Table Of ContentDEUTSCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN
SCHRIFTEN DER SEKTION FÜR ALTERTUMSWISSENSCHAFT
13
AUS DER
ALTERTUMSWISSENSCHAFTLICHEN ARBEIT
VOLKSPOLENS
HERAUSGEGEBEN VON
JOHANNES IRMSCHER UND KAZIMIERZ KUMANIECKI
A K A D E M I E - V E R L A G • B E R L IN
19 5 9
Johannes Irmscher
ist Mitglied der Sektion für Altertumswissenschaft
Redaktor der Reihe: Johannes Irmscher
Redaktoren dieses Bandes: Gisela Amberg, Gudrun Gomolka, Helga Reusch
Alle Rechte vorbehalten
Erschienen im Akademie -Verlag GmbH, Berlin W 8, Mohrenstraße 39
Copyright 1959 by Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8
Lizenz-Nr. 202 . 100/360/58
Satz, Druck und Einband: IV/2/14-VEB Werkdruck Gräfenhainichen-840
Bestell- und Verlagsnummer: 2067/13
Printed in Germany
ES 7 M
Vorwort
Im Juni 1956 trafen sich in Dresden Altertumswissen-
schaftler aus der Volksrepublik Polen und aus der Deutschen
Demokratischen Republik zu einer Aussprache. Dabei standen
im Mittelpunkt Berichte über den damaligen Stand und die
Aufgaben der Altertumswissenschaft in der Volksrepublik
Polen. Ergänzt wurden diese Berichte durch spezielle Referate
aus der persönlichen Arbeit der auf der Tagung anwesenden
polnischen Fachgelehrten. Der vorliegende Band vereinigt alle
in Dresden gehaltenen Vorträge. Die Herausgeber hoffen, mit
dieser Sammlung einen Einblick in die Arbeit der Altertums-
forschung in der Volksrepublik Polen zu vermitteln.
Kazimierz Kumaniecki Johannes Irmscher
Inhalt
KAZIMIERZ KUMANIECKI, Stand und Aufgaben der klassischen Philologie
in Volkspolen 7
STEFAN SBEBBNY, Textkritisches zu Aristophanes 21
ANNA KOMORNICKA, Aristophanes als Quelle für die Geschichte der materiel-
len Kultur seiner Zeit. 28
WIKTOB STEFFEN, Zum Satyrdrama Agen 36
WfcADistAW MADYDA, Über die Voraussetzungen der Hermogenischen Stil-
lehre 44
OKTAWIUSZ JUREWICZ, Plautus, Cato der Ältere und die römische Gesell-
schaft 52
HANNA SZELEST, Martial und Silius Italicus 73
WtADISLAW STRZELECKI, Ein Beitrag zur Quellenbenutzung des Nonius . . 81
MARIAN PLEZIA, Eine neue polnische Übersetzung der 'Legenda aurea' . . 91
KAZIMIERZ MICHAEOWSKI, Stand und Aufgaben der klassischen Archäologie
in Volkspolen 99
MARIE LOUISE BERNHARD, L'amphore de Sophilos au Musée National de
Varsovie 109
ANNA SADURSKA, Les problèmes de soi-disant tables iliaques 119
Iz AB ELLA BIE2UNSKA-MA£0WIST, Stand und Aufgaben der Alten Geschichte
in Volkspolen 125
RAFA£ TAUBENSCHLAG, Stand und Aufgaben der antiken Rechtsgeschichte
in Volkspolen 139
HENRYK KUPISZEWSKI, Die Formulare im Exekutionsverfahren des römi-
schen Ägypten auf Grund der Papyrusurkunden 141
LIDIA WINNICZUK, Die Popularisierung der klassischen Altertumswissen-
schaft in Volkspolen 143
Abkürzungen
A JA American journal of archaeology
AM Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Athenische Ab-
teilung
BCH Bulletin de correspondance hellénique
BSA Annual of the British school at Athens
CVA Corpus vasorum antiquorum
Hs Handschrift
Hss Handschriften
Jdl Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts
MonPiot Fondation Eugène Piot. Monuments et mémoires
ÖJh Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Instituts in Wien
P Papyrus
PAN Polska Akademia Nauk
Philol. Philologus
RE Pauly-Wissowa-Kroll-Ziegler, Realencyclopädie der classischen Alter-
tumswissenschaft
Rhein.Mus. Rheinisches Museum für Philologie
RIDA Revue internationale des droits de l'antiquité
RPTA Rocznik polskiego towarzystwa archeologicznego (Jahrbuch der
Polnischen Gesellschaft für Archäologie)
Spr.PAU Sprawozdania z czynnosci i posiedzen Polskiej Akademii umiejetnosci
(Berichte der Polnischen Akademie der Wissenschaften)
Spr.PTPN Sprawozdania poznanskiego towarzystwa przyjaciol nauk (Berichte der
Gesellschaft der Freunde der Wissenschaft in Poznan)
Stand und Aufgaben der klassischen Philologie in
Volkspolen
KAZIMIEBZ KTTMANIECKI
Da ich schon in einem Aufsatz, der im ersten Bande der Zeitschrift „Das
Altertum" unter dem Titel: „Zehn Jahre klassische Philologie in Volks-
polen"1) erschienen ist, den Stand und die Aufgaben der klassischen Philo-
logie in Polen dargestellt habe, werde ich, um mich nicht zu wiederholen,
versuchen, das Problem von einem anderen Standpunkt aus anzugreifen
und auch manches nachzuholen, das ich damals versäumt habe. Es ist selbst-
verständlich, daß etwaige Wiederholungen nicht zu vermeiden sind, und
deswegen bitte ich diejenigen um Entschuldigung, denen mein Aufsatz be-
kannt ist.
Zuerst möchte ich die organisatorischen Formen erwähnen, in denen das
Leben der klassischen Philologie verläuft. Die gesamte Planung der wissen-
schaftlichen Arbeit auf dem Gebiet der klassischen Philologie in Polen liegt
in der Kompetenz des Komitees der antiken Kultur an der Polnischen Aka-
demie der Wissenschaften. Es wurde im Jahre 1952 gegründet und steht
unter meiner Leitung; die Mitgliederzahl beträgt seit zwei Monaten zwanzig
Personen. Jeden Monat finden Sitzungen statt, auf denen je ein wissen-
schaftliches Referat zum Vortrag gelangt und die Richtlinien für die Pla-
nung der wissenschaftlichen Arbeiten und Publikationen sowie für ihre
finanzielle Unterstützung festgelegt werden. Von den Publikationen,
die unmittelbar vom Komitee geleitet werden, muß an erster Stelle
„Slownik laciny sredniowiecznej w Polsce" — Das Wörterbuch des
Mittellateins in Polen — erwähnt werden, das von einer Arbeitsgruppe in
Krakow unter der Leitung von Professor PLEZIA bearbeitet wird. Sechs Hefte
davon sind bereits erschienen, und nachdem die Zahl der Mitarbeiter dieser
Arbeitsgruppe auf sechs Personen gestiegen ist, hoffen wir, jedes Jahr die
Herausgabe mindestens zweier Hefte zu ermöglichen. Ich möchte hinzu-
fügen, daß die Arbeitsstelle in Krakow sich in dauerndem Kontakt mit Pro-
fessor Blatt in Dänemark befindet. Engere Beziehungen zwischen dieser
!) Das Altertum 1, 1955, 244—255.
8 KAZIMIERZ KUMANIECKI
Arbeitsstelle und einer analogen der Deutschen Akademie der Wissenschaf-
ten sind im November 1955 angeknüpft worden und werden auch weiter
gepflegt, ähnlich wie zwischen Ungarn und Polen. Im November 1955
machte sich Professor Plezia während seines Besuches in Berlin mit den
in der deutschen Arbeitsstelle angewandten Methoden vertraut, und 1957
wird Dr. Schneider, dem Leiter der deutschen Arbeitsstelle in Berlin, in
Krakow das Studium der von uns angewandten Methoden möglich sein.
In weiterer Reihenfolge der Veröffentlichungen des Komitees müssen wir
das Archiwum filologiczne erwähnen, das hauptsächlich für Monographien
in lateinischer Sprache bestimmt ist. Bisher ist leider nur ein Heft erschienen,
Nr. 3, Wroclaw 1953, in dem die Arbeit W. MADYDAS, De Donato histrionum
praeceptore veröffentlicht wurde; für die nächste Zeit sind aber drei wei-
tere angesagt.
Unmittelbar vom Komitee geleitet wird auch die Publikation des „Corpus
antiquissimorum poetarum Poloniae Latinorum", worin die neue Ausgabe
der Gedichte des Paulus Crosnensis, bearbeitet von MAMA CYTOWSKA, er-
scheinen soll. Endlich muß ich auch die „Bibliothek der griechischen und
römischen Literatur in Übersetzungen" [Biblioteka przekladöw z literatury
greckiej i rzymskiej] erwähnen. Als erste ist die Übersetzung des Appianos
von PIOTBOWICZ erschienen. Druckreif tsind der erste Band der Werke Lu-
kians, übersetzt von BOGTJCKI, in neuer Bearbeitung von MADYDA, und der
erste Band des Polybios, übersetzt von S. HAMMEK.
Außer den normalen Monatssitzungen werden durch das Komitee auch
besondere Sitzungen unter Beteiligung ausländischer Gelehrter abgehalten.
So fand im Jahre 1954 eine dem Aristophanes gewidmete Sitzung statt.
Ihre Ergebnisse werden in einer speziellen Publikation, die 1957 erschei-
nen soll, veröffentlicht werden. Im Dezember 1955 fand unter der Leitung
des Komitees eine dem antiken Recht gewidmete Sitzung statt, wobei
auch sowjetische, tschechische, jugoslawische und deutsche Gelehrte, unter
letzteren Professor Zucker und Professor Dornseiff, ihre Referate gehal-
ten haben.
Das zweite Zentrum der wissenschaftlichen Arbeit auf dem Gebiet der
klassischen Philologie bildet der seit dem Jahre 1894 existierende Polnische
Philologen-Verband mit seiner Verbandszeitschrift Eos, die in Wroclaw unter
der Leitung der Professoren Strzelecki, Steffen und Krökowski erscheint.
Ich möchte auf einen Band dieser Zeitschrift besonders aufmerksam machen,
der, als Symbolae Raphaeli Taubenschlag dedicatae, ausschließlich aus-
ländische Arbeiten aus dem Gebiet der antiken Rechtsgeschichte enthält
und als eine Huldigung der gelehrten Welt für den weltberühmten Meister
der Papyrologie gedacht ist. Außer der Eos erscheinen auch Eos-Supple-
menta, die wissenschaftliche Monographien aus dem Gebiete der klassischen
Philologie enthalten; im Jahre 1951 anläßlich des Jubiläums von Professor
Stand und Aufgaben der klassischen Philologie 9
Sinko erschien ein stattlicher Band „Charisteria Thaddaeo Sinko ab amicis,
collegis, discipulis oblata".
Aber nicht nur in Veröffentlichungen äußert sich die nach dem Kriege
immer weiter zunehmende Wirksamkeit des erwähnten Verbandes, sondern
auch in der immer planmäßigeren Organisation der jährlichen Hauptver-
sammlungen. Während sie sich vor dem Kriege auf eintägige Zusammen-
künfte von zehn bis zwanzig Delegierten beschränkten und die Tagesordnung
in der Wahl der Funktionäre des Verbandes und dem Verlesen eines wissen-
schaftlichen Vortrages bestand, fand 1948 zum erstenmal eine zweitägige
Versammlung statt mit einundzwanzig wissenschaftlichen Berichten. Einen
Umschwung im Leben des Verbandes bedeutete die Hauptversammlung in
Poznan im Jahre 1950, die im Zusammenhang mit den Vorbereitungen zum
Kongreß der polnischen Wissenschaft stattfand. Auf einer ihrer Sitzungen
wurde die Planung kollektiver Forschungen auf dem Gebiet der klassischen
Philologie beschlossen. Der Grundsatz, die Hauptversammlungen planmäßig
vorzubereiten und einem einzigen wichtigen Problem unterzuordnen, wurde
in gewissem Sinne zum erstenmal im Jahre 1951 verwirklicht, wobei zwei
Referate den Fragen des Realismus in der antiken Literatur und Kunst ge-
widmet waren. In vollem Umfange wurde dieses Postulat auf der Haupt-
versammlung zu Torun 1952 realisiert, als die polnisch-lateinische Literatur
das Grundproblem bildete, und auf der Hauptversammlung zu Krakow
1953, als sich die Versammlung zum erstenmal über drei Tage erstreckte
und das Problem des Übergangs von der römischen Republik zum Prinzipat
erörtert wurde. Auch die Hauptversammlung des Verbandes in Gdynia 1954
dauerte drei Tage und befaßte sich mit dem Problem des antiken Theaters
und seiner sozialen und ideologischen Funktion. Gleiche Dauer hatte
schließlich die Versammlung zu Warszawa 1955, die den Fragen der Auguste-
ischen Kultur gewidmet war. Die lebhafte Diskussion während dieser Zu-
sammenkünfte, an denen über hundert Personen teilnahmen, deutet klar
darauf hin, daß der Grundsatz einer planmäßigen Vorbereitung der Ver-
sammlung und die Erörterung nur eines Problems sich als richtig erwiesen
haben. Ein anderes Merkmal, das die Wirksamkeit des Verbandes in Volks-
polen von der der Zwischenkriegszeit günstig unterscheidet, ist eine ständig
wachsende und besonders seit dem Entstehen der Polnischen Akademie der
Wissenschaften an Stärke zunehmende, auf breiter Basis beruhende Popula-
risierung. Während vor dem Kriege die Wirksamkeit des Verbandes während
der Sitzungen sich auf wissenschaftliche Referate beschränkte, leiten zur
Zeit einige Zentren, besonders die in Warszawa und Torun, eine groß-
angelegte Popularisierungstätigkeit in die Wege. Die Abteilung zu Torun
erstreckt ihre Tätigkeit auf die ganze Woiwodschaft Pomerellen, wo sie eine
Reihe von Vorträgen und Diskussionen, ungefähr zwanzig im Jahr, durch-
führt. Eine ähnliche Tätigkeit entfaltet die Warschauer Abteilung, indem