Table Of ContentFORSCH U NGSBE RICHTE
DES WIRTSCHAFTS- UND VERKEHRSMINISTERIUMS
NORDRH EIN -WESTFALEN
Herausgegeben von Staatssekretär Prof. leo Brandt
Nr. 327
Prof. Dr.-Ing. habil. Karl Krekeler
Dr.-Ing. Heinz Peukert
Institut für Kunststoffverarbeitung in Industrie und Handwerk
an der Rhein.-Westf. Technischen Hochschule Aachen
Beitrag zur thermoelastischen Formbarkeit von Polyäthylen
Als Manuskript gedruckt
SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH
ISBN 978-3-663-03542-8 ISBN 978-3-663-04731-5 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-04731-5
Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
G 1 i e der u n g
Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen . S. 4
1. Einführung S. 5
1.1 Erläuterungen zur AufgabensteIlung S. 5
.
. . .
1 .2 Der Versuchswerkstoff Polyäthylen S. 5
2. Versuchsaufbau und Versuchs durchführung der Tiefziehversuche S. 8
3. Formungs- und Rückformversuche an Polyäthylenplatten S. 11
3.1 Versuchsdurchführung S. 11
3.2 Versuchs ergebnisse S. 12
3.3 Diskussion der Versuchsergebnisse •. S. 16
4. Warmreckverhalten von Polyäthylen .• S. 20
4.1 Versuchsdurchführung ..•. S. 20
4.11 Versuche bei Raumtemperatur S. 20
4.12 Versuche bei höheren Temperaturen S. 21
4.13 Mehrfachreckung und Rückformung S. 22
4.2 Versuchsergebnisse und ihre Diskussion S. 22
4.21 Temperatur- und Geschwindigkeitsabhängigkeit
der Zugfestigkeit •.•.••. •••• S. 22
4.22 Zeit- und Temperaturabhängigkeit der Dehnung •. S. 30
4.23 Spannungs dehnungs diagramme , Vorgang des Fließens,
Bruchaussehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 35
4.24 Die Hysterese bei Mehrfachreckung und Rückformung .. s. 40
5. Schlußbetrachtung •• s. 43
6. Literaturverzeichnis S. 44
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Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen
Zeit bis zum Erreichen der oberen Fließgrenze
Zeit bis zum Erreichen der unteren Fließgrenze
Zeit bis zum Erreichen des Bruches
Vorwärmzei t
Rückformungszeit
Formungstemperatur
Vorwärmtemperatur
Rückformungstemperatur
Last an der oberen Fließgrenze
Last an der unteren Fließgrenze
Bruchlast
Spannung an der oberen Fließgrenze l
(J oFl bezogen auf Ursprungs
S
querschnitt
Spannung an der unteren Fließgrenze
Bruchspannung
wirkliche Spannung, bezogen auf tatsächlichen Querschnitt
6 gesamte Dehnung
ges
tJ eingefrorene Dehnung
eing
rückgestellte Dehnung
Orück
6
elastische Dehnung
el
v Zerreißgeschwindigkeit
F Ursprungs querschnitt
o
f eingeschnürter Querschnitt
h Höhe der Halbkugel der tiefgezogenen Teile
h Ursprungshöhe der Halbkugel der tiefgezogenen Teile
o
Sei te 4
Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
1. Einführung
1.1 Erläuterungen zur AufgabensteIlung
Unter Standfestigkeit soll in diesem Bericht der Gestaltänderungswider
stand eines im überwiegend thermoelastischen Zustand spanlos erzeugten
Formkörpers verstanden werden. Somit gehören in den Rahmen dieser Unter
suchungen nur solche Erzeugnisse, die aus Platten- bzw. Rohrhalbzeug auf
dem Wege der spanlosen Formgebung (Tiefziehen, Schlagpressen usw.) ent
stehen.
Als Ursachen für eine Gestaltsänderung kommen sowohl innere wie auch äußere
Kräfte in Betracht. Da die Festigkeitseigenschaften der thermoplastischen
Kunststoffe in hohem Maße von der Beanspruchungstemperatur und vom For
mungszustand abhängig sind, sind also zwei Haupteinflußgrößen zu unter
suchen:
1) Die mechanischen Eigenschaften von Polyäthylen in Abhängigkeit von der
Temperatur
2) Die Änderung der Werkstoffeigenschaften bei der spanlosen Formgebung
mit dem Formungsgrad unter besonderer Berücksichtigung der inneren
Formungsspannungen.
Die Überlagerung dieser beiden Einflußgrößen gibt weitgehend ein Kriterium
für die Standfestigkeit eines Werkstoffes.
1 .2 Der Versuchswerkstoff Polyäthylen
Polyäthylen wird schon seit Jahren in Amerika und England in einem erheb
lichen Umfang hergestellt und auf den verschiedensten Gebieten eingesetzt.
Auch in Deutschland gewinnt dieser Werkstoff mehr und mehr an Bedeutung.
Aufßrund seiner vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten als halbstarrer Werk
stoff wird ihm eine außerordentliche Entwicklung vorausgesagt. Schon heute
ist die Anwendung dieses Materials nur noch durch die Produktionskapazität
der Kunststoffindustrie begrenzt.
Polyäthylen ist ein Polymerisationsprodukt von einfachstem chemischen Auf
bau, dessen Formel für das Polymere lautet:
H H H H H H H
I I I I I I I
,/' c _____ c
~C --""'C ~ C ~C ~C ""
--- I I I I
I I I
H H H H
H H H
Sei te 5
Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
Um die späteren Ausführungen verständlich zu machen, muß zunächst einiges
über den strukturellen Aufbau und die dadurch bedingten Eigenschaften des
Werkstoffes gesagt werden. Thermoplaste sind in den meisten Fällen aus
Fadenmolekülen in sogenannter Wattebauschstruktur aufgebaut. Die Fadenmole
küle des Polyäthylens wiesen in ihrer Anordnung zueinander stellenweise
eine so starke Symmetrie auf, daß man von kristallinen Bereichen spricht,
wobei der Begriff "kristallin" in der Kunststoff technologie eine grundsätz
lich andere Bedeutung hat als in der Metallurgie. Kristalline Bereiche bei
Polyäthylen sind Werkstoffpartien in denen sich viele Fadenmoleküle ab
J
weichend von der Wattebauschstruktur parallel gelagert haben. Der nicht
kristalline Anteil wird analog zur Metallkunde als amorph bezeichnet.
Diese teilkristalline Struktur macht Polyäthylen bei Raumtemperatur halb
starr, obwohl thermoelastisches Verhalten zu erwarten wäre, da die Ein
friertemperatur bei _70°C liegt. Der kristalline Anteil beträgt bei Raum
% %
temperatur etwa 75 und fällt mit steigender Temperatur auf 0 bei etwa
110°C ab. Die Änderung des kristallinen Anteils mit der Temperatur zeigt
Abbildung 1. Mit abnehmendem kristallinen Anteil, was gleichbedeutend mit
zunehmender Temperatur ist, nimmt auch das spezifische Gewicht des Mate
rials ab. Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 2 dargestellt.
[%]
100 +--------------.,
75r-----__
50
25
20 40 60 80 120
Temperatur
A b b i I dun g 1
Kristalliner Anteil von Polyäthylen in Abhängigkeit
von der Temperatur (nach SCHWARZ)
Der kristalline Anteil kann durch Anwendung verschiedener Herstellungsver
fahren weitgehend beeinflußt werden, so daß technische Produkte von ver
schiedener Starrheit .erzeugt werden können. Die Verarbeitung von Poly
äthylen mit hohem kristallinern Anteil ist noch verhältnismäßig schwierig.
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Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
1 ,0
0,9
0,8
0,7
-50 -25 o 25 50 75 100 125
Temperatur [OCJ
A b b i 1 dun g 2
Spezifisches Gewicht von Polyäthylen in Abhängigkeit
von der Temperatur (nach SCHWARZ)
Polyäthylen wird nach den üblichen Verfahren für thermoplastische Kunst
stoffe zu Rohren, Profilen und Platten verarbeitet. Seine wichtigsten tech
nischen Anwendungsgebiete sind im Augenblick: Rohre und Behälter in der
Chemietechnik, Kabelisolierungen und sonstige Bauteile in der Elektrotech
nik, Folien für die Verpackungsindustrie und Beschichtungsmaterial für ver
schiedene Trägerwerkstoffe.
Von den Herstellerfirmen werden für Raumtemperatur eine Zerreißfestigkeit
2 %
von 110 - 150 kg/cm und Bruchdehnungen von 200 bis 500 angegeben.
Für die Untersuchungen standen folgende Materialien zur Verfügung:
Versuchsmaterial VM I
Die Polyäthylenplatten dieser Versuchsreihe waren mit bereits verarbei
tetem Material verschnitten. Die Dehnwerte dieser Mischung lagen des
halb wesentlich tiefer.
Versuchsmaterial VM 11
Versuchsmaterial VM 111
Die Polyäthylenplatten der Versuchsreihen 11 und 111 waren aus reinem
Polyäthylen verschiedener Hersteller gepreßt.
Die Dicke der Versuchsplatten betrug 3 mm.
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2. Versuchs aufbau und Versuchsdurchführung der Tiefziehversuche
Die Tiefziehversuche wurden mittels einer Handpresse durchgeführt, wie sie
in Abbildung 3 im Prinzip dargestellt ist.
/
A b b i 1 dun g 3
Schematische Darstellung der Handpresse
A b b i 1 dun g 4
Zerreißmaschine mit Warmluftapparatur, daneben der Wärmeofen
zum Vorwärmen der Proben
Für die spanlose Formgebung wurden die Platten in einem Wärmeofen auf Glas
platten liegend auf die erforderliche Formungstemperatur vorgewärmt. Die
Formung zu einer Halbkugel von 80 mm Außendurchmesser erfolgte dann in
einer zweiteiligen Preßform aus Schichtpreßholz.
Für die Durchführung der Zerreiß- und Reckversuche stand eine Zerreißma
schine der Firma Frank 1) zur Verfügung. Um bei den Temperaturversuchen
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Wärmekast en
Warmluft-Schweißgeräte
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A b b i 1 dun g 5
Aufbau der Versuchs anlage (schematische Darstellung)
eine Abkühlung der im Wärmeofen auf Versuchstemperatur vorgewärmten Proben
während des Versuches zu verhindern, mußte die Zerreißmaschine mit einer
Vorrichtung versehen werden, die es gestattete, die Proben auch während
des Versuches warm zu halten. Außerdem sollten die Proben während des Ver
suches beobachtet werden kannen.
1. Fußnote von Seite 8: Zerreißmaschine der Firma Karl Frank G.m.b.H.,
Weinheim-Birkenau, 2 Lastbereiche: 0 - 10 kg und 0 - 50 kg; stufenlose
Regelung der Zerreißgeschwindigkeit von 1 - 1000 mm/min; Zerreißlänge:
350 mm; Einspannung: Schraubbacken; Backenbreite: 50 mm
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