Table Of ContentWeltanschauungen
im Gespräch
Band 9
Apokalyptische Vorstellungen und Erwartungen
gewinnen derzeit rasch an Bedeutung - wie
immer in Zeiten erfahrener Krisen und akuter
Bedrohung. Jede Religion oder religiöse Bewe
gung ist durch die existentiellen Ängste des
heutigen Menschen herausgefordert, und jede
bietet auf ihre Weise eine Antwort an. Dabei
lassen sich bei uns zwei extreme Positionen
erkennen: Die eine erwartet, daß Gott diese als
absolut schlecht empfundene Welt vernichtet und
seine Auserwählten in eine neue, vollkommene
Welt aufnimmt; die andere rechnet mit dem
Anbruch des Wassermann-Zeitalters und daher
mit einer unaufhaltsamen Besserung unserer
konkreten Welt.
Zwischen diesen beiden Extremen steht - nicht
selten unsicher oder gar verlegen - die christ
liche Theologie. Sie hat sich, gestützt auf die
Erkenntnisse besonders der Psychologie und
Psychoanalyse, neu mit dem apokalyptischen
Erbe des Christentums auseinanderzusetzen und
auf ihm die christliche Hoffnung zu begründen,
ohne dabei die Angst verdrängen zu müssen.
Dieser Aufgabe stellen sich die Autoren des
vorliegenden Bandes auf überzeugende Weise.
ISBN 3-7228-0236-9 (Paulusverlag)
ISBN 3-290-10156-8 (TVZ)
Apokalyptische Ängste - christliche Hoffnung
Weltanschauungen im Gespräch
Band 9
Herausgegeben von
Otto Bischofberger, Oswald Eggenberger,
Carl-A. Keller, Joachim Müller
im Auftrag der
Ökumenischen Arbeitsgruppe
»Neue religiöse Bewegungen in der Schweiz«
~pokalyptische
Angste -
christliche
Hoffuung
Beiträge von
Otto Bischofberger -Annin Beeli - Walter Bühlmann
Jan Milic Lochman - Joachim Müller
Paulusverlag Freiburg Schweiz
Theologischer Verlag Zürich
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Apokalyptische Ängste - christliche Hoffnung /
Beitr. von Otto Bischofberger ... - Freiburg, Schweiz:
PaulusverI.; Zürich: TheoI. VerI., 1991
(Weltanschauungen im Gespräch; Bd. 9)
ISBN 3-7228-0236-9 (PaulusverI.)
ISBN 3-290-10156-8 (TheoI. VerI.)
NE: Bischofberger, Otto; GT
Alle Rechte vorbehalten
© 1991 Paulusverlag Freiburg, Schweiz
Umschlaggestaltung: Peter Kunz, Zürich
ISBN 3-7228-0236-9 (Paulusverlag)
ISBN 3-290-10156-8 (TVZ)
Inhalt
Einfiihrung . . . . 7
Dtto Bischofberger
Die apokalyptische Vision des Daniel 11
Walter Bühlmann
Endzeitbewegungen und Apokalyptik 26
Joachim Müller
Die Erwartung der Endzeit in den neuen
Religionen und religiösen Bewegungen 41
Dtto Bischofberger
Hoffnung im Lichte der Apokalypse . 91
Jan MiliZ Lochman
Private und apokalyptische Ängste
im Erfahrungsbereich der Psychotherapie 107
Armin Beeli
Ausgewählte Literatur 131
Dtto Bischojberger
5
Einleitung
'Otto Bischofberger
»Apokalyptik findet gegenwärtig großes Interesse. Die
Aufinerksamkeit gilt weder einem bloßen Phänomen
der Vergangenheit noch einer im Sektiererischen ange
siedelten Randerscheinung. In Gestalt neuer Ausprä
gungen ist Apokalyptik vielmehr ein öffentlichkeits
wirksames Gegenwartsphänomen. Das neu erwachte
Interesse an ihr ist weniger ein historisches als ein exi
stentielles. Angesichts für die Menschheit bedrohli
cher Entwicklungen gewinnt apokalyptisches Denken
an Plausibilität.« Mit diesen Feststellungen hat Ulrich
H.]. Körtner sein Buch »Weltangst und Weltende«
(Göttingen 1988) eingeführt. Unsere Zeit ist geprägt
durch die Angst vor dem atomaren Holocaust (»Bald
macht's bumm!« in der Sprache eines Sprayers) und
vor der irreparablen Zerstörung unseres natürlichen
Lebensraumes. Der Fortschrittsglaube der Moderne ist
erschüttert worden. Er macht der Unsicherheit und
sogar der Angst vor dem Untergang Platz. Diese Angst
ist mehr als die Wahrnehmung benennbarer Bedro
hungen; sie wird zu einer Weise der Erfahrung von
Welt. Die Geschichte der Religionen in Ost und West
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zeigt uns, daß die apokalyptischen bzw. millenaristi
schen Vorstellungen und Erwartungen in Zeiten erfah
rener Krise und akuter Bedrohung an Bedeutung
zunehmen.
Jede Religion oder religiöse Bewegung ist durch diese
Angst der heutigen Menschen herausgefordert, und jede
bietet auf ihre Weise eine Antwort an. Eine Religion
oder Kirche, welche keine Hoffnung zu vermitteln
vermag, kann nicht bestehen. Die Hoffnung ist dem
Menschen unentbehrlich. Zwei extreme Positionen
oder Tendenzen lassen sich erkennen. In der einen,
vertreten durch traditionelle und neue apokalyptische
Bewegungen und Sekten, wird der baldige Untergang
dieser schlechten Welt als notwendiger Übergang zu
einer neuen, vollkommenen Welt der von Gott Auser
wählten vorausgesagt und gar herbeigesehnt. Personen
und Vorgänge der biblischen apokalyptischen Schrif
ten oder auch solche anderer religiöser Traditionen
werden dabei ohne Bedenken auf Personen und Ereig
nisse der Gegenwart bezogen. Die gegenwärtige Welt
muß verneint werden. Die Hoffnung richtet sich auf
das baldige Eingreifen Gottes. In der anderen T en
denz, vertreten etwa durch die vielfältige New Age
Spiritualität mit ihrer Lehre vom kosmisch notwendi
gen Aufbruch des Wassermann-Zeitalters, wird ein
unerhörter Optimismus vertreten, welcher zwar fur die
Übergangszeit mit gewissen Erschütterungen rechnet,
die apokalyptischen Ängste aber prinzipiell als grund
los erscheinen läßt. Die Hoffnung muß sich nicht auf
das endzeitliche Eingreifen Gottes richten.
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