Table Of ContentPervers: Besser lebeH - mehr errdcheH
Hans Fervers
Besser leben - mehr erreichen
Ein Erfolgsbrevier
Zweite, überarbeitete und erweiterte Auflage
Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler· Wiesbaden
ISBN 978-3-322-97994-0 ISBN 978-3-322-98607-8 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-98607-8
Verlags-Nr.911
Copyright by Betriebswirtschaftlicher Verlag DT_ Th_ Gabler GmbH
Wiesbaden 1968
Softcover reprint of the hardcover 2nd edition 1968
Ein Wort zuvor
Der Titel dieses Buches ist - seit es zum ersten Mal erschien -
zu einem Schlagwort geworden. Man hat Ausstellungen damit
geschmückt, und man hat ihn vielfach abgewandelt und nach
geahmt. Er mag tatsächlich auch ein guter "Slogan" sein. Aber
es ist keineswegs Zweck dieser Darstellung, "Schlagwörter" zu
bieten. Sie hat sich vielmehr von Anfang an vorgenommen
gehabt, dort einzugreifen, wo die größten Lücken zwischen Schul
bildung bzw. Berufsfortbildung auf der einen Seite und der
Lebenswirklichkeit auf der anderen Seite klaffen.
Leider ist es traurige Wahrheit, daß sehr viele, selbst Abitu
rienten und sogar Akademiker zwar eine Fülle des Fachstoffes in
fleißiger Arbeit zusammengetragen und sich anerzogen haben,
aber oft nicht einmal in der Lage sind, einen einigermaßen
brauchbaren und für praktisch-wirtschaftliche Zwecke nützlichen
Lebenslauf zu schreiben. Noch weniger wissen sie dementsprechend
Bescheid um die nun einmal uneingeschränkt zur Wirkung kom
menden soziologischen Grundgesetze und über den Ablauf der
Lebensentwicklung in der wirtschaftlichen Wirklichkeit.
Wer aber aus eigener Kraft sein erlerntes Wissen so weit wie
möglich anwenden und zum Erfolg bringen will, der muß gerade
mit den Erfolgsgeheimnissen vertraut sein: mit jenen Erfolgs
geheimnissen, die "in seiner eigenen Brust" liegen, und jenen
anderen, die in der Lebenswirklichkeit ständig immer wieder
zur Geltung kommen.
Eine geringe Minderzahl erwirbt sich solche Vertrautheit auto
matisch, die einen sehr schnell und bereits in den ersten Jahren
der Berufstätigkeit, die anderen vielleicht erst nach vielen Jahren
oder Jahrzehnten - aber immerhin zumindest dann. Der großen
Mehrzahl aller Bildungsstufen aber bleibt der Zugang zu solcher
Vertrautheit verschlossen. An sie alle wendet sich dieses Buch,
das die Tatsachen des Lebens zu erkennen hilft und jene wichtigen
Tricks enthüllt, mit denen das Leben gemeistert werden kann.
Es bietet aber noch mehr: Es bietet Einblick in wesentliche eigene
Kraftquellen, die gar zu leicht übersehen werden. Es bietet die
Möglichkeit, Fehlerquellen der eigenen Person auszuschalten und
Kräfte nutzbar zu machen, die bisher nicht erkannt oder falsch
angewandt wurden.
Auf das richtige Zusammenspiel zwischen zweckmäßigstem Ver
halten und zweckmäßigstem Einsatz der eigenen Persönlichkeit
kommt es im Berufs- und Wirtschaftsleben ebenso wie im poli
tischen und im öffentlichen Leben überhaupt an. Dazu will dieses
Buch einen Leitfaden geben, der allerdings schon erarbeitet wer
den muß, der aber auch bei einigem Bemühen verhältnismäßig
leicht erarbeitet werden kann. Es ist keineswegs ein Leifaden nur
für "Berufsanfänger" , obwohl es jedem nützlich sein wird, ihn
so früh wie möglich kennenzulernen, sondern ganz allgemein ein
Leitfaden für alle, die ihr Leben erfolgreicher gestalten wollen
und die auch mehr von ihm haben wollen. Letztlich wird sogar
jener, der bereits beachtliche Erfolge sein eigen nennen kann,
noch manchen nützlichen Hinweis finden.
Der Verfasser des Buches hat als Publizist, Charakterologe und
Betriebsgraphologe zahllose Karrieren in der Entwicklung, im
Aufstieg und an ihrem vorzeitigen Ende gesehen. Er weiß, daß
nichts ohne eigene Kraft und ohne eigene Fähigkeiten geht. Seine
Darlegungen können infolgedessen begreiflicherweise auch aus
Idioten keine Genies machen. Aber er weiß, daß im harten Wett
bewerb des Daseins oft sozusagen zehntel und hundertstel Sekun
den, gewisse "Kleinigkeiten" - gerade wie im Sport! - den
Ausschlag geben. Und solcher Sekundenvorsprung kann ent
scheidend sein. Das Buch verrät, wie man ihn sich verschafft.
Hans Fervers
Inhaltsverzeichnis
Seite
Es ist nie zu spät . 9
Tatsachen und Tricks
Das Glück .... 17
Gesünder und älter werden 27
Der organisierte Alltag 43
Das Geld ...... . 53
Die bösen Mitmenschen 61
Was Erfolg bringt ... 73
Wo Fehler lauern . . . 95
Probleme der Selbständigkeit 106
Wege zur guten Stelle 116
Krisenfest bleiben 128
Das Charakterbild
Schicksalsdeutung und Charakterprüfung . 139
Selbstgenügsamkeit - Autarkie der Persönlichkeit 146
Selbstvertrauen . . 150
Willenskraft ..... 155
Selbstbeherrschung 161
Begeisterungsfähigkeit 165
Gefühlsstärke und Verstandesnatur - Selbstlosigkeit 169
Die hemmenden Einbildungen - Der Tatsachenmensch . 173
Entschlußfähigkeit - Schnelle Tatkraft . . . . . 179
Ausdauer - Energie - Zähe Tatkraft - Geduld 184
Die Gewohnheiten ........... 191
Angst - Furchtlosigkeit - "Zivilcourage" 197
Der Neid - Das Ressentiment 203
Die Herrschsucht . . . . . . 207
Diplomatische Begabung . . . 213
Wirklichkeit und Wunschbild. 216
Zufriedenheit - Unzufriedenheit. 220
Enttäuschungsgefährdung 226
Seite
Betrugsanfälligkeit - Vertrauensbereitschaft - Vorsicht-
Mißtrauen . . . . . . . . . . . . . 230
Komplexe und Unzulänglichkeitsgefühle 234
Die Sorgen . . . . . . 238
Lärmempfindlichkeit 242
Vergessen Sie zu leben? 246
Das Bild des Lebens . . 253
Es ist nie zu spät
Er läuft, er läuft, er läuft! Alle Leute blicken ihm nach. Sein
Mantel flattert hinter ihm her. Den Koffer schwingt er in der
rechten Hand. Jetzt ... jetzt ... jetzt ... seine Linke streckt sich
nach der Tür des letzten Wagens jenes D-Zuges, der da gerade
mit zunehmender Geschwindigkeit die Bahnhofshalle verläßt. Es
ist, als sei der Teufel im Spiel.
Eben, da er zupacken und sich auf das Trittbrett schwingen will,
scheint der Zug mit einem viel schnelleren Ruck vorzuspringen.
Er greift ins Leere. Beinahe wäre er noch hingefallen. Mit stol
pernden Schritten fängt er sich und steht nun pustend da, hochrot
im Gesicht, ärgerlich über die schadenfrohen Blicke der fremden
Menschen auf dem Bahnsteig.
Zu spät! Der Zug ist fort. Und mit ihm vielleicht ein lebens
wichtiges Treffen, ein wesentliches Geschäft, eine neue Stelle,
eine Frau fürs Leben.
Hinter dem "Zu spät!", das der Erschöpfte da auf dem Bahnsteig
vor sich hin murmelt, liegt ein ganz persönliches Schicksal. Aber
weit darüber hinaus haben diese beiden Wörtchen "Zu spät!" eine
oft geradezu unheimliche Bedeutung in dem Leben jedes einzel
nen.
Das "Zu spät" bei einer entscheidenden Besprechung mag für
einen Menschen ein völlig anderes Leben bedeuten, eine andere
Stellung, eine andere Heirat, glücklicher beide vielleicht oder auch
viel, viel unglücklicher. Zu spät hat einer etwas entdeckt. Zu spät
entdeckte er vielleicht, daß sein ganzes Leben auf falschen Vor-
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aussetzungen aufgebaut war. Zu spät entdeckte ein anderer, daß
er sich für eine falsche Sache eingesetzt hatte. Zu spät sah dieser,
wie man ihn Jahre hindurch betrogen hat. Und zu spät merkte
jener, daß sein wirkliches Glück ganz woanders blühte, als da er
es suchte.
"Zu spät", sagt mancher, wenn er aus innerster Überzeugung
einen Berufswechsel vornehmen möchte: Zu spät, mich umzu
schulen, zu spät, mich neu auszubilden.
Für den Erschöpften auf dem Bahnsteig war es wirklich zu spät.
Dieser Zug ist fort! Und er hat ihn verpaßt. Gewiß gibt es Mög
lichkeiten, das Verpassen auszugleichen: andere, "spätere" Züge
zu benutzen. Nur das eine kann nie mehr ausgeglichen und nie
mehr gutgemacht werden: die Zeit, die verlorenging.
Wie mit dem verpaßten Zug im Bahnhof verhält es sich mit den
verpaßten Gelegenheiten im Leben. Jedesmal, wenn man sich
beschämt oder erschöpft, erregt oder enttäuscht, verzweifelt oder
bereits gleichgültig geworden ein "Zu spät!" zumurmelt, sollte
man an den Mann dort auf dem Bahnsteig denken. Der kann
einen "späteren" Zug benutzen. Zu seinem Ziele kommt er sicher
damit. Und vielleicht auch noch zu dem, was ihn dort hinführte.
Solange Züge verkehren, kann jedes "Zu spät'" nur vorläufige
Bedeutung haben. Man kann es "später" wieder ausgleichen.
Solange man lebt, hat jedes "Zu spät!" nur bedingte Gültigkeit.
Es gibt wenige Dinge, die wirklich von ihm endgültig entschieden
wären. Bei den meisten ist das "Zu spät" nur deswegen endgültig,
weil der, dem es begegnet, nichts dafür und nichts dagegen tut.
Freilich: Einmal verlorengegangene Zeit bleibt für immer un
rettbar verloren. Aber "zu spät" ist es nie.
Es ist nie zu spät, sich für einen anderen Beruf, für den sich einer
wirklich berufen fühlt, auszubilden. Es ist nie zu spät, um mit
allem noch einmal von vorne anzufangen. Es ist nie zu spät, ein
Leben, dem die Genugtuung versagt blieb, so umzugestalten, daß
der Erfolg sein Kennzeichen wird. Viele bedeutende Leistungen
der Weltgeschichte sind von Siebzig- und Achtzigjährigen voll
bracht worden. Wenn ihnen in diesem Alter große Dichtungen
oder Erfindungen möglich waren, warum sollte es da den Durch
schnittsmenschen unmöglich sein, auch in fortgeschrittenen Jah-
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ren ein neues, ein besseres und glücklicheres, ein anderes Leben
zu zimmern?
Das "Zu spät" darf nie als Entschuldigung genommen werden.
Sicherlich hat es oft eine tragische Note, gerade auch in den
menschlichen Beziehungen. Aber selbst dort bieten sich Möglich
keiten, es "später" wiedergutzumachen. Freilich muß man
immer etwas tun, immer handeln, wenn man das "Zu spät" über
winden will. Wenn man stets nur hinausschiebt, dann könnte es
eines Tages wirklich "zu spät" sein.
Paradox mag es klingen, dennoch ist es so: In neunzig von hun
dert Fällen, da einer "Zu spät!" sagt, kennzeichnet er eigentlich
den letzten Augenblick, in dem eben noch rechtzeitig zu handeln
wäre. Es sei zu spät für die berufliche Umschulung? Wenn du
heute damit beginnst, ist es eben noch recht. Es sei zu spät für
ein bißchen gemeinsames Lebensglück? Wenn ihr euch sofort
entschließt, etwas dafür zu tun, bleibt euch noch Zeit, es zu ge
nießen.
Allerdings steht über dem "eben noch rechtzeitig", mit dem das
"Zu spät" wiedergutgemacht werden kann, jenes andere "recht
zeitig", das alle Handlungen, Entscheidungen und Begegnungen
genau in dem einzigen dafür richtigen Zeitpunkt stattfinden läßt.
Die alten Griechen besaßen dafür ein eigenes Wort: Kairos. Gegen
über dem Chronos, der Zeit im allgemeinen, stand der Kairos, die
richtig gewählte oder auch richtig gegebene Zeit. Gewiß mag der
Kairos durch die Gnade des Schicksals verliehen werden. Aber
man kann den richtigen Zeitpunkt auch durch Denken erfassen,
durch Intuition erfühlen, durch Entschlußkraft nutzen.
Wie leicht behütet eine einfache überlegung vor einem schließ
lich bedauernd gejammerten "zu spät!". Wer viele Kinder haben
will, soll nicht erst mit siebzig Jahren eine Familie gründen. Wer
ein vielbegehrtes Mädchen liebt, muß sich ihm schleunigst nä
hern und darf nicht warten, bis ein anderer es heimführt. Wer
im Herbst Früchte ernten will, muß sie "zur rechten Zeit" gesät
haben. Wer etwas erwartet oder erhofft, muß rechtzeitig etwas
dafür tun, damit es Wirklichkeit werde. Nichts kommt von
selbst auf Erden, und die Zeit der Märchenwunder ist lange schon
vorbei. Wer sich darüber nicht klar ist, für den freilich wird es
in allem und endgültig "zu spät" sein.
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