Table Of ContentHans-Dieter Görtz Franz Brümmer
Biologie
für Ingenieure
Biologie fur Ingenieure
Hans-Dieter Gertz Franz Brummer
Biologie
fur Ingenieure
Mit einem Beitrag von Martin Siemann-Herzberg
~ Springer Spektrum
Autoren:
Hans-Dieter Gortz
Universitat Stuttgart
Franz BrUmmer
Universitat Stuttgart
ISBN 978-3-8274-3005-2 ISBN 978-3-8274-3006-9 (eBook)
DOl 10.1007/978-3-8274-3006-9
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Planung und Lektorat: Ulrich G. Moltmann, Stefanie Adam
Redaktion: Regine Zimmerschied
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Vorwort
In vielen Ingenieurstudiengangen ist heute auch die Biologie zu Hause. Ingenieure
brauchen haufig sehr spezielle biologische Kenntnisse, in anderen Fallen eher eine
biologische und okologische Allgemeinbildung. In jedem Fall benotigen sie eine
EinfUhrung in die Biologie, woftir im Studienplan aber meist nur ein kleines Zeit
fenster zur Verftigung steht. Deshalb sollen in dem vorliegenden Buch die wesent
lichen Inhalte der heutigen Biologie dargestellt werden. Erscheint das notwendige
Weglassen vieler Inhalte auch schmerzlich, erklart es umso mehr die Notwendig
keit, wichtige Zusammenhange und Funktionsprinzipien gezielt zu veranschauli
chen. Wie ist zu verstehen, dass Umweltveranderungen zum Auftreten neuer Arten
fUhren? Wie kann eine Genveranderung das Verhalten von Mausen beeinftussen?
Wie kann sich ein Pantoffeltierchen in seiner Welt zurechtfinden? Welche Mecha
nismen sichem die biologische Vielfalt? Welcher Art ist die biologische Vielfalt?
Welches sind die Erfolgsrezepte der Lebewesen? Dies sind nur einige Fragen
und Themen, mit deren Besprechung die Autoren tiber viele Jahre Erfahrungen in
EinfUhrungsvorlesungen fUr Ingenieure, Informatiker und Naturwissenschaftler
gewonnen haben - insbesondere im Studiengang Umweltschutztechnik an der Uni
versitat Stuttgart.
Die Studierenden brauchen meist einen Leistungsnachweis, fUr den tiblicher
weise eine Abschlussklausur geschrieben wird. Die Herausforderungen an die
Lehrenden, in einer zweisttindigen Vorlesung eine Einftihrung in die Biologie zu
geben, stell en sich emeut, will man den Studierenden ein Buch zum Lemen und
Wiederholen an die Hand geben. Zwar gibt es he ute hervorragende Lehrbticher, die
in die Biologie einfUhren und dabei eine Ftille von Wissen faszinierend aufarbeiten,
wegen ihres Umfangs sind sie aber als begleitende Lehrbticher fUr eine kurze Ein
fUhrung kaum geeignet. Von unseren Studierenden wird erwartet, dass sie ztigig stu
dieren und ihre Prtifungen ohne Verzug ablegen. Dieses Buch solI das konzentrierte
Nacharbeiten und eine gezielte Vorbereitung auf Prtifungen ermoglichen.
Die heutige Biologie fuEt auf Erkenntnissen und Theorien, die zum Teil vor lan
ger Zeit erarbeitet wurden. Insofem ist die Biologie auch eine historische Wissen
schaft. Das Wissen wird standig erweitert, und so verandert sich mit der Zeit auch
die Weltsicht des Biologen. Langst gibt es den umfassend informierten Biologen
nicht mehr. Hierin liegt die besondere Funktion einer knappen Einftihrung in die
Biologie, als Vorlesung wie als Lehrbuch, namlich Grundlage fUr weiterftihrende
Studien zu sein und Ingenieuren, Mathematikem sowie Naturwissenschaftlem als
Nichtbiologen einen Oberblick zu geben und so die Neugierde auf die Biologie zu
wecken.
Unser Anliegen war es, stets nur wenig (!) mehr Stoff zu prasentieren, als in
der knappen Vorlesung geboten werden kann. Wir stell en die generelle Methodik
der Biologie und die wesentlichen Eigenschaften der Lebewesen und Lebensge
meinschaften vor und geben einen Oberblick tiber die Stammesgeschichte der
6 Vorwort
Lebewesen, die Mechanismen der Evolution sowie tiber die Vielfalt der Arten. Wir
glauben, dass es uns gelungen ist, das Buch ausreichend knapp zu halten. So bleibt
es ein Buch zum Lemen und Wiederholen, passend zu einer zweisttindigen Vor
lesung. Es ist nach unserer Schatzung nur etwa doppelt so umfangreich wie die
Vorlesung, was uns gerade angemessen erscheint. Sicherlich sind einige Kapitel fUr
Anfanger durchaus anspruchsvolI, jedoch darf man bei Ingenieurstudierenden ein
ausreichendes naturwissenschaftliches Verstandnis voraussetzen.
Die Vermittlung von Grundkenntnissen der Biodiversitat scheint uns Autoren
gerade fUr Ingenieure und andere Nichtbiologen wichtig zu sein. Zwangslautig sind
die Kapitel des organismischen Teiles unterschliedlich umfangreich. Besonders
gut lasst sich die Vielfalt am Tierreich darstelIen, gibt es doch urn ein Vielfaches
mehr Tierarten als Arten anderer Gruppen insgesamt. Dennoch kann die Vielfalt
nur exemplarisch gezeigt werden. Urn so wichtiger ist es, auch auf das Zusammen
wirken der Arten und die Bedeutung der belebten Natur einzugehen. Mehr denn je
erkennen wir, wie sehr auch wir Menschen Teil der Natur sind, aber auch, we1chen
Einftuss der Mensch auf die gesamte Biosphare hat und we1che Moglichkeiten die
Anwendung biologischen Wissens bietet.
Das auch in anderen Lehrbiichern genutzte Prinzip, auf wichtige Inhalte in
Merksatzen aufmerksam zu machen, verfolgt den Sinn, Wesentliches hervorzuhe
ben. Damit soli vermieden werden, dass angesichts einer Fiille von Inhalten grund
legende Elemente und Mechanismen iibersehen werden. Als erganzendes Element
werden vertiefende oder etwa besonders aktuelle Aspekte in "Zur Vertiefung"
genannten Kasten dargestellt. Dabei verfolgt das Such einerseits bewusst das Kon
zept der knappen Information, enthalt aber auch ausgewahltes Hintergrundwissen.
Das vorliegende Buch ist eine Einftihrung in die Biologie fUr Ingenieurstudie
rende (ursprtinglich Studierende der Umweltschutztechnik), Mathematiker und
Naturwissenschaftler und solI Grundlage fUr spatere Veranstaltungen mit speziellen
Inhalten sein. Den Anschluss an weiterftihrende Veranstaltungen (z. B. der Bio
verfahrenstechnik und der Umweltgestaltung) zu tinden, ist fUr Studierende schon
wegen der unterschiedlichen Fachsprache und Denkweise von Naturwissenschaft
lem und Ingenieuren eine Herausforderung. Dies wird beispielhaft und in knapper
Form in Kap. 15 dargestellt.
Stuttgart, Juli 2012
Hans-Dieter Gortz, Franz Brtimmer, Martin Siemann-Herzberg
7
Danksagung
Bei der Fertigstellung des Buches haben wir viel Untersttitzung erfahren. Besonders
danke ich (H.-D. G.) meiner Frau Monika fUr ihre Untersttitzung. Ihr, Herrn Profes
sor Ulrich Kull sowie Kolleginnen und Kollegen der Universtitat Stuttgart danken
wir fUr die Durchsicht von Teilen des Manuskripts und fUr wertvolle Kritik. Unser
Dank gilt auch dem Springer-Verlag, besonders Frau Stefanie Adam, Frau Regine
Zimmerschied und Herrn Dr. Ulrich G. Moltmann fUr die Geduld und vielfaItige
U ntersttitzung.
Stuttgart im Juli 2012
H.-D. Gortz, F. BrUmmer, M. Siemann-Herzberg
9
Inhalt
Vorwort ......................................................... 5
Danksagung ..................................................... 7
Einfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11
leil 1: Zellularer Aufbau der Lebewesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 17
2 Stoffliche Grundlagen ......................................... 19
3 Zellbiologie ................................................. 31
4 Energiestoffwechsel .......................................... 49
leil 2: Fortpflanzung, Vererbung und Entwicklung ............... 59
5 Fortpflanzung und Vererbung ................................... 61
6 Molekulargenetik ............................................ 83
7 Entwicklung ................................................ 93
leil 3: Biologische Vielfalt, Bau und Funktion der Lebewesen ..... 117
8 Vielfalt und Stammbaum der Lebewesen ......................... 119
9 Mikroorganismen und Algen .................................. 131
10 Biologie der Landpflanzen .................................... 149
11 Biologie der Pilze ........................................... 161
12 Biologie der Tiere ........................................... 167
leil 4: Umwelt und Evolution .................................. 209
13 Okologie .................................................. 211
14 Evolutionsbiologie .......................................... 249
leil 5: Die Anwendung der Biologie ............................ 281
15 Biotechnik ................................................. 283
Literatur ...................................................... 299
Weiterftihrende Literatur ......................................... 301
Glossar ....................................................... 303
11
Einfiihrung 1
1.1 Gegenstand und Ziele der Biologie
Die Biologie untersucht Lebewesen, ihre Lebenserscheinungen und Funktions
weisen, ihr Zusammenleben, ihre Vielfalt und ihren genetischen Reichtum, ihre
stammesgeschichtliehe Entwieklung und Evolution, aber auch die Interaktionen
der Lebewesen mit der Umwelt und die Funktionsweise von Okosystemen. Auf
der Grundlage der Erkenntnisse nutzt die Biologie Lebewesen oder Teile davon,
verandert Organismen, speziell Mikroorganismen, zu Produktionszwecken. Sie
greift heute in genetische Prozesse ein, urn zum Beispiel bioaktive Molektile fUr
bestimmte Zwecke zu verandem, modelliert Stoffwechselwege,ja bald ganze Orga
nismen, manipuliert und baut Okosysteme. GleiehermaBen untersucht die Biologie
den Menschen, auch urn die Mbglichkeiten von Medizin und GesundheitsfUrsorge
zu verbessem.
In der Geschichte hat sich die Biologie laufend verandert. Veranderte Auffas
sungen haben zu neuen Erkenntnissen, anderen Bewertungen und neuen Sicht
wei sen gefUhrt. Der Mensch hat die Natur und sich selbst zu allen Zeiten auf der
Basis aktueller philosophischer und religibser Strbmungen betrachtet, was auch
die biologische Forschung, selbst ihre Zielsetzung, immer wieder verandert hat.
Von einer beschreibenden, die Natur sortierenden Betrachtung wurde die Biologie
zu einer experimentell-analytischen Wissenschaft. In den vergangenen Jahrzehn
ten lemte man, Strukturen und Mechanismen zu nutzen, ja, Organismen gezielt fUr
die Produktion etwa von Lebensmitteln oder Pharmazeutika zu verandem. Diese
Riehtungsanderung fUhrte zu immer neuen Arbeitsgebieten. War die Biologie als
Wissenschaft zunachst nach der Systematik der Lebewesen aufgeteilt in Botanik,
Zoologie, dann auch Mikrobiologie, wurden schon vor mehr als einem halben Jahr
hundert Organisationsstufen, generelle Prinzipien und funktionelle Aspekte in den
Vordergrund gestellt, beispielsweise in der Zellbiologie, Genetik und Molekular
biologie, Entwieklungsbiologie, Physiologie, Immunologie und Okologie.
Wie in anderen Naturwissenschaften werden durch ausreiehende Evidenzen
gesttitzte Theorien meist als gesieherte Erkenntnisse angesehen; es ist jedoch nieht
nur legitim, sondem notwendig, sie immer wieder zu hinterfragen und - etwa bei
Verfilgbarkeit neuer Methoden - emeut zu ilberprilfen. Falls notwendig, werden
Theorien und Erkenntnisse erganzt oder auch revidiert. Welcher Art sind aber die
Evidenzen? Sammlung an Beobachtungen, allgemein gesagt Informationen, fUhrt
(empirisch) zu einer Vorstellung, mbglicherweise zu einer Hypothese, die iiber
priifbar sein muss. Dieses induktive Verfahren kann zwar zu vbllig falschen Schliis
sen und irrigen Vorstellungen fUhren, die Bereitschaft zur Akzeptanz von Erfahrun
gen allerdings ist groB und eine sehr menschliche Eigenschaft.
12 EinfUhrung
Dort, wo ein kausalanalytischer Zugang moglich ist, wird in der Biologie wie
in den Naturwissenschaften die Deduktion als Grundlage von Erkenntnisgewinn
angestrebt. Nur wenn man Zusammenhange und Ursachen versteht, erscheint
schlie13lich eine Theorie begrilndet. Zeigen neue Daten, dass die bisherige Vorstel
lung nur naherungsweise richtig war, kann ein Paradigmenwechsel (Paradigma im
Sinne von "akzeptierte Anschauung" oder "Lehrmeinung") notwendig sein. Nicht
nur in der offentlichen Einschatzung werden Lehrmeinungen, zumal naturwissen
schaftliche Erkenntnisse, oft als unumstOJ31ich eingeschatzt. Paradigmenwechsel
sind dann schwer zu vermitteln. Inzwischen akzeptieren die meisten Menschen,
dass die Erde keine Scheibe ist, aber das hat lange gedauert.
Die Biologie ist also eine Naturwissenschaft mit entsprechend naturwissenschaft
licher Methodik.Ausgang ist die Beobachtung. Ein Organismus oder ein Phanomen
wird beschrieben und die Beschreibung geprilft, ggf. wird eine Frage, schlieJ31ich
eine Hypothese formuliert. Diese Hypothese wird ilber Experimente oder empiri
sche Erfassung und Quantifizierung verifiziert oder falsifiziert. Gut gestiltzte Hypo
thesen fUhren zur Aufstellung von Modellen und oft umfanglichen Theorien. Dabei
gilt, was Jean-Baptiste de Lamarck seinerzeit grundsatzlich festgestellt hatte, nam
lich dass in den Naturwissenschaften die Erkenntnis vor der Erklarung stehen muss.
Grundlagen der Biologie sind Chemie, Physik und Mathematik. 1m Laufe der
Zeit haben sich aber die Methoden und Techniken verandert. Hatte man frilher
mit dem blo13en Auge beobachtet, wurde die Auflosung mit dem Lichtmikroskop
verbessert, mit dem Elektronenmikroskop sah man noch mehr Details. Allerdings
wurde die Auswertung komplizierter. Das gilt besonders fUr moderne Methoden
wie z. B. in der Molekularbiologie. Inzwischen werden Proteine am Rechner kon
zipiert, urn ihre Eigenschaften zu testen und sie entsprechend diesem Proteindesign
mit molekulargenetischen und biotechnischen Techniken herzustellen.
In neuerer Zeit werden die Nutzung und gezieite Veranderung in der Tech
nischen Biologie, in der Biotechnologie, Nanobiotechnologie, Bionik sowie in
der Umweltschutztechnik in den Vordergrund gerilckt. Mehr und mehr werden
dabei mathematische und kybernetische Methoden genutzt. Daraus hat sich als
neues Gebiet die Systembiologie entwickelt, in dem ilber mathematische Beschrei
bung und Modellierung komplexe Mechanismen analysiert und entwickelt werden
bis hin zum Design von Enzymen und zur Beeinflussung von Stoffwechselwegen
und Produktionsstammen von Mikroorganismen. Wahrend Lebewesen wie auch
deren Einzelfunktionen dadurch einerseits leichter und konkret beherrschbar wer
den, etwa im industriellen Prozess, bleibt andererseits das Ziel, Zusammenhange
und Strategien der belebten Natur zu verstehen. Letzteres ist nicht nur von akademi
schem Interesse, sondern auch die Grundlage fUr die Arbeit von Entwicklungs- und
Umweltingenieuren.
Wie in anderen Wissenschaften erfordert die Kommunikation der Inhalte, Fra
gen und neuen Erkenntnisse eine Fachsprache. Definierte Begriffe, die eindeutig
und treffend ein Phanomen beschreiben, ermoglichen eine effiziente Kommunika
tion. Da das vorliegende Buch sich zunachst an Nichtbiologen wendet, wird hier
versucht, moglichst wenige Fachbegriffe zu verwenden. Die notwendigen werden