Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr.1310
Herausgegeben
im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers
von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt
DK 547.314.2
662.766
541.126.4
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547.314.2
531.758
536.722
Dr. phil. habil. Paul Hb"lemann
Bestimmung der kritischen Druckgrenze bei der
Zündung von reinem Acetylen durch Detonationen
in Acetylen-Sauerstoff-Gemischen
Dr. phi!. habil. Paul Hölemann
lng. Rolf H asselm ann
Über den Verlauf von Acetylen-Explosionen
in Gefäßen mit größerem Durchmesser
Dr. phi!. habil. Paul Hölemann
lng. Rolf Hasselmann
Über die Dichte von flüssigem Acetylen
Forschungsstelle für Acetylen Dortmund
WESTDEUTSCHER VERLAG· KÖLN UND OPLADEN 1964
ISBN 978-3-663-06222-6 ISBN 978-3-663-07135-8 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-07135-8
Verlags-Nr.011310
© 1964 by Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen
Gesamtherstellung : Westdeutscher Verlag
Bestimmung der kritischen Druckgrenze bei
der Zündung von reinem Acetylen durch
Detonationen in Acetylen-Sauerstoff-Gemischen
Dr. phil. habil. PAUL HÖLEMANN
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Inhalt
1. Einleitung ................. ,................................... 9
2. Bericht......................................................... 11
2.1 Experimentelles ............................................. 11
2.2 Ergebnisse der Messungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 13
2.3 Diskussion der Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3. Zusammenfassung ........................ ~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 19
4. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 21
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1. Einleitung
Reines Acetylen stellt wegen seines exothermen Charakters ein explosibles Gas
dar. Die Auslösung einer Explosion ist aber abgesehen von den Gefäßabmessun
gen, in denen sich das Gas befindet, sehr wesentlich vom Druck und von den
Zündbedingungen abhängig. So hat sich in einer sehr großen Zahl von Versuchen
[1] gezeigt, daß das Gas unter normalen Zündbedingungen, z. B. durch Funken
oder unter Durchschmelzen eines Drahtes, auch in größeren Räumen erst bei er
höhten Drucken zur Explosion gebracht werden kann.
Anders liegen die Verhältnisse, wenn besonders intensive Zündbedingungen zur
Anwendung kommen. So kann in mit Acetylen gefüllten Rohren auch schon bei
Drucken unter 1 Atm durch eine genügend brisante Sprengstoffladung im Acety
len eine Detonation ausgelöst werden [2]. Sehr intensive Zündquellen stellen auch
Stoßwellen oder Detonationswellen dar [3]. Zum Beispiel läßt sich in Acetylen
eine durchgehende Zersetzung erreichen, indem in einem Rohrteil ein Acetylen
Sauerstoff-Gemisch oder reines Acetylen unter höherem Druck zur Detonation
gebracht wird [4].
Dieser Fall tritt in der Praxis verhältnismäßig leicht dann ein, wenn es an Autogen
geräten zu einem Rücktreten des Acetylen-Sauerstoff-Gemisches in die Acetylen
Zuführungsleitung kommt und das Acetylen-Sauerstoff-Gemisch irgendwie ge
zündet wird. Diese Rückschläge führen unter Umständen dazu, daß sich die
Detonation im sauerstoffhaltigen Teil der Geräte bzw. Leitungen auf den Acety
len-Zuführungsschlauch überträgt und dort je nach den Bedingungen eventuell
bis zur Acetylenflasche, dem Entwickler oder dem Acetylen-Verteilersystem in
Form einer Detonation weiterläuft.
Die näheren Bedingungen über das Auftreten eines derartigen Vorganges sind bis
her wenig bekannt. Es erscheint daher von erheblichem praktischen Interesse,
diese Fragen eingehender zu untersuchen. Als in Betracht zu ziehende Faktoren
kommen dabei außer der Zusammensetzung des zündenden Sauerstoff-Acetylen
Gemisches dessen Menge bzw. die Länge der Leitung, in dem sich das Gemisch
befindet, der Druck, unter dem sowohl das Acetylen als auch das Gemisch steht,
und die Länge der Acetylenleitung in Frage. Dabei sind auch im praktischen Fall
die Drucke im Acetylen-Sauerstoff-Gemisch und im reinen Acetylen als gleich
groß zu betrachten.
Die Durchführung der Versuche wurde insofern unter idealisierten Bedingungen
vorgenommen, als die Messungen in einem glatten Rohr ausgeführt wurden. Nur
dadurch ließen sich wirklich reproduzierbare Bedingungen erzielen. In Schlauch
leitungen ist die Reproduzierbarkeit aus begreiflichen Gründen wesentlich ge
ringer. Im allgemeinen ist aber damit zu rechnen, daß es in einem Schlauch
schwerer als in einer glatten Rohrleitung zur Zündung kommt. Bei den Versuchen
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wurde jeweils die Druckgrenze festgelegt, bei der die im Acetylen-Sauerstoff
Gemisch unter Durchbrennen eines Drahtes ausgelöste Explosion sich durch das
anschließende mit reinem Acetylen gefüllte Rohr hindurch fortpflanzte. Dabei
wurde die Zusammensetzung des Zündgasgemisches, die Länge des Rohres, in
dem sich dieses befand, sowie die Länge des mit Acetylen gefüllten Rohres variiert.
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2. Bericht
2.1 Experimentelles
Die Versuchsanordnung (s. Abb. 1) bestand aus dem eigentlichen Reaktionsrohr R
von 7,5 mm lichtem Durchmesser und 3000 bzw. 6000 mm Länge, in dem sich das
reine Acetylen befand. An das Rohr R wurde mit Hilfe eines Flansches P das
Zündrohr Rz angesetzt, wobei das Zündrohr vom Reaktionsrohr durch eine
dünne gasundurchlässige Papierfolie abgetrennt war. Rz hatte den gleichen Durch
messer wie R. Die angewandten Längen betrugen 200, 400 bzw. 800 mm. Am
Ende des Zündrohres war die Zündkerze Z angebracht, zwischen deren Polen ein
Eisendraht von 0,1 mm Dicke und 10 mm Länge eingelötet wurde.
Z R" P R
V
3
"2
", 11, 1-1,, _
\'6
Probe
- nahme
G
Pumpe
Fl,
L'
FI~
Abb. 1 Schema der Versuchsapparatur
R: Versuchsrohr ; Rz: Zündrohr ; Z: Zündkerze;
P: Flanschverbindung mit Folie; M: Manometer;
Md: Differenzdruckmanometer ; U: Hg-Manometer; F: Falle;
G: GassammeIgefäß; N: Niveaugefäß ; Fh, F12: Gasflaschen;
VI-V9: Ventile; H1-H4: Hähne
Vor der Füllung mit Gas wurden die Rohre sorgfältig mit einer Ölpumpe evaku
iert. Dann wurde in das Reaktionsrohr R Acetylen aus der Flasche Fh und in Rz
das jeweils verwendete Acetylen-Sauerstoff-Gemisch aus der Flasche Fh gegeben.
Das letztere war vorher zusammengemischt und dann im Orsat analysiert worden.
Während der Gaszugabe wurde sorgfältig darauf geachtet, daß die Drucke in R
und Rz gleichmäßig anstiegen, wobei eine eventuell auftretende Druckdifferenz
am Manometer Md beobachtet werden konnte. Der absolute Druck wurde an dem
Manometer M bzw. am Quecksilber-Manometer U abgelesen.
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Zur Auslösung der Zündung wurde an den Zünddraht eine Spannung von 24 V
angelegt, die unter allen Versuchsbedingungen das Acetylen-Sauerstoff-Gemisch
in Rz zur Explosion brachte. Bei den Versuchen wurde jeweils der kristische
Grenzdruck Pk ermittelt, der gerade noch in der Lage war, in R eine durchgehende
Acetylenzersetzung hervorzurufen. In einem gewissen Übergangs gebiet trat die
Explosion aus Rz noch teilweise in R ein, blieb aber dann beim Durchlaufen von
R stecken.
Zur Feststellung, ob das Acetylen in R vollkommen umgesetzt war, wurde eine
Analyse des Gasinhaltes in Rz und R nach der Explosion durchgeführt. Dazu
wurde zunächst mit Hilfe des Gefäßes G über die Rohrleitung zwischen Ha und
V 1 das Gas durch Umwälzen gründlich durchgemischt und schließlich eine Probe
in G aufgefangen, die auf den Gehalt an Acetylen untersucht wurde. Bei Über
schreiten des Grenzdruckes war der C H -Gehalt im Endgas unter 10% ge
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sunken.
Nach Beendigung des Versuches wurden die Rohre sorgfältig ausgeblasen und von
allen Rußresten gesäubert. Schwankungen in den Versuchsergebnissen, die durch
die eventuelle Anwesenheit geringer Rußmengen an der Rohrwand hervorgerufen
sein konnten, wurden nicht beobachtet. Ebenso ergaben Versuche mit zwei
Folien im Flansch zwischen Rund Rz an Stelle von einer Folie keinen Unterschied,
der die normale Fehlergrenze überstieg.
Nach längerem Stehen des Rohres wurde vor dem ersten Versuch das ganze
System mit reinem Acetylen von genügend hohem Druck (ca. 6 atü) gefüllt und
eine Explosion unter Durchschmelzen des Zünddrahtes an Z ausgelöst. Diese
Maßnahme erwies sich als notwendig, da ein längeres Stehen der Apparatur deut
lich hemmend auf den Eintritt einer Acetylenzersetzung wirkte. Ebenso wurden,
wenn mehrere Zündungen hintereinander nicht zu einer durchgehenden Acetylen
zersetzung geführt hatten, die Versuchsbedingungen so gewählt, daß auf alle
Fälle eine Acetylenexplosion erfolgen mußte.
Als Acetylen wurde normales Entwicklergas mit einem Gehalt von mehr als
99,7% C H verwendet. Die restliche Verunreinigung bestand im wesentlichen
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aus Stickstoff. Der für die Mischung im Zündrohr benutzte Sauerstoff hatte einen
Gehalt von 99,5% O2•
Die Analyse des Acetylen-Sauerstoff-Gemisches auf den Acetylengehalt war mit
einem maximalen Fehler von 0,2% behaftet. Die Versuche wurden bei Raum
temperatur (200 C) ausgeführt, wobei Schwankungen von ± 20 C auftreten konn
ten. Die Druckeinstellung erfolgte bis 900 mm Überdruck mit einer Genauigkeit
von ± 2 mm, darüber mit einer solchen von ± 20 mm Hg. Die Druckdifferenz in
Rund Rz war immer geringer als 1 mm Hg.
Die Festlegung der kritischen Druckgrenze, bei deren Überschreitung mit einem
praktisch vollständigen Durchlaufen der Explosion durch das Reaktionsrohr R zu
rechnen war, konnte im Mittel nur auf etwa ± 25 mm Hg genau durchgeführt
werden. Die maximalen Schwankungen konnten auch bei sorgfältiger Säuberung
der Rohre und Einhaltung möglichst gleicher Zündbedingungen bis zu ± 50 mm
betragen. Schon bei etwas niedrigerem als dem kritischen Druck trat die Zer
setzung in R ein und lief sich dann aber tot, so daß nur ein Teil des Acetylens in R
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umgesetzt wurde. Andererseits verblieb im Endgas auch bei voll durchgelaufener
Explosion im Reaktionsrohr noch bis zu maximal 10% des anfänglichen Acety
lens.
2.2 Ergebnisse der Messungen
Die Ergebnisse der Messungen sind in der Tab. 1 und der Abb. 2 bzw. 3 zusam
mengefaßt. Dabei ist in der Tabelle und den Abbildungen der kritische Druck als
überdruck über 760 mm Hg angegeben. Die Werte stellen zum Teil Mittelwerte
aus einer größeren Zahl von Versuchen unter gleichen Bedingungen dar. Die auf
tretenden Schwankungen sind vor allem auf das ungleichmäßige Anlaufen der
Explosion im Zündrohr zurückzuführen.
Zunächst ergab sich bei einer Reihe von Versuchen unter verschiedenen Bedin
gungen, daß eine Verlängerung der Reaktionsstrecke R von 3000 auf 6000 mm
praktisch keinen merkbaren Einfluß auf den kritischen Zersetzungsdruck ausübt.
Die Länge des Reaktionsrohres war danach innerhalb der Grenzen der Versuchs
bedingungen nicht mehr von Bedeutung, wenn die Zersetzungsreaktion erst ein
mal mit genügender Intensität angelaufen war.
Es ist natürlich durchaus möglich, daß bei einer wesentlichen Verlängerung des
Rohres R mit der Zeit ein Totlaufen der Detonation stattfindet. Dabei können Un
regelmäßigkeiten im Rohr, wie Rauhigkeiten, Verengungen oder Krümmungen,
eine besondere Rolle spielen.
Offensichtlich ist es danach möglich, auch in verhältnismäßig engen und langen
Rohren durchlaufende Detonationen auszulösen, wenn der Zündstoß nur ge
nügend intensiv ist. Das steht in übereinstimmung mit den Versuchen von
R. E. DUFF, H. T. KNIGHT und H. R. WRIGHT [2], die an weiteren Leitungen
(13-76 mm 0) zum Teil sogar für Drucke unter 1 Atm stabile Detonationen im
reinen Acetylen bei genügend intensiver Zündung (durch Sprengstoffe) mit den
für die Acetylenzersetzung typischen Geschwindigkeiten beobachteten.
In allen Fällen durchlaufen die Kurven, in denen der kritische Druck gegen die
Zusammensetzung des Acetylen-Sauerstoff-Gemisches aufgetragen ist (Abb. 2),
ein deutliches Minimum, das etwa bei 50% C2H2, d. h. bei einem Verhältnis
O2: C2H2 = 1 : 1, liegt. Bei einem geringeren Acetylengehalt des Gases in der
Zündkammer nimmt der Druck mit abnehmendem Acetylengehalt nur langsam
und zunächst fast linear mit diesem zu. Bei überschreitung des Minimums findet
dagegen eine verhältnismäßig steile Zunahme des Druckes statt. Die Kurven für
die verschiedenen Zündstrecken gehen dabei gleichmäßig in den Grenzdruckfür
das reine Acetylen über, der bei 5100 mm Hg lag.
Weiter ergibt sich ein sehr wesentlicher Einfluß der Länge der Zündstrecke
(Abb. 3). Je länger die Zündstrecke ist, um so niedriger liegt der kritische Druck,
bei dem die Explosion das Reaktionsrohr praktisch vollständig durchläuft. Die
Druckzunahme wird mit abnehmender Länge in steigendem Maß steiler. Sie muß
letzten Endes für sehr kurze Zündstrecken unabhängig von der Zusammen
setzung des Zündgemisches gleichmäßig zum Zünddruck im reinen Acetylen
(5100 mm Hg) führen.
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