Table Of ContentLangenbecks Archiv rür Chirurgie 
vereinigt mit Bruns' Beiträge für Klinische Chirurgie 
Supplement 1982
Chirurgisches Forum '82 
fur experimentelle und klinische Forschung 
99. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, 
München, 14. bis 17. April 1982 
Wissenschaftlicher Beirat 
Ch. Herfarth (Vorsitzender)  H. Meisner, München 
W. Brendel, München  M. Reifferscheid, Aachen 
H. Ecke, Gießen  G. Uhlschmid, Zürich 
H.-D. Röher, Marburg  F. Unger, Innsbruck 
Schriftleitung 
Ch. Herfarth  U.B. Brückner  H.-D. Röher 
Herausgeber 
S. Weller 
Präsident des 99. Kongresses der Deutschen 
Gesellschaft für Chirurgie 
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1982
Schriftleitung: 
Professor Dr. Christian Herfarth, Chirurgische Universitätsklinik, 
Im Neuenheimer Feld 110, 6900 Heidelberg 
Professor Dr. Uwe B. Brückner, Chirurgische Universitätsklinik, 
Abt. Experimentelle Chirurgie, Im Neuenheimer Feld 347, 
6900 Heidelberg 
Professor Dr. Hans-Dietrich Röher, Chirurgische Universitätsklinik, 
3550 MarburglLahn 
Herausgeber: 
Professor Dr. Siegfried Weller 
Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik, 
Rosenauer Weg 95,7400 Tübingen 
Mit 75 Abbildungen 
ISBN 978-3-540-11418-5 
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek 
Chirurgisches Forum für Experimentelle und Klinische Forschung: Chirurgisches Forum ... für 
Experimentelle und Klinische Forschung. ISSN 0303-6227 
München, 14. -17. April 1982. ( ... Kongress der Deutschen GeseJlschaft rur Chirurgie; 99) 
(Langenbecks Archiv für Chirurgie: Suppl.; 1982) 
ISBN 978-3-540-11418-5  ISBN 978-3-662-11019-5 (eBook) 
DOI 10.1007/978-3-662-11019-5
NE: Deutsche GeseJlschaft für Chirurgie: ... Kongress der Deutschen. .. ; Langenbecks Archiv für 
Chirurgie I Supplement 
Das Werk ist urheberrechtJich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der 
Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf 
photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, 
auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Vergütungsansprüche des § 54, Abs. 2 UrhG 
werden durch die 'Verwertungsgesellschaft Wort' , München, wahrgenommen. 
© by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1982 
Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1982 
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne 
besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und 
Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. 
2125/3140-543210
Vorwort 
Mit  dem  jetzt erscheinenden  11.  Band  des  Chirurgischen Forums 
sollte dem  bisherigen ersten Vorsitzenden des  Wissenschaftlichen 
Beirates während  der  letzten  zehn  Jahre  sehr gedankt werden.  Herr 
Prof.  Dr.  med.,  Dr.h.c.  mult.  F.  LINDER  gründete  1972  zum  hun 
dertjährigen Jubiläumskongreß  der  Deutschen  Gesellschaft  für  Chi 
rurgie  unter  seinem Vorsitz  das  Chirurgische Forum.  Es  gehört 
heute  zu  den  fest etablierten Einrichtungen  der deutschen  Chirur 
gie.  Enge  Kooperation  der experimentellen und  klinischen chirur 
gischen Forschung  sind die  Basis  für  diesen  Teil  der  Tagung  der 
Deutschen  Gesellschaft  für  Chirurgie. 
Es  war  der  Wunsch  des  Gründers  des  Forums,  mit  Hilfe  dieser  In 
stitution die  neuen  Impulse  für  chirurgische Forschung und  Tätig 
keit  zu  registrieren.  Die  Erfahrung  der  letzten Jahre  zeigt,  daß 
dies  gelang.  Die  Vielfalt der Aspekte  spiegelt  sich  in den  ver 
schiedenen Themenkreisen wider,  die  sich  in der  Zeit etwas  unter 
schiedlich herauskristallisierten.  Hierbei  ist die  Beobachtung 
sehr  interessant,  daß  manche  Problemgebiete  deutliche Wachstums 
tendenzen  zeigen,  während  andere  abnehmen,  wenn  zumindest  die 
Zahl  der  Anmeldungen  als  Gradmesser  gewählt wird.  So  sind  in die 
sem  Jahr unter  den  wiederum  gestiegenen Vortragsanmeldungszahlen 
steigende Trends  für  die  Onkologie  und  Gastroenterologie  im  chi 
rurgischen Fachgebiet  zu  verzeichnen. 
Das  Chirurgische  Forum  war  und  ist somit ein  feiner  Sensor  für 
die weiteren Entwicklungen  in der Chirurgie.  Dies  begründet  auch 
seine Attraktivität für  den  wissenschaftlich  interessierten Chi 
rurgen,  der durch  das  Forum  eine  jährliche Situationsanalyse er 
halten  soll.  Nimmt  man  die  Erfahrungen  des  Surgical  Forum  des 
Arnerican  College  of  Surgeons  als  Beispiel,  so werden  die  dort er 
scheinenden Beiträge  als  Index  für  den  Fortschritt und  das  Neue 
sowie  Aktuelle  in der Chirurgie herangezogen. 
Die  SChriftleitung dankt  Herrn  Professor VOSSSCHULTE  ganz  beson 
ders  für  seinen Beitrag über  die  experimentell-chirurgischen 
Leistungen  von  Ferdinand  SAUERBRUCH.  Auch  in  Zukunft  sollen vor 
allem Chirurgen geehrt werden,  deren Arbeit durch  experimentelle 
Forschung  neue  Impulse  für  weiterführende  Entwicklungen  in der 
chirurgisch-klinischen Tätigkeit lieferte. 
Noch  einige  statistische Bemerkungen:  Die  Zahl  der  angenommenen 
Arbeiten  aus  der  Fülle  der Anmeldungen  liegt nahezu  unverändert 
hoch.  Der  Forums-Ausschuß  bemüht  sich  stets,  die  neue  originelle 
Anmeldung  zu  berücksichtigen.  Es  sollte aber betont werden,  daß 
nicht  selten, leider absolut  formal  unzureichende  Abfassungen 
Ursache  für  eine  Ablehnung  wurden.  Der  Forums-Ausschuß  möchte
VI 
daher  für die  Zukunft den Appell  aussprechen,  nicht durch  unge 
nügend  verfaßte Anmeldungen  an  und  für  sich originelle Beiträge 
unannehmbar  zu  gestalten. 
Heidelberg,  März  1982 
Für  die wissenschaftliche  Für  die  SChriftleitung: 
Forum-Kommission: 
Ch.  HERFARTH  U.B.  BRÜCKNER 
H.D.  RÖHER
Laudatio 
Ferdinand  Sauerbruch,  Wegbereiter  in der  Chirurgie  unter beson 
derer  Berücksichtigung  seiner experimentellen und  klinischen 
Forschung 
K.  Vossschulte 
Seine medizinische  Heimat  war  die  Pathophysiologie,  in der  er 
die  Ansätze  für  ideenreiche experimentelle  Untersuchungen  und 
klinische Forschungsarbeit  fand;  rastlose Arbeit war  sein täg 
liches  Pensum,  technische  Begabung  und  handwerkliches  Geschick 
eine glückliche Mitgift.  Den  Weg  in die Medizin  fand  er,  nachdem 
er - unter unglücklichen  äußeren  Umständen  aufgewachsen  - zu 
nächst mit dem  Ziel,  Lehrer  zu  werden,  ein naturwissenschaftli 
ches  Studium  aufgenommen  hatte. 
Als  Sohn  des  technischen Leiters einer Tuchfabrik  am  3.  Juli 
1875  in Barmen  geboren,  verbrachte  SAUERBRUCH  eine  Jugend,  die 
durch  Todesfälle  in der  Familie  und  der Verwandtschaft  überschat 
tet war,  schon  im Alter von  2  Jahren verlor er  seinen Vater.  Die 
Schulzeit wurde  für  ihn eine  ruhmlose,  mühsame  Wanderung.  1895 
bestand er das  Abitur mit einem  Zeugnis,  das  äußerst  dürftige 
Leistungen  attestierte;  zum  Medizinstudium reichte  es.  Dem  medi 
zinischen Staatsexamen  im  Februar  1901  folgte  aus  finanziellen 
Gründen  eine  kurze  Tätigkeit als Landarzt  in  Thüringen.  Schon 
nach  zwei  Monaten  trat er  im  April  eine Assistentenstelle  in 
Kassel  an  und  wechselte  am  1.  Oktober  desselben Jahres  zum  Städ 
tischen Krankenhaus  Erfurt über.  Dort  blieb er bis  Dezember  1902, 
widmete  sich dann  9  Monate  der  pathologischen Anatomie  am  Kran 
kenhaus  Berlin-Moabit und  fand  am  1.  Oktober  1903  eine  zunächst 
unbezahlte  Assistentenstelle an  der Chirurgischen  Universitäts 
klinik  in  Breslau  bei  v.  MIKULICZ-RADECKI;  im  Juni  1905  wurde  er 
dort  Privatdozent.  Nach  dem  allzu  frühen  Tod  ~eines 55jährigen 
Meisters  im  gleichen Jahr holte  Paul  L.  FRIEDRICH  ihn  als  Ober 
arzt an  die  Chirurgische  Universitätsklinik  in Greifswald und 
nahm  ihn  1908  nach  Marburg  mit,  wo  ihm  im  Dezember  die  Professur 
verliehen wurde.1910  erhielt er den  Ruf  auf  die  chirurgische Lehr 
kanzel  in  Zürich  als Nachfolger  von  KRÖNLEIN.  Dort  erreichten 
ihn  Rufe  nach  Königsberg  und  Halle,  denen  er nicht  folgte.  Dage 
gen  konnte  München  ihn  1918  gewinnen.  1927  übernahm  er als Nach 
folger von  o.  HILDEBRAND  die  Chirurgische  Universitätsklinik  an 
der  Charite  in Berlin.  Als  SAUERBRUCH  am  4.  Juli  1951  im  Alter 
von  76  Jahren  starb,  waren  die  letzten Lebensjahre  dieses  rast 
los  schaffenden Mannes  von  den  Folgen einer Gefäßerkrankung  über 
schattet. 
Was  SAUERBRUCH  hauptsächlich  in  den  ersten  25  Jahren  seiner kli 
nischen  Tätigkeit  für  die  Entwicklung  der  Thoraxchirurgie,  sein 
Hauptarbeitsgebiet,  geleistet hat,  begeistert die  Mediziner heute 
wie  damals  so  sehr,  daß  in der weltweiten  Bewunderung  seiner Er 
folge  die  Detailarbeit weitgehend untergegangen  ist.  Daraus  er-
VIII 
klären  sich  auch  manche  Unstimmigkeiten  in der  Beurteilung der 
Arbeiten,  die  er als  begeisterter,  geschickter und  kritischer 
Experimentator  an  der  Breslauer Klinik  zur  Untersuchung  der Aus 
wirkungen  des  offenen  Pneumothorax  in Angriff  nahm.  über  den  An 
laß  hat Leo  NORPOTH  in  seiner  aufschlußreichen Biographie  auf 
Vermutungen  hingewiesen.  Indessen  ist ein  Zweifel  ausgeschlossen. 
SAUERBRUCH  hat  1904  dezidiert betont,  daß  v.  MIKULICZ  ihn  zu  der 
Aufgabe  angeregt  hat wegen  der  unbefriedigenden Ergebnisse  der 
Ösophaguschirurgie.  Der  experimentelle Weg  stammt  von  ihm  selbst. 
Als  SAUERBRUCH  seine  Untersuchungen  aufnahm,  war  ihm  bekannt, 
daß  künstliche  Beatmung  unter  überdruck  schon  seit sehr  langer 
Zeit bei  physiologischen Experimenten  eingesetzt worden  war  und 
auch  Kliniker  seit Ende  des  19.  Jahrhunderts  die Anwendung  der 
Methode  befürworteten,  um  die  Folgen eines  Pneumothorax  auszu 
schalten.  Konsequenzen  für  die  Praxis hatten  sich daraus  nicht 
ergeben.  SAUERBRUCH  hatte die  Methode  in eigenen Versuchen  ge 
prüft und  einen erhöhten  Druck  im venösen  Rückstrom  zum  Herzen 
nachgewiesen.  Diese  "schädliche  Rückwirkung  auf  die  Zirkulation" 
fürchtete  er besonders  und  begründete  damit  seine  ablehnende 
Haltung. 
Die  von  ihm  konstruierte kleine  Unterdruckkammer  konnte  den  Tho 
rax  eines  Hundes  aufnehmen,  während  Kopf  und  kaudale  Körperteile 
durch  abdichtende  Manschetten  nach  außen  ragten  und  dem  atmosphä 
rischen  Druck  ausgesetzt blieben.  Gleich der  erste Versuch  in 
Breslau gelang  und  bestätigte  ihm  die  Richtigkeit  seiner  überle 
gung:  Nach  Eröffnung  des  Thorax  bewahrte  die  Lunge  in der  Unter 
druckkammer  ihre  volle  Expansion.  Voller Optimismus  bat SAUER 
BRUCH  seinen Chef  zu  einern  Eingriff  am  Kaninchen.  Die  Demonstra 
tion endete mit einern vollen Mißerfolg,  der  nach  Darstellung von 
NORPOTH  zu  erheblichen  Zwistigkeiten  führte,  so  daß  der  Experi 
mentator  die  Klinik  verließ  und  seine Versuche  an  einer Breslauer 
Privatklinik  fortsetzte.  Bald  fand  er aber wieder  Aufnahme  bei 
v.  MIKULICZ,  der durch  erneute  Demonstration  von  der Leistungs 
fähigkeit  des  Verfahrens  überzeugt wurde  und  seinen Schüler  zu 
einem Bericht auf  dem  nächsten  Chirurgenkongreß  in Berlin veran 
laßte.  Das  geschah  am  6.  April  1904  mit  seinem Vortrag  "über  die 
physiologischen und  physikalischen Grundlagen  bei  intrathorakalen 
Eingriffen  in meiner  pneumatischen  Operationskammer"  und  kaum 
zwei  Wochen  später,  am  19.  April,  auf  dem  Kongreß  für  Innere Me 
dizin  in Leipzig.  Was  es mit  der ersten mißlungenen  Vorführung 
auf  sich hat,  mag  man  auf  sich beruhen  lassen.  Bei  seinem Vortrag 
in  Berlin hat  SAUERBRUCH  damals  gesagt:  "Von  unseren  78  in der 
Kammer  vorgenommenen  Operationen  starb kein  Tier während  der 
Dauer  der Operation an  den  Folgen  der  Thoraxeröffnung".  Auch 
seine  ablehnende  Haltung  gegen  die  Überdruckbeatmung  begründete 
er vor  dem  Gremium  und  bekundete  Bescheidenheit und  Kritik  sei 
nen  eigenen  Ergebnissen gegenüber.  Es  heißt dort:  "Wir  sind uns 
wohl  bewußt,  daß  es  da  noch  allerlei Hindernisse  zu  überwinden 
gibt,  und  daß  man  speziell  für  die  Lungenchirurgie  nicht allzu 
viel  erhoffen darf.  Dagegen  sind die Verletzungen  des  Herzens, 
die  Tumoren  des  Mediastinums  und  die  Erkrankungen  der  Speise 
röhre  und  der Wirbelsäule vielleicht für  die  Zukunft  chirurgisch 
leichter  zu  behandeln  als  früher". 
Für  die klinische Chirurgie  hat die  pneumatische  Operationskammer 
keine  große  Bedeutung  gewonnen.  In  Breslau und  Zürich  sind  Patien-
IX 
ten unter Anwendung  der Methode  operiert worden.  Die  1918  in die 
Münchener  Klinik  eingebaute voluminöse  Einrichtung war  für Opera 
tionen am  Kranken  gedacht,  hat aber  nur  experimentellen  Zwecken 
gedient.  Es  ist SAUERBRUCHs  Verdienst,  für die Entwicklung  der 
Thoraxchirurgie  den  Stein  ins  Rollen  gebracht und  eine  Schneise 
geschlagen  zu  haben.  Leider hat er die  Bedeutung  der Arbeiten von 
AUER  und MELTZER  (1911)  nicht erkannt und  bewahrte  auch  seine  ab 
lehnende  Haltung,  als daraus  von Amerikanern,  Engländern und 
Schweden  die moderne  intratracheale Narkose  entwickelt wurde. 
Aber  in  ihm  den  einsamen  Skeptiker und  Kritiker eines  in der  fort 
schrittlichen westlichen Welt  akzeptierten und  angewandten Narko 
severfahrens  zu  sehen,  ist historisch nicht  zu  rechtfertigen,  wie 
ich  auf dem  Deutschen Chirurgenkongreß  1975  erläutert habe.  Man 
geht wohl  nicht  fehl  in der Annahme,  daß  sein Widerstand gegen 
eine  Überdruckbeatmung  in den  Ergebnissen  seiner eigenen experi 
mentellen Untersuchungen wurzelte.  Im  Beharren  auf  seinen Vor 
stellungen nahmen  seine  Diskussionsbeiträge mehr  und  mehr  die 
Form einer vehementen  Verteidigung an.  Da  sein Wort  Gewicht  hat 
te,  ist er schließlich  zum  Hindernis  für  die Entwicklung  der 
besten Form einer Druckdifferenzbeatmung  in Kontinentaleuropa ge 
worden. 
In Greifswald erfuhren die Arbeiten  über  das  Druckdifferenzver 
fahren  eine Unterbrechung.  Von  Paul  FRIEDRICH  ging die Anregung 
zu  Parabioseversuchen  aus,  die biologischen Fragestellungen ge 
widmet  waren.  In  SAUERBRUCH  hatte er einen  ideenreichen,  engagier 
ten und  an  allgemeinmedizinischen Problemen  interessierten Expe 
rimentator gefunden.  Durch  operative Verbindung  zweier  Ratten 
entstand ein, siamesischen  Zwillingen ähnlicher  Zustand,  der  spe 
zielle Versuchsbedingungen bot.  Es  wurde  nachgewiesen,  daß  Ver 
brennungswunden  eines Tieres auch  beim anderen Krankheitserschei 
nungen  auslösten und  dieser Partner nicht  selten eher den  Tod 
fand  als das  verbrannte  Tier.  Die  entstandenen Giftstoffe konnten 
also dem  nicht verbrannten Partner gefährlicher werden  als dem 
thermisch  verletzten Begleiter. 
Auf  dem  Gebiet der  inneren Sekretion gelang  ein überzeugender 
Nachweis  der Leistung  des  Inselzellapparates.  Es  war  bekannt, 
daß  die  Entfernung des  Pankreas  bei einer Ratte  zur  Entwicklung 
eines Diabetes mellitus  führt.  Wurde  im  Parabioseversuch bei 
einem Tier eine  Pankreatektomie durchgeführt,  blieben beide von 
einem Diabetes verschont.  Das  gleiche Versuchsmodell  benutzte 
SAUERBRUCH  auch  später  in Berlin  (1936),  als er zusammen  mit 
seiner Mitarbeiterin E.  KNAKE  "die Bedeutung von  Sexual störungen 
für  die Entstehung von  Geschwülsten"  untersuchte.  Um  prädispo 
nierende  Einflüsse auszuschalten,  wurden  erblich nicht belastete 
Ratten  in variierter Anordnung  zusammengefügt:  teils gleichge 
schlechtliche,  teil verschieden geschlechtliche und  teils kas 
trierte mit  nicht kastrierten.  Unter  diesen Bedingungen kamen  bei 
einem der  Partner verschiedene  Reize  zur Anwendung,  u.a.  einma 
lige  Injektion von  Rattenembryonalbrei  unter die  Rückenhaut  und 
wöchentliche  Injektionen von  1  Tropfen  Cholesterin  in Gallensal 
zen  gelöst.  Versuchsergebnissen  fehlte  damals  noch  das  Merkmal 
der Offenbarung  durch  Signifikanz.  Der  Gesamteindruck  - zweifels 
ohne  wohl  nicht  frei  von  subjektiv geprägter Tendenz  - mußte  die 
Urteilsbildung  stützen.  Die  Autoren  schreiben dazu:
x 
"Das  Ergebnis  unserer Versuche  ist eindeutig.  Ihr  Ziel  war  die 
Klärung  der Frage,  ob  in den  Körpern  kastrierter Tiere Verände 
rungen  auftreten können,  die  die  Geschwulstentstehung  begünsti-
gen.  Unsere  Beobachtungen  sprechen dafür . ..... Die  experimen-
telle Bestätigung unserer Vermutung,  daß  Störungen der  Sexuali 
tät eine  wichtige  Bedingung  für  die  Tumorentwicklung  abgeben, 
soll gewiß  nicht  zur  überschätzung  dieser  Zusammenhänge  führen. 
Ausschlaggebend  für  Geschwulstentstehung  sind nach  unserer Auf 
fassung  Störungen  im  Stoffwechsel  und  allen Lebensvorgängen  der 
Zellen." 
Mit  dem  Ruf  nach  Zürich  (1910)  und  seiner übersiedlung  in die 
Schweiz  karnen  für  ihn  die  Jahre,  in  denen  er der  Thoraxchirurgie 
und  ihrer Entwicklung  das  Gepräge  gab,  nachdem  die Arbeiten  über 
das  Druckdifferenzverfahren  seinen Namen  längst  in aller Welt 
bekannt  gemacht  hatten.  Bei  veralteter kavernöser  Lungentuberku 
lose ergab  sich oft die  Indikation  zur  Thorakoplastik.  In der 
damals  üblichen  Technik  wurden  Rippen  in ausgedehntem  Umfang  ent 
fernt.  Diesen  belastenden Eingriff hat  SAUERBRUCH  modifiziert und 
die  einfachere und  ungefährlichere  "paravertebrale Thorakoplastik" 
entwickelt,  die  sich auf  eine  paravertebrale  Resektion  der  Rippen 
1  - 11  in  einern Ausmaß  von  etwa  3  - 5  cm  erstreckt.  Die  Methodik 
ist später vielfach  zu  gezielten Plastiken ausgebaut  worden,  aber 
die  Grundkonzeption  des  SAUERBRUCHschen  Vorgehens  behielt 40 
Jahre  lang  ihre  therapeutische  Bedeutung. 
Während  des  I.  Weltkrieges  stand  SAUERBRUCH  neben  seinen Aufga 
ben  in  Zürich  dem  deutschen  Heeressanitätsdienst als beratender 
Chirurg  an  der  Front  zur Verfügung.  Angesichts  der  großen  Zahl 
der  Kriegsverletzten  übernahm  er vorübergehend vertretungsweise 
auch  noch  die  Leitung der  Chirurgischen  Universitätsklinik  in 
Greifswald.  Das  Los  der Amputierten  zu  verbessern,  war  damals 
sein besonderes  Anliegen.  Aus  chirurgischen und  technischen Ge 
danken  entstand eine  Konzeption,  mit der  ihm  ein großer  Wurf  ge 
lang:  "die operative  Herrichtung  von  Amputationsstümpfen  zur 
willkürlichen Bewegung  künstlicher Glieder".  Ausgehend  von  Gedan 
ken  des  französischen  Chirurgen LARREY  knüpfte  er an  unbefriedi 
gende  Lösungsversuche  von  VANGHETTI  und  CECI  an  und  fand  in 
STODOLA  von  der  Technischen  Hochschule  in  Zürich  einen  interes 
sierten Mitarbeiter.  Das  Ergebnis  ist als willkürlich bewegbare 
Hand  bezeichnet worden,  bei der  die  Extensoren die  Fingerstrek 
kung  und  die Antagonisten die  -beugung  besorgten.  Um  die  mechani 
schen  Verbindungen  zur  Prothese herzustellen,  legte SAUERBRUCH 
in  jeder Muskelgruppe  einen Kanal  an,  in dem  ein aus  der  Umge 
bung  gebildeter Hautschlauch  zur  Einheilung  gebracht wurde.  Der 
Anschluß  dieser  lebenden  Kraftquellen  an  die  Prothese wurde  kon 
struktiv gelöst.  Bei  Unterarmamputierten gewann  das  weltweit  an 
gewandte  Verfahren  größte  praktische  Bedeutung  und  wurde  für  dop 
pelseitig Amputierte  zu  einern wahren  Segen.  Bei  entsprechender 
Mitarbeit und  übung  brachten manche  Patienten es  im  Gebrauch  der 
"Spitzgreifhand"  zu  erstaunlichen Leistungen  bis  zu  feinfühligen 
Greifbewegungen.  Ein  eigens  für  ihn .in  Singen  am  Hohentwiel  für 
prothetische Versorgung  eingerichtetes Lazarett hat er von  Zürich 
aus  geleitet. 
Auch  für  die  untere  Extremität erdachte  SAUERBRUCH  ein Verfahren, 
um  Kranke  vor  den  Folgen  einer hohen  Oberschenkelamputation oder