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FORSCHUNGSBERICHTE
DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Herausgegeben durch das Kultusministerium
Nr. 736
Dr. med. Walter Teusch
Leitender Arzt der Inneren Abteilung des St.-Michael-Krankenhauses Völklingen/Saar
Behebung der Störungen vitaler Lebensvorgänge
und ihrer Folgestörungen
Als Manuskript gedruckt
WESTDEUTSCHER VERLAG / KOLN UND OPLADEN
1959
ISBN 978-3-663-03537-4 ISBN 978-3-663-04726-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-04726-1
T e i 11
Es geht in diesem Bericht nicht um Unfälle, die durch äußere Einflüsse,
z.B. Alkohol, Unachtsamkeit usw. auftreten, sondern es soll von jenen
gesprochen werden, die ihre Ursache im pathologischen Geschehen
Unfäll~n
haben.
Von dem großen Unfallgut, das ich überblicke-, und ich habe eine ganze
Reihe Unfallgeschädigter Wochen und Monate nach ihrem Unfall eingehend
auf Ätiologie ausgefragt und untersucht - konnte ich in einem hohen
Prozentsatz der Fälle feststellen, daß ganz ähnliche Klagen vor und
nach dem Unfall bestanden, so daß an einem krankhaften Geschehen nicht
zu zweifeln war. Ich bin heute überzeugt, daß die meisten Unfälle ein,
wenn auch noch so wenig in Erscheinung tretendes krankhaftes Geschehen
in ihrer Vorgeschichte haben. Ich habe es mir also auf Grund obigen
Forschungsauftrages zur Aufgabe gemacht, jeden Unfall speziell auf diese
Ursachen zu durchforschen und dabei nicht mit dem Moment des Unfalles
begonnen, sondern nach Möglichkeit die Zeit vor dem Unfall insbesondere
die letzten Tage vor dem Unfall eines genauen Studiums unterzogen. Dabei
konnte ich zu recht interessanten Feststellungen kommen.
Ausgenommen von meinen Betrachtungen sind z.B. alle Unfälle durch Zu
fallseinwirkungen, wie Explosionen, Brände, Verschüttungen, Alkohol,
wie überhaupt alle Einwirkungen gegen die auch bei der besten Aufmerk
samkeit ein Schutz nicht möglich gewesen wäre.
Zu dem gesichteten Material gehören in erster Linie Gruben - und Fabrik
unfälle bei Arbeiten, die täglich verrichtet werden und bei denen dauernd
eine gewisse Vorsicht im Arbeitsgang notwendig ist, z.B. Arbeiten in
Drahtziehereien, an laufenden Bändern, an Kreissägen, an Pressen, mit
Loren, an Hochöfen, an den verschiedensten Maschinen, mit Hochspannung
usw.
In der übergroßen Mehrzahl dieser Fälle, auch bei solchen, die zunächst
nicht den Eindruck eines solchen Zusammenhanges zeigen, finden sich in
der Vorgeschichte Symptome, die darauf schließen lassen, daß es nicht
die Unvorsichtigkeit alleine ist, die zu dem Unfall geführt hat, sondern
daß ein greifbares und störendes Agens vorlag, welches den Menschen in
einen Zustand der herabgeminderten Aufmerksamkeit versetzte.
Ich könnte eine Reihe ganz klassischer Beispiele anführen, die den Be
weis liefern, daß-körperliche Schwäche in den meisten Fällen der Grund
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für das Versagen des Menschen war, so daß Unfälle bei Arbeiten zustande
kamen, die sonst immer prompt und mechanisch ausgeführt wurden. Zahllos
sind die Beispiele dafür, daß Männer von Loren usw. überfahren wurden,
besonders in Bergwerken, weil sie ein kurzer Schwindel befiel und sie
darum nicht so ausweichen konnten, wie sie es seit Jahr und Tag gewohnt
waren. Geht man diesen Dingen nach, so stellt man immer wieder fest,
daß dies nicht die erste Schwindelattacke war, sondern daß in der Vor
geschichte schon mehrere auftraten, oftmals schon Wochen oder Monate
vorher. Die Arbeiter hatten sie nicht gewertet - sie wurden aber unsicher.
Es traten keine Zustände von Bewußtlosigkeit auf, sondern lediglich
kleine, kurz dauernde Schwindelanfälle brachten den Menschen in diese
labile Situation hinein.
Ich fand ebenso die Zahl derer, die bei Auto- Motorrad- und Fahrradun
fällen zu Schaden kamen, falls es sich nicht um Alkoholexzesse handelte,
was den Schwindel und die extreme Ermüdung betrifft, sehr hoch, jeden
falls ist sie unvergleichlich höher als bei denjenigen, deren Vorge
schichte frei von solchen Vorkommnissen ist, obwohl hier infolge der
hohen Todeszahlen bei Auto- und Motorradunfällen exakte Zahlen nicht
zu erhalten sind.
Die Zahlen in Gruben und Hütten sind, wenn man diese Aspekte betrachtet,
so unverhältnismäßig hoch, daß man sich fragen muß, ob wir nicht eine
Unterlassungssünde begehen, wenn wir den Arbeiter am gefährdeten Arbeits
platz nicht über die Bedeutung solcher kurz dauernden Vertigo-Situatio
nen aufklären.
Von den von mir behandelten Telegraphenarbeitern, die bei Verlegungen
von Leitungen abgestürzt sind, hat mir spontan jeder mitgeteilt, daß
er nicht abgeruscht sei, sondern daß er infolge eines Schwindels, eines
Kopfbrummens usw. den Halt verloren habe. Der Arbeiter tut dies oft in
seinem eigenen Jargon ab, den man nur verstehen muß, um dahinterzu
kommen. So hört man hier immer wieder das Wort "Mattscheibe" für solche
Schwindelanfälle. Bei Dachdeckern, Maurern usw. kommen diese Zustände
ebenso für die Unfälle in Frage wie für die Telegraphenarbeiter und auch
für viele andere Berufe, die über der Erde zu arbeiten gezwungen sind.
Ich darf hier nochmals betonen, daß ich nicht von Ohnmachtsanfällen
oder von Herzschwächen spreche, die ebenfalls ein bescheidenes Kontin
gent in der Unfallstatistik stellen, sondern von jenen in Sekunden
schnelle vorübergehenden Schwindelanfällen, die bei dem einen wie ein
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leichter Nebelschleier vor den Augen empfunden werden, beim anderen als
plötzliches Brummen im Kopf, beim dritten, und das sind die meisten,
als ein plötzliches Leeregefühl als ob sie in einer unendlichen Tiefe
versänken, auftreten. Es kommt außerdem das plötzliche starke Hämmern
im Ohr vor, und das ebenso plötzlich .einsetzende Gefühl bleierner
Schwere in allen Gliedern insbesondere in den Beinen. Außerdem gibt es
noch eine Form, die sich in rasch einsetzenden Tachycardien äußert,
die aber ebenso rasch vorbeizugehen scheinen; wieder andere klagen über
einen besonders festen Einzelschlag am Herzen mit anschließendem kurzen
Schwindel. Ich möchte bei letzteren annehmen, daß es Menschen mit sel
tenen Extrasystolen sind, evtl. auf der Basis eines Zigaretten- oder
Kaffeeabusus, und daß es die Extrasystole war, die ihnen den Grund für
den Schwindel bedeutet. Meist findet man diese Extrasystolen im Arbeits
Ekg nicht, weil eine Ruhezeit dazwischen liegt, in der entweder das
Herz sich erholt hat, oder aber in der durch Einstellen der Toxine
(Rauchen oder Trinken) die Extrasystole verschwunden ist. Die letzte
Gruppe klagt über plötzlich einsetzenden schneidenden Schmerz im
Bauch~
der gleichfalls .nur einen Augenblick dauert. Dieser Augenblick genügt
aber oft zu einer Katastrophe. Die Bauch- und Herzursachen sind jedoch
im Vergleich zu den anderen extrem selten.
Ich möchte hier keine Polemik über die topographische und physiolqgische
Ursache dieser Vertigo-Formen ins Leben rufen und lasse deshalb auch
unentschieden, ob es sich um einen Auditivaschwindel handelt, oder um
Spasmen zentraler oder peripherer Natur, um Durchblutungsstörungen;
eines ist sicher, die beruhen alle auf einer wenn auch noch so kurzen
Entgleisung des vegetativen Nervensystems, welches von sich aus die
peripheren Nerven, die Gefäße, Organe, kurz alle Gewebe zu beeinflussen
in der Lage ist.
Man hat früher behauptet und hat dies für eine ganze Reihe solcher Vor
kommnisse als Begründung angegeben, daß eine bestimmte Wetterfühligkeit
an diesen Dingen schuld sei. Daran ist sicher etwas Wahres - aber man
hat doch zweifellos den Grund mit der Ursache verwechselt. Sicher ist,
daß es eine krankhafte Reaktion ist. Wetterfühlig bis zu einem gewissen
Grade ist jeder Mensch! Der Gesunde aber nur in einem Maße, das ihn im
Ablauf seiner Tätigkeit nicht, oder nicht weitgehend stört, bzw. erst
recht nicht Gefahr bringt. Erst den Kranken bringt seine Wetter
~n
fühligkeit in Gefahr, denn sie trifft hier auf den geschädigten Organi-
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mus, der den meteorologischen Schwankungen nicht mehr gewachsen ist.
Dieser Organismus reagiert dann abnorm.
Ich lehne deshalb die Wetterempfindlichkeit ganz allgemein als auslösende
Ursache bei Leistungsstörungen, Unfällen usw. ab und sehe die Ursachen
solcher Störungen in besonders gelagerten pathologischen Substraten,
die erst hinzutreten müssen, damit der betreffende Mensch bei den zwei
fellos sehr verschieden auf uns einwirkenden witterungsbedingten Gege
benheiten empfindlich wird, und es so zu Katastrophen kommt, von denen
man später gerne geneigt ist, sie dem Wetter alleine zuzuschreiben.
Zusammenfassend heißt dies, daß der Organismus durch die Einwirkung
der verschiedensten Agentien in einen Zustand hineinmanövriert wird,
in dem er die Voraussetzung bietet, wonach die Abwehr, die Reaktions
lage, die Schrecksekunde, die plötzlich verlangte Leistungssteigerung,
die Entschlossenheit des HandeIns usw. zu Verlust geraten.
Welches sind nun die Ursachen die den Organismus in eine solche Schwie
rigkeit bringen können? Sie seien hier in der Reihenfolge der Häufig
keit aufgezählt, wobei ich aber betonen möchte, daß ihr Auftreten re
gionär sehr verschieden sein kann.
Die H Y pot 0 nie
Jeder Arzt weiß, daß der zu niedrige Blutdruck keine Krankheit sui gene
ris ist, sondern nur ein Symptom eines allgemeinen Leidens; er weiß
aber auch ebensowohl, daß der zu niedrige Blutdruck heute zu den am
meisten vorkommenden Symptomen zählt. Er geht Hand in Hand mit der
Managerkrankheit, der neurozirkulatorischen Dystonie, den Neurosen usw.
Je niedriger der Blutdruck, je heftiger und je häufiger auftretend ist
der durch ihn hervorgerufene Schwindel und je größer die Gefährdung.
Je niedriger aber auch der Blutdruck ist, je häufiger treten attacken
artige Herz- und Peripherpulsbeschleunigungen auf, um so mehr kommt
es zu Druck und Brummen im Kopf usw. Kreislaufmittel sind hier fehl
am Platze. Hier hilft kein Peripherin, kein Sympatol, kein Coramin, kein
Coramin, kein Cardiazol, wie es fast jeder niedriger Blutdruckler in
der Tasche trägt. Wie gesagt, ist der niedrige Blutdruck keine selbst
ständige Erkrankung nur ein Symptom einer anderen und diese andere
muß manchmal recht gesucht werden, damit die Grundkrankheit behandelt
werden kann, und in dieser Behandlung normalisiert sich dann der Blut
druck von selbst.
Die Hauptursache der Hypotonien sind die
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F 0 k a 1 her d e
Die wichtigsten Fokalherde sind die Zähne, Mandeln, Kieferhöhlen, Stirn
höhlen, Siebbeinzellen, in seltenen Fällen Ohr, Keilbeinhöhle, Appendix
und Gallenblase. Zu den Fokalherden zählt auch, aber auf einer ganz
anderen Ebene beruhend, die Dysbakterie des Darmes.
Fast ausnahmslos gehen Hypotonien mit Fokalherden einher. Man muß sie
nur suchen. Fokalherde führen, wie wir später noch sehen werden, häufig
zu mehr oder weniger starken Dysendocrinosen. Ist nun ein Fokalherd
entfernt oder beseitigt, die endocrine Schädigung aber nicht nachbehan
delt worden, so kann es vorkommen, daß die Hypotonie auf Grund dieser
hormonellen Ursache auch ohne Fokalherd weiterbesteht. Es beweist dies
nur wie achtsam man auf diese Verhältnisse sein muß, denn die Beein
flussung des endocrinen Apparates bedarf ebenfalls seiner Wiederherstel
lung, weil der Organismus oft alleine nicht in der Lage ist, diese zu
vollbringen.
Man hört manchmal die Bemerkung: "Die Fokalherde können an der neuro
zirkulatorischen Dystonie nicht schuld sein, denn es laufen Menschen
herum, die den Mund voller Zähne mit Granulomen haben ohne daß irgend
eine krankhafte Reaktion besteht, während bei einem anderen nur ein
Zahn schlecht oder devital .ist und ausgerechnet dieser Mensch hat nun
die Symptome der Fokaltoxikose". Stimmt, aber so gilt diese Regel nicht.
Jed~r Mensch wehrt zunächst seine Herde vom Blut her im Antigen- Anti
körpergleichgewicht ab, und er bleibt so lange gesund wie seine Anti
körper obsiegen. Kommen irgendwelche schädigende Komponenten hinzu z.B.
eine eben durchgemachte Infektionskrankheit wie Typhus oder
Grip~e,
dann werden die Reserven der Antikörper zur Abwehr dieser Erkrankung
gebraucht. Reichen diese aus, dann bringen Infekt und Fokus den Menschen
nicht die Schwierigkeiten, und er wird trotz seiner Herde gesund blei
ben. Reichen die Antikörper aber nicht aus, dann werden die vorher gut
gepufferten Foci zu Streuherden, die sie nun, nachdem das Serum sensi
bilisiert ist, sind und bleiben. Analog ist dieses Beispiel auch auf
viele andere Einflüsse geltend zu machen, z.B. auf den Hunger in der
Gefangenschaft, auf schlechte Arbeitsverhältnisse (ungesunde Arbeits
verhältnisse) ja sogar auf den Verschleiß an Antikörpern durch zu hohe
seelische Belastungen und durch nicht sachgemäß aufgebauten Lebenswandel
Einen Focus möchte ich hier nicht vergessen, an dem Medizin und Zahn
medizin bedauerlicherweise immer noch achselzuckend und mitleidig
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lächelnd vorbeigehen, das ist die Verwendung von Metallen im Mund. Ich
gebe zu, daß man daran nicht vorbeikommt. Der Zahnarzt braucht Hilfs
mittel um den Patienten ein kaufähiges Gebiß zu erhalten. Wenn die Ver
wendung dieser Metalle im Rahmen bliebe, wäre nichts dagegen einzuwenden.
Zur Katastrophe für den Organismus wird dieses Handeln erst, wenn man
rücksichtslos die verschiedensten Metalle verwendet und dem Patienten
damit elektrisch meßbare Potentiale in den Mund hineingibt, die ihn
organisch in größte Schwierigkeiten bringen. Ich habe mich auf Grund des
Forschungsauftrages speziell auch um diese Fragen lebhaft gekümmert und
konnte feststellen, daß bei manchen Patienten bis zu 4 Grobmetalle ver
wendet worden waren, abgesehen von den feinen Elektrolyten, die verdeckt
als Legierungsmittel noch vorhanden sind, wie beispielsweise das Kupfer
in den Goldverbindungen. Gar nicht selten stößt man, wenn man diesen
Dingen nachgeht, auf Gold, Stahl, Quecksilber (Amalgan), ja manchmal
sogar zur Beschwerung unterer Prothesen auf Zinn! Wenn man zum Gold
noch Kupfer, zum Stahl noch Nickel rechnet und vielleicht noch einige
andere, dann wird man erkennen, welches Elektrolytmilieu sich in man
chem Mund im Kampf befindet. Man hört oft den Ausspruch von Patienten:
"Seit meine Zähne entfernt sind, bin ich krank!" Seit er seine Prothese
besitzt, ist er krank! Das fällt zeitlich zusammen. Jetzt herrschen
andere Potentiale im Mund wie vorher. Jetzt gelangt ein ganz anderer
Speichel in den Körper als der der normalerweise fließt, und wenn man
bedenkt, daß die tägliche Speichelmenge, di_e wir schlucken, etwa 1 bis
1,5 Liter beträgt, so kann man sich vorstellen, was es heißt, eine so
große Menge chemisch zersetzter, falsch aufgeladener Flüssigkeit in den
Körper zu bekommen. Die entsprechenden Störungen können nicht ausblei
ben, und so sehen wir unsichere Menschen mit kühlen Extremitäten,
feuchten Händen, unsteten Blicken, nervös und vegetativ beeinflußt vor
uns stehen, nur weil man ihnen ihr Elektrolytmilieu zerstört hat. Ich
gehe bei diesen Dingen so weit, zu fordern, daß es Angelegenheit der
Kassen und der Gesundheitsämter sein sollte, dafür zu sorgen, daß von
zahnärztlicher Seite ein solcher Metallverschleiß aufhört, daß die
Metalle genormt werden, und daß bei nicht zu umgehendem metallischem
Ersatz bei demselben Patienten immer das gleiche Material verwendet
wird, das aber auch bis in seine Legierungen hinein genau zusammenge
setzt ist, damit nicht mit dem gleichen Metall doch Störungen im Sinne
eines Potentialgefälles hervorgerufen werden können. Bei wem Gold ver
wendet ist, der soll bei Gold bleiben. Die Goldlegierung aber soll von
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einer Zentralstelle peinlichst genormt in der Legierung hergestellt wer
den; das gleiche gilt für Stahl. Andere Metalle sollten ohnedies keine
Verwendung finden.
Alles oben besprochene ist so unendlich wichtig, daß man den Vorschlag
in der Folgezeit kaum wird umgehen können. Diese Beziehungen hinsicht
lich Fokalbeherdung und Metallverwendung sollten dem Patienten auch an
Hand aufklärender Vorträge klargemacht werden, daß er darauf aufmerksam
wird, um welche Dinge es bei ihm geht.
Ich komme nochmals auf die bereits oben schon erwähnte fokaltoxische
Schädigung des endocrinen Systems zurück, welches zu dem sogenannten
Bild der
D y sen d 0 c r i nos e führt. Unter der Dysendocrinose ist eine
Funktionsstörung zu verstehen, die nicht auf Grund einer selbstständi
gen Erkrankung der Drüse sich entwickelt~ sondern die von anderen
Störungen induziert wird. Die wesentlichste dieser Störungen ist der
Fokalherd, der von sich aus wie steter Tropfen den Stein höhlt, mit
stetem Infekt die Funktionstüchtigkeit der innersekretorischen Drüsen
hemmt.
Die eigentliche schwere Nebennierenrindenerkrankung, die Addisonsche
Bronzekrankheit, kann-niemals durch eine Fokaltoxikose entstehen. Fokal
bedingt" ist aber die latente Nebennierenrindunterfunktion mit ihren
wenig greifbaren Beeinflussugen des Organismus.
Ähnlich sprechen wir auch von latenten Nebenschilddrüsenunterfunktionen
und von latenten Schilddrüsenveränderungen, welch letztere meist als
Überfunktion ablaufen (Eppingersches Schema).
Es hat auch hier ebenso wenig Sinn, wie bei der Hypotonie, gleich mit
Hormonen zu behandeln, ehe das störende Agens verschwunden ist. Man
kann also in diesen Fällen Percorten, Cortiron, AT 10 und Paratyrone
sich ruhig sparen - es kommt doch nicht an - es wird erst ankommen,
wenn der Herd beseitigt worden ist, die Darmflora normalisiert ist,
die Minerale stimmen, oder alle die anderen Faktoren, welche hier ein
greifen können, reguliert sind. Damit sind wir ohne weiteres auf das
nächste Kapitel gekommen, auf die
D y s b akt e r i e
Der menschliche Darm ist ein Fokalherd ersten Ranges. Untüchtige Coli
flora und veränderte Enterokokken sind nicht nur der Grund, daß die
bakterielle Aufgabe des Darmes fehlgesteuert ist, sondern sie sind auch
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der Grund, daß es oft zu den verschiedensten Fermentverschiebungen
kommt. Sehr häufig kommt es bei Virusinfekten zu den dysfermentiven und
dysbakteriellen Verschiebungen; ungleich häufiger jedenfalls wie es zu
Verschiebungen durch Befall mi t Erregern der TPE-.Gruppe kommt. Insbe
sondere die Erreger der Mumps, welcher den Erwachsenen gewöhnlich ohne
Wangen- und Halsschwellung befällt, sich dafür aber oft unerkannt im
Parenchym des Pancreas niederläßt, und sich auch häufig genug ans hormo
nelle System heranwagt in Form der oft ätiologisch unklaren Orchitis.
Ebenso gefährlich für das Umwerfen der normalen Colifl.ora sind stärkerer
Befall des Darmes mit dem Grippevirus, insbesondere mit dem Typ B in Form
der Darmgrippe, welche oftmals von heute auf morgen den normalen Coli
stand hinwegwischt und dann nach Abheilung der Darmgrippe eine Regenera
tion verhindert. Die Coliflora bleibt lange Zeit geschädigt, und man wun
dert sich, weshalb solche Kranken eine so schlechte Rekonvaleszenz zeigen
In noch stärkerem Maße konnt~ ich diese Feststellung bei Befall mit dem
Virus der Hepatitis epidemica machen. Ich meine hier nicht die Fälle,
die mit Gelbsucht einhergehen, diese gelangen alle wegen ihres Ikterus
in ärztliche Behandlung und bleiben überwacht. Viel gefährdeter sind
jene Hepatitisfälle, die unter dem Zeichen eines Ikterus sine ictero
verlaufen, die also die gleichen Krankheitssymptome haben, aber nicht
gelb zu werden pflegen. Man erfaßt sie oftmals nur mit der Bilirubinbe
stimmung im Serum, aber wo wird diese getätigt, wenn keine Anzeichen für
einen Ikterus vorhanden sind? Es müßte ein Zufallsbefund sein.
Es ist von diesen Dysbacterien aus nur ein Schritt bis zu den
D y s f e r m e n t i e n, denn sobald fremde Erreger den Darm besiegen,
halten sich diese natürlich nicht an die normalen Gesetze und befallen
Darmabschnitte, die normalerweise nicht oder nur unbedeutend besiedelt
sind. Zum Beispiel der obere Dünndarm und das Duodenum von wo aus sie
recht bald aufsteigen, zu den Zentren, die praktisch die Hauptquellen
unseres Fermentsystems sind, ins Pancreas und in die Leber- Gallenwege.
Die Auswirkungen zu demonstrieren übersteigt den Rahmen dieser Arbeit.
Abschließend noch ein Wort über die
T r ans m i n e r a 1 isa t ion e n
Bei dem Mineralgleichgewicht im Körper dreht es sich praktisch neben
einer ganzen Reihe von wirklichen Spurelementen vorwiegend um Na, K, Ca,
C~, Mg, Cu und Fe. Insbesondere kommt es auf die Verhältnisse zwischen
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