Table Of ContentSpringer-Lehrbuch
Mathematik fOr Physiker
und Ingenieure
Herausgegeben von Helmut Neunzert
Die Abblldung zeigl die Messung des Inhalls von Flissem und wurde dem Tllelblatt des 1531 in NOrnberg
gedrucklen VisierbOchleins von Johann Frey entnommen. Ole Formel zur Berechnung des Rauminhalts isl die
Keplersche (FaB·) Regel (slehe Seite 111)
H. Neunzert W. G. Eschmann
A. Blickensdorfer-Ehlers K. Schelkes
Analysis 1
Ein Lehr- und Arbeitsbuch
fOr Studienanfanger
Zweite, korrigierte Auflage
Mit 172 Abbildungen
Springer-Verlag
Berlin Heidelberg New York
London Paris Tokyo
Hong Kong Barcelona
Budapest
Helmut Neunzert
Winfried G. Eschmann
Fachbereich Mathematik der Universitat Kaiserslautern
Postfach 3049
W-6750 Kaiserslautern, Deutschland
Arndt Blickensdbrfer-Ehlers
BrucknerstraBe 64
W-6450 Hanau, Deutschland
Klaus Schelkes
Bundesanstalt fOr Geowissenschaften und Rohstolle
Stilleweg 2
W-3000 Hannover 51, Deutschland
Dieser Band erschien bisher in der Reihe Mathematik fOr Physiker
und Ingenieure
Mathematics Subject Classification (1991):
26-01, 30-01, 33-01, 34-01, 40-01, 42-01, 70-01, 78-01
ISBN-13: 978-3-540-56212-2 e-ISBN-13: 978-3-642-97461-8
DOl: 10.1007/978-3-642-97461-8
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Analysis: ein Lehr-und Arbeitsbuch fUr Studienanfanger I H. Neunzert
Berlin; Heidelberg; New York; London; Paris; Tokyo; Hong Kong;
Barcelona; Budapest: Springer.
NE: Neunzert, Helmut
1. - 2., korrigierte Aufl. - 1993
(Springer-Lehrbuch) ISBN-13: 978-3-540-56212-2
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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1980, 1993
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44/3140 -54321 0 - Gedruckt auf saurefreiem Papier
Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur zweiten Auflage VIII KAPITEL 4. REELLE UND KOMPLEXE FUNKTIONEN
Vorwort zur ersten Auflage X Einleitung 50
wie arbeiten Sie mit diesem Buch? XIII
§ 1 Definition der reellen Funktionen
KAPITEL 1. DIE REELLEN ZAHLEN und Beispiele 50
1 Mengen 2 Monotone Funktionen 52
2 Funktionen § 3 Beispiele aus der Wechselstrom
Defini tionen und Beispiele lehre 54
Die Komposi tion von Funktionen
Rechnen mit reel len Funktionen 56
Die Umkehrfunktion
Bijektive Funktionen § 5 polynome 58
Das Horner-Schema 58
§ 3 Die reellen Zahlen 10
Nullstellen von Polynomen 60
Die Zahlengerade 10
Die ari thmetischen Eigenschaften § 6 Komplexe Funktionen 62
von JR 10 Komplexe Funktionen mit reellen
Ungleichungen 12 Argumenten 64
Intervalle 16 zusammenfassung 65
Defini tion und Eigenschaften der
Wurzel 17
KAP ITEL 5. DAS SUPREMUM
Der Betrag 19
Einleitung 66
zusanunenfassung 22
§ 1 Schranken, Maximum, Minimum,
KAPITEL 2. VOLLSTANDIGE INDUKTlON Supremum, Infimum 67
§ 1 Beweis durch vollstandige Induktion 24 § 2 Das Supremumsaxiom 70
ErkHi.rung des Summenzeichens 26
3 Eigenschaften von Supremum und
2 Rekursive Definitionen 26 Infimum 70
3 n-te Potenz und n-te Wurzel 28 § 4 Supremum und Maximum bei Funktionen 71
Elgenschaften der n-ten Potenz 28
§ 5 Dual-, Dezimal- und Hexadezimal
Die n-te Wurzel 30
zahlen 72
Die binomische Formel 30
Zusammenfassung 74
Zusammenfassung 34
KAPITEL 3. DIE KOMPLEXEN ZAHLEN KAPITEL 6. FOLGEN
Einleitung 36 Einleitung 75
1 Definition und Veranschaulichung 36 § 1 Definition 75
2 Der Kerper a: der komplexen Zahlen 36 2 Monotonie und Beschrankthei t 76
Rechengesetze in a: 36 Beschrankthei t 76
lR als Teilmenge von a: 38 Monotonie 77
§ 3 Realteil, Imaginarteil, Betrag 39 Monotone beschrankte Folgen 78
Realteil, Imaginarteil, Konjugierte 39 3 Konvergenz und D1 vergenz 80
Der Betrag 40 Konvergenz 80
4 Die Polar form 44 Divergenz 82
Rechenregeln fUr konvergente Folgen 82
5 n-te Wurzeln einer komplexen Zahl 46 Beispiele 84
Zusammenfassung 49 Rekursiv definierte Folgen 86
VI Inhaltsverzeichnis
§ 4 Komplexe Folgen 89 3 Sinus und Cosinus 142
zusammenfassung 92 § 4 Hyperbelfunktionen 144
Zusammenfassung 146
KAPITEL 7. EINFOHRUNG IN DIE INTEGRALRECHNUNG
Einleitung 94 KAPITEL 10. STETIGE FUNKTIONEN
§ 1 Beispiele 94 Einleitung 146
2 Obersumme und untersurnme 98 § 1 Stetigkei t 149
Grenzwerte von Funktionen 149
3 Die Definition des Integrals 102
Einsei tige und uneigentliche
§ 4 Das Riemannsche Integrabilitats Grenzwerte 151
kriterium 104 Stetige Funktionen 152
Integrierharkei t monotoner Funktionen 106 Trigonometrische Funktionen und
5 Integral als Grenzwert einer Folge 107 Exponentialfunktion sind stetig 154
Das Riernannsche Surnmen-Kriterium 108 Stetig auf [a,b]: Drei Satze 157
§ 6 Numerische Integration 109 § 2 Anwendung auf spezielle Funktionen 161
Die Rechteckregel 109 Exponentialfunktion, Logarithmus
Die Trapezregel 110 und allgemeine Potenz 161
Die Simpsonregel 111 Trigonometrlsche Funktionen 164
§ 7 Eigenschaften des Integrals 112 3 Die £-o-Definition der Stetlgkeit
Eigenschaften des Integrals bezlig und die Lipschitz-Stegigkeit 168
lich des Integratlonsintervalls 112 § 4 Stetigkeit und Integration 171
Eigenschaften beziiglich des Inte
zusammenfassung 172
granden 114
Ungleichungen flir Integrale 116 KAPITEL 11. DIFFERENTIALRECHNUNG
Zusammenfassung 117 Einlei tung 174
KAP ITEL 8; RE I HEN § 1 Lineare Approximation 17'
Einleitung (Zenon' 5 Paradoxon) 119 2 Definition der Differenzierbarkeit 177
§ 1 Beispiele 120 3 Differenzierbare Funktionen 180
2 Konvergente Reihen 122 4 Rechenregeln flir differenzierbare
Geometrische Reihen 122 Funktionen 18'
Die "Schneeflockenkurve" 123 Sunune, Produkt, Quotient 184
Rechenregeln fUr konvergente Reihen 124 Die Kettenregel 185
Notwendiges Konvergenzkri terium 125 Die Ablei tung der Umkehrfunktion 188
Differenzierbarkeit von Potenzreihen 190
3 Konvergenzkri terien 126
Vergleichskri terien 126 5 Die Ablei tung komplexer Funktionen 191
Wurzelkriterium 127 6 Hahere Ablei tungen 192
Quotientenkri terium 128 Aufgaben zum Einliben der Diffe-
Alternierende Reihen 128 rentiationstechniken 193
§ 4 Absolut konvergente Reihen 130 § 7 Beispiele von Differential-
zusarrunenfassung 133 gleichungen und Losungen 194
Lasung der Schwingungsgleichung
KAPITEL 9. POTENZREIHEN UND SPEZIELLE FUNKTIONEN durch Potenzreihenansatz 194
Einleitung 135 § 8 Der erste Mi ttelwertsatz 196
§ 1 Potenzreihen 136 Lokale Extrema 196
Konvergenz van Patenzreihen 137 Der erste Mi ttelwertsatz der
Zusammenfassung: Potenzreihen als Differentialrechnung 198
Funktionen 139 Anwendungen des ersten Mittel-
§ 2 Exponentialfunktion 140 wertsatzes 200
Defini tian der Exponentialfunktion 140 § 9 Die Regeln von de L' Hopi tal 201
Eigenschaften der Exponentialfunktian 141 Zusarrunenfassung 204
Inhal tsverzeichnis VII
KAP I TEL 12. I NTEGRALRECHNUNG-I NTEGRATI ONSTECHNI K Konvergenzkri terien 239
Einleitung 207 2 Unbeschrankt~r Integrand 240
§ 1 Der Hauptsatz der Differential Konvergenzkr i terien 242
und Integralrechnung 208 § 3 Die Gamrnafunktion 243
2 Die Stamrnfunktion 210 § 4 Die Laplace-Transformation 245
3 Eine andere Formulierung des Linearitat und elementare Laplace-
Hauptsatzes 211 Transforroationen 246
Bemerkungen zum Umkehrproblem 247
§ 4 Integration zur Lasung einfachster Transformation von Ableitungen 248
Differentialgleichungen 212 Transformation von f (at±b) 249
5 Das unbestimmte Integral 214 Verschiebung des Arguments in der
§ 6 Die Integration koroplexer Funktionen 215 Bildfunktion 250
Kurze Ubersicht 251
§ 7 Integrationsmethoden 216
Integranden der Farro f 216 zusammenfassung 252
Partielle Integration 217
Substitution 219
Eine Uroformulierung der Substi tu KAPITEL 14. TAYLORPOLYNOME UNO TAYLORREIHEN
tionsregel 222 § 1 Approximation durch polynome 253
Substitution bei bestimmten Inte Approximation 253
gralen 224 Taylorpolynome 255
8 Separable Differentialgleichungen 225 § 2 Restglied 256
Losungsmethode 225 Restglied nach Taylor 256
Merkregel 226 Anwendung: Funktionswerte berechnen 257
Anfangswertprobleroe 227 Restglied nach Lagrange 258
§ 9 Integration rationaler Funktionen 228 Restglied abschatzen 258
1. Schritt: Polynorodivision 228 Anwendung: Lokale Extrema 259
2. Schritt: Polynorozerlegung 229 § 3 Taylorreihen 261
3. Schri tt: Partialbruchzer legung 230 Defini tion 261
4. Schri tt: Integration rationaler Ein Gegenbeispiel 262
Funktionen 232 Konvergenz der Taylorreihe 263
Kurze Merkregelsammlung 233 Beispiel Logarithrnus 265
zusammenfassung 234 Beispiel Arcus-Tangens 266
Beispiel Binomische Reihe 266
KAP I TEL 13. UNE I GENTLl CHE I NTEGRALE
Zusammenfassung 267
Einlei tung 236
§ 1 Unbeschranktes Integrationsintervall 236 Losungen der Aufgaben 269
Integrationsintervall J-"",=[ 238 Sachverzeichnis 333
Vorwort zur zweiten Auflage
Zw61f Jahre sind seit der:l ersten Erscheinen des So schreibt schon der bekannte Physiker Heinrich
Buches ver(''fangen, sieher mehr als 30.000 Studen Hertz in der Einlei tung zu seinen "Prinzipien
ten der Physik und der Ingenieurwissenschaften der Meehanik" von 1897: "Es ist die nachste und
haben versucht, mit seiner Hilfe Mathematik zu in gewissem Sinne wiehtigste Aufgabe unserer be
lernen (offenbar waren auch ein paar Mathematik wuBten Naturerkenntnis, daB sie uns befahige,
studenten dabe!). Nur noch zwei der vier Autoren zukUnftige Erfahrungen vorauszusehen, urn nach
sind am Gehurtsort des Buches tatig und dart dieser Voraussicht unser gegenwartiges Handeln
mit der Ausbildung von Studenten besch!iftigt. einrichten zu kennen. Als Grundlage fUr die Le
Lohnt eine neue Auflage eines zw61f Jahre al ten sung jener Aufgabe der Erkenntnis benutzen wir
Buches in einer Zeit. in der die \<1issenschaft unter allen Umst.!inden vorangegangene Erfahrun
schneller denn je fortschreitet? Man sagt doch, gen, gewonnen durch zUfallige Beobachtungen odeli
daB die wissenschaftlichen Kenntnisse eines Na durch absichtlichen Versuch. Das Verfahren aber,
turwissenschaftlers eder Ingenieurs nach 10 Be des sen wir uns zur Ablei tung des Zuktinftigen aus
rufsjahren zu veralten beg-innen und der Nachbes dem Vergangenen und damit zur Erlangung der er
serung (z.B. dUrch wissensehaftliche Weiterbil strebten Voraussicht stets bedienen, ist dieses:
dung) bediirfen. Widersprieht das nicht der Idee, Wir machen uns innere Scheinbilder oder Symbole
dieses Buch nach Korrektur vieler kleinerer Feh der auBeren Gegenstande, und zwar machen wir
ler im Gesamtkonzept unverlindert neu herauszu sie von solcher Art, daB die denknotwendigen
geben? Die Antworten auf diese Frage fallen Folgen der Bilder stets wieder die Bilder seien
nicht eindeutig aus, die Zweifel konnen nur von den naturnotwendigen Folgen der abgebilde
teilweise beseitigt werden. ten Gegenstande."
Unsere Grundeinstellung zu der Frage, wie Mathe Fiir "Scheinbilder" sagen wir heute eben "Model
matik fUr Nichtnathematiker vermittelt wird, Ie", und der Rohstoff dieser Madelle ist -
hat sieh gegeniiber der im ersten Vorwart formu aueh dies war Hertz natiirlieh klar - die Mathe
lierten Auffassung kaum verlindert. Vielleicht matik. Mit diesem "Rohstoff" muB man umgehen
1st uns jetzt noch klarer als damals: Die Ar konnen; man muB sein Handwerk lernen, wenn man
beitsweise von Naturwissenschaftlern und Tech Naturwissenschaftler oder Techniker werden will.
nikern ist he ute mehr denn je bestirnmt durch Deshalb bleibt richtig, was wir vor 12 Jahren
die Aufstellung "mathematischer Madelle" und schrieben: fiathematik lernt man durch Tun -
durch die Auswertung solcher Madelle mittels Mathematik ist mehr als eine Sarnmlung von Koeh
Computer - eben durch "mathematisches Modellie rezepten - das Unterrichten von Nichtmathemati
ren" und "wissenschaftliches Rechnen", wie dies kern muB sieh an den Bedtirfnissen des Anwenders
moderne Sehlagworte bezeichnen. NatUrlich ent orientieren, aber es sallte sich diesen Bediirf
stehen solche Madelle nur durch Beobachtung der nissen nicht vollstandig unterordnen - usw.
RealiUit, und sie mUssen an der Realitat gemes Fundierte Kenntnisse tiber den Rohstoff Mathema
sen, im Exper iment iiberprtift werden. Aber man tik zu vermi tteln, urn komplexe Madelle entwik
versucht doch in zunehmendem MaBe, diese Real keln zu kennen - dies war und ist das Ziel des
experimente durch Computersimulationen zu er Buches, das es, so haffen wir, immer noeh er
setzen - es ist letztlich billiger, Crashtests reichen kann. Vielleieht wtirde man heute einige
im Rechner naehzuspielen als echte Autos gegen grundlegende Kapitel doch lieber der Schule
Wande fahren zu lassen, es ist sagar absolut tiberlassen (wenn man Leistungskurse in Mathema
notwendig, die Umstromung einer Raumfahre vor tik voraussetzt - und dies sollte bei Physikern
ihrem Jungfernflug zu berechnen, da ~1indkanal und Ingenieuren eigentlich moglich sein -, so
experimente die realen Verhaltnisse nicht her wird etwa ein Drittel iiberflUssig) und daftir
stellen kennen. etwas mehr diskrete Mathematik und algebraische
Begriffsbildungen aufnehmen. 1m graBen und gan
1m Prinzip ist dieses Modellieren schon irnmer zen ist - und das zeigen auch verwandte Bticher
die Basis naturwissenschaftlichen Arbei tens. anderer Autoren, die in den letzten Jahren er-
Vorwort zur zwei ten Auflage IX
schienen - die Auswahl der Inhal te noch einiger in unseren Vorlesungen): Folgen waren auch Re
maBen zeitgerecht. Der Hauptvorteil unseres Bu kursionen oder dynamische Systeme, die man auf
ches ist ja der relativ breite Stil, der aus dem Rechner gut simulieren kann, man mU8te er
fUhrliche ErkHirungen zuUi8t und deshalb ein lautern, warum numerische Integration sovlel
Selbststudium erm6glicht - jedenfalls war dies problemloser ist als numerische Differentiation,
aus dem Echo, das wlr von den Studenten zuruck Zahlen waren auch Zahlen des Rechners, ein we-
bekamen, deutlich herauszuh6ren. Soweit also nig Differentialgeometrie ware nutzlich fUr CAD
doch Zufriedenheit und Rechtfertigung einer (Computer Aided Design) usw.
Neuauflage.
Wir haben allerdings noch nicht erwahnt, warum Wir schreiben das Buch nicht neu, weil uns die
dieses "modelling" in den letzten Jahren so in Zei t fehlt: Die Lehre der Mathematik fUr Inge
Mode kam. Dies liegt natUrlich an dem, was das nieure kann nur gut und zei tgemaS sein, wenn
zweite Schlagwort, "scientific computing", an sie von der entsprechenden Forschung 1m Bereich
deutet: Mit der Steigerung der Leistungsfahig der Technomathematik begleitet wird - da bleibt
keit der Rechner wurde es moglich, Modelle aus kaum Freiraum fur ein neues Buch. Deshalb haben
zuwerten, Gleichungen wenigstens niiherungsweise, wir ja auch bis heute unser Versprechen, eine
"numerisch", zu losen, die reale, dreidimensio Analysis 3 vorzulegen, nicht eingehalten, aber
nale Situationen und Gerate mit sehr hoher Ge das Vorhahen nicht aufgegeben: Vielleicht wird
nauigkeit beschreiben. vleil Computer in vorher dieses Buch das erste, das zeigt, wie man mit
unvollstellbarer Weise schneller und flexibler Mathematik modelliert und rechnet. Wir waren
wurden, aber auch weil Mathematiker, Physiker aber auch fur ein neues Buch nur halbherzig mo
und Ingenieure lernten, mit diesen Computern tiviert, weil das alte, jetzt neu aufgelegte,
sehr viel besser umzugehen, spielt heute Compu eben einen wichtigen Teil der Mathematikausbil
terslmulation elne so zentrale Rolle: Man simu dung noch recht gut abdeckt. Und weil es, wie
liert das Verhalten von Festkorpern und die es uns doch recht viele Studenten bestatigen,
Xnderungen des Klimas, die Urnstromung von Raum unSerem wichtigsten Anliegen gerecht wird: den
fiihren wie die Herstellung und das Verhalten SpaB an der Mathematik, am mathematischen Tun,
von Megachips, die Ausbreitung und Eindarnmung der fUr viele durch eine zu formale, "bedeu-
von Krankheiten und (dies noch recht unvoll tungsarme" Schulmathematik recht geschrumpft
standig) die Arbeitsweise eines Nervensystems. ist, ein wenig zu steigern. Was wir in anderem
Urn dies tun zu k6nnen, um Simulationssoftware Zusammenhang formuliert haben (Neunzert/Rosen
sachgemaB nutzen oder selbst entwickeln zu k6n berger: Schliissel zur Mathematik), sollte auch
nen, muS man lernen, die Gleichungen mittels in diesem Buch erfahrbar sein: "Mathematik ist
Rechner schnell und so exakt wie notig zu li:5sen: vall neuer Ideen, ist wie das Spiel, wie die
Man muB das Handwerk eines numerischen Mathema Kunst ein Bestandteil, ja vielleicht sogar ein
tikers erlernen, man muB verstehen, was effi besonders sensibler Reprasentant der Kultur und
ziente Algorithmen sind und wie man sie ent nicht zuletzt ein unersetzliches Hilfsmittel
wickelt. Viele, vielleicht die meisten Natur der Naturwissenschaften, der Technik und der
wlssenschaftler, Ingenieure, Mathematiker und Wirtschaft. Mathematik ist Werkzeug und Spiel
Informatiker in den F&E-Abteilungen der Indu-
strie tun genau das: Algorithmen anwenden, ver-
bessern, entwickeln, urn Computersimulationen Wir danken den vielen Lesern, die uns geschrle
durchflihren zu konnen. Da dies - im Gegensatz ben, auf Fehler oder Unklarheiten aufmerksam
zu einem haufig anzutreffenden Irrglauben - eine gemacht, uns gelobt oder getadelt haben. Fast
echt mathematische Aufgabe ist, mu8 sie auch aIle Korrekturen gehen auf solche Hinweise zu
als solche gelehrt werden. Dazu ist die an vie rUck. Aber trotz dieser ist das Buch aus den
len deutschen Hochschulen zu findende 4-stundi erW11hnten GrUnden nicht optimal: Nobody (and
ge Vorlesung uber numerische Mathematik nicht nothing) is perfect!
ausreichend. Naturlich kann andererseits eine
solche Numerik auch die Lehre der mathemati- Kaiserslautern, im Sommer 1992
schen Grundlagen nicht verdrangen. Was wir aber W.G. Eschmann, H. Neunzert
doch erreichen muSten: Gleichzeitig mit den
Grundlagen das numerische Denken, den Blick fUr
das Algorithmische zu scharfen. Wiirden wir das
Buch neu schreiben, wUrden wir dies verstarkt
versuchen (wir tun dies zumindest in Ansatzen
Vorwort zur ersten Auflage
Dieses Buch entstand aus "Studienbriefen", die uns nun gelungen ist, dieser Forderung gerecht
1m Rahmen des Projektes "Fernstudium 1m Medien- zu werden, rouS der Leser beurteilen; alle Anre-
verbund" fUr Fernstudenten des Faches Elektro- gungen, die wir in dieser Hinsicht von Lesern
technik entwickelt wurden. Inhaltlich sollten der Studienbriefe - Kollegen verschiedener
durch diese Studienbriefe etwa 2 bis 3 Semester Fachrichtungen und Student en - erhielten, ver-
der normalen Mathematlkausbl1dung von Studenten suchten wir zu berticksichtlgen.
der Elektrotechnik an deutschen technischen
Hochschulen und Universitliten abgedeckt werden; Doch nun zu der Frage, welche Rolle nach unse
in ihrer Darstellungsform, ihrer didaktischen rer Meinung die Mathematik in der Ausbildung
Gestaltung aber sollten die Studienbriefe auf von Physikern und Ingenieuren spielt und was
Fernstudenten abgestellt sein - auf Studenten praktischer Umgang mit dieser Mathematik fUr
also, die mit Ausnahme weniger Prasenzphasen Studenten dieser Fachrichtungen bedeutet.
fern von jedem Hochschulort, ohne Besuch von Die mathematische Ausbildung von Naturwissen
Vorlesungen nur mittels solcher Texte studieren. schaftlern und Technikern unterscheidet sich
Fernstudium in dieser Form ist weitgehend auch von der Ausbildung von Mathematikern. Ein Ma
Selbststudium, deshalb sollte dieses Buch, dank thematikstudent muB lernen, Mathematik zu schaf
seiner Entstehungsgeschichte, dem Pradikat fen, mathematische Fragestellungen herauszuar
"zum Selbststudium geeignet" genUgen. bei ten und Lasungstheorien zu entwickeln - der
Ingenieur- oder Physik student muB lernen, die
Mathematik lernt man nicht nur dadurch, daB man Mathematik fUr seine Wissenschaft nutzbar zu
sich Definitionen und Satze einpragt, Algorith machen. Urn bei dem Beispiel des Fahrschlilers
men oder gar Beweise auswendig lernt: Mathema zu bleiben; Jemand, der ein Auto nutzen will,
tik lernt man durch eigenes Tun. Wie es fUr muB nicht lernen wie ein Auto entwickelt und
einen Fahrschtiler von entscheidender Bedeutung konstruiert wird (umgekehrt ist es fUr den Kon
ist, neben dem Erlernen von Verkehrsregeln und strukteur allerdings schon vorteilhaft zu wis
technischen Daten eine gewisse Fahrpraxis zu sen, wozu sein Produkt spater praktisch ge
gewinnen, so muB derjenlge, der Mathematik er braucht wird - ein Aspekt, der in der modernen
lernen will, Praxis im umgang mit Mathematik Ausbildung von Mathematikern oft zu kurz kommt).
erwerben. Diese Aussage gilt, unabhangig davon, Er muB lernen, wie er es optimal nutzt, er muB
ob man Mathematik um ihrer selbst willen oder Leistungsverm6gen und Grenzen kennen.
als Hilfsmittel zur Lasung naturwissenschaft Natiirlich ist die Verflechtung von Mathematik
licher, technischer oder 6konomischer Probleme und Physik oder Technik komplex und sicher muB
erlernen will. Was "Praxis" allerdings bedeu insbesondere der Physikstudent im weiteren Ver
tet, ist abhangig von der Zielsetzung, und wir lauf seines Studiums auc.h lernen, die Mathema
werden unsere Vorstellung von der Rolle der Ma tik seinen physikalischen Problemen entspre
thematik als Grundlage fUr Physik und Technik chend zu entwickeln und zu formen. FUr die ma
kurz erlautern. Aber schon aus dem bisher ge thematischen AnfangsgrUnde einer wissenschaft
sagten folgt, daB ein Mathematiktext, der zum lichen Ausbildung in diesen r~chern geniigt aber
Selbststudium geeignet ist, das folgende Merk der Benutzerstandpunkt v61lig.
mal hat: Er regt den Leser immer wieder dazu Das bedeutet nach unserer Meinung jedoch keines
an, einzelne Gedankenschritte selbst zu voll wegs, daB Mathematik als Sanunlung von Rechen
ziehen, Gedanken weiterzufUhren, Verbindungen vorschriften, sogenannten Kochrezepten zu ver
herzustellen, Rechnungen nachzuvollziehen, die mi tteln ist.
eigenen Kenntnisse zu UberprUfen. Dazu ist un Wir zitieren einen bekannten Vertreter der an
seres Erachtens weder der sogenannte "Defini gels~chsischen angewandten Mathematik, Sir
tion-Satz-Beweis"-Stil noch ein Text im Sinne James Lighthill ("Ul'l.teltU.1Wung.i.m EntweJz.6en und .im
des "programmierten Lernens" geeignet. Db e6 GebJta.u.eh ma.the.ma.t.i..6ehVt BUcMubungen -teeh.nU.c.heJt. Sy-