Table Of ContentVeröffentlichungen der Sektion Religionssoziologie
der Deutschen Gesellschaft für Soziologie
Uta Karstein
Thomas Schmidt-Lux Hrsg.
Architekturen
und Artefakte
Zur Materialität des Religiösen
Veröffentlichungen
der Sektion R eligionssoziologie
der Deutschen Gesellschaft
für Soziologie
Herausgegeben von
M. Breuer, Paderborn
U. Karstein, Leipzig
M. Koenig, Göttingen
K. Sammet, Leipzig
H. Winkel, Bielefeld
A. Yendell, Leipzig
Herausgegeben von
Marc Breuer Kornelia Sammet
Katholische Hochschule Universität Leipzig
Nordrhein-Westfalen
Heidemarie Winkel
Uta Karstein Universität Bielefeld
Universität Leipzig
Alexander Yendell
Matthias Koenig Universität Leipzig
Universität Göttingen
Weitere Bände in dieser Reihe http://www.springer.com/series/12575
Uta Karstein · Thomas Schmidt-Lux
(Hrsg.)
Architekturen
und Artefakte
Zur Materialität des Religiösen
Herausgeber
Uta Karstein Thomas Schmidt-Lux
Institut für Kulturwissenschaften Institut für Kulturwissenschaften
Universität Leipzig Universität Leipzig
Leipzig, Deutschland Leipzig, Deutschland
Veröffentlichungen der Sektion R eligionssoziologie der
Deutschen Gesellschaft für Soziologie
ISBN 978-3-658-10403-0 ISBN 978-3-658-10404-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-10404-7
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National-
bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Springer VS
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die
nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung
des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen,
Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem
Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche
Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten
wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa-
tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind.
Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder
implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen.
Lektorat: Cori Mackrodt
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Springer VS ist Teil von Springer Nature
Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Inhaltsverzeichnis
Teil I Einleitung
Die materiale Seite des Religiösen. Soziologische
Perspektiven und Ausblicke ...................................... 3
Uta Karstein und Thomas Schmidt-Lux
Teil II Disziplinäre Perspektiven
Die materielle Seite des Religiösen. Perspektiven
der Religionswissenschaft und Ethnologie .......................... 25
Peter J. Bräunlein
Gebaute Welt als schweres Kommunikationsmedium
der Gesellschaft. Architektur und Religion
aus architektursoziologischer Perspektive .......................... 49
Joachim Fischer
Teil III Architekturen
Religiöse Architektur im Säkularisierungsprozess.
Katholische Kirchengebäude der Nachkriegsmoderne ................ 73
Marc Breuer
„Gesetzgeber werden solche Bauten sein“. Die Rolle des Bauens
und von Bauten in der anthroposophischen Bewegung ............... 93
Henrik Hilbig
V
VI Inhaltsverzeichnis
Kirche und Aula zugleich? Eine Gebäudeinterpretation
des Leipziger Paulinums ........................................ 121
Thomas Schmidt-Lux
Steine des Anstoßes. Zur Bedeutung
des Materiellen in Moscheebaukonflikten ......................... 145
Maria Jakob
Neue spirituelle Zentren – Manifestationen
und Materialisationen kreativer religiöser Synthesen?
Das Beispiel des Benediktushofs in Unterfranken ................... 163
Thomas Schmitt
Teil IV Raum und Infrastruktur
Grenzarbeit zwischen Sakralisierung und Profanität.
Multireligiöse Räume in nicht-religiösen Kontexten ................. 193
Stefanie Duttweiler
Die Konstitution religiöser Räume in der Krise. Jüdisches
Leben im Deutschen Reich zwischen 1939 und 1945 ................. 213
Elisabeth Pönisch
Infrastrukturen des Religiösen: Materialität
und urbane Ordnungsregime .................................... 233
Marian Burchardt
Teil V Artefakte und Körper
Die den Rosenkranz tragen. Religiöse Formen
in einem Frauengefängnis ...................................... 253
Barbara Thériault
Ausdruck von Spiritualität? Artefakte
und Architektur in der Yogapraxis ............................... 267
Charlotte Ullrich
„Mein Körper ist mein Tempel“ – Überlegungen
zur Beziehung von Körper, Leib und Materialität
im modernen Yoga ............................................. 289
Alan Schink
Teil I
Einleitung
Die materiale Seite des
Religiösen. Soziologische
Perspektiven und Ausblicke
Uta Karstein und Thomas Schmidt-Lux
1.
In der Soziologie und im Feld der Kulturwissenschaften generell ist seit länge-
rer Zeit ein starkes Interesse an Architektur und Artefakten beobachtbar. Zaghaft
begann dies in den 1980er Jahren (Appadurai 1986), aber schon bald darauf war
die Rede von einem regelrechten Material Turn (Hicks 2010). Wie immer bei sol-
chen Etikettierungen werden damit recht heterogene Ansätze und Strömungen
zusammengezogen. Ungeachtet von Differenzen eint die gemeinten Vertreterin-
nen und Vertreter das Interesse für Orte, Stoffe und Dinge, um ‚dem Sozialen‘
auf die Spur zu kommen. Die Grundthese ist dabei, dass Soziales nicht nur in
Form immaterieller Zeichen, Normen, Symbole und Repräsentationen existiert,
sondern immer auch in materialer Form, das heißt in Artefakten, Architekturen
und Körpern. Dies sei – so wurde bemängelt – bislang allzu oft vergessen oder
verdrängt, in jedem Fall aber nicht angemessen grundbegrifflich reflektiert und
berücksichtigt worden (Delitz 2010; Eßbach 2001; Gugutzer 2004; Latour 2008;
Linde 1972). Diesem materialen Aspekt des Sozialen wird dagegen vonseiten der
Verfechter eines Material Turn eine höchst aktive Rolle im sozialen Geschehen
zugesprochen: Materiales erscheint als Träger von Erinnerungskulturen, als Sozi-
alisationsagent, Mittel der In- und Exklusion, Medium von Repräsentation – kurz:
U. Karstein (*) · T. Schmidt-Lux
Institut für Kulturwissenschaften, Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland
E-Mail: [email protected]
T. Schmidt-Lux
E-Mail: [email protected]
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 3
U. Karstein und T. Schmidt-Lux (Hrsg.), Architekturen und Artefakte,
Veröffentlichungen der Sektion Religionssoziologie der Deutschen
Gesellschaft für Soziologie, DOI 10.1007/978-3-658-10404-7_1
4 U. Karstein und T. Schmidt-Lux
als Bedingung, Beschränkung und Instrument sozialer Praxis. Die weitgehendste
Position ist dabei sicher, den Dingen selbst einen Akteurstatus zuzuschreiben.
In der Soziologie gibt es für solche Perspektiven durchaus Anknüpfungs-
punkte in älteren Debatten. Die Philosophische Anthropologie etwa wies auf die
besondere Bedeutung von Artefakten und Bauten hin. Dies resultierte vor allem
aus ihrer Konzeption des Menschen als unfertigem, Stabilität und Halt suchen-
dem Wesen. Werkzeuge und gebautes Umfeld erfüllen hier also die grundlegende
Funktion der Hilfe und Ermöglichung. Darüber hinaus kommt aber schon bei
Autoren wie Arnold Gehlen ein Beitrag des Materialen ins Spiel, der über eine
bloße Hilfestellung hinausgeht. Gehlen fasst dies im Begriff der „Sollsuggestion“
(2004, S. 24) und meint damit die Fähigkeit von Dingen und Bauten, menschliche
Bewegungen und Empfindungen zu lenken oder mindestens zu beeinflussen. Eine
Werkstatt beispielsweise, so Gehlen, biete ihrem Nutzer eine stabilisierende Hülle
und wirke verhaltensauslösend. Sie fungiere in dieser Hinsicht wie ein „chroni-
scher Aktualisator“ bestimmter Verrichtungen und Gewohnheiten (Gehlen 2004,
S. 46). Damit aber, so schlussfolgert Heike Delitz, komme dem gebauten Umfeld
letztlich eine „subjektformierende Kraft“ zu (Delitz 2010, S. 185).
Nun ist die Philosophische Anthropologie nicht der einzige Ort, an dem schon
früh über Materiales nachgedacht wurde. Auch bei anderen Klassikern der Sozial-
und Kulturwissenschaften finden sich entsprechende Thematisierungen von mate-
rialen Gegebenheiten. Allerdings zeichnen sich diese in der Regel durch eine
eingeschränkte Perspektive – oft gepaart mit einem ambivalenten Verhältnis zur
„objektiven Kultur“ aus, was sicher mit dazu beigetragen hat, dass es in ihrer
Nachfolge zu keiner systematischen Auseinandersetzung mit dieser Dimension
des Sozialen kam (vgl. dazu Eßbach 2001). Georg Simmel beispielsweise unter-
suchte aus der Perspektive seiner soziologischen Ästhetik unter anderem die
sozialen Implikationen von Schmuck, der – obwohl er ja „ausschließlich der
Pointierung und Bedeutungssteigerung seines Trägers dient“ – sein Ziel nur auf-
grund der ihm zuteil werdenden Aufmerksamkeit durch andere erlangt (Simmel
2009, S. 137). Für Simmel war dies ein klassisches Beispiel sozialer Wechselwir-
kung und eines – so könnte man hinzufügen – das sich nur über Gebrauch und
Wirkung eines Artefaktes herstellt. Als Kulturphilosoph sah er die überbordende
objektive Kultur seiner Zeit allerdings kritisch, da er die Menschen zunehmend
weniger in der Lage wähnte, sich diese subjektiv anzueignen und von daher eine
Bedrohung ihrer Individualität ausmachte (Simmel 1995). Emile Durkheim
(1898/1989) ging an dieser Stelle weiter und plädierte ganz explizit für die Ana-
lyse der sogenannten „sozialen Morphologie“, womit er all diejenigen Phäno-
mene meinte, bei denen das Soziale eine sicht- und greifbare Gestalt annimmt.
Description:In der Soziologie ist seit längerer Zeit ein zunehmendes Interesse an Architektur und Artefakten beobachtbar. Dabei wird daran erinnert, dass nicht nur immaterielle Zeichen, Symbole und Repräsentationen des Sozialen existieren, sondern auch Orte, Stoffe und Dinge. Diesen wird eine wichtige Rolle i