Table Of ContentJohannes Fromme/Norbert Meder (Hrsg.)
Bildung und Computerspiele
Virtuelle Welten
Herausgegeben von
Johannes Fromme
Norbert Meder
Band 3
Johannes Fromme/N orbert Meder (Hrsg.)
Bildung und Computerspiele
Zum kreativen Umgang
mit elektronischen Bildschirmspielen
Leske + Budrich, Opladen 2001
Gedruckt auf s:iurefreiem und allerungsbesl:indigem Papier.
Die Deulsche BibJiOlhek - CIP-Einheitsaurnllhme
Ein Titeldlllensatz rur diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothck erhliltlich
ISBN 978-3-8100-2841-9 ISBN 978-3-322-92223-6 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-92223-6
" 2001 Leske -t Budrich, Opladen
Softcover reprint orthe hardcover 15t edition 200 1
Oas Werk einschlieBlich alief seirlCr Teile ist urheberTechtlich geschUtzl. Jede Verwenung
aullerhalb del engen Grenzen des UrhcberTechtsgesetzes iSI ohrlC Zustimmung des Verlages
unzultlssig und strafbar. Das gilt insbesondere rur Vervielfliltigungen, Obersettungen, Mikro
verfilmungen unci die Einspeichcrung und Verarbeilung in eleklronischen Systemen.
Salz; Johannes Fromme
Vorwort
Computer- und Videospiele haben seit den 1970er Jahren das Medienangebot
qualitativ wie quantitativ erheblich verandert. In quantitativer Hinsicht wird
die Relevanz dieser neuen Medien u.a. daran ersichtlich, dass sie inzwischen
ein bedeutendes und sich ausdifferenzierendes Marktsegment bilden, in dem
mit Geraten, ZubehOr und Software bundesweit Milliardenumsatze gemacht
werden. Elektronische Bildschirmspiele haben zur Erweiterung und Ver
vielHiltigung des medialen Unterhaltungsangebotes beigetragen. Sie sind weit
verbreitet, vor allem in Haushalten, in denen Kinder und Jugendliche leben.
Ihre Nutzung ist heute nichts Besonderes mehr, sondem Teil des normalen
Medienalltags. Dies hat auch unsere Anfang des Jahres verOffentlichte Studie
»Computerspiele in der Kinderkultur« gezeigt, mit der die Buchreihe »Virtuel
Ie W elten« erOffnet worden ist. Die mit den Computerspielen verbundene
qualitative Veranderung des Medienangebotes hangt mit den Besonderheiten
des Mediums >Computer< zusammen. Sie stehen in dies em Band im Mittel
punkt des Interesses. Herauszuheben ist das Merkmal der Interaktivitat, denn
die yom Computer erzeugten und dargestellten Welten sind im Unterschied zu
anderen medial en Welten in bestimmtem Umfang beeinflussbar. Die Compu
terprogramme >reagieren< aufEingaben des einzelnen Nutzers, und zwar meist
unrnittelbar (>in Echtzeit<). Mehr noch: Ohne die entsprechenden Impulse tiber
Tastatur, Mouse, Joystick oder Controller geht es nicht weiter, kommt das
mediale Geschehen also nicht zur Entfaltung. Aus dem Leser oder Zuschauer
wird beim Computerspiel also ein Nutzer, von dem alles abhangt. Wenn er
oder sie falsch reagiert, ein Ratsel nicht lost, eine Aufgabe nicht richtig erle
digt, dann stockt im giinstigen Fall der Ereignisfluss, im ungtinstigen Fall
bedeutet es das abrupte Ende des Spiels.
Die Regeln in den computergenerierten Welten sind streng. Es gibt nur
zwei Moglichkeiten, wenn man im Spiel bleiben will. Entweder man muss sie
befolgen und sich denjeweiligen Anforderungen stellen, oder man muss in der
6 Vorwort
Lage sein, die Regeln zu verandem bzw. zu umgehen, bspw. durch die Ein
gabe sog. >Cheats( oder durch das Finden von eigentlich nicht vorgesehenen
Handlungsmoglichkeiten in der virtuellen Umgebung. In gewisser Weise ist es
hochst erstaunlich, dass Kinder und Jugendliche, die bei Eltem und padago
gischen Fachkraften eher im Ruf stehen, von auBen an sie herangetragenen
Anforderungen aus dem Wege zu gehen, sich freiwillig und mit Begeisterung
auf diese letztlich rigiden Regeln der Computerspiele einlassen.
Die Beitrage in diesem Band betrachten die Faszination der jungen Men
schen fUr diese neue Form des Spielens in medial vermittelten digital en Wel
ten eher als padagogische Chance denn als Problem. Das ist - nicht nur fUr
den padagogischen Zusammenhang - eine nach wie vor ungewohnliche Aus
gangsposition. Gefragt wird nach der Relevanz des Computerspiels fUr Bil
dungsprozesse: In welcher Weise kann das regelgeleitete Rollenspiel in den
simulierten oder fiktionalen Szenarien das Verhaltnis des Spielenden zur
Welt, zur Gesellschaft oder zu sich selbst verandem? Konnen individuelle
Erfolgserlebnisse in diesen computergenerierten Spielweiten z.B. das Selbst
bewusstsein starken? Verandem sich soziale Gruppenbeziehungen im Zu
sammenhang mit dem gemeinsamen Spiel am Computer oder Videospielge
rat? Lemt man etwas tiber die Welt und die Gesellschaft, wenn man eine
Wirtschaftssimulation spielt?
In den Blick genommen werden nicht nur Prozesse informeller Bildung,
sondem auch Moglichkeiten, Computerspiele flir intentionale Bildungsprozes
se zu nutzen. Die vorgestellten schulischen wie auBerschulischen Praxis
projekte verweisen auf ein breites Spektrum moglicher Ansatze. Sie zeigen
aber auch, dass es nicht dam it getan ist, padagogisch oder politisch gewlinsch
te Botschaften in ein Computerspiel zu verpacken. Die kulturellen Praxen der
Adressaten, ihre Vorlieben, ihr Wissen und ihr Konnen, mlissen ernst genom
men und in die padagogische Arbeit integriert werden.
Wir freuen uns, dass der Band in der vorliegenden Form zustande ge
kommen ist, und bedanken uns bei der Autorin und den Autoren, die dies
durch die Bereitstellung ihrer Manuskripte ermoglicht haben. Wir wlinschen
uns, dass die Beitrage Anlass geben zu interessanten und anregenden Diskus
sionen, aber auch Mut machen, eigene Konzepte und Projekte zu entwickeln.
Bielefeld im Oktober 2000 Johannes Fromme, Norbert Meder
Inhalt
Seite
Vorwort 5
Inhalt 7
Grundlagen
Norbert Meder und Johannes Fromme:
Computerspiele und Bildung. Zur theoretischen Einfuhrung 11
Wolfgang Schindler:
Doomes Zeug? Fragwiirdige Video- und Computerspiele
eine Option fur Lem- und Bildungsprozesse 29
Kai Muller:
Computerspiele reflektieren - Einsatzmoglichkeiten von »Search&Play« 43
Konzepte fiir die Jugendarbeit
Jens Wiemken:
Hardliners - Zeit fur Heiden!? 57
Susanne Kirk:
Aus der virtuellen Welt in die surplus reality 99
Konzepte fiir die Schule
Hans-Peter Franz:
Computerspiele im Unterricht -
spielerische Vermittlung von politischen Inhalten? 117
Inhalt
Jens Wiemken:
Computerspiele - spielerische und kreative Anwendungen
fUr Kinder und Jugendliche. Ergebnisses eines Modellversuchs
der Landesbildstelle Bremen 127
Klaus Frohlich:
Das Fantasieweb »Interfantasonien«.
Schuler lemen, sich ihre eigene virtuelle Welt zu gestalten 147
Spielen im Netz
Tobias Gehle:
Spielwelten im Netz. Kreative Potenziale
von World Wide Web, E-Mail und Chat 159
Gerrit Wiebe:
»Hang out and make funky things«
Spielerisches Lemen in Multi-User-Dungeons 169
Computerspiele in der Therapie
Wolfgang Bergmann:
Was der Computer Gutes tut. Anmerkungen zum
Einsatz von Computerspielen in Lem- und Verhaltenstherapie 181
Rainer Koch-Mohr:
Computerspiele in der Erziehungsberatung
und Kinder-Psychotherapie 193
Die Autorinnen und Autoren 203
Grundlagen
Computerspiele und Bildung.
Zur theoretischen Einftihrung
Norbert Meder und Johannes Fromme
Spiele sind schon von jeher padagogisch hoch signifikant. Insofem durfte der
Umstand, dass ein neues Spiel - das Computerspiel - in die Alltagskultur tritt,
kein Aufsehen erregen. Allerdings bringt die Leichtigkeit des Mediums, seine
Interaktivitat und seine Verbreitung eine neue Dimension in den klassischen
Umstand des Rollenspiels in Spielzeugwelten, die eine >wirkliche Welt< ver
treten.
Was >wirkliche Welt< in diesem Zusammenhang bedeutet, kann nur rela
tional bestimmt werden. Ob das, wofur die Puppenstube - oder eben das Renn
spiel auf der Playstation - stellvertretend steht, die wirkliche Welt ist, kann aus
unterschiedlichen Perspektiven ebenso unterschiedlich beurteilt werden. An
dieser Frage wird deutlich, dass man noch bestimmen muss, was die Welt be
deuten kann, vor allem wenn Welt stets nur unter der Perspektive sozial kon
struierter Welt betrachtet werden kann. Dariiber hinaus gilt es zu klaren, was
Welt mit Bildung und dem plidagogischen Alltagsgeschaft zu tun hat. Denn nur
dann kann der Relevanzwert von virtuellen Spielwelten eingeschatzt werden.
1. Spielwelten ond andere Welten
Da wir in unterschiedlichen Perspektiven von Welt sprechen, sollen diese
verschiedenen Welten und ihre Verhaltnisse zueinander nun genauer untersucht
werden.
l.l Die eine Welt (1. Welt)
Wenn wir von der einen Welt, von der Welt, sprechen, dann meinen wir stets
den Umstand, dass es nicht eine Frage der Interpretation ist, ob wir Schmerz