Das Wort "Datenverarbeitung" wurde als wörtliche Übersetzung aus dem
Englischen übernommen. Dabei findet sich der Begriff meist als "electronic
data processing" und weist somit darauf hin, daß er ziemlich neue ren Ur
sprunges ist. Für eine erste Betrachtung soll jedoch dieses Beiwort "elec
tronic" weggelassen und die Datenverarbeitung ganz allgemein untersucht
werden.
Jede Datenverarbeitung zerfällt im Prinzip in drei Phasen: Sammeln der
Daten, eigentliches Bearbeiten und Auswerten. Unter Daten versteht man
Zahlen, Wörter und Codes, welche zur Charakterisierung eines Geschäfts
vorfalles dienen, entstamme dieser nun dem technischen oder dem admini
strativen Bereiche, dem internen oder externen Verkehr, wie z. B. einem
Kundenauftrag, der Abwicklung von Zahlungen, Lagerbewegungen, der
Erstellung der Arbeitspapiere, Lohn-, Gehaltszahlungen usw.
Die Daten, Informationen oder Angaben, welche nun alle diese Geschäfts
vorfälle charakterisieren, befinden sich auf einem entsprechenden Informa
tionsträger, einem Beleg, welcher der weiteren Verarbeitung dient.
Die Art und Weise, wie die Datenverarbeitung vorgenommen wird, be
stimmt ihren Grad oder ihre Stufe. Es lassen sich folgende drei Sturen
unterscheiden: die manuelle Datenverarbeitung, die mechanisierte Daten
verarbeitung und die automatisierte Datenverarbeitung. Diese Stufung er
gibt sich aus dem Umfang, über den sich das Element der Verarbeitung
erstreckt, und dem Einsatz verschiedener Hilfsmittel.
Die manuelle Datenverarbeitung ist dadurch gekennzeichnet, daß die Ar
beitsoperationen, wie Rechnen, Schreiben, Vervielfältigen, Buchen usw.,
vom Menschen einzeln durchgeführt und kontrolliert werden. In reiner
Form findet sich diese Art wohl noch selten. Der Einsatz von Bürohilfs
maschinen für die Durchführung dieser einzelnen Arbeitsoperationen, wie
Rechen-, Schreib-, Fakturier- oder Buchungsmaschinen, ändert an der
grundsätzlichen Struktur der Lösung nichts.
Der Übergang zur mechanisierten Datenverarbeitung vollzieht sich da
durch, daß nicht mehr einzelne Arbeitsoperationen, sondern ganze Arbeits-
10 Die Problemstellung
abläufe zusammenhängend und maschinell durchgeführt werden. Die Mit
tel, um diese Stufe der Datenverarbeitung zu bewerkstelligen, sind die
Lochkartenmaschinen. Man spricht in diesem Falle von der sogenannten
konventionellen Datenverarbeitung.
Die automatisierte Datenverarbeitung wiederum faßt nicht nur Opera
tionen und Abläufe zusammen, sondern ganze Arbeitsgebiete, eventuell
sogar mehrere, je nach dem Integrationsgrad, den die Organisation auf
weist. Zu ihrer Verwirklichung ist immer ein elektronisches Datenver
arbeitungssystem notwendig.
Fassen wir zusammen:
Datenverarbeitung
Stufe: Element: Mittel:
manuell Arbeitsoperation Bürohilfsmaschinen
mechanisiert Arbeitsablauf Konventionelle
Lochkartenmaschinen
automatisiert Arbeitsgebiet Elektronisches
Datenverarbeitungssystem
1.2 Das Wesen der Automation
Neben dem Umfang des Elementes der Verarbeitung gibt es noch eine ganze
Reihe von Merkmalen, welche die Mechanisierung von der Automatisierung
unterscheiden. Im täglichen Sprachgebrauch ist allerdings die Grenze zwi
schen beiden Begriffen vollständig verwischt, seitdem "Automation" prak
tisch zu einem Schlagwort geworden ist. "Automation" oder "automatisch"
beginnt mit dem Vorwort "auto" von "autos", was "selber" oder "von
selbst" heißt.
Tatsächlich hört man zum Beispiel schon das Kind, welches seinen Ball
gegen die Wand wirft, sagen, daß er "automatisch" zurückkomme, also
"von selbst". Die Analyse dieses Operationsablaufs zeigt, daß eine Kette von
Ursachen und Wirkungen vorliegt. Der Schwung des Armes verleiht dem
Ball die notwendige Beschleunigung, um gegen die Wand zu fliegen. Der
Schwung ist die Ursache der Beschleunigung. Diese Wirkung wird nun zur
neuen Ursache. Durch die Beschleunigung wird erreicht, daß der Ball auf
der Wand aufschlägt und zurückspringt. Dieser ganze Ablauf geschieht ohne
weitere menschliche Beeinflussung, also von selbst. Somit liegt eine un
unterbrochene Kette von Ursachen und Wirkungen vor:
Ursache -~ Wirkung = Ursache ~ Wirkung = Ursache ~ Wirkung usw.