Table Of ContentUlrich Hagemann, Brigitta Kreß, Harald Seehausen
Betrieb und Kinderbetreuung
Deutsches Jugendinstitut •
Regionale Arbeitsstelle Frankfurt am Main
Ulrich Hagemann
Brigitta Kreß
Harald Seehausen
Betrieb und
Kinderbetreuung
Kooperation zwischen Jugendhilfe
und Wirtschaft
Leske + Budrich, Opladen 1999
Das Deutsche Jugendinstitut e.V. (DJI) ist ein auBeruniversitiires sozialwissen
schaftliches Forschungsinstitut. Seine Aufgaben sind anwendungsbezogene Grund
lagenforschung tiber die Lebensverhaltnisse von Kindem. Jugendlichen und Famili
en. Initiierung und wissenschaftliche Begleitung von Modellprojekten der Jugend
und Familienhilfe sowie sozialwissenschaftliche Dienstleistungen. Das DIT hat acht
Forschungsabteilungen: Jugend und Jugendhilfe. Jugend und Arbeit. Jugend und
Politik. Miidchen- und Frauenforschung. Familien und Familienpolitik. Kinder und
Kinderbetreuung. Jugend und Bildung. Sozialberichterstattung. Die Finanzierung er
folgt iiberwiegend aus Mitteln des Bundesministeriums rur Familie. Senioren. Frau
en und Jugend. und im Rahmen von ProjektfOrderung aus Mitteln des Bundesmini
steriums ftir Bildung. Wissenschaft. Forschung und Technologie. Weitere Zuwen
dungen kommen von den Bundesliindem und Institutionen der Wissenschaftsforde
rung.
Die Projektgruppe des DIT. Regionale Arbeitsstelle Frankfurt am Main. ftihrte
im Auft rag des Bundesministeriums fiir Familie. Senioren. Frauen und Jugend und
des Hessischen Ministeriums ftir Umwelt. Energie, Jugend. Familie und Gesundheit
das bundesweite Modellprojekt "Betriebliche Forderung von Kinderbetreuung"
(1995-1997) durch.
Herausgeber: Deutsches JugendinstitutIRegionale Arbeitsstelle Frankfurt am Main!
Ulrich HagemannIBrigitta KreBlHarald Seehausen
Umschlaggraphik: Sabine Prack-Seehausen
Gedruckt auf siiurefreiem und altersbestiindigem Papier.
ISBN 978-3-8100-2072-7 ISBN 978-3-322-92268-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-92268-7
© 1999 Leske + Budrich, Opladen
Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1999
Das Werk einschlieBlich a1ler seiner Teile ist urheberrechtIich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb
der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustinunung des Verlages unzulassig und straf
bar. Das gilt insbesondere fur Vervielfciltigungen. Obersetzungen. Mikroverfilmungen und die Einspei
cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Satz: Leske + Budrich
Inhalt
Danksagung. ......... ............... ........................ .......... ...... .... ........ .................. 7
Vorwort ..................................................................................................... 9
Lese-Leitfaden........................................................................................... 13
Warnfried Dettling
Kinder in einer globalisierten Welt ........................................................... 15
Harald Seehausen
Einführung
Betriebliche Förderung von Kinderbetreuung in einem
sozialpolitischen und interdisziplinären Bezugsrahmen ........................... 21
Harald Seehausen, Mathias Urban
Qualitative Wechselwirkungen zwischen Familie und Arbeit.
Am Beispiel der betrieblichen Förderung von Kinderbetreuung .............. 39
Ulrich Hagemann, Harald Seehausen
Zur sozialpädagogischen Qualität betrieblich geförderter
Kinderbetreuungsangebote .... ...... ...... ....... ...... .................................... ....... 59
Monika Rühl, Harald Seehausen
Flexibilisierung von Arbeits- und Betreuungszeiten -
Chancen und Risiken für Kinder, Eltern und Unternehmen...................... 77
Dörte Ahrens, Brigitta Kreß
Was es kostet, Frauen nicht zu fördern -
Betriebliche und institutionelle Frauenförderung ............................ .......... 99
Brigitta Kreß, Harald Seehausen, Johannes Strohmeier
Orte für Väter. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf -
eine Herausforderung für Männer und Väter ............................................ 111
Ulrich Hagemann
Bundesweite Bestandsaufnahme betrieblich geförderter
Kinderbetreuung ........................................................................................ 127
6 Inhalt
Porträts von ModeUprojekten:
Modellstandort Bochum (Ulrich Hagemann) ............................................ 151
Kinderhaus "Panama", Bremen (Irene Meyer-Arndt, Harald Seehausen) 157
"Familienservice", Frankfurt am Main (Harald Seehausen).................... 165
Kindertagesstätte der Evangelischen St. Jakobsgemeinde,
Frankfurt am Main (Ulrich Hagemann) .............................. ...................... 177
"Aktion Farbkleckse" und "Die Waschbären", Frankfurt am Main
(Haraid Seehausen) ................................................................................... 181
"Kleine Stromer e.V.", Kassel (Alfons Scheitz, Harald Seehausen) ........ 191
Modellstandort Pfungstadt (Brigitta Kreß)................................................ 197
Modellstandort SchreiersgrünlSachsen (Brigitta Kreß) ............................ 209
"Wichtelpark e.V.", Stuttgart-Möhringen (Ulrich Hagemann) ................. 219
Projekt Erziehungs- und Erwerbsarbeit in Wolfsburg
(Harald Seehausen) ................................................................................... 225
Harald Seehausen
Resümee zum Projekt ........................ ....... .............................................. ... 235
Anhang
Literaturverzeichnis ................................................................................... 241
Modellstandorte ......................................................................................... 249
Projektveröffentlichungen .... ................. .... ............ ......................... ........... 250
Projektbeirat .. ........... ..................................... ............................. ............... 253
Autoren ...................................................................................................... 255
Danksagung
Wir bedanken uns bei allen Unternehmen und Trägern der am Projekt betei
ligten Einrichtungen und Initiativen für ihre Bereitschaft und Teilnahme.
Ebenso danken wir den freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihr
Engagement im Verlauf des Projektes: Michael Burbach (Frankfurt am Main),
Helga Castens (Bremen), Cornelia Fliege (Frankfurt am Main), Sabine
Heimsch (Mörfelden-Walldorf), Katharina Klaudy (Oberhausen), Sabine
Prack-Seehausen (Frankfurt am Main), Alfons Scheitz (Kassel), Dr. Mathias
Urban (Wiesbaden).
Unser besonderer Dank gilt den Erzieherinnen und Erziehern aus den
Modelleinrichtungen; den Fachberaterinnen und den Frauenbeauftragten; den
Personal verantwortlichen sowie den Betriebsrätinnen und Betriebsräten aus
den Unternehmen.
Wir danken dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend (Wolfgang Dichans) und dem Hessischen Ministerium für Umwelt,
Energie, Jugend, Familie und Gesundheit (Ute Schlösser) sowie den Mitglie
dern des Projektbeirates, die das Projekt gefördert und beraten haben.
Traude Scheuerer-Nehmtow danken wir für die geduldige Bearbeitung
der Manuskripte.
In Annemarie Gerzer-Sass fanden wir eine sachkompetente und sensible
Beraterin.
Hermann Schwarzer gab als Lektor viele wichtige Hinweise und Tips zur
redaktionellen Überarbeitung.
Darüber hinaus haben zahlreiche andere Personen in unterschiedlichen
Zusammenhängen zum Gelingen des Projektes beigetragen. Ihnen allen sa
gen wir ein herzliches Dankeschön.
Die Projektgruppe "Betriebliche Förderung von Kinderbetreuung"
Vorwort
Kinder waren in den 50er Jahren nach dem vorherrschenden gesellschaftspo
litischen Verständnis in der Bundesrepublik einzig und allein "Privatsache".
Die Erziehung und Betreuung der Kinder war Angelegenheit der Eltern und
hier vor allem der Mütter. Von ihnen wurde erwartet, daß sie sich - vom
Ehemann versorgt - voll und ganz ihren "Mutterpflichten" widmeten. Was
damals als selbstverständlich angesehen wurde, ist mit der Entwicklung neu
er Familienformen und der wachsenden Erwerbstätigkeit von Müttern, die
auch in Zeiten steigender Arbeitslosenquoten konstant bleibt, zunehmend
fragwürdig geworden. Kinder wachsen immer häufiger in Ein-EItern-Fami
lien oder in nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften auf, Ehefrauen verzich
ten, wenn sie Kinder bekommen, nicht mehr auf Erwerbsarbeit. Das eigene
Einkommen und eine selbstbestimmte familienunabhängige Identität haben
für Frauen im Laufe dieser Entwicklung eine zunehmende Bedeutung erhal
ten. Staatlicherseits wurden die Erwerbschancen von Frauen durch die ge
setzliche Absicherung und politische Ausgestaltung gleicher Rechte für
Frauen und Männer verbessert und die Realisierung eines "doppelten Leben
sentwurfs" von Mädchen und Frauen unterstützt.
Die mit den unterschiedlichen Zeitstrukturen von Erwerbs- und Privatle
ben, von Arbeits- und Kinderalltag einhergehenden Probleme bei der Ab
stimmung beruflicher und familiärer Anforderungen behinderten jedoch die
beruflichen Intentionen von Frauen, die Einlösung des rechtlichen Gleich
heitsanspruches und die Existenzsicherungsbedürfnisse von Alleinerziehen
den. Damit wurde die ehemals private Frage nach der Betreuung, Bildung
und Erziehung der Kinder während der Arbeitszeit ihrer Mütter zu einem öf
fentlichen Anliegen, das sich in der Forderung artikulierte, öffentliche Kin
derbetreuungsangebote auszuweiten. Gleichzeitig wurde hierin auch eine
Möglichkeit gesehen, eine Begegnungsstätte für Kinder in einer kinderarmen
und "verregelten" Umwelt zu schaffen, die angesichts der sinkenden Kinder
zahl in den Familien sowie der Gefährdung der räumlichen Umwelt geeignet
erschien, sozialisatorische "Defizite" auszugleichen und Kindern wertvolle Ent
wicklungsmöglichkeiten zu eröffnen. Mit dem inzwischen gesetzlich abgesi
cherten Anspruch jeden Kindes auf einen Kindergartenplatz hat der Staat die
öffentliche Verantwortung für die Gewährleistung einer Kinderbetreuung in
kommunaler oder freier Trägerschaft übernommen - zumindest für einen
10 Vorwort
Teil der Kinder, denn für Schul- und Kleinkinder war kein Rechtsanspruch
durchsetzbar gewesen.
Während sich in den 50er Jahren noch die unterschiedlichen freien Trä
ger untereinander und mit den öffentlichen Trägem um die leitenden Wertori
entierungen und die Trägerschaft der Kindergärten auseinandersetzten, hat
das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) 1990 die Rechtsstellung der frei
en Träger geregelt, die Gesamtverantwortung kommunaler Träger festgelegt
und den Leistungsberechtigten die Auswahl zwischen einer Vielfalt unter
schiedlicher Angebote eröffnet. Die mittlerweile bestehenden unterschied
lichen selbstorganisierten und selbstverwalteten Formen der Kinderbetreuung
werden im KJHG allerdings nur am Rande erwähnt. Gerade in diesen neuen
Formen zeigt sich jedoch eine Verknüpfung staatlich-kommunaler Verant
wortung mit traditionellen sozialen Trägergruppen und privaten Initiativen zu
einem "Welfare Mix", in dem sich Wirtschaftsunternehmen über traditionelle
betriebliche Kindergärten hinaus in vielfältigen Formen engagiert haben.
Die Trennung zwischen den gesellschaftlichen Sphären von einerseits
Produktion und Distribution im Zuständigkeitsbereich von Wirtschaftsunter
nehmen und andererseits sozialer Arbeit in den Händen von Wohlfahrtsor
ganisationen und des Staates scheint mit neu entwickelten modemen Unter
nehmenskonzepten brüchig geworden zu sein. In ihnen wird der Mensch
nicht mehr auf seine betriebliche Arbeitskraft reduziert, sondern Leistungs
fähigkeit, Qualifikation und Motivation von Beschäftigten - Grundbestand
teile des "Humankapitals" - werden verstärkt in einem ganzheitlichen Zu
sammenhang gesehen. Bei der Personalgewinnung, Personalpflege und Per
sonalmotivation wird deswegen zunehmend die gesamte Lebenswelt der Ar
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Unternehmenspolitik einbezogen.
Noch weitgehendere Überschneidungen der ehemals radikalen gesellschaftli
chen Arbeitsteilung zwischen Staat und Wirtschaft zeigen sich bei jenen Un
ternehmen, die sich im Interesse ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv
an der Entwicklung bedarfsgerechter Kinderbetreuungsangebote beteiligen.
Sie übernehmen damit soziale Aufgaben des Gemeinwesens, ohne daß sie
sich - wie in der Vergangenheit - dem Vorwurf ausgesetzt sehen, paternali
stische oder sozialistische Ziele anzustreben. Unternehmen engagieren sich
dabei immer seltener für die Einrichtung von Betriebskindergärten, die früher
z.B. innerhalb der Gewerkschaften sehr umstritten waren, sondern sie beteili
gen sich an unterschiedlichen Modellen, durch die die Betreuungssituation
der Kinder ihrer Beschäftigten verbessert und unterstützt werden kann. Dabei
richtet sich das Angebot der betrieblich geförderten Kinderbetreuung zuneh
mend auch an die Väter.
Diese Modelle betrieblicher Kinderbetreuung stehen im Zentrum des
vorliegenden Readers mit Beiträgen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
einer Projektgruppe des Deutschen Jugendinstituts. Sie haben in ihrer drei
jährigen Forschungstätigkeit erstmals eine bundesweite Bestandsaufnahme
betrieblich geförderter Kinderbetreuung durchgeführt, nach begünstigenden
und hinderlichen Rahmenbedingungen für die Entstehung solcher neuen Kin-
Vorwort 11
derbetreuungsangebote gefragt, ihre sozialen und pädagogischen Formen -
auch im Hinblick auf Qualitätsstandards von Kinderbetreuung - untersucht
sowie deren Wirkungsweise auf die Handlungsspielräume und Erwartungs
haltungen von Erzieherinnen, Kindern und Eltern analysiert. Aufgezeigt und
zur Diskussion gestellt werden auch die Wechselwirkungen zwischen den
Handlungsfeldern von Wirtschaft und Jugendhilfe, von betrieblicher und
familialer Wirklichkeit.
Elterninitiativen, pädagogischem Personal, öffentlichen und freien Trä
gern wie auch betrieblichen Akteurinnen und Akteuren kann der in diesem
Buch gebotene Einblick in die Organisationsformen und die Praxis betrieb
lich geförderter Kinderbetreuung Anregungen und Umsetzungshinweise für
die Unterstützung von Eltern bei der Erziehungsaufgabe ihrer Kinder bieten.
Die am Beispiel von zehn Modellen aus dem gesamten Bundesgebiet darge
stellte Vielfalt betrieblicher Förderungsmöglichkeiten von Kinderbetreuung
soll insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen einen Anreiz
bieten, in diesem Bereich aktiv zu werden. Darüber hinaus leistet der Reader
einen Beitrag zur wissenschaftlichen Theorie-Praxis-Diskussion im Kontext
der Sozialwesenarbeit und der betrieblichen Personalpolitik und -entwick
lung.
Die der vorliegenden Veröffentlichung zugrundeliegende Untersuchung
steht in einer langjährigen Forschungstradition des Deutschen Jugendinstituts
im Bereich der außerfamiliären Kinderbetreuung. Die Forschungsergebnisse
weisen eine breite Vielfalt unterschiedlicher institutioneller, thematischer und
methodischer Bezüge auf. Untersuchungen fanden z.B. in Kindergärten, Kin
derhorten und in Eltern- und Mütterinitiativen statt. Forschungsfragen rich
teten sich u.a. auf das Handeln öffentlicher und freier Träger, auf die Ent
wicklung curricularer Elemente für die Arbeit in Kindertageseinrichtungen,
auf kindliches Verhalten oder auf die berufliche Situation und das Handeln
von Erzieherinnen. Zu den inhaltlichen Schwerpunkten zählen so unterschied
liche Bereiche wie Kinderkultur, soziales Lernen und geschlechtsspezifisches
Handeln. Dabei sind regionale Differenzierungen zwischen städtischen und
ländlichen Regionen ebenso vertreten wie internationale Vergleiche, quanti
tative Bestandserhebungen ebenso wie qualitative Forschungsschwerpunkte.
Mit der Konzentration auf die betrieblich geförderte Kinderbetreuung wird
dieses Spektrum um ein neues, zeitgemäßes Thema erweitert. Dabei wurde
ein prozeßorientierter, handlungsbezogener Forschungsansatz gewählt, der
die am Forschungsprojekt beteiligten Personengruppen aktiv einbezieht und
somit neben wissenschaftlichen Erkenntnissen auch direkte praktische Wir
kungen zeitigt, die als wichtiger Beitrag für die quantitative und qualitative
Verbesserung der Betreuungssituation von Kindern berufstätiger Mütter und
Väter eingestuft werden können.
Prof Dr. Ingo Richter