Table Of ContentBriefe
A
über
4 m e r i ka
nach der neuſten, verbeſſerten und mit dem
dritten Theile vermehrten Ausgabe, aus dem
Stalieniſchen des Herrn Grafen Earlo
Carli überſet, und mit einigen
Anmerkungen verſehen.
Carlé, Giovanni Rino
conti
von
Chriftian Gottfried Hennig.
Zweiter Theil.
SELARASI
IN
SHYARHISOENG
Gera, 1785. EHCILTSEJ
bei Chriſtoph Friedrich Betmania
91
41.1.55.6.5 *** !:$
LIBRARIES
JICSGO,ILL..
gen. bulls
1652855
1. Brief.
An den Herrn Hieronymus Graviſt,
Marcheſe von Pietrapelofa U..FW
Ich will Ihnen nunmehe.di.eMehnlichkeit
und Gleichförmigkeitzeigen,welchein Nücks.
Ficht auf die Sitten, Gewohnheiten, Ges
bråuche, Vorurtheile u. .w .zwiſchender eis
nen und der andern dieſer Halbfugeln, die
durch ein ſo großes Meer von einander abs
geſondertſind, Stattgefundenhaben. Auch
HerrPauw hat ſich mit dieſem Gegenſtand, 1
beſchäftigt, und in verſchiedenen Kapitelns,
wie gewöhnlich, mitgelehrterWeitſchweis
1
figkeit, verſchiedene Nachrichten vereinigt.
Ohne den vielen Erläuterungen ,dieerund
giebt,
4
giebt, ihren -Berth zu benehmen ; wil ich
verſuchen , Ihnen kürzlich ein Gemälde vor
Augen zu ſtellen, welches würdig iſt, She
Nachdenken und das Nachdenken unſerer
Freunde, denen Sie mit ſo vieler Geduld,
von Poſttag zu Poſttag, dieſe meine Briefe
über Amerika vorleſen , zu beſchäftigen .
Um Wort zu halten, will ich von den
Pfeilen", den langen , Trompeten, Spießen,
Trommeln ,Hörnern, Schildern und Fah.
nen, deren man ſich in ganz Amerika eben
ſo bediente, wie man ſich derſelben bey allen
Sikerſchaften von Europa, Afrika und
Afien , teines du genommen, bedient hat,
den Anfangthachen. In dieſemStückealſo
iſtdie Art ſich zu vertheidigen und anzugreis
fen, gleichfdrmig geweſen, dies bedarfweis
terkeines Beweiſes. Wir wollen zu einigen
beſondern Umſtänden übergeben.
! DieWilden vonAmerita bedientenFich, in
Ermangelung des Eiſens, beinerner und am
Seuer gehärteterHölzernerPfeilſpißen. Ers
laubenSieißt, daß ichIhnenmitdemTaci:
tus einige Wolter ſchildere." Da er von den
Queviter,feinerfueviſchenNation)redet,ſagt:
}
er: i) Rarus ferri, frequens fuffiumvfus;
wodurch er das gebrannte Holz zum Sdieſen
anzeigt. Dieſen waren die Sitonen , die
ißigen Bewohner von Norwegen ähnlidy
daer von denVenedern den jekigen Einwoh.
nern von Litthauen und Mazovien , und den
finnen , die jelst Finnland bewohnen, redet,
fügt erhinzu: miraferitas; focdapaupertas,
non arma,non equi, non penates,victui
herba, veftitui pelles cubile humus. Sola
in ſagittis ſpes; quasinopiaferrioffibus afpe
rant. Hier haben Sieauchauf unſerer
Halbfugel, wie in Umerika, den Gebrauch
der Knochen, ſtatt des Eiſens, an derSpiko
der Pfeile.
Die idilden von Amerika hatten auch den
Gebrauch, die Spike ihrer Pfeile zu vergif:
ten, und dies iſt außer allem Zweifel. Der
P.Gumillarechnet umſtändlichdieGifteher,
deren ſich die Poſterſchaften am Drinofo ber
dienen. Nach ihm füllt Herr Paui von
dieſem Urtickel 42. Seiten an, und breitet
fich darüber aus, die Eigenſchaft derverſchie;
# 3 denes
-1) De morib. Germ. c. 45.
6
denenSifte, deren ſich alle weiterderErden
bedienten, und hieraufauch ihre Gegengifte
aufzuſuchen. Uns rey es gnug, anzuzeigen,
daß hierinnen vornemlich dieScythen die
erfahrenſten waren, welches Plinius, und
noch deutlicher , Ovid, ſowohl in der erſten
Elegie desdritten Bucho De Ponto, wo er
ſagt:
Tin &taquemortifera tabeSagittamadet.
fald in der ſiebenden, des ſechſten Buchs, auf
olgende Art anzeigt:
Afpicis, et mitti ſub adunco toxica ferro
Et telum caufas mortis habere duas.
Die Amerikaner haben alſo auch in dieſem
Stücke die nämliche mdrocriſche Kunſt alles
alten Bliter,und vornemlich der Negerund
anderer Afrikaner bereſſen, von denen ſich
hierüber, ſo wie von allen ihren Sitten , in
ber ſchönen Beſchreibung des AloysvonCada
Moſto, der im Jahr 1455. und den folgens
den durchAfriká reifte, genaue Nadyricht bei
5
findet. Hiervon müſſen die geſitteten Natis
onen in beyden Halbfugeln ausgenommen
werden, bey welchen dieſe Grauſamkeit gång
Itchverboten war.
Alime:
Umeritus Bespuziusfand, långs der 8ſta
fichen Küſte von Amerika bis an Thucaton,
die Bilferam ganzen Körper baldmehrbald
weniger mit Zeichen und unausldſchlichen Fis,
guren bemahlt, die ſie ſich dadurch gemacht
hatten , daß fie fich indie Haut tachen, und
DiekleineWunden ſchwarz fårbten , welches
in das Fleiſch einwuchs und beſtandig blieb,
,
men , andere mit Figuren bezeichnet; alle
Reiſende verſichern, dieſen Gebraud in je
nen Gegenden gefunden zu haben. Aber:
eben dieſer Gebrauch iſt auchbey den Balterna
unſerer Salbkugel eingeführt geweſen. Es
ift überfläßig , Beweife davonanzuführens
Strabomag uns ftattaller andern,hinlängs
lich ſeyn, 1) welcher, da eť•vonden Jaa
piten in derGegendvon Sfrien redet,hin:
zufügt: ſie haben am ganzen Körper Zeis
den ,die hinein geſtochen ſind, nachyare
der andern Thracierund Ilyrier. Dieſe
Gewohnheit fand Marco Polo:2.) vornehms
13 24
)1) Geogr. Lib . VII.
3) Buc I.Kap. 46
8
lich in derProvinz Cangigiu ," die anBens
galenangränzt, undnoch heutzu Tagedaus
ert fie,forvohlin dem alten, pekt preuſiſchen,
alb inunſermStiavonien, deren Bewohner
von jenen abftammen, fort, dennalle Stias
den, auch in Sſtrien , Steyern, Sarnthen
und Dalmatien, ſtechen fich in die arme,
aufdenenverſchiedene Figuren von Kreuzer
und andere eingedrucktbleiben .Wenn man
dieſen Gegenſtand mit Gelehrſamteit auss
fchmückenwollte, ſo könnte man vor allen
Dingen den Herobot Buch V. anführen, wvo?
er anmerkt, daß die Thracier diejenigen für
ebel hatten ,dieſichZeichenan die Stirne
machen, unddiejenigen für unedel, welche
Heinehaben. Von denSelonen zeigt Klaus
dian B. I. die nämliche Gewohnheit an.
.
" Membraque qui ferro gaudet pinxiffe
Gelona.
ünd Virgil 1)
EvasquedomosArahumpictosqueGelonos,
in andern Ländern wurden die Knechteauf
dieſe Artgezeichnet, wie Cdlius Rhodiginus,
Turnobus, Lipſius und andere berichten.
Bes
1) Gcorg. Lib. I.v. 115.
Begezius fchreibt (BW)omdenromifchen
Soldaten : Viduris in cute punctis Milices
fcripti. Ben anbeen geſchahe es ausreligis
dſen Bewegungsgründen, wie Lucian indem
Buchvon der ſyriſchen Göttin berichtet, wo
er ſagt: daß die Diener diefer Odttin fich
gewiffe Zeichen ſtechen, einigein dieflache
Hand, anderean den Kopf, daherman
die uforier gezeichnet findet. Wohet
auch , wie ich glaube, die Borſchriftin dem
jüdiſchen Gefeße ihren Urſprunggehabt hat:
er foll an ihrem LeibekeinMaalpfelzen 1:)
um ſich nichtdenGdkendienerngleich zu ſtets
len. Sie ſie ſich aber dieſeZeichenmachten,
fagtuns Theodoret, da er von dieſen Sex
retsredet : 2)Graecialiquas Corporispartes
acubuscompungebant et atramentum iinmitt
1 tebant in reverentiamDaemonum. Septus
Empyrikus verſichertendlich, daß dieſerGe:
brauch nicht allein bey den ethiopiern, 3)
ſondernauch bey den legyptern und bey den
Sars
1) 3 Bud Mofe 21.'v. 5.
2) Queſt. 28. in Levit.
3) Pyrrhon. inftit. Lib. I. c. 34. (1
10
Sarmaten 1) gemein war. Die Amerikas
nerzeichnetenſichalſo, wiealle andereBdſter,
aber ihr Beweggrund ipar, wie es ſcheint,
nichtblos dieReligion, ſondern eswarents
weder Eitelkeit, oder einkriegeriſches Kent
zeichen, wie denn beſonders die Patagonen
im Geſicht gezeichnetwaren, beynahe aufdie
gleiche Art, wiedie KriegervonneuSegs
land, von denenuns Coot die Abbildung ger
liefert ha.t . ! 6 ,
Aber dawirebenaufdem Punktder Nes
ligion ſind, ſo erlauben Sie / daß:ich:Sie
andie Merikaner, welche die Kapellenihrer
Gógen, wo die Opfer geſchlachtet wurden,
aufPyramidenerrichtet hatten , undandie
Peruaner erinnere, welche für die Säulen,
diedie RuhederSonne, aberdieNachtgleiche
anzeigten, groſe Ehrerbietung hatten.
Dieſen Gebrauch, dasGebet auf den ers
habenſten Theil der Gebäude, zu welchem
man auf Treppen koinmenkonnte, zu verrichs
ten 7 iſt auf unſererHalbkugel in Aegypten
gefundenworden, von woher er ſich in andere
Länder verbreitethat. Kircher redethiervon
in
1) Pyrrhon. inftit. Lib, III. c. 24.