Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr.2059
Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Heinz Kühn
von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt
DK 65.012.122
519.271
658.286.2
Dr.-Ing. Klaus Heinz
Rhein.-WestJ. Techn. Hochschule Aachen
Direktor: Prof. DrAng. Rolf Hackstein
Beitrag zur Anwendung von Warteschlangenmodellen
beim innerbetrieblichen Transport
WESTDEUTSCHER VERLAG· KÖLN UND OPLADEN 1969
ISBN 978-3-663-00432-5 ISBN 978-3-663-02345-6 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-02345-6
Verlags-Nr. 012059
© 1969 by Westdeutscher Verlag GmbH, Köln und Opladen
Gesamtherstellung : Westdeutscher Verlag
Inhalt
1. Einleitung ........................................................... 5
2. Der innerbetriebliche Transport ........................................ 6
2.1 Erläuterung und Abgrenzung des Begriffes »innerbetrieblicher Trans-
port« ........................................................ . 6
2.2 Formen der Transportausführung ............................... . 8
3. Das Problem der Optimierung des unregelmäßigen innerbetrieblichen Trans-
portes und seine Lösung mit Hilfe der Warteschlangentheorie ............... 11
3.1 Schwierigkeiten der Planung und Optimierung des unregelmäßigen
Transportes ................................................... 11
3.2 Der unregelmäßige innerbetriebliche Transport als Warteschlangen-
prozeß ....................................................... 15
3.3 Bisherige Ansätze zur Untersuchung des unregelmäßigen Transportes
mit Hilfe der Warteschlangentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . .. 19
4. Ermittlung eines Warteschlangenmodells für den unregelmäßigen Transport,
dargestellt am Beispiel des Gabelstaplertransportes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 22
4.1 Erläuterung des Ist-Zustandes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 22
4.2 Ermittlung eines geeigneten Warteschlangenmodells für die vorliegen-
den Transportvorgänge ......................................... 24
4.2.1 Untersuchung über die Anwendbarkeit eines offenen oder eines ab-
geschlossenen Warteschlangenmodells ............................ 24
4.2.2 Die Erfassung der Unregelmäßigkeit der Auftragseingänge beim offenen
Modell ....................................................... 28
4.2.2.1 Die empirischen und theoretischen Verteilungen der Zeiten zwischen
den Auftragseingängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 28
4.2.2.2 Der Korrelationskoeffizient zur Beurteilung der Unabhängigkeit der
Zeiten zwischen den Auftragseingängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 36
4.2.2.3 Die empirischen und theoretischen Verteilungen der Auftragszahl je
Zeitintervall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 37
4.2.3 Die Erfassung der Unregelmäßigkeit der Transportzeiten . . . . . . . . . . .. 39
4.3 Diskussion des Warteschlangenmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 41
4.4 Ermittlung der kostenoptimalen Anzahl der Gabelstapler. . . . . . . . . . .. 45
5. Ermittlung eines Warteschlangenmodells für den Krantransport in einer
Montagehalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 47
5.1 Erläuterung des Ist-Zustande3. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 47
5.2 Diskussion verschiedener Warteschlangenmodelle für die Transport-
vorgänge ..................................................... 50
5.3 Wiedergabe der Transportvorgänge durch ein Modell mit Gruppen-
ankünften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 53
5.4 Ermittlung der kostenoptimllen Anzahl der Transportmittel ........ 56
6. Zusammenfassung .................................................... 57
7. Literaturverzeichnis ............. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 59
3
1. Einleitung
Der innerbetriebliche Transport ist bei den Bemühungen, möglichst alle Rationali
sierungsreserven im Betrieb auszuschöpfen, in die Betrachtungen einzubeziehen. Er
wird zwar zu den Dienstleistungen gezählt und nicht zu den Vorgängen, die einen
direkten Produktionsfortschritt erzielen, er verdient jedoch besondere Aufmerksamkeit.
Denn die Kosten des innerbetrieblichen Transportes können einen erheblichen Teil der
Fertigungskosten ausmachen. Es scheint daher geboten, beim Transport - wie bei den
eigentlichen Produktionsvorgängen - verstärkt Rationalisierungsmaßnahmen durch
zuführen.
Der unregelmäßige Transport ist neben dem stetigen und dem fahrplanmäßigen Trans
port die dritte typische Form der Transportausführung. Er ist vor allem durch unregel
mäßigen Transportanfall, d. h. bedarfsweisen Einsatz der Transportmittel, und durch
unregelmäßige Transportdauer gekennzeichnet.
Bei der Gestaltung und Planung des innerbetrieblichen Transportes sind für die wich
tigsten Transportvorgänge \"X"Tirtschaftlichkeitsberechnungen durchzuführen. Derartige
Berechnungen bereiten beim stetigen oder fahrplanmäßigen Transport im allgemeinen
keine allzu großen Schwierigkeiten. Beim unregelmäßigen Transport dagegen kann man
in der Praxis den größten Teil der auftretenden organisatorischen Fragen nicht mit den
herkömmlichen Methoden lösen: man versucht deshalb, sie auf Grund der Erfahrung
und durch Improvisation zu bewältigen.
Die Bemühungen um die Rationalisierung des unregelmäßigen Transportes führen zu
der Aufgabe, die kostenoptimale zeitliche Ausnutzung der Transportmittel und damit
deren kostenoptimale Anzahl zu bestimmen. Bei einer solchen Optimierung sind nicht
nur die Kosten, die durch die Fahrzeuge und das Transportpersonal entstehen, zu be
rücksichtigen, sondern auch die Kosten der im Produktionsablauf entstehenden Warte-,
Brach- und Liegezeiten, soweit diese Zeiten durch den Transport bedingt sind.
Unregelmä(~ige Vorgänge lassen sich gegebenenfalls mit den Verfahren der Warte
schlangentheorie rechnerisch erfassen. Mit Hilfe dieser Methoden ist es unter bestimm
ten Voraussetzungen möglich, die kostenoptimale Anzahl derjenigen Stellen zu er
mitteln, die eine Dienstleistung erbringen. Fehlen explizite Gleichungen zur Bestim
mung des Kostenoptimums nach einem Warteschlangenmodell, so kann die Simulation
der Vorgänge auf Datenverarbeitungsanlagen eine Lösung bringen. Obwohl derartige
Hilfsmittel in der Praxis bereits bei mannigfaltigen technischen und organisatorischen
Problemen eingesetzt werden, ist ihre Anwendung beim unregelmäßigen innerbetrieb
lichen Transport bisher noch wenig behandelt worden.
In der vorliegenden Arbeit soll deshalb untersucht werden, wie und in welchem Maße
sich der unregelmäßige innerbetriebliche Transport durch Verwendung der Methoden
der Warteschlangentheorie wirtschaftlich gestalten läßt. Hierzu sind nach Vorunter
suchungen zwei typische Systeme des unregelmäßigen Transportes ausgewählt worden,
und zwar der Gabelstaplertransport in einem kleineren Betrieb mit Werkstättenfertigung
und die Kranförderung in einer Montagehalle. Durch die Beispiele werden verschieden
artige Transportmittel, Betriebsgrößen und Produktionsgegebenheiten erfaßt.
Von diesen Beispielen ausgehend, wird eine Methode dargestellt, mit der ähnliche
Transportsituationen untersucht werden können. Als Ergebnis einer solchen Unter
suchung erhält man Angaben über dasjenige Modell der Warteschlangentheorie, das zur
Wiedergabe der realen Vorgänge geeignet ist und die Ermittlung der kostenoptimalen
5
Transportmittelzahl ermöglicht. Dabei ist auch eine Methode aufgezeigt, die unter be
stimmten Voraussetzungen eine Entscheidung über die kostenoptimale Fahrzeugzahl
erlaubt, ohne daß die genauen Werte der Kostenfaktoren für das Transportsystem und
für die Verlustzeiten bei der Transportabwicklung bekannt sind.
Die aufgezeigte Betrachtungsweise macht am Beispiel des innerbetrieblichen Transportes
deutlich, in welchem Maße und in welcher Weise quantitative Aussagen für die betrieb
liche Entscheidungsvorbereitung gewonnen werden können; sie läßt die Möglichkeiten
und Grenzen der Anwendung von Modellen und Analogievorstellungen auf mathema
tisch-statistischer Basis erkennen. Auf die ausführliche Erörterung theoretischer Grund
lagen ist zugunsten einer praxisnahen Darstellung verzichtet worden.
2. Der innerbetriebliche Transport
2.1 Erläuterung und Abgrenzung des Begriffes »innerbetrieblicher Transport«
Der Begriff »innerbetrieblicher Transport« ist nicht eindeutig, obwohl er in der I.iteratur
und in der betrieblichen Praxis vielfach Verwendung findet. Sowohl der Begriff »inner
betrieblich« als auch der Begriff »Transport« bedürfen einer näheren Erläuterung.
Die Transportvorgänge, die ein Betrieb mit eigenen Transportmitteln durchführen muß,
können sich auf den außerbetrieblichen oder auf den innerbetrieblichen Bereich er
strecken. Der innerbetriebliche Transport umfaßt alle Transportvorgänge innerhalb der
Werksgrenzen des Unternehmens, also sowohl die Transporte innerhalb der einzelnen
Fertigungsbereiche, Abteilungen, Hallen o. ä. als auch den Verkehr zwischen diesen
(zwischenbetrieblicher Transport).
Der außerbetriebliche Transport wird im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt. Der
Ablauf des unregelmäßigen außerbetrieblichen Transportes und die übliche Erschei
nungsform des unregelmäßigen innerbetrieblichen Transportes stimmen im Prinzip
überein. Daher liegt die Annahme nahe, daß die in dieser Arbeit aufgezeigte Möglich
keit der Kostenoptimierung des unregelmäßigen innerbetrieblichen Transportes auch
für die analogen Vorgänge des außerbetrieblichen Transportes Geltung hat.
In Theorie und Praxis ist neben dem Ausdruck »Transport« auch das Wort "Förderung«
gebräuchlich. Diese beiden Ausdrücke werden meistens synonym verwandt. Hierzu be
rechtigt, daß sich bisher keine eindeutig abgrenzende Definition durchgesetzt hat und
daß beide Begriffe in der Literatur fast den gleichen Inhalt haben. Außerdem weisen
einige Autoren auf die inhaltsgleiche Verwendung ausdrücklich hin, z. B. AHLSDORFF
[1] (S. 8, S. 9), BEzDEcKA [5] (S. 10) und KÖHLER [35] (S. 14). In vielen Veröffentlichun
gen werden beide Begriffe nebeneinander verwandt, beispielsweise von HEINER [23 J
und VOITL [64] sowie im VDIjAWF-Handbuch Förderwesen [63]. Im technischen
Sprachgebrauch ist vielfach der Ausdruck »Förderung« gebräuchlich. Einer der beiden
Begriffe »Transport« oder »Förderung« wird des öfteren in der Literatur bei bestimmten
Wortkombinationen bevorzugt. Als Beispiele seien angeführt: Fördertechnik, -mittel,
-menge; Transportkosten, -organisation, -personal. In Verbindung mit dem Begriff
»innerbetrieblich« wird zwar meist das Wort »Transport« verwandt - nämlich: inner
betrieblicher Transport oder Innentransport --, doch findet man in der Literatur auch die
Ausdrücke »Innenförderwesen« und »innerbetriebliches Förderwesen« (z. B. bei
9
HEINER [23J und FACKEL:-'IEYER [13]). STILL [59] (S. 10, S. 13) bezeichnet als Transport
ganz allgemein die zielstrebige Bewegung eines Gutes und setzt Förderung gleich dem
betriebsnotwendigen, mit eigenen Mitteln durchgeführten innerbetrieblichen Transport.
Entsprechend seiner Abgrenzung lehnt er die Bezeichnung »innerbetriebliches Förder
wesen« ab, da »der Begriff ,Förderwesen' .. , allein schon die innerbetriebliche Funk
tion« kennzeichne [59] (S. 15).
Für die vorliegende Arbeit scheint es zweckmäßig zu sein, im allgemeinen den Aus
druck »Transport« zu verwenden. Denn diese Arbeit ist ebenso organisatorisch wie
technisch ausgerichtet. Der Begriff »Transport« ist flexibel genug, um sowohl tech
nische als auch nichttechnische Sachverhalte zu umfassen. Wenn im folgenden dennoch
hin und wieder das Wort »Förderung« benutzt wird, so geschieht dies aus stilistischen
Gründen; inhaltlich soll es dem Begriff des Transportes entsprechen.
Die Bedeutung des Begriffes »Transport« wird von verschiedenen Autoren jeweils etwas
anders verstanden und formuliert. Meistens treten jedoch bestimmte charakteristische
Aussagen in Erscheinung. Eine Analyse von neueren Definitionen und definitionsartigen
Erläuterungen der Begriffe »Transport«, »Förderung« u. ä. ergibt, daß als Hauptmerk
male der Vorgang (Ortsveränderung, Bewegung) und das Gut anzusehen sind. Als Gut
werden in den weitaus meisten Fällen Sachgüter angeführt, d. h. insbesondere Roh
material, Halb-und Fertigfabrikate sowie Hilfsstoffe aller Art; manchmal sind Personen
(z. B. VDI-Richtlinien 2411 und 3300 [63]) sowie Nachrichten (AHLsDoRFF [1], VOITL
[64J) und Schriftgut (ILLETscHKo [30]) zusätzlich eingeschlossen. Manche Autoren ver
wenden den Ausdruck »Materialfluß« und geben damit an, daß sie sich mit dem Trans
port (und der Lagerung) nur von Sachgütern befassen (z. B. ELLERSIEK [11] und
FACKELMEYER [13]). In einigen Definitionen wird außer dem Vorgang und dem Gut
auch der Ort näher bezeichnet, etwa: innerhalb des industriellen Produktions betriebes
(Fabrik, Werkstätte) oder innerhalb der Werksgrenzen des Unternehmens. Hierdurch
wird der Begriff »innerbetrieblich« in der Definition mit erfaßt.
Für die folgenden Ausführungen wird die Definition der VDI/AW F-Fachgruppe
Förderwesen übernommen: »Fördern-Transportieren (heißt) Fortbewegen von Gütern
oder Personen mit Mitteln der Fördertechnik« (VDI-Richtlinie 2411 [63]). Dabei wird
unter Fördertechnik das »Fortbewegen von Gütern in beliebiger Richtung und über
begrenzte Entfernungen durch technische Hilfsmittel sowie die Ortsveränderung von
Personen ... einschließlich der Lehre der Fördermittel selbst« verstanden.
Die Definition der VDI-AW F-Fachgruppe Förderwesen berücksichtigt lediglich die
Transporte mit mechanischen Hilfsmitteln und schließt somit Transporte von Hand aus.
Diese sind jedoch für die vorliegende Arbeit - wie anteilmäßig auch für das betriebliche
Förderwesen moderner Betriebe - von untergeordneter Bedeutung.
Der Begriff des Transportes beinhaltet nicht nur die Ortsveränderung. Handhabungen,
die notwendig und mit dieser unmittelbar verbunden sind, werden einbezogen. MERBACH
[44] (S. 15) gibt als Beispiele für solche Handhabungen das »Aufnehmen und Absetzen,
Be- und Entladen, Umladen, Stapeln und Entstapeln« an.
Abschließend sei angemerkt, daß der Ausdruck »Materialfluß« im weiteren vermieden
wird. Denn er umfaßt auch das Lagern des Materials und bezieht sich zudem nur auf den
Durchlauf von Sachgütern. Das Lagern soll hier außer acht gelassen werden. Die Be
schränkung auf Güter stellt bezüglich der Anwendung des Optimierungsverfahrens eine
unnötige Einengung dar.
Bei nicht kontinuierlichem Transport, d. h. also vorzugsweise bei Flurförderung, haben
sich in der Praxis verschiedene Formen hinsichtlich der Ausführung als zweckmäßig er
wiesen. Diese Formen entstanden aus dem Bemühen heraus, die Transportvorgänge so
weit wie möglich zentral zu steuern und festliegenden Plänen zu unterwerfen. Durch die
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Ausführung von diskontinuierlich anfallenden Transportaufträgen nach vorgegebenen
Plänen ist zu erreichen, daß die Transportfahrzeuge trotz des unregelmäßigen Trans
portbedarfes regelmäßig eingesetzt werden können. Derartige Pläne regeln den räum
lichen und/oder zeitlichen Ablauf der Transporte und ermöglichen eine gewisse Disposi
tion von seiten der transportanfordernden Stelle. Die bekanntesten Arten solcher
Transporte sind der Fahrplanverkehr und der Verkehr nach einem Transportplan.
Beim Fahrplanverkehr fährt das Transportmittel bestimmte Betriebspunkte (»Transport
bahnhöfe«) in einer vorgegebenen Route und zu festliegenden Zeitpunkten an. Die an
zufahrenden Betriebspunkte sollen hinsichtlich Art, Menge und Dringlichkeit der
Transporte möglichst gleich sein. In der Praxis werden im Fahrplanverkehr vorzugs
weise kleine Mengen und Einzellasten befördert. Die VDI/A WF-Fachgruppe Förder
wesen [62] (S. 6) charakterisiert die nach einem Fahrplan zu erledigenden Transporte als
»regelmäßig durchzuführende Eiltransporte kleiner Gütermengen«. Bei besonders hoher
Dringlichkeit müssen die Transporte gegebenenfalls gesondert ausgeführt werden. Je
nach der räumlichen Ausbildung der Fahrtroute unterscheidet man Ring- (oder Rund-),
Stern- und Linienverkehr.
Ein Transportplan läßt sich aufstellen, wenn der Bedarf an Fördermitteln frühzeitig be
kannt ist. In der Praxis wird beispielsweise so vorgegangen, daß für die an einem
Schichtende vorliegenden Transportaufträge ein Plan für ihre Ausführung während der
folgenden Schicht aufgestellt wird. Dieser Transportplan gibt an, welches Transport
mittel welche Aufträge in welcher Reihenfolge ausführt. Die eingesetzten Fördermittel
können dadurch gut ausgelastet werden.
2.2 Formen der Transportausführung
Die im Rahmen der vorliegenden Arbeit behandelten Untersuchungen sind in Betrieben
der eisenschaffenden und metallverarbeitenden Industrie durchgeführt worden. Deshalb
befassen sich die folgenden Darlegungen vorzugsweise mit den Gegebenheiten in den
industriellen Produktionsbetrieben.
Der innerbetriebliche Transport ist keine vom übrigen betrieblichen Geschehen un
abhängige Funktion, sondern weist vielschichtige Beziehungen zu diesem auf. Eine
industrielle Gewinnung, Be- oder Verarbeitung von Gütern ist ohne Transport kaum
möglich. Die Produktionsvorgänge stellen im allgemeinen jedoch das dominierende
Element im Betriebsablauf dar, und sie prägen die vor-, neben- und nachgeschalteten
Funktionen entscheidend. Daher sind die Erscheinungsformen des innerbetrieblichen
Transportes in starkem Maße von der Art der Produktion und von den individuellen
Transportbedürfnissen der einzelnen Arbeitsplätze abhängig.
Hinsichtlich des zeitlichen Anfalls der Transportaufträge werden in der Literatur meist
unterschieden: stetiger (kontinuierlicher) und unterbrochener (absatzweiser, tempo
rärer) Bedarf an Transportkapazität. Bei der zweiten Gruppe läßt sich zwischen periodi
schem und unregelmäßigem (regellosem) Anfall unterscheiden. Der stetige und periodi
sche Anfall kann auch als regelmäßig bezeichnet werden, um den Gegensatz zum unregel
mäßigen Anfall herauszustellen. Die Transportaufträge können zahlenmäßig häufig oder
gelegentlich vorkommen.
Die Einzelfertigung als Produktionsweise ist gekennzeichnet durch die Verwendung von
Universalmaschinen in der Fertigung und von universellen Fördermitteln im Transport.
Die Anforderungen an das innerbetriebliche Transportsystem seitens Art, Menge und
Zielort der Transportgüter sind unterschiedlich. Beginn und Dauer der Transport
vorgänge sind unregelmäßig und nicht exakt vorausbestimmbar. Aus wirtschaftlichen
Überlegungen werden deshalb durchweg keine Stetigförderer eingesetzt, sondern die
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flexibleren Flurförderer, wie Gabelstapler, Elektrokarren und Hubwagen oder Lauf
kräne. Gerade bei Einzelfertigung sind daher die Planung der Transportkapazität und
die Steuerung des Transportmitteleinsatzes sehr wichtig, um Liegezeiten des Materials
und Brachzeiten der Transportmittel zu vermeiden.
Bei der Massenfertigung mit ihren großen Stückzahlen und gleichbleibenden Produkten
läßt sich dagegen der weitaus größte Teil der Transporte durch ortsfeste Fördermittel, also
Stetigförderer und Hängebahnen, erledigen. Der regelmäßige Anfall gleicher Transport
güter ermöglicht eine technisch, organisatorisch und kostenmäßig günstige Fortbewe
gung der Güter zwischen den Arbeitsplätzen. Doch gibt es auch bei Massenfertigung
einen Anteil von unregelmäßigen Transporten. Wegen ihrer Unregelmäßigkeit sind
diese ebenfalls nur durch nicht ortsgebundene Transportmittel wirtschaftlich durchzu
führen.
Bei Serienfertigung wird das optimale Transportsystem aus einer Kombination von
Förderanlagen und Einzelfördermitteln bestehen. Denn ein Teil der Transportgüter
fällt mehr oder weniger kontinuierlich an, ein Teil wird, ähnlich wie bei Einzelfertigung,
unregelmäßig hinsichtlich Anfall, Menge, Transportdauer u. a. sein. Derartig gemischte
Systeme liegen zumeist auch bei Sorten- oder Partiefertigung vor.
Aus den vorangegangenen Darlegungen folgt, daß das Transportsystem um so starrer
ist, je regelmäßiger der Transportanfall und je größer die Fördermenge ist. Zusammen
fassend lassen sich in Anlehnung an eine von der VDI/AW F-Fachgruppe Förderwesen
herausgegebenen Schrift [62] (S. 2) drei Grundformen des innerbetrieblichen
Transportes unterscheiden:
a) regelmäßig durchzuführende Transporte großer Gütermengen,
b) regelmäßig durchzuführende Transporte kleiner Gütermengen,
c) unregelmäßig durchzuführende Transporte.
Die vorangegangenen Darlegungen lassen erkennen, daß bei regelmäßig durchzuführen
den Transporten großer Mengen vorzugsweise fest installierte, stetig fördernde Trans
portmittel verwandt werden. Das Transportsystem ist um so starrer, je regelmäßiger
und größer der Transportanfall ist.
Zur Planung der Anzahl der einzusetzenden Transportmittel bei fahrplanmäßigem Ver
kehr lassen sich verschiedene rechnerische Methoden verwenden, so die von MERBAcH
[44] und TIETBÖHL [61] angegebenen Formeln. Für die Optimierung eines Transport
planes können unter Umständen die Verfahren der Linearen Programmierung eine
Hilfe sein. ZEHNDER [6] (S. 7) legt dar, daß die Zuteilung von Transportmitteln wie
auch die Organisation der Maschinenbelegung und andere betriebliche Probleme auf das
gleiche Grundproblem führen, und zwar: »Es sei ein tabellarischer Plan aufzustellen,
wer, wann, was, bei wem zu tun hat, wobei keine unzulässigen Überschneidungen und
Mehrfachbelegungen auftreten dürfen und wobei meistens noch gewisse Zusatzwünsche
zu berücksichtigen sind.« Die Lösung solcher Probleme mit Hilfe der Linearen Pro
grammierung setzt unter anderem voraus, daß die einzelnen Faktoren (z. B. die Güter)
sich gegenseitig ersetzen können, eine Bedingung, die im Industriebetrieb normaler
weise nicht erfüllt ist. Des weiteren können die Verfahren zur Bestimmung des sogenann
ten kürzesten Rundreiseweges bei der Aufstellung von Plänen gegebenenfalls eine
Optimierungshilfe sein (vgl. AHLSDORFF [1] (S. 192) und KNICHT [34] (S. 299ff.)).
Die dritte Form der Transportausführung ist der unregelmäßige Transport, der auch als
Bedarfsverkehr bezeichnet wird. Die Besonderheit dieser Form liegt zum einen »in der
fehlenden Mengen- und Terminplanung« (STILL [59] (S. 71)); die Aufträge werden
grundsätzlich entsprechend ihrem Anfall erledigt. Zum anderen besteht ein Merkmal des
Bedarfsverkehrs darin, daß die Transportmittel von den einzelnen Betriebsstellen bei
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Bedarf angefordert werden. Deshalb sollten die unregelmäßigen Transporte, die im Be
darfsverkehr auszuführen sind, von einer Transportzentrale erfaßt und ihre Erledigung
zentral gesteuert werden. Bei zentraler Transportorganisation kann man die Auslastung
der Transportkapazität kontrollieren und dem Auftreten von Engpässen entgegen
wirken. Dies erfordert den Einsatz von beweglichen, diskontinuierlich fördernden und
von einem Bedienungsmann gesteuerten Transportmitteln. Die kontinuierlich arbeiten
den und ortsfesten Stetigförderer werden aus wirtschaftlichen Erwägungen im Normal
fall nicht eingesetzt. Zur gleichen Folgerung kommt auch lLLETSCHKO [30] (S. 22), in
dem er ausführt, »daß jede Unregelmäßigkeit in der Transporthäufigkeit handbediente
(bei großen und schweren Transportgütern mannschaftsbediente) Fördermittel er
fordert«. BEzDEcKA [5] (S. 124) gibt an, daß bei nichtstetigem Transportbedarf, wie z. B.
in der veredelnden Metallindustrie, intermittierend fördernde Transportmittel die
transportgerechte Lösung darstellen.
Transporte, die nach Bedarf erledigt werden, können sowohl beim Holsystem als auch
beim Bringsystem auftreten. Eine Analyse der unregelmäßigen Transportvorgänge, die
bei den praktischen Untersuchungen aufgenommen worden sind, ergab, daß es sich bei
einem Großteil dieser Transporte um Hol-Aufträge handelt. Insbesondere bei Trans
porten mit hoher Dringlichkeit und bei Transporten, die vom Lager ausgehen, liegt
durchweg das Holsystem vor.
Die im Bedarfsverkehr durchzuführenden Transporte weisen eine große Unregel
mäßigkeit bezüglich Transportgut, -menge, -dauer und -ziel auf oder sind aus betrieb
lichen Gründen besonders dringlich. Art, Größe oder Gewicht des Fördergutes bedin
gen oft den Einsatz von Spezialtransportmitteln, z. B. Autokränen, schweren Gabel
staplern oder Spezialanhängern. Diese Besonderheiten haben zur Folge, daß die Trans
porte nicht mehr nach einem festliegenden Plan durchführbar sind. Die Fahrzeuge stehen
auf Abruf bereit, oder das Transportmittel, das als erstes frei wird, übernimmt die Aus
führung des neuen Auftrages. Solche Transportvorgänge sind als unregelmäßiger
innerbetrieblicher Transport im eigentlichen Sinne zu verstehen.
Der unregelmäßige innerbetriebliche Transport, so wie er im weiteren verstanden wer
den soll, läßt sich demnach wie folgt charakterisieren: Viele Transporte können aus be
stimmten Gründen nicht vom üblichen Transportsystem erledigt werden. Als Gründe
können die Art des Transportgutes, die zu befördernde Menge, die hohe Dringlichkeit
des Transportes oder ein selten vorliegendes Transportziel in Frage kommen. Trans
porte mit derartigen Besonderheiten fallen unregelmäßig an und werden bedarfsweise
ausgeführt. Die Zeiten zur Erledigung des Transportauftrages sind zumeist unterschied
lich lang. Selbst dann, wenn Transporte zwar zu bekannten Zeitpunkten anfallen, ihre
Ausführungszeiten jedoch stark variieren, liegt unregelmäßiger Transport vor.
Nach der Ursache des bedarfsweise auszuführenden Transportes lassen sich drei Grup
pen von unregelmäßigen Transportvorgängen unterscheiden:
a) gelegentliche Transporte für übliche Transportmittel,
b) Transporte für Spezialtransportmittel,
c) Transporte mit hoher Dringlichkeit.
Zur ersten Gruppe gehört das Transportieren aller üblichen, aber nur gelegentlich an
fallenden Transportgüter. An einigen Beispielen seien derartige Transportvorgänge auf
gezeigt. So sind viele Transportvorgänge zwischen räumlich getrennten Betriebs
bereichen oder Abteilungen als unregelmäßig zu bezeichnen. Die Orte, an denen die
Güter anfallen oder zu denen sie gebracht werden, sind über das ganze Betriebsareal ver
teilt. Zudem sind Art, Gewicht und Menge der Transportgüter von Auftrag zu Auftrag
verschieden. Bei Werkstättenfertigung stellt ein großer Teil der anfallenden Transport-
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aufträge unregelmäßigen Transport dar. Außerdem ist beispielsweise der Schrott- und
Spänetransport zu diesen Transporten zu rechnen, sofern er von Transportarbeitern un
regelmäßig durchgeführt wird. Vereinzelt und zu unbestimmten Zeitpunkten fallen im
Betrieb des öfteren größere Mengen von Transportgut an, die unter Einhaltung bestimm
ter Termine gefördert werden müssen. So ergeben sich größere Mengen mit unter
schiedlicher Häufigkeit beim Be- oder Entladen von Ferntransportern. Als weitere Bei
spiele können Hilfeleistungen beim Umspannen schwerer Werkstücke auf Fräs- oder
Hobelmaschinen und beim Montieren großer Produktionsanlagen angeführt werden.
Zu den Transporten der zweiten Gruppe werden die Fortbewegung von besonders
schweren (über 2-3 t) oder sperrigen Gütern und der Transport von flüssigem oder zer
brechlichem Gut gezählt. Neben den üblichen Fördermitteln des innerbetrieblichen
Transportwesens werden die verschiedensten Spezialfahrzeuge zur Erledigung der
artiger Transportaufträge eingesetzt.
Die dritte Gruppe umfaßt die in jedem Betrieb von Zeit zu Zeit anfallenden Transporte,
deren Ausführung wegen besonderer Dringlichkeit keinen Aufschub duldet. Diese Eil
transporte werden deshalb bevorzugt erledigt. Beispielsweise müssen Ersatzteile oder
Werkzeuge sofort zu einer Reparaturstelle gebracht und nicht betriebseigene Fahrzeuge
vorrangig be- oder entladen werden. Von besonderer Dringlichkeit sind auch Trans
porte derjenigen Produktions güter (Material), deren Ausbleiben hohe Kosten ver
ursachen würde. Dies ist vor allem dann gegeben, wenn teure Betriebsmittel brachstehen
müßten.
3. Das Problem der Optimierung des unregelmäßigen
innerbetrieblichen Transportes und seine Lösung mit Hilfe
der Warteschlangentheorie
3.1 Schwierigkeiten der Planung und Optimierung
des unregelmäßigen Transportes
Der Transport hat sich als betriebliche Hilfsfunktion dem Betriebsablauf bzw. Produk
tionsprozeß unterzuordnen. Die technische und organisatorische Gestaltung des Trans
portwesens vollzieht sich daher im Rahmen der Produktionsp lanung, und zwar der
Durchführungsplanung. Hierzu gehören unter anderem die Bereitstellungsplanung von
Transportmitteln und -hilfsmitteln sowie die Ablaufplanung der Transportvorgänge
(AHLsDoRFF [1] (S. 77». Nach HACKSTEIN [21] (S. 180) besteht ein wichtiger Teil der
»Planungsaufgabe der Arbeitsvorbereitung« darin festzustellen, »welcher Art und
Menge Betriebsmittel und Arbeitskräfte sein sollen«. Auf den unregelmäßigen Trans
port übertragen, bedeutet dies, daß die Bestimmung der Transportmittelzahl besonders
wichtig ist.
Wenn auch beim unregelmäßigen Transport »die Kostenfrage gegenüber der Dringlich
keit und der Notwendigkeit des Transportes schlechthin in den Hintergrund« tritt [62]
(S. 3), so besteht für den Betrieb dennoch die Notwendigkeit, den Transportablauf zu
untersuchen und möglichst optimal zu gestalten. Das gesamte innerbetriebliche Trans
portwesen birgt, wie in neueren Veröffentlichungen immer wieder zum Ausdruck
kommt, günstige Möglichkeiten zur Rationalisierung. Da die Kosten für die Dienst-
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