Table Of ContentSiegfried Epperlein
Bäuerliches Leben im Mittelalter
Unauthenticated
Download Date | 6/13/16 5:21 PM
Unauthenticated
Download Date | 6/13/16 5:21 PM
Siegfried Epperlein
Bäuerliches Leben
im Miftelalter
Schriftquellen und Bildzeugnisse
2003
BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN
Unauthenticated
Download Date | 6/13/16 5:21 PM
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.ddb.de abrufbar.
Umschlagabbildung: Detail aus Wirkteppich, Elsaß, Mitte 15. Jahrhundert.
Victoria und Albert Museum, London.
© 2003 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln
Ursulaplatz 1, D-50668 Köln
Tel. (0221) 91 39 00, Fax (0221) 91 39 011
[email protected]
Alle Rechte vorbehalten
Druck und Bindung: Westermann Druck Zwickau GmbH
Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier
Printed in Germany
ISBN 3-412-13602-6
Unauthenticated
Download Date | 6/13/16 5:21 PM
Inhalt
Vorwort VII
Einleitung 1
I. Bauernarbeit trägt die Welt 7
1. Von Sonnenschein und Regen ... wer macht das Wetter? 16
2. Naturkatastrophen, Hungersnöte und Seuchen 20
3. Wozu Hunger Menschen treiben kann 29
4. Wälder fallen - Sümpfe werden entwässert - Dörfer entstehen 30
5. Das Feld wird bestellt 38
6. Ernte 52
7. Über den Zehnten, Abgaben und Dienste 68
8. Recht wird gesprochen 89
9. In der Mühle und im Backhaus 97
10. Vom Weinbau 104
11. Schädlinge und Schädlingsbekämpfung 113
12. Schweinezucht und Schweinediebstahl 116
13. Von Hirten 122
14. Wenn Vieh Schaden anrichtet 126
15. Verhütet Tierkrankheiten! 132
16. Allmende 137
17. Nutzung des Waldes - Schutz des Waldes 143
18. Stadt und Land 152
19. Fehden, Kriegsdienste und Schutz der bäuerlichen Wirtschaft 160
II. Alltag im Bauernhaus 177
1. Haus und Hof 185
2. Trinken - raufen - beleidigen .. .und tanzen 193
3. Kleider machen Leute 199
4. Des Bauern Speise 205
5. Ist das Bett beschritten 208
6. Eine Bauernhochzeit 211
7. Ehe und Familie 223
8. Kinder 232
9. Sorge um die Gesundheit 237
Inhalt V
Unauthenticated
Download Date | 6/13/16 5:21 PM
III. Der Bauer im Weltbild des Mittelalters 240
1. Ständelehren 244
2. Aus einem alten deutschen Bauernspiegel 255
3. Bauernlob 260
4. Bauernschelte 267
5. Strebe nicht nach Ritterwürden! 272
6. Vom Ursprung der Leibeigenschaft 294
7. Der gewitzte Bauer 304
8. Zusammenfassung und Ausblick 312
Anmerkungen 317
Quellenverzeichnis 333
Literaturverzeichnis 341
Bildnachweis 358
VI Inhalt
Unauthenticated
Download Date | 6/13/16 5:21 PM
Vorwort
In das vorgelegte Quellenwerk ist der Ertrag langjähriger Forschungsarbeiten zur Geschichte
der ländlichen Bevölkerung im Mittelalter eingegangen. Neben Schriftquellen haben mich
dabei immer wieder Darstellungen der bäuerlichen Lebenswelt in der mittelalterlichen
Kunst interessiert. Beide Uberlieferungssphären sind geeignet, Grundzüge der geschicht-
lichen Entwicklung im Agrarbereich im Mittelalter zu erfassen und sichtbar zu machen.
Danken möchte ich allen, die mich in diesem Vorhaben unterstützten und bei der Aus-
wahl bzw. Kommentierung von Bildzeugnissen sowie bei der Übersetzung von Quellentex-
ten halfen. Ulrich Bentzien (t) und Bernd Schneidmüller bin ich für manchen Ratschlag
und förderliche Kritik sehr verbunden. Dem Böhlau Verlag und seinem Programmleiter in
Köln, Herrn Johannes van Ooyen, danke ich für die Aufnahme in das Publikationspro-
gramm und für eine gute Zusammenarbeit.
Siegfried Epperlein
Vorwort VII
Unauthenticated
Download Date | 6/13/16 5:22 PM
Unauthenticated
Download Date | 6/13/16 5:22 PM
Einleitung
... Der Bauer wird am meisten geschoren. / Ein Bauer und ein Stier sind zwei grobe Tier./Der
Bauer ist an Ochsen Statt, nur daßer keine Hörner hat./Gibt der Bauer, so sieht er sauer./Wenn
man den Bauern bittet, schwillt ihm der Bauch./Bauern und Weiden muß man oft beschnei-
den. /Wer einen Bauern betrügen will, muß einen Bauern mitbringen./Wer einen Bauern pla-
gen will, nehm einen Bauern dazu./Wenn der Bauer aufs Pferd kommt, reitet er schärfer als
ein Edelmann./Hat der Bauer Geld, so hat's die ganze Welt./Bauern machen Fürsten./Wenn
die Bauern nicht wären und ihre Gild, war ein Bettelsack der Edelleut Schild./Bei Gott gilt
der Bauer soviel als der Junker./Ein Bauer zehrt mit einem Kreuzer soweit wie ein Herr mit
einem Dukaten ...
Ein buntes, widersprüchliches, auch provozierendes Bild ist es, das diese vorwiegend im 16.
Jahrhundert erstmals aufgezeichneten, in ihrer Entstehung weiter zurückreichenden volks-
tümlichen Sprichwörter wiedergeben. Ob Lob oder Schelte - gleichviel: deutlich wird das
beträchtliche Interesse, das in längst vergangener Zeit immer wieder am Bauern, seiner Ar-
beit, seiner gesellschaftlichen Stellung, seinem Verhalten, seinem sozialen Status genommen
wurde. Kein Wunder, erarbeitete er doch das für alle sozialen Gruppen und Schichten der
mittelalterlichen Ständegesellschaft Lebensnotwendige. Er rodete, machte Ödland urbar,
säte und erntete, züchtete Vieh, legte Weinberge an... Es ist nicht übertrieben, wenn man
für das Wirken des Landmannes im Mittelalter sagt: Bauernarbeit trägt die Welt, und die-
se, den Alltag des Bauern entscheidend prägende Arbeit war hart und entbehrungsvoll wie
das Leben der ländlichen Bevölkerung jener Zeit überhaupt.
In den letzten Jahrzehnten ist in Deutschland die Gestalt des Bauern, sein Leben und
seine Arbeit im Mittelalter stärker ins Blickfeld der Forschung getreten. In Spezialbeiträgen1
und in Gesamtdarstellungen2 wurden die wirtschaftliche Lage, der rechtliche Status und die
sozialen Beziehungen der ländlichen Bevölkerung zu den Oberschichten erörtert und ana-
lysiert. Neue Erkenntnisse konnten insbesondere über Aufbau und Funktion der Grund-
herrschaft erzielt werden, in deren arbeitsorganisatorischem Verband der größte Teil der
Bauern im Mittelalter lebte.3 Daneben wurden in volkskundlich orientierten Darstellungen4
und kulturgeschichtlich angelegten Uberblicken5 die Vielfalt der bäuerlichen Lebenswelt
und damit der Alltag auf dem Lande in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen
untersucht.
Wenn also festgestellt werden kann, daß es an Darstellungen keineswegs mangelt, so ist
die Situation im Bereich von Sammlung und Präsentation von Quellen zur Geschichte der
ländlichen Bevölkerung im Mittelalter wesentlich anders. Nach wie vor muß in dieser Hin-
sicht auch heute noch auf die verdienstvollen Bände von Hermann Wopfner6 und Günther
Franz7 zurückgegriffen werden. Während sich Wopfner auf Urkunden zur deutschen Agrar-
geschichte aus der Zeit vom 6. bis zum 14. Jahrhundert beschränkt, geht Franz in seinen
Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter einen Schritt weiter.
Einleitung 1
Unauthenticated
Download Date | 6/13/16 5:22 PM
Neben Rechtsquellen werden literarische Zeugnisse mit Schilderungen des bäuerlichen Le-
bens sowie Dokumente zur Entwicklung der Landwirtschaft aufgenommen - gedacht auch
als Quellenbuch zur gleichzeitig von Günther Franz herausgegebenen mehrbändigen »Deut-
schen Agrargeschichte«.8
Wenn im folgenden der Versuch unternommen wird, einmal das Gesamtfeld des uns
heute zur Verfügung stehenden Uberlieferungsgutes zur bäuerlichen Geschichte im Mittel-
alter in Deutschland mit dem Ziel ins Auge zu fassen, eine möglichst weitgreifende Be-
standsaufnahme der verschiedenen Quellengattungen zu bieten, so unterscheidet sich der
vorgelegte Band von bisherigen Quellensammlungen in mehrfacher Weise: Es werden noch
stärker, als es bei Franz geschieht, literarische Quellen wie Zeugnisse der mittelhochdeut-
schen Dichtung9, Fabeln10, Sprüche", Schwänke12 und Lieder13 berücksichtigt. Wir erfah-
ren aus diesen Quellen einiges über Kleiderordnungen, Speisevorschriften und die Stellung
des Bauern in der mittelalterlichen Ständeordnung. Verschiedentlich fand in diese Quellen
auch mündlich tradiertes Kulturgut Aufnahme, das Einblicke in die bäuerliche Mentalität
gewährt.
Um zu einer möglichst wirklichkeitsgetreuen Betrachtungsweise zu gelangen, war es not-
wendig, sich nicht nur auf die Wiedergabe jener Auffassungen zu beschränken, die sich geist-
liche und weltliche Repräsentanten, also Klerus und Adel, in der von ihnen veranlaßten
schriftlichen Uberlieferung vom Bauern, seiner Arbeit und seiner Vorstellungswelt mach-
ten, so wichtig auch eine möglichst weitgehende Berücksichtigung entsprechender Zeug-
nisse sicher ist. Wir gingen einen Schritt weiter und suchten zu verdeutlichen, wie der Bau-
er selbst sein Milieu, das Geschehen in Natur und Gesellschaft, das Wirken der Mächtigen
wahrnahm. Die damit angesprochene bäuerliche Vorstellungswelt läßt sich freilich nur
schwer aus den heute zur Verfügung stehenden Schriftquellen erschließen. Diese stammen
fast ausschließlich aus den Kreisen der Herrschenden und wurden von ihrem Standpunkt
aus angefertigt, während von Bauern, denen im Mittelalter der Zugang zum Erlernen von
Lesen und Schreiben verwehrt war, kein Schriftgut auf uns gekommen ist. Es wurde den-
noch versucht, aus einigen Quellengruppen Anhaltspunkte dafür zu gewinnen, was und wie
der Bauer fühlte und dachte.14 Zu diesem Zweck wurden Poenitentiale (Bußbücher, von lat.
Poenitentia = Buße)15 und Benediktionen (Gebete, von lat. Benedictio - Segen)16 herange-
zogen. Die Bußbücher enthalten die vom Priester bei der Beichte gestellten Fragen. Daraus
geht hervor, daß die ländliche Bevölkerung noch in überwiegend vorchristlichen Vorstel-
lungen lebte. Die Bauern fühlten sich dem unerkannten Naturgeschehen weitgehend schutz-
los preisgegeben, das man von überirdischen Mächten gelenkt und beherrscht glaubte. Da-
nach waren Kälte oder Hitze, Dürre oder Regen das Werk von »Wettermachern«, die die
Wolken am Himmel bewegten, die Sonne scheinen oder es hageln ließen, Donner und Blit-
ze erzeugten, die Ernte gedeihen ließen oder sie vernichteten. »Den Bauern lag«, schrieb be-
reits Max Weber, »spezifisch naturgebunden und von den Elementargewalten abhängig, wie
ihre ganze ökonomische Existenz war, die Magie: der zwingende Zauber gegen die über und
in den Naturkräften waltenden Geister, oder das einfache Erkaufen göttlichen Wohlwollens
... nahe...«17Mit Zaubersprüchen sollten Dämonen beschwichtigt und günstig gestimmt
werden, um Seuchen, Epidemien oder Hungersnöte abzuwenden, Tierverletzungen zu hei-
2 Einleitung
Unauthenticated
Download Date | 6/13/16 5:22 PM