Table Of ContentBetriebliche Distributionsplanung
GösTA-B. IHDE, *1938, Dipl.-Kfm. 1964, Dr. rer. pol. 1966, Habilitation für
Betriebswirtschaftslehre Göttingen 1969, Industrietätigkeit, 1970 ord. Pro
fessor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim (WH).
Direktor des Instituts für Logistik, insbesondere Verkehrsbetriebslehre.
JüRGEN F. BLOECH, *1938, Dipl.-Ing. 1963, Dr. rer. pol. 1966, Habilitation für
Betriebswirtschaftslehre Göttingen 1969. Seit 1970 ord. Professor an der
Universität Göttingen, Direktor des Seminars für Betriebswirtschaftslehre.
Jürgen Bloech- Gösta-B. Ihde
Betriebliche
Distributionsplanung
Zur Optimierung der
logistischen Prozesse
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
1972
ISBN 978-3-7908-0109-5
ISBN 978-3-7908-0109-5 ISBN 978-3-662-41555-9 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-41555-9
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Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1972
UrsprUnglieh erschienen bei Physica-Verlag, Rudolf Lieblng KG, Würzburg 1972.
Vorwort
Produktivitätsfortschritte, insbesondere auf der Basis neuer Produktions
techniken erfordern entwickelte Güterverteilungs-und Produktzustellungs
systeme. Die Effizienz der damit angesprochenen logistischen Leistungs
prozesse entscheidet zunehmend über die Funktions- und Entwicklungs
fähigkeit arbeitsteilig organisierter Volkswirtschaften. Die einschlägigen
Aufwendungen sind nicht nur ein bedeutsamer Bestimmungsfaktor der
gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung und insofern ein wichtiger Wirt
schafts-, besonders verkehrspolitischer Bezugspunkt, sondern ihre teil
weise alarmierende Entwicklung beschäftigt vor allem die betriebliche
Praxis.
Die Betriebswirtschaftslehre hat sich den logistischen Problemen bisher
durch die Behandlung von Einzelfragen gewidmet, vornehmlich im Bereich
der Unternehmensforschung. Wenn auch heute noch keine Totalmodelle
für die planerische Handhabung der logistischen Entscheidungsspielräume
der Unternehmungen vorliegen, erscheint es in Anbetracht ihrer vielfälti
gen Interdependenzen doch notwendig, die relevanten Entscheidungs
probleme in einen systematischen Sachzusammenhang einzuordnen.
Bei der Darstellung der Planungstechniken ist an Studierende der Wirt
schaftswissenschaften und interessierte Praktiker gedacht worden. Graphi
schen Darstellungen, Ablaufdiagrammen und Beispielen ist dementspre
chend der Vorzug gegenüber dem mathematischen Hintergrund gegeben
worden.
Die Verfasser danken ihren Mitarbeitern, den Herren Dipl.-Kfm. Peter
Hömke und Dipl.-Kfm. Wolf-Dieter Schmidt, für die Durchsicht des Ma
nuskriptes, zahlreiche Anregungen sowie die Anfertigung des Sachregi
sters.
Göttingen, Mannheim, Dezember '71
Jürgen Bloech
Gösta-B. Ihde
Inhaltsverzeichnis
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1. Die physischen Aspekte der Distribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.1 Die Distribution als gesamtwirtschaftliche Funktion . . . . . . . . . . . . . . 11
1.2 Die physische Distribution im betrieblichen Bereich . . . . . . . . . . . . . . 14
1.2.1 Die logistischen Funktionen der Einzelwirtschaft . . . . . . . . . . . . 14
1.2.2 Probleme der Optimierung logistischer Leistungen . . . . . . . . . . 16
1.2.3 Die relevanten Probleme der Distributionsplanung 20
2. Produktionsfaktorversorgung und Standortwahl 22
3. Innerbetrieblicher Transpori . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.1. Die Struktur der Entscheidungsprobleme im innerbetrieblichen
Transportbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.2 Der innerbetriebliche Standort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.3 Die kurzfristige Transportplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
3.4 Die langfristige Transportplanung - das Transportsystem 75
4. Physische Produktdistribution 107
4.1 Die Struktur der Entscheidungssituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
4.2 Die unmittelbare Produktzustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
4.3 Die mittelbare Produktzustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
5. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Literaturverzeichnis 141
Sachverzeichnis 147
Einführung 9
Einführung
Ständige Tarifveränderungen im Straßengüterverkehr und bei der Deut
schen Bundesbahn sowie Gebührenerhöhungen bei einer Reihe von Post
diensten lenken die Aufmerksamkeit nicht nur der verladenden Wirtschaft
mit Nachdruck auf die ökonomischen Probleme der körperlichen Waren
verteilung und -zustellung. Hinzu kommt die nachhaltige Erfahrung der
Wirtschaftspraxis, daß die Leistungsfähigkeit der physischen Distributions
systeme in Hochkonjunkturzeiten den betrieblichen Verkaufsleistungen
regelmäßig nicht ents~richt und als Folge davon Wachstumsverluste hin
genommen werden müssen.
Darüber hinaus ist die Leistungsfähigkeit der physischen Distributions
systeme laufend dadurch beeinträchtigt worden, daß die zunehmende Mo
torisierung und in ihrem Gefolge eine Vielzahl hoheitlicher Eingriffe die
Durchlässigkeit der volkswirtschaftlichen Verkehrskanäle verringert ha
ben. Besonders deutlich zeigt dies der Fall eines Markenartikelvertriebs
im Großraum Rhein-Main: Täglich sind etwa 20 t Ware auf verschiedene
Abnehmer zu verteilen. Im Jahre 1965 betrug die arbeitstägliche Fahr
leistung im Lkw-Nahverkehr noch 120-130 km, die durchschnittliche Zahl
der Zustellungen 25-30. In 1970 hatte sich die Kilometerleistung auf ca. 35
und die Anzahl der Kundenbesuche auf 7 reduziert. Verstopfte Straßen,
Halt- beziehungsweise Parkverbote, zeitlich bestimmte Sperrzonen und
Fahrverbote usw. sind die Ursachen dieser Entwicklung, die dazu geführt
hat, daß die Kosten im Distributionsbereich verglichen mit anderen be
trieblichen Teilbereichen überdurchschnittlich gewachsen sind. Schließlich
überrascht es in Kenntnis dieser Entwicklung nicht, daß die betriebliche
Praxis ein wachsendes Interesse für Standort- und Transportprobleme
zeigt. Für die Betriebswirtschaftslehre, vor allem wenn sie als eine ange
wandte Wissenschaft angesehen wird, ergibt sich daraus die Aufgabe, Ent
scheidungshilfen für den rationalen Vollzug der physischen Güterdistribu
tion vorzustellen.
Als Grundlage dieser Untersuchung dient die system-und entscheidungs
orientierte Betrachtungsweise. Dabei steht der zweite Aspekt insofern im
Vordergrund, als die Aufdeckung der relevanten Entscheidungsstrukturen
sowie deren Abbildung durch operable Modellstrukturen angestrebt wird,
auf die dann geeignete Optimierungstechniken angewendet werden kön
nen. Die Systemanalyse dient dabei dazu, die als unzureichend empfundene
10 Einführung
Aussagekraft isolierter Institutionen-beziehungsweise Funktionenanalysen
zu überwinden (GüMBEL, 1971, S. 141 ff.), indem mit Hilfe dieser integrati
ven Methode die Behandlung einer Vielzahl relevanter, aber doch heteroge
ner Phänomene auf eine vor allem terminologisch einheitliche und zugleich
umfassende Basis gestellt wird.
Relevante Untersuchungsobjekte der PHYSISCHEN GÜTERDISTRIBU
TION sind alle Maßnahmen, die in vielgliedrigen, arbeitsteilig organisier
ten Wirtschaftssystemen auf die Oberwindung von Raum/Zeit-Disparitäten
bei der physischen Zuführung von Befriedigungsmitteln zu den Verwen
dern zielen (SEYEFERT, 1952, S. 7 f.). Entscheidungsprobleme resultieren da
bei daraus, daß alle Produktions- und Konsumtionsakte in einem kon
kreten Raum/Zeit-Zusammenhang stehen. Das heißt, sie vollziehen sich an
bestimmten Raumpunkten eines heterogenen Wirtschaftsraumes, sie sind
kausal an bestimmte historische Zeitpunkte gebunden und haben ihnen
eigene zeitliche Ausdehnungen.
Zur Bezeichnung dieses Untersuchungsobjektes, d. h. aller Transport- und
Lagerprozesse, unabhängig davon, wer sie veranlaßt und wo sie durch
geführt werden, beginnt sich der ursprünglich militärsprachliche Ausdruck
"Logistik" durchzusetzen (franz. Wortstamm: loger, d. h. Quartier machen,
unterbringen, versorgen. Im anglo-amerikanischen Schrifttum ist diese
Entwicklung bereits abgeschlossen. Vgl. MossMAN, MORTON 1965; BowER
sox, SMYKAY, LA LONDE 1968; MAGEE 1968). Bereits 1950 definiert OsKAR
MoRGENSTERN: "A logistic operation consists in the supply of definite quan
tities of physical means and services for activities that according to their
missions consume these means and services in order that the activities be
maintained at particular present or expected future rates" (MoRGENSTERN,
s.
1955, 130).
Der Beitrag dieser logistischen Interpretation, das heißt der system-und
entscheidungsorientierten Analyse raum-: und zeitüberbrückender Aktivi
täten zur "Distributionsökonomisierung" (KLEIN-BLENKERS, 1964) erscheint
gegenüber den traditionellen Instrumenten wie Handelskettenanalysen,
Betriebsvergleichen usw. nicht zuletzt deswegen so vielversprechend, weil
logistische Entscheidungsprobleme das klassische Arbeitsgebiet der mathe
matischen Optimalplanung (Unternehmensforschung) ausmachen (DANTZIG,
s.
1966, 14 ff.).
1. Die physischen Aspekte der Distribution
1.1 Die Distribution als gesamtwirtschaftliche Funktion
Mit der Arbeitsteilung und Produktion für fremden Bedarf ist neben die
ökonomischen Grundfunktionen Produktion und Konsumtion die Distribu
tion getreten.
In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur ist in diesem Zusammen
hang vor allem die Frage der Produktivität der Distributionswirtschaft
diskutiert worden: Der Anteil der Distributionskosten an den standortbe
zogenen - besser raum- und zeitbezogenen - Gesamtkosten der Güter
bildete den Ausgangspunkt der Frage nach der volkswirtschaftlichen Be
deutung der Distribution und den Möglichkeiten zu ihrer Ökonomisierung
(KLEIN-BLENKERS, 1964, S. 56 ff.).
Dabei hat sich sowohl die handelswissenschaftliche als auch die neuere
absatzwirtschaftliche Forschung auf die Untersuchung der immateriellen
Aspekte der Distribution konzentriert: Werbliche, preis- und produkt
(sortiments-)politische sowie finanzielle Probleme haben die Diskussion
bestimmt. Die physische Güterdistribution wurde als reibungslos funk
tionierende HUfsfunktion vernachlässigt, sie war ein "Forgotten Marketing
Tool" (BOWERsox, 1969, S. 69 ff.).
Die Vernachlässigung dieses körperlichen Aspekts distributiver Leistun
gen kann durch den Umstand, daß die Wirtschaftswissenschaften bis in die
jüngste Zeit hinein mit dem Modell des logistisch problemlosen vollkom
menen Marktes (Konzentration von Produktion und Konsumtion an einem
Raumpunkt, unendlich schnelle Reaktionsgeschwindigkeit der Wirtschafts
subjekte) gearbeitet haben, nur unvollständig erklärt werden. Eine größere
Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der nachhaltig geübten insti
tutionellen Gliederung der Betriebswirtschaftslehre zu, die die Probleme
der ,immateriellen' (vertragsmäßigen) Distribution der Handelsbetriebs
lehre, die ,materielle' Distribution hinsichtlich ihrer räumlichen Kompo
nente jedoch einer Verkehrs- oder Transportbetriebslehre (ILLETSCHKO,
1966, 1962) und in bezug auf ihre zeitlichen Aspekte der Industriebetriebs
lehre (Lagerhaltungstheorie) zugeordnet hat. Mit der system-und entschei
dungsorientierten Betrachtungsweise sind die Hindernisse einer sach
gerechten integrativen Behandlung logistischer Probleme ausgeräumt wor-