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Marlies Terstegge
Bring Flow in dein Leben
Der aktive Weg zum Glück
Aus dem Niederländischen von Bärbel Jänicke
Patmos Verlag
INHALT
Einleitung
Kapitel 1: Glücklich im Flow
1. Die Flow-Theorie und die Positive Psychologie
2. Flow-Merkmale
3. Flow im Alltag
4. Bausteine der Flow-Erfahrung
5. Persönliche Entwicklung durch Flow
6. Im Fluss des Lebens
Kapitel 2: Innere Entdeckungen
1. Selbsterkenntnis und Flow
2. Rückblick auf den eigenen Lebensweg
3. Adäquate Werte
4. Einsicht in Talente und Qualitäten
5. Inspirationsquellen
6. Sehnsüchte und Herzenswünsche
Kapitel 3: Sich selbst treu sein
1. Authentisch sein
2. Sich selbst bejahen
3. Mut fassen
4. Voller Vertrauen
5. Signale und Wegweiser
6. Zurück zum Kern
Kapitel 4: Mit dem Herzen entscheiden
1. Auf dem Weg zu den eigenen Zielen
2. Ziele im eigenen Lebenskreis
3. Flow-Ziele und Lebensthema
4. Eine Berufung als Bestimmung
5. Eine Mission haben
6. Ihre persönliche Mission
Kapitel 5: Glücksforschung
1. Glück in der Flow-Theorie
2. Glück in der Positiven Psychologie
3. Glücksstrategien
4. Emotionale und soziale Intelligenz und Glück
5. Genuss, Vergnügen und Zufriedenheit
6. Reue über verpasste Chancen
Kapitel 6: Bring Flow in dein Leben
1. Flow als Lebenshaltung
2. Die motivierende Kraft der Flow-Kompetenzen
3. Inseln des Flows und des Glücks
4. Positive Emotionen und Stimmungen
5. Die geistige Qualität
6. In Harmonie mit dem Körper
Kapitel 7: Leben als Flow-Mensch
1. Das selbstaktualisierende Individuum bei Maslow
2. Persönliche Entwicklungsphasen
3. Kreative Forscher und Künstler
4. Sich selbst zu einem kreativen und inspirierten Menschen entwickeln
5. Ein mäandernder oder ein authentischer Lebensweg
6. Ihr eigener Flow-Weg
Danksagung
Anmerkungen
Literaturliste
Einleitung
In diesem Buch möchte ich Sie mit einem besonderen Phänomen bekannt
machen: dem Flow. Ich möchte Ihnen zeigen, wie eine Flow-Erfahrung aussieht,
wie Sie davon profitieren und wie Sie diese Erfahrung erweitern können. Denn
wenn Sie wissen, wie Flow funktioniert, können Sie mehr Flow in Ihr eigenes
Leben bringen. Und wenn Sie häufiger im Flow sind, werden Sie Ihre eigenen
Möglichkeiten besser ausschöpfen und sich glücklicher fühlen. Meine
Erfahrungen mit dem Flow-Konzept haben mich so stark inspiriert und mir so
viele neue Erkenntnisse gebracht, dass ich sie gerne mit anderen teilen
möchte. Nachdem ich die Theorie zunächst in meinem persönlichen Leben
angewandt habe, arbeite ich jetzt auch als Psychologin und Psychotherapeutin
damit. Inzwischen haben viele meiner Klienten in ihrem Leben selbst Flow-
Erfahrungen gemacht und ich konnte aus nächster Nähe miterleben, wie sie ihr
Leben bereichert haben.
Nachdem ich so viele wundervolle Lebenswege begleitet habe, wage ich heute
zu behaupten, dass das Flow-Konzept nicht nur theoretisch außerordentlich
inspirierend ist, sondern sich in Form einer Lebenskunst oder Lebensweisheit
auch praktisch sehr gut anwenden lässt.
Was besagt dieses Konzept nun genau? Kurz gefasst Folgendes: Flow ist ein
Gefühl, das wir erleben, wenn wir sehr konzentriert einer Tätigkeit nachgehen,
in der wir aufgehen und die wir genießen. Doch wir geraten nur dann in einen
Flow, wenn dieses Tun authentisch ist und unseren eigenen Werten und
Charaktereigenschaften entspricht. Im Flow-Prozess arbeiten wir auf
Lebensziele hin, die auf einer höheren Ebene miteinander verbunden sind. Ein
authentisches Ziel kann zu einem persönlichen Lebensthema werden, das
unsere Konzentration steuert und allem, was wir tun, Sinn und Bedeutung
verleiht. Auf diese Weise verbindet ein stimmiges Lebensthema unser Denken,
Fühlen und Handeln miteinander und gibt unseren persönlichen Interessen und
Lebensentscheidungen eine Richtung. Wer in seinem Alltag regelmäßig im Flow
ist, fühlt sich glücklicher als Menschen, die diese Erfahrung selten oder nie
machen.
Die Flow-Theorie, der ich mit dieser kurzen Darstellung natürlich nicht gerecht
werden kann, wurde von dem ungarisch-amerikanischen Psychologen Mihaly
Csikszentmihalyi im Laufe seiner mehr als vierzig Jahre währenden
wissenschaftlichen Forschungstätigkeit entwickelt. Als Psychologieprofessor hat
er wunderbare Bücher über Kreativität, Glück, Sinngebung und Flow im Alltag
geschrieben. Seine Bücher spannen einen philosophischen Horizont und sind
thematisch und konzeptionell breit gefächert.
Ich halte ihn für einen äußerst originären Forscher – einen Pionier, der sich zu
seiner Zeit auf ein unbekanntes Terrain vorgewagt hat – und für einen weisen
Mann, der es verstanden hat, in der gelungenen Darstellung seiner Ergebnisse
disparate wissenschaftliche Bereiche miteinander zu verknüpfen.
In der Hoffnung, dass sich etwas von meinem Enthusiasmus auch auf andere
überträgt und sie neugierig macht, werde ich im Folgenden des Öfteren auf
sein Werk verweisen und daraus zitieren.
Weil die Ideen der Flow-Theorie stark meinem eigenen Menschenbild
entsprechen, hat sich meine Arbeitsweise als Psychotherapeutin im Laufe der
Jahre stark verändert. Schon seit Beginn meines Psychologiestudiums habe ich
mich dafür interessiert, wie der menschliche Geist funktioniert, und besonders
dafür, wie es Menschen gelingen kann, ihr geistiges Potenzial zu erkennen und
zu nutzen. So wurde ich auf die Humanistische Psychologie aufmerksam, die
sich eingehend mit diesem Thema befasst. Ich beschäftigte mich intensiv mit
dem Konzept von Abraham Maslow und Carl Rogers, die die Psychologie des
geistig gesunden Menschen und den Prozess der Selbstverwirklichung erforscht
haben, und stieß auch auf Charles Tart und seine Forschung zu veränderten
Bewusstseinszuständen.
Aber nach meinem Studium hatte ich es als klinische Psychologin vor allem
mit der pathologischen Seite der menschlichen Entwicklung zu tun. In dieser
Zeit – in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts – lagen weitaus mehr
Erkenntnisse über Probleme und Störungen als über die positiven Seiten des
menschlichen Lebens vor.
In den gut fünfundzwanzig Jahren, in denen ich nun als Psychotherapeutin
arbeite, habe ich viele Klienten mit psychischen Problemen über eine lange Zeit
begleitet. Doch der nachfolgende Prozess, in dem sie sich auf ihrem Weg in
einen gutes und sinnvolles Leben weiterentwickelten, war nicht Teil meiner
therapeutischen Arbeit. Dabei hegte ich gerade für diesen Bereich schon immer
ein starkes Interesse. Ich wünsche mir, einen Klienten über das Stadium der
»Beschwerdefreiheit« hinaus zu begleiten. Gemessen an einer Bewertungsskala
der Lebensqualität möchte ich mit ihm nicht nur auf eine Steigerung von minus
acht auf null hinarbeiten, sondern mit ihm auch den Weg von null zu plus acht
zu gehen.
Als ich Anfang der Neunzigerjahre eines von Mihaly Csikszentmihalyis
Büchern über Kreativität und Flow las, wirkte vieles darin überraschenderweise
auf mich sehr vertraut. Es kam mir vor wie eine Rückkehr zur früheren
Humanistischen Psychologie, die philosophische Lebensfragen thematisiert und
den Geist gesunder, kreativer Menschen erforscht hatte. Die Künstler und
Wissenschaftler, die er in seinen Studien beschrieb, zeigten Ähnlichkeit mit
Maslows »selbstaktualisierendem Menschen«. Anders jedoch als die früheren
Theorien konnten sich Csikszentmihalyis Konzepte auf groß angelegte
empirische Studien stützen. Daher verstehe ich die Flow-Theorie auch nicht als
völligen Neuansatz, sondern als das Resultat einer langfristigen soliden
Forschung zu den angesprochenen Themen, die zuvor lediglich
phänomenologisch erforscht worden waren.
Um die Jahrtausendwende etablierte sich innerhalb der Psychologie auch
offiziell eine neue Richtung: die Positive Psychologie. Sie legt ihr Augenmerk
vor allem auf die positiven Aspekte des menschlichen Lebens: auf Glück und
Erfüllung, Flow und Sinngebung, Talente, positive Emotionen, Kreativität,
Tugenden und Weisheit.
Was geht eigentlich in den Köpfen und Herzen der Menschen vor, die sich
glücklich und wohl fühlen? Was können wir von ihnen lernen? Und wie können
Psychologen diese Erkenntnisse für ihre Arbeit nutzen?
Ich war sehr froh über das Aufkommen der Positiven Psychologie, in der Flow
ein ganz zentrales Thema darstellt. Ich vertiefte mich in die entsprechenden
Schriften – die ich mit dem Gefühl las, endlich eine Heimat gefunden zu
haben – und entwickelte eine Methode, meinen Klienten den Flow
näherzubringen.
Vor sechs Jahren gründete ich die »Praxis für Flow & Inspiration« und konnte
von nun an mein theoretisches Modell auch in der Praxis erproben und zu
einem geeigneten Instrument weiterentwickeln. Ich erstellte Fragebögen,
machte die Theorie praktisch nutzbar und evaluierte die Ergebnisse. Da ich
meinen Klienten gerne Literatur an die Hand gebe, die mich selbst begeistert,
entdeckte ich, welch hilfreichen Einfluss die Bibliotherapie, also das richtige
Buch im richtigen Moment, entfalten konnte. Die meisten meiner Klienten
blühten sichtlich auf, Ihre Lebensqualität stieg auf ihrer persönlichen
Bewertungsskala von minus zwei auf plus sieben oder höher. Sie waren
regelmäßig im Flow, fanden ein Lebensthema, in vielen Fällen auch eine
Mission und fühlten sich viel glücklicher als zuvor.
Dieses Buch beschreibt den ganzen Prozess, durch den Sie mit Hilfe der Flow-
Theorie Ihr Leben mehr lieben lernen. Es enthält die neuesten Erkenntnisse der
Flow-Forschung und geht auf die jüngsten Veröffentlichungen der Positiven
Psychologie ein. Darüber hinaus schildert es meine persönlichen Erfahrungen in
der Begleitung von Klienten auf ihrem Weg in ein glücklicheres Leben. Die
Fragebögen, die ich meinen Klienten vorlege, können auch Ihnen als Leser bei
der Suche nach Flow in Ihrem Leben hilfreich sein. Auch wenn Sie den
theoretischen Teil überspringen und sich nur den Fragen und
Arbeitsanregungen des Buches widmen, werden Sie auf der Entdeckungsreise
zu einer Lebensweise, mit der Sie sich zufrieden und wohl fühlen, eine gute
Wegstrecke vorankommen.
Kapitel 1: Glücklich im Flow
In diesem Kapitel werde ich Sie mit der Flow-Theorie und der Positiven Psychologie bekannt machen. Die
Eigenschaften des Flows lassen sich mit Erfahrungen vergleichen, die Sie womöglich beim Sport, beim
Kochen, beim Schreiben oder bei anderen Lieblingsbeschäftigungen gemacht haben. Die Fragen können
Ihnen dabei helfen, Flow-Momente im eigenen Leben zu erkennen und Ihre Flow-Erfahrungen zu
erweitern.
1. Die Flow-Theorie und die Positive Psychologie
Gehen Sie manchmal so sehr in einer Beschäftigung auf, dass Sie die Zeit
vollkommen vergessen? Dass Sie völlig davon mitgerissen werden und Ihnen
alles anscheinend mühelos von der Hand geht? Und spüren Sie auch, wie wohl
Sie sich dabei fühlen, wie zufrieden, erfüllt und glücklich Sie sind? Wenn Sie
dieses Gefühl kennen, wissen Sie, was es bedeutet, »im Flow« zu sein. Den
meisten Menschen fällt es leicht, sich einige solcher Erfahrungen in Erinnerung
zu rufen und klar zu beschreiben. Oft handelt es sich dabei nur um wenige
Momente ihres Lebens. In meiner Praxis frage ich die Klienten immer nach ihren
Flow-Erlebnissen, und wenn sie davon berichten, strahlen sie und schildern
lebhaft, wie schön und außergewöhnlich sie waren. Sie bedauern, dass sie so
selten waren, und hoffen, in der Zukunft noch mehr davon zu erleben. Die
meisten Menschen gehen davon aus, dass ein Flow-Erlebnis etwas ist, was
einem einfach widerfährt, ohne dass man selbst etwas dazu beitragen könnte.
Doch glücklicherweise ist das nicht richtig: Im Flow zu sein kann man lernen
und braucht dazu nicht einmal einen anderen Menschen. Vielleicht ist es für Sie
momentan noch schwer vorstellbar, aber man kann mehrmals in der Woche
oder sogar jeden Tag im Flow sein. An solchen Tagen fühlt man sich oft sehr
wohl, zwar nicht ständig, aber doch die meiste Zeit.
Wie können Sie diesen Zustand erreichen? Nicht durch Hoffen und Abwarten,
sondern indem Sie etwas tun, was Sie lieben und genießen.
Offenbar fühlt man sich dann am wohlsten, wenn man sich gezielt
mit etwas beschäftigt, das eine gewisse Anstrengung erfordert.
Wenn man Menschen fragt, in welchen Momenten sie glücklich sind, denken
sie meistens an Situationen, in denen sie frei und ohne jede Verpflichtung sind.
Doch Studien belegen, dass sie damit nicht richtigliegen. Menschen, die eine
Zeit lang nichts tun, entdecken schon bald, dass sie diesen Zustand nicht
besonders lange aushalten und schnell den Spaß daran verlieren. Sie haben
zwar weniger Probleme mit Stress, werden dadurch aber noch lange nicht
glücklich. Offenbar fühlt man sich dann am wohlsten, wenn man sich gezielt
mit etwas beschäftigt, das eine gewisse Anstrengung erfordert. In einer groß
angelegten Studie, die 1976 an der Universität von Chicago begonnen und
über viele Jahre von Wissenschaftlern in aller Welt in gleicher Weise fortgeführt
wurde, waren mehr als hunderttausend Teilnehmer danach befragt worden, mit
was sie gerade beschäftigt waren und wie sie sich dabei fühlten. Die Teilnehmer
bekamen für eine Woche einen Pieper, der sich etwa achtmal am Tag meldete.
Zu diesen Zeiten sollten sie in einem Tagebuch notieren, was sie gerade taten
und wie sie sich dabei fühlten. Diese Tagebücher wurden allesamt analysiert.
Die Erkenntnisse, die daraus gewonnen wurden, bildeten die Grundlage der
Flow-Theorie.
Konzipiert hatte diese gigantische Studie Mihaly Csikszentmihalyi (*1934), der
damals Professor an der Universität von Chicago war und heute an einer
kalifornischen Universität als Direktor des Quality of Life Research Centers tätig
ist. Er publiziert bereits seit 1975 über das Phänomen des Flows, das er auch als
»optimale Erfahrung« bezeichnet. Sein bekanntestes Buch Flow. The
psychology of optimal experience (Flow. Das Geheimnis des Glücks) aus dem
Jahre 1990 ist in viele Sprachen übersetzt worden. Auch seine anderen Bücher
über Kreativität, Flow im Alltag und im Beruf fanden in den meisten
europäischen Ländern und in den USA, aber auch in Ländern wie Brasilien,
Korea und Japan große Anerkennung. Csikszentmihalyi entdeckte, dass Flow-
Erlebnisse in westlichen wie östlichen Kulturen fast in denselben Worten
beschrieben wurden.
Seine Publikationen über Flow haben die Psychologie als Wissenschaft stark
beeinflusst. Während sich die psychologische Forschung bis dahin – von
wenigen Ausnahmen abgesehen – vorwiegend auf psychische Störungen und
Probleme konzentriert hatte, fanden nun positive Entwicklungen im
menschlichen Leben allmählich mehr Beachtung. Der wissenschaftliche Fokus,
der bisher auf Pathologie und Geisteskrankheiten gerichtet war, erweiterte sich
nun nach und nach um das Interesse an seelischer Gesundheit und die
Entfaltung des seelisch gesunden Menschen.
Die Humanistische Psychologie hatte sich bereits in den Sechzigerjahren des
vergangenen Jahrhunderts für den gesunden Menschen interessiert. Die
amerikanischen Psychologen Abraham Maslow und Carl Rogers publizierten
damals über das Thema Selbstverwirklichung und über die Psychologie der
seelischen Gesundheit. Doch die Humanistische Psychologie arbeitete nicht
empirisch genug, um sich innerhalb der traditionellen Wissenschaftswelt einen
festen Platz erobern zu können. Erst Jahre später, zu Beginn unseres
Jahrhunderts, konnte sich die Positive Psychologie als eigenständige Richtung
etablieren. Mihaly Csikszentmihalyi gilt als einer ihrer drei Gründungsväter.
POSITIVE PSYCHOLOGIE
In der Positiven Psychologie werden die Themen Glück, Wohlbefinden, positive
Emotionen und die optimale Entwicklung des seelisch gesunden Menschen
erforscht. Studien zum Thema Flow sind ein bedeutender Bestandteil dieses
relativ jungen Forschungsbereichs. Anders als in den Zeiten von Maslow und
Rogers werden diese Inhalte nun allerdings mit Hilfe wissenschaftlicher und
empirischer Methoden erforscht. Das Untersuchungsfeld ist breit gefächert und