Table Of ContentHeinz Jordan · Michael Weis
Asynchronmaschinen
Sriptum für Elektrotechniker und
Maschinenbauer ab 4 Semester
Heinz Jordan I Michael Weis
Asynchronmaschinen
Sriptum für
Elektrotechniker und Maschinenbauer
ab 4. Semester
Mit 183 Abbildungen
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
1969
Copyright© 1969 bySpringer Fachmedien Wiesbaden
Ursprünglich erschienen bei Friedr. Vieweg+Sohn GmbH· Braunschweig 1969.
ISBN 978-3-663-19872-7 ISBN 978-3-663-20211-0 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-20211-0
Alle Rechte vorbehalten
Best.-Nr. 3302
Vorwort
Die im 5. und 6. Semester an der Technischen Universität Hannover ge
haltenen Vorlesungen über elektrische Maschinen befassen sich zu einem
großen Teil mit der zwar baulich einfachsten, jedoch am schwersten zu
verstehenden Maschine, dem Drehstromasynchronmotor. Er stellt gera
dezu ein Musterbeispiel für die Erziehung zu einer Denkweise der Ingeni
eure dar. Wer das Wesen der Drehstromasynchronmaschine verstanden
hat, dem ist es ein leichtes, auch ihre Varianten zu verstehen: den Dreh
regler, den asynchronen Frequenzumformer, die elektrische Welle, die
Einphasenmotoren usw.
Zur sachgerechten Formulierung der mit dieser Maschinenart verknüpften
technischen Aufgaben bedarf es nur relativ weniger mathematischer Kennt
nisse, dafür aber einer erheblichen Vertrautheit mit den physikalischen
Grundgesetzen, vor allem mit dem Induktions- und dem Durchflutungsge
setz, also mit den raum-zeitlichen Vorgängen im elektromagnetischen
Feld. Die elegante Formulierung dieser Gesetze läßt dabei die Schwierig
keit ihrer Handhabung auch in sehr einfachen Fällen von vornherein gar
nicht vermuten.
Verständlicherweise kann man ohne elementare Vorkenntnisse von rotie
renden elektrischen Maschinen, ihrem konstruktiven Aufbau und ihrer
Wirkungsweise eine solche Vorlesung nicht mit Vorteil hören. So muß man
z. B. von den einführenden Vorlesungen vor dem Vorexamen her wissen,
daß man das Strom- und Drehmomentverhalten von elektrischen Maschi
nen so vorausberechnen kann, als wenn die Leiter des Läufers auf der
Läuferoberfläche im Luftspalt liegen und vom Feld "geschnitten" werden,
daß die an der Welle abgegebene mechanische Leistung mit einer entspre
chenden elektrischen Leistung bezahlt werden muß usw. Nur darf man
nicht glauben, daß man auf eine solche "primitive" Weise auch Aufschluß
über die Kräfte auf eben diese Leiter erhält. Aber all das langt bei wei
tem nicht, man muß natürlich auch wissen, wie ein Asynchronmotor aus
sieht, wie seine wichtigsten Bauteile heißen und wie sich sein Netzstrom
und sein Drehmoment in Abhängigkeit von der Drehzahl ändern, wie seine
technisch interessierenden Belastungskennlinien (Leistungsfaktor, Wir
kungsgrad und Schlupf) aussehen. Für die Vermittlung solcher Art von
im Grunde doch recht oberflächlichen Kenntnissen benötigt man keine Vor
lesungen auf einer technischen Hochschule. Dazu genügen ganz elementa
re Bücher. Vorlesungen sollen vielmehr eine konsequente Verknüpfung
des Geschehens zeigen und unmerklich auch ein wenig die technischen
Forderungen und Fragestellungen einfließen lassen, in die sich dann ja
ein der Physik fremdes Element, die Wirtschaftlichkeit einschmuggelt.
Der Wunsch der Verfasser, diese Vorlesungen als Skripten und nicht
als wohlgesetztes Lehrbuch erscheinen zu lassen, hat zwei Wurzeln·
Einerseits sollte man bemüht sein, das Stundenplangefüge der Studienre
form mit etwas "Inhalt" zu erfüllen. Das geht andererseits aber nur, wenn
dem Studierenden die Möglichkeit gegeben wird, die schriftlichen Informa
tionen zu einem angemessenen Preis zu erstehen.
Darüber hinaus erschien es uns besser, die doch recht schwierigen Dinge
in einer mehr saloppen und gleichzeitig persönlichen Form zu bringen, die
vor allem erkennen läßt, daß es sich hierbei um etwas Lebendiges handelt,
das vom lebenden Menschen ohne Perfektion der Darstellung gebracht wer
den sollte. Eine saloppe Sprache kann einzelne Tatbestände, so wie etwa
ein Dialekt, durchaus kurz und präzise ausdrücken. Kein Prüffeldmonteur
redet von der "Winkelgeschwindigkeit des Läufers" in Radian/s, sondern
von der "Drehzahl". Er spricht auch nicht von einem "Wicklungsstrang",
sondern von einer "Phase", und doch weiß jeder, daß es sich dabei eben
nicht um einen Zeitphasenunterschied handelt, sondern um einen bestimm
ten Teil einer Wicklung. Die "wissenschaftliche Strenge" liegt vielmehr
in der sauberen Definition der vorkommenden Größen und in der Betonung
der jeweils zugrunde liegenden Voraussetzungen, die leider meist in den
Lehrbüchern nicht erwähnt werden.
Vor einer irrtümlichen Auffassung sei nachdrücklich gewarnt. Weder die
"Berechnung" noch den "Bau" (die Konstruktion) von Turbogeneratoren
oder auch nur von Kleinstmotoren kann man aus Vorlesungen oder Büchern
erlernen. Dies ist nämlich nicht mit einigen "Rezepten" getan; denn die
"Berechnung" besteht ja nicht nur in der Ermittlung des "Kreisdiagramms ".
"Lernen" kann man im Grunde nur das, was unbedingt zu beachten ist und
das, was nicht sein darf. Der "Bau von elektrischen Maschinen" ist eben
eine Kunst und verlangt nicht nur einige Semester Vorlesungen und Rechen
oder Laborübungen.
Die Verfasser sind dem Verlag sehr dankbar, daß er ihren eigentlich un
bescheidenen Wünschen nachgekommen ist. Es sei nicht verschwiegen, daß
es sich hierbei um ein Kind mit vielen "Vätern" handelt. Sie sind dem Amte
allerdings bekannt. Es sind nämlich alle Mitarbeiter (und -innen) des In
stituts für Elektrische Maschinen der TU Hannover.
Hannover 1968 Heinz Jordan Michael Weis
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Konstruktiver Aufbau 1
2. Luftspaltfelder 6
3. Wicklungen 27
4. Drehstromasynchronmotor mit Schleifringläufer 36
4. 1. Flußverkettungen und Induktivitäten 36
4. 2. Spannungsgleichungen 43
4. 3. Ersatzbild, Kreisdiagramm 53
4. 4. Leistungsbilanz, asynchrone Drehmomente 60
5. Drehstromasynchronmotor mit Käfigläufer 70
5. 1. Ermittlung der stationären Ströme 70
5. 2. Oberfelderscheinungen 86
5. 3. Leerlaufstrom und Kurzschlußstrom 100
6. Anlauf und Anlaßverfahren, Schaltwärme 107
7. Drehstromasynchronmotor mit Doppelnutläufer 120
8. Drehstromasynchronmotor mit Hoch- bzw. Keilabläufer 134
9. Drehzahlstellen 142
10 . Unsymmetrische Schaltungen 156
10. 1. Methode der symmetrischen Komponenten 158
10. 2. Einphasiger Betrieb von Drehstromasynchronmaschinen 171
10. 3. Unsymmetrische Läuferwicklung 182
11. Sonderbetriebsarten 184
11. 1. Asynchrongenerator 184
11. 2. Drehregler 186
11. 3. Asynchrone Frequenzumformer 190
11. 4. Elektrische Welle 193
11. 5. Gleichstrombremse 198
12. Technische Fragen 203
12. 1. Berechnungsfragen 203
12. 2. Prüfung 210
12. 3. Betriebs- und Herstellungsschäden 211
Sachwortverzeichnis 221
Nachweis der Abbildungen
AEG-Werkbilder: 1.6, 9.5, 9.10
Bödefeld, Tl)., "Elektrische Maschinen"
Sequenz, TH.: Springer-Verlag 1962:
4.8, 4.9. 4.17
Garbe-Lahmeyer Handbuch 1966: 3.3
Nürnberg, W.: "Die Asynchronmaschine",
Springer-Verlag 1952: 3.1, 5.26
Siemens-Werkbild 1.1
1. Konstruktiver Aufbau
Vor Ihnen steht ein Drehstromasynchronmotor. Es ist ein kleiner Motor
von 1 kW Leistungsabgabe an der Welle. "Klein" bezieht sich dabei auf
die Leistung oder, genauer gesagt, auf sein Drehmo~ent. Das letztere
bestimmt nämlich die Abmessungen. Es gibt noch viel kleinere Dreh
strommotoren von nur wenigen Watt Leistung und natürlich auch noch viel
größere von vielen 1000 kW. Seine Einzelteile erkennen Sie aus der "Ex
plosionszeichnung" (Abb. 1. 1). Wer soll die alle und darüber hinaus die
Abb. 1.1
a Lageraecifel t Lagersenlid BS 1 Klemmenxaslen, OeCXet
h Lagerschild AS g Außerlüfter mF uß
c St~naerwicklung n LifterniJIJheiStam OZWGufii n.Künlfannen
II Käfigliiufa' IKITZScl'luiJrilgi i J(Jemmenore" o Welle
e Sllinllergehause k Klemmenkdslen, ooerleil p Rillenkugellager
entsprechenden Normen behalten? Ich kann es jedenfalls nicht; und wer
das wirklich kann, der weiß vermutlich nur wenig über das funktionelle
Verhalten dieser Maschine. Möglicherweise wird er noch nicht einmal
wissen, wann für einen Elektroantrieb gerade ein solcher Drehstromasyn
chronmotor und nicht ein Synchron- oder Gleichstrommotor zu verwenden
ist. In dieser Hinsicht kann man allerdings keinen so großen Fehler bege
hen; denn etwa 90% aller Antriebsmotoren sind eben solche Drehstrom
asynchronmotoren oder wie wir in der Folge etwas kürzer sagen wollen,
Drehstrommotoren. Es ist daher verständlich, daß die Kenntnis der wich
tigsten Eigenschaften dieser so weit verbreiteten Motoren zum Bildungs
bestand eines jeden Elektroingenieurs gehören sollte.
Sieht man von Einzelheiten ab, so ist der Drehstrommotor eigentlich ein
relativ einfaches Gebilde. Auch die Differentialgleichungen, die sein
elektromagnetisches Verhalten beschreiben, lassen sich letzten Endes
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auf eine einfache Form bringen. Nur der Weg von diesem einfachen Auf
bau zu diesen einfachen Gleichungen führt über die elektromagnetischen
Felder und ist sehr mühevoll, weil man es immer gleichzeitig mit räum
lichen und zeitlichen Vorgängen zu tun hat. Das ist aber nicht alles; denn
der Ingenieur muß in jedem Augenblick auch an die wirtschaftliche und
technische Fragestellung denken.
Die unerläßlichen physikalischen Grundgesetze nützen ihm nur dann, wenn
er gleichzeitig imstande ist, einfache Gedankenmodelle zu ersinnen, die
eine durchsichtige Lösung gestatten und die ihn damit eigentlich erst
handlungsfähig machen.
Schluß mit den philosophischen Betrachtungen und gleich zum:
1. Aufbau der Asynchronmaschinen
Die Asynchronmaschine besteht aus einem stillstehenden Teil, dem Stän
der und dem rotierenden Läufer. Sie sind durch einen kleinen Luftspalt
(Bruchteile eines mm) voneinander getrennt. Als aktive Teile bezeichnet
man das Ständer- und Läuferblechpaket sowie die Ständer- und Läuferwick
lung, die in gleichmäßig am Umfang verteilten Nuten untergebracht sind.
Einen solchen Blechschnitt für einen Kleinmotor zeigt die Abb. 1. 2.
Abb. 1.2
Die Dynamoblechtafeln haben natürlich nur begrenzte Abmessungen. Infol
gedessen müssen die Blechpakete großer Motoren aus einzelnen Segmen
ten (Abb. 1. 3) aufgebaut werden, wobei man die unvermeidlichen Stoßfu
gen überlappt schichtet. Dabei darf die "Teilung" der Segmente mit Rück
sicht auf sog. Lagerströme nicht beliebig und etwa nur nach konstrukti
ven Gesichtspunkten erfolgen. Wir werden später darauf noch eingehen.
Das ganze Blechpaket wird nach dem Schichten zusammengepreßt und durch
geeignete Maßnahmen unter einer gewissen Vorspannung gehalten.
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Abb. 1.3
In die Ständernuten wird die Drehstromwicklung eingelegt. Im Läufer be
findet sich entweder ebenfalls eine Drehstromwicklung, deren Enden an
Schleifringe (isoliert auf der Welle sitzend) geführt werden, um dort zu
gänglich zu sein, oder die Läuferwicklung besteht aus einer Anzahl von Stä
ben, die an den beiden Endseiten durch sog. Kurzschlußringe miteinander
verbunden sind. Man spricht von Schleifring- oder Käfigläufern. Die näch
sten Abb. 1. 4 und 1. 5 zeigen einen solchen Schleifringläufer bzw. Käfig
läufer. Moderne Käfigwicklungen werden heute bis zu Leistungen von etwa
250 kW aus Aluminiumpreßguß (oder Schleuderguß) hergestellt.
Abb. 1.4
Abb. 1,5
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