Table Of ContentRADIO BREMEN
AUSZUG
DES GEISTES
Bericht
über eine Sendereihe
VER LAG B. C. H E Y E &. CO. B REM E N
RADIO BREMEN
AUSZUG
DES GEISTES
Bericht
über eine Sendereihe
VER LAG B. C. H E Y E &. CO. B REM E N
INHALT
Vorwort
1. Ausgangspunkte
Gespräch mit Hannah Arendt - Zahlen und Tabellen
11. Die erste Reise
Gespräche mit Johannes Urzidil - Kurt Pinthus - Else
Staudinger - Hans Albrecht Bethe - Robert Ulich -
Werner Jaeger - Tilly Edinger - Walter Gropius -
Heinrich G. Brugsch-Max Rheinstein-Hans Kelsen
Anna Mäenchen - Karl Brandt - Emil Gumbel - Kurt
Goldstein
IH. Gespräche in Deutschland
mit Erwin Walter Palm-Walter A. Berendsohn-Fried
rich Dessauer - Paul Tillich - Eugen Rosenstock-Huessy
- Theodor W. Adorno - Arnold Bergstraesser -
Hans Rothfels -'- Hans Rofue
IV. Die zweite Reise
Gespräche mit Friedrich Wilhelm Foerster - Fritz
Barnberger - Arnold Brecht - Hans Staudinger -
Sabine Gova - Wilhelm Gaede - Dietrich von Hilde
..~ ..
"~ brand - Martin Schwarzschild - Fritz Lipmann -
Adolf Leschnitzer - Carl Landauer - Walter Fried
länder - Curt Stern - Leo Löwenfual - Max Del
brück - Ernst Toch - Konstantin Reichardt - Hajo
Holborn - Carl Mayer - Hans Jonas - Richard
/i 1)7 (
Courant
~J
7
,~!
~.: V. Ergebnisse
,~
Die andere Sprache - Eroberung der neuen Heimat und
Bindung an die alte - Wirkung der Emigration -
Studenten drüben - Arbeit für Deutschland - Eindrücke
/
/
in Deutschland nach 1945
t:.!'
VI. Anhang
Alle Rechte bei Radio Bremen
Gesamtherstellung B. C. HEYE &. CO., Bremen
\
Printed in Germany 1962
INHALT
Vorwort
1. Ausgangspunkte
Gespräch mit Hannah Arendt - Zahlen und Tabellen
11. Die erste Reise
Gespräche mit Johannes Urzidil - Kurt Pinthus - Else
Staudinger - Hans Albrecht Bethe - Robert Ulich -
Werner Jaeger - Tilly Edinger - Walter Gropius -
Heinrich G. Brugsch-Max Rheinstein-Hans Kelsen
Anna Mäenchen - Karl Brandt - Emil Gumbel - Kurt
Goldstein
IH. Gespräche in Deutschland
mit Erwin Walter Palm-Walter A. Berendsohn-Fried
rich Dessauer - Paul Tillich - Eugen Rosenstock-Huessy
- Theodor W. Adorno - Arnold Bergstraesser -
Hans Rothfels -'- Hans Rofue
IV. Die zweite Reise
Gespräche mit Friedrich Wilhelm Foerster - Fritz
Barnberger - Arnold Brecht - Hans Staudinger -
Sabine Gova - Wilhelm Gaede - Dietrich von Hilde
..~ ..
"~ brand - Martin Schwarzschild - Fritz Lipmann -
Adolf Leschnitzer - Carl Landauer - Walter Fried
länder - Curt Stern - Leo Löwenfual - Max Del
brück - Ernst Toch - Konstantin Reichardt - Hajo
Holborn - Carl Mayer - Hans Jonas - Richard
/i 1)7 (
Courant
~J
7
,~!
~.: V. Ergebnisse
,~
Die andere Sprache - Eroberung der neuen Heimat und
Bindung an die alte - Wirkung der Emigration -
Studenten drüben - Arbeit für Deutschland - Eindrücke
/
/
in Deutschland nach 1945
t:.!'
VI. Anhang
Alle Rechte bei Radio Bremen
Gesamtherstellung B. C. HEYE &. CO., Bremen
\
Printed in Germany 1962
VORWORT
Ob der Leser diesen Bericht anerkennt und sich von ihm
ergreifen läßt, oder ob er ihn als unwesentlich abtut, das
muß ihm überlassen werden. Diese Seiten enthalten keine
grundsätzliche wissenschaitliche Darstellung inzwischen histo
risch geworden er Ereignisse. Es wird lediglich über die Vor
bereitung und Verwirklichung einer Sendereihe berichtet,
und fast ein halbes Hundert Interviews werden teils ganz,
teils konzentriert wiedergegeben.
Das bedarf einer Rechtfertigung, denn solche Niederschriften
verändern zwangsläufig den Tenor des ursprünglichen Ge
IJprächs; weder Akzente noch Schwankungen, kein Abwägen,
kein Zögern, keine Pause - nichts, was klingt, läßt sich ent
sprechend in Schriftzeichen umsetzen. Auch bleibt jede Auf
nahme selbst bei eingehendster Vorbereitung - all dieser
Vorbereitung geradezu zum Trotz - stets vom Glück des
Augenblicks abhängig. Und auch diese Gunst (oder Ungunst)
läßt sich nicht mit Druckerschwärze fixieren. So bleibt nur
die Erwartung, daß der Leser etwas von dem, was zwischen
den Worten mitschwang, jetzt zwischen den Zeilen wieder
findet. Genügt solche Erwartung als Rechtfertigung?
Ein kleines Buch von Helge Pross unter dem Titel .Die
deutsche akademische Emigration nach den Vereinigten Staa
ten 1933 -1941" gibt das Allgemeine dieses Vorganges
wieder. Was dort jedoch mehr beiläufig in ein paar Zeilen
zusammengefaßt wird - nämlich das Ergebnis von vierzig
Befragungen -, macht hier den Bericht aus. Er will etwas
'von den vielen individueIIen Schicksalen vermitteln, von
Verlusten, Bereicherungen, von der Tragwe,ite. Aus Roman
werken wissen wir, wieviel Seiten es braucht, um ein Lebens
schicksal wenigstens halbwegs auszubreiten. Hier werden je
dem Einzelnen zwar nur Zeilen eingeräumt, mehr oder weniger
Raum, doch sagen schon selbst so knappe Lebensabrisse We
sentlicheres aus als Ziffern vor oder hinter dem Komma in
irgendeiner Statistik - die es über diese Vorgänge ja auch
gibt. Individuell durchlebte Wirklichkeit ist greifbar und ist
verbindlicher, sie wird auch anders nachvollzogen als die sta
tistische. Sie besitzt zudem höheren Wahrheitsgehalt, schon
darum, weil sie nicht ohne Widersprüche (und ohne Wieder~
VORWORT
Ob der Leser diesen Bericht anerkennt und sich von ihm
ergreifen läßt, oder ob er ihn als unwesentlich abtut, das
muß ihm überlassen werden. Diese Seiten enthalten keine
grundsätzliche wissenschaitliche Darstellung inzwischen histo
risch geworden er Ereignisse. Es wird lediglich über die Vor
bereitung und Verwirklichung einer Sendereihe berichtet,
und fast ein halbes Hundert Interviews werden teils ganz,
teils konzentriert wiedergegeben.
Das bedarf einer Rechtfertigung, denn solche Niederschriften
verändern zwangsläufig den Tenor des ursprünglichen Ge
IJprächs; weder Akzente noch Schwankungen, kein Abwägen,
kein Zögern, keine Pause - nichts, was klingt, läßt sich ent
sprechend in Schriftzeichen umsetzen. Auch bleibt jede Auf
nahme selbst bei eingehendster Vorbereitung - all dieser
Vorbereitung geradezu zum Trotz - stets vom Glück des
Augenblicks abhängig. Und auch diese Gunst (oder Ungunst)
läßt sich nicht mit Druckerschwärze fixieren. So bleibt nur
die Erwartung, daß der Leser etwas von dem, was zwischen
den Worten mitschwang, jetzt zwischen den Zeilen wieder
findet. Genügt solche Erwartung als Rechtfertigung?
Ein kleines Buch von Helge Pross unter dem Titel .Die
deutsche akademische Emigration nach den Vereinigten Staa
ten 1933 -1941" gibt das Allgemeine dieses Vorganges
wieder. Was dort jedoch mehr beiläufig in ein paar Zeilen
zusammengefaßt wird - nämlich das Ergebnis von vierzig
Befragungen -, macht hier den Bericht aus. Er will etwas
'von den vielen individueIIen Schicksalen vermitteln, von
Verlusten, Bereicherungen, von der Tragwe,ite. Aus Roman
werken wissen wir, wieviel Seiten es braucht, um ein Lebens
schicksal wenigstens halbwegs auszubreiten. Hier werden je
dem Einzelnen zwar nur Zeilen eingeräumt, mehr oder weniger
Raum, doch sagen schon selbst so knappe Lebensabrisse We
sentlicheres aus als Ziffern vor oder hinter dem Komma in
irgendeiner Statistik - die es über diese Vorgänge ja auch
gibt. Individuell durchlebte Wirklichkeit ist greifbar und ist
verbindlicher, sie wird auch anders nachvollzogen als die sta
tistische. Sie besitzt zudem höheren Wahrheitsgehalt, schon
darum, weil sie nicht ohne Widersprüche (und ohne Wieder~
holungen) auskommt. Einzelstimmen sind niemals generell, Ausgangspunkte
auch dort nicht, wo sie allgemeine Gedanken äußern. Sie
Für jedes Jahrhundert zählen wir Ereignisse auf, von
bezeugen Rang und Bedeutung des Subjektiven - und geben
denen wir sagen, sie hätten es entscheidend geprägt.
in ihrer Vielzahl dann doch den Entwurf des Allgemeinen.
Für das unsere, in dem wir uns am besten auszukennen
Reichen solche Uberlegungen als Rechtfertigung aus?
meinen, halten wir gleich eine größere Anzahl von Da
Vielleicht hat die Tatsache Gewicht, daß ein Gelehrter von
ten bereit: Kriegsbeginne und Friedensschlüsse oder
Weltruf die Anregung gab, emigrierte Forscher zu besuchen
wenigstens Waffenstillstandstermine, Konferenzen mit
und mit ihnen zu sprechen. Unser Dank gilt Prof. Dr. F. J. J.
und ohne Ergebnis, den Tag der ersten Atombomben
Buytendijk. Vielleicht genügen auch die betroffenen und
explosion ... den anderen Tag, an dem ein Forscher
öfter noch bewegten, ja, erschütterten Reaktionen der Pro-.
die ersten Voraussetzungen dafür schuf, nennen wir
fessoren im Ausland, die nicht glauben wollten, daß da
merkwürdigerweise nicht. Wir behalten das Datum der
jemand aus Deutschland kam und sie wegen ihrer Flucht
Geburt, nicht das der Zeugung.
aus der Heimat sprechen wollte. Vielleicht erwecken die
Wir sind schon emsig dabei, Daten der Weltraumfahrt
reichen, für die Gastländer erbrachten wissenschaftlichen
zu sammeln. Wir leben im "Zeitalter der Wissenschaft
Leistungen Trauer über eigene Verluste. Vielleicht darf der
und Technik". Aber das ist auch nur eines jener
Bericht auch nur darum veröffentlicht werden, weil er ein
Schlagworte, die uns den Blick auf das Wirkliche und
Kapitel Rundfunkarbeit in der Mitte des 20. Jahrhunderts
Wirkende verstellen.
enthält - und ein Kapitel Geistesgeschichte.
Was war im 19. Jahrhundert wesentlicher: die Tat eines
Fast ein halbes Hundert Autoren hat an ihm mitgewirkt.
Justus Liebig, die eine intensive Bodenbearbeitung und
So entstand ein Mosaik. Vom Großen bis ins Detail ist dieser
damit die Steigerung des Ertrags ermöglichte, oder die
Charakter bewahrt worden: bis zu jenen Aphorismen, in
Kriegserklärungen, Friedensschlüsse und Konferenzen?
welche auch bei ausführlichen Gesprächen umfangreiche Ge
"Die europäische Bevölkerung, die im Jahre 1800
danken nicht selten verkürzt werden. Dabei wird eine Sum
. 181 Millionen ausmachte, wuchs bis zum Ende des
mierung deutlich, in welcher das IndividueIle nicht untergeht.
Jahrhunderts auf 401 Millionen", so heißt es im IRO
Es könnte sein, daß diese ersten, sehr persönlichen Darstel
Bericht über die "Emigration aus Europa" . 56 Millionen
lungen einmal mit zur Grundlage größerer Untersuchungen
wanderten aus.
werden, die der wechselseitigen geistigen Befruchtung von
War vielleicht diese Bewegung wichtiger als alle
Amerika und Europa gelten.
Kriegserklärungen, Friedensschlüsse und Konferenzen
in Europa?
Bremen, im August 1962 Gehen wir davon aus, daß Forschung und überhaupt
Lutz Besch
wissenschaftliches Leben in unserem Jahrhundert von
überragender Bedeutung sind, dann zählt der "Auszug
des Geistes" zu den entscheidenden Ereignissen. Er
ist ein Kapitel europäischer Wissenschaftsgeschichte:
hunderte und aberhunderte von Forschern aus allen
Wissenschaftsbereichen fliehen vor dem National
sozialismus. Und der "Auszug des Geistes" ist auch
ein großes Kapitel in der Geistesgeschichte anderer
Kontinente: eine geistige Elite wandert ein. Ein
9
holungen) auskommt. Einzelstimmen sind niemals generell, Ausgangspunkte
auch dort nicht, wo sie allgemeine Gedanken äußern. Sie
Für jedes Jahrhundert zählen wir Ereignisse auf, von
bezeugen Rang und Bedeutung des Subjektiven - und geben
denen wir sagen, sie hätten es entscheidend geprägt.
in ihrer Vielzahl dann doch den Entwurf des Allgemeinen.
Für das unsere, in dem wir uns am besten auszukennen
Reichen solche Uberlegungen als Rechtfertigung aus?
meinen, halten wir gleich eine größere Anzahl von Da
Vielleicht hat die Tatsache Gewicht, daß ein Gelehrter von
ten bereit: Kriegsbeginne und Friedensschlüsse oder
Weltruf die Anregung gab, emigrierte Forscher zu besuchen
wenigstens Waffenstillstandstermine, Konferenzen mit
und mit ihnen zu sprechen. Unser Dank gilt Prof. Dr. F. J. J.
und ohne Ergebnis, den Tag der ersten Atombomben
Buytendijk. Vielleicht genügen auch die betroffenen und
explosion ... den anderen Tag, an dem ein Forscher
öfter noch bewegten, ja, erschütterten Reaktionen der Pro-.
die ersten Voraussetzungen dafür schuf, nennen wir
fessoren im Ausland, die nicht glauben wollten, daß da
merkwürdigerweise nicht. Wir behalten das Datum der
jemand aus Deutschland kam und sie wegen ihrer Flucht
Geburt, nicht das der Zeugung.
aus der Heimat sprechen wollte. Vielleicht erwecken die
Wir sind schon emsig dabei, Daten der Weltraumfahrt
reichen, für die Gastländer erbrachten wissenschaftlichen
zu sammeln. Wir leben im "Zeitalter der Wissenschaft
Leistungen Trauer über eigene Verluste. Vielleicht darf der
und Technik". Aber das ist auch nur eines jener
Bericht auch nur darum veröffentlicht werden, weil er ein
Schlagworte, die uns den Blick auf das Wirkliche und
Kapitel Rundfunkarbeit in der Mitte des 20. Jahrhunderts
Wirkende verstellen.
enthält - und ein Kapitel Geistesgeschichte.
Was war im 19. Jahrhundert wesentlicher: die Tat eines
Fast ein halbes Hundert Autoren hat an ihm mitgewirkt.
Justus Liebig, die eine intensive Bodenbearbeitung und
So entstand ein Mosaik. Vom Großen bis ins Detail ist dieser
damit die Steigerung des Ertrags ermöglichte, oder die
Charakter bewahrt worden: bis zu jenen Aphorismen, in
Kriegserklärungen, Friedensschlüsse und Konferenzen?
welche auch bei ausführlichen Gesprächen umfangreiche Ge
"Die europäische Bevölkerung, die im Jahre 1800
danken nicht selten verkürzt werden. Dabei wird eine Sum
. 181 Millionen ausmachte, wuchs bis zum Ende des
mierung deutlich, in welcher das IndividueIle nicht untergeht.
Jahrhunderts auf 401 Millionen", so heißt es im IRO
Es könnte sein, daß diese ersten, sehr persönlichen Darstel
Bericht über die "Emigration aus Europa" . 56 Millionen
lungen einmal mit zur Grundlage größerer Untersuchungen
wanderten aus.
werden, die der wechselseitigen geistigen Befruchtung von
War vielleicht diese Bewegung wichtiger als alle
Amerika und Europa gelten.
Kriegserklärungen, Friedensschlüsse und Konferenzen
in Europa?
Bremen, im August 1962 Gehen wir davon aus, daß Forschung und überhaupt
Lutz Besch
wissenschaftliches Leben in unserem Jahrhundert von
überragender Bedeutung sind, dann zählt der "Auszug
des Geistes" zu den entscheidenden Ereignissen. Er
ist ein Kapitel europäischer Wissenschaftsgeschichte:
hunderte und aberhunderte von Forschern aus allen
Wissenschaftsbereichen fliehen vor dem National
sozialismus. Und der "Auszug des Geistes" ist auch
ein großes Kapitel in der Geistesgeschichte anderer
Kontinente: eine geistige Elite wandert ein. Ein
9
nStandortwechsel" wissenschaftlicher Arbeit findet
2. Die politischen Flüchtlinge nahmen diesmal an der
statt, wie es ihn in der Geschichte wohl noch nie ge
wissenschaftlichen Entwicklung der Vereinigten Staaten
geben·hat.
einen regen Anteil.
Geist hat nichts mit großen Zahlen zu tun. Eine ameri
Das Jahr 1848 hatte den Staaten demokratische Poli
kanische Darstellung der Einwanderung zwischen 1820
tiker aus Deutschland beschert; das Jahr 1933 lieferte
und 1944 macht das deutlich:
Gelehrte aller Disziplinen nach. Weitere Parallelen las
Tausend 1820-1944
sen sich nicht ziehen; schon darum nicht, weil Amerika
1.300
in unserem Jahrhundert - zum ersten Mal in der Welt
1.200 geschichte geschieht das - der Einwanderung starke
gesetzliche Schranken auferlegte. 1924 wurde das
1.100
Einwanderungsgesetz erlassen, das eine strenge Aus
1.000
wahl der Einwanderer vorsah: "Die Auswahl wurde aber
900 nicht auf Grund der Qualität der Einwanderer als zu
künftige amerikanische Staatsbürger oder ihrer produk
800
tiven Fähigkeiten getroffen, sondern auf Grund ihrer
700 Rassenzugehörigkeit. Die Einwanderung von Europäern
wurde auf 160000 pro Jahr beschränkt (eine Minderung
600 ..
auf 150000 erfolgte 1927). von denen 55 auf Großbri
%
500
'1 tannien und Irland entfielen, 15% auf Deutschland und
!A
400 Osterreich, während der Rest in verhältnismäßig klei
~ .. ... \1 • nen Quoten unter alle anderen Länder Europas aufge
300 ,I'
J 11 "\I \ teilt wurde. Schon 1922 wurde in Großbritannien die
U
200 Empire Settlement Act angenommen, die die Aus- und
) \j
Einwanderung der weißen Bevölkerung im britischen
100
~ I"V V Weltreich regeln sollte. In den ersten zehn Nachkriegs
\rr
~
jahren (1918-1928) erreichte die gesamte europäische
1820 '30 '40 '50 '50 '70 '80 '90 1900 '10 ' 20 '30 '40 '44
Emigration nicht einmal 40 der Vorkriegsziffern. Die
%
Hierzu der schon einmal zitierte IRO-Bericht: "Es kam
Wirtschaftskrise des Jahres 1929 beendete die großen
damals (nach 1848) zur Auswanderung von nicht mehr
und freien Aus- und Einwanderungsbewegungen.
als vier- bis fünftausend deutschen Flüchtlingen in die
Vereinigten Staaten, die - gemessen an den nahezu
Europäische Auswanderung nach den wichtigsten
sechs Millionen Deutschen, die im Verlaufe der ganzen
Immigrationsländern (Jährliche Durchschnitte)
hier erfaßten Epoche nach den Staaten abwanderten -
1905-1914 1920-1929 1930-1939
unbedeutend erscheint; nichtsdestoweniger nahmen
gerade diese Flüchtlinge an der politischen Entwicklung Vereinigte Staaten 906315 254293 38179
ihrer neuen Heimat einen namhaften Anteil." Von der Australien 93975 34427 809
Zeit zwischen 1933 und 1944 kann man mit zwei Ab Kanada 156845 96734 20520
wandlungen das gleiche sagen: Brasilien 97053 73405 21357
1. Neben den politischen Flüchtlingen gab es diesmal Argentinien 133416 84546 14151
eine nur sehr geringfügige Auswanderung,
1387604 543405 95016
10
11
nStandortwechsel" wissenschaftlicher Arbeit findet
2. Die politischen Flüchtlinge nahmen diesmal an der
statt, wie es ihn in der Geschichte wohl noch nie ge
wissenschaftlichen Entwicklung der Vereinigten Staaten
geben·hat.
einen regen Anteil.
Geist hat nichts mit großen Zahlen zu tun. Eine ameri
Das Jahr 1848 hatte den Staaten demokratische Poli
kanische Darstellung der Einwanderung zwischen 1820
tiker aus Deutschland beschert; das Jahr 1933 lieferte
und 1944 macht das deutlich:
Gelehrte aller Disziplinen nach. Weitere Parallelen las
Tausend 1820-1944
sen sich nicht ziehen; schon darum nicht, weil Amerika
1.300
in unserem Jahrhundert - zum ersten Mal in der Welt
1.200 geschichte geschieht das - der Einwanderung starke
gesetzliche Schranken auferlegte. 1924 wurde das
1.100
Einwanderungsgesetz erlassen, das eine strenge Aus
1.000
wahl der Einwanderer vorsah: "Die Auswahl wurde aber
900 nicht auf Grund der Qualität der Einwanderer als zu
künftige amerikanische Staatsbürger oder ihrer produk
800
tiven Fähigkeiten getroffen, sondern auf Grund ihrer
700 Rassenzugehörigkeit. Die Einwanderung von Europäern
wurde auf 160000 pro Jahr beschränkt (eine Minderung
600 ..
auf 150000 erfolgte 1927). von denen 55 auf Großbri
%
500
'1 tannien und Irland entfielen, 15% auf Deutschland und
!A
400 Osterreich, während der Rest in verhältnismäßig klei
~ .. ... \1 • nen Quoten unter alle anderen Länder Europas aufge
300 ,I'
J 11 "\I \ teilt wurde. Schon 1922 wurde in Großbritannien die
U
200 Empire Settlement Act angenommen, die die Aus- und
) \j
Einwanderung der weißen Bevölkerung im britischen
100
~ I"V V Weltreich regeln sollte. In den ersten zehn Nachkriegs
\rr
~
jahren (1918-1928) erreichte die gesamte europäische
1820 '30 '40 '50 '50 '70 '80 '90 1900 '10 ' 20 '30 '40 '44
Emigration nicht einmal 40 der Vorkriegsziffern. Die
%
Hierzu der schon einmal zitierte IRO-Bericht: "Es kam
Wirtschaftskrise des Jahres 1929 beendete die großen
damals (nach 1848) zur Auswanderung von nicht mehr
und freien Aus- und Einwanderungsbewegungen.
als vier- bis fünftausend deutschen Flüchtlingen in die
Vereinigten Staaten, die - gemessen an den nahezu
Europäische Auswanderung nach den wichtigsten
sechs Millionen Deutschen, die im Verlaufe der ganzen
Immigrationsländern (Jährliche Durchschnitte)
hier erfaßten Epoche nach den Staaten abwanderten -
1905-1914 1920-1929 1930-1939
unbedeutend erscheint; nichtsdestoweniger nahmen
gerade diese Flüchtlinge an der politischen Entwicklung Vereinigte Staaten 906315 254293 38179
ihrer neuen Heimat einen namhaften Anteil." Von der Australien 93975 34427 809
Zeit zwischen 1933 und 1944 kann man mit zwei Ab Kanada 156845 96734 20520
wandlungen das gleiche sagen: Brasilien 97053 73405 21357
1. Neben den politischen Flüchtlingen gab es diesmal Argentinien 133416 84546 14151
eine nur sehr geringfügige Auswanderung,
1387604 543405 95016
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