Table Of ContentSchweitzer . Amerikas chinesisches Dilemma
Carl-Christoph Schweitzer
Amerikas chinesisches Dilemma
Fallstudie über außenpolitische Entscheidungen
in einer offenen Gesellschaft
Westdeutscher Verlag
Köln und Opladen 1969
ISBN 978-3-322-96082-5 ISBN 978-3-322-96216-4 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-96216-4
Verlags-Nr. 051045
© 1969 by Westdeutscher Verlag GmbH, Köln und Opladen
Gesamtherstellung :
Umschlag: Hanswerner Klein, Opladen
Vorwort
Die vorliegende Studie will zwar in erster Linie einen politik wissenschaftlichen Beitrag
zur Erhellung der Interdepedenz von Innen- und Außenpolitik in der Haltung der
Vereinigten Staaten gegenüber dem kommunistischen China von 1949-1951 leisten
und gleichzeitig einen Vergleich zur britischen Chinapolitik jener Jahre vornehmen;
dennoch sollte vom Standpunkt des allgemeinpolitisch interessierten Lesers die bren
nende Aktualität des Themas nicht übersehen werden.
Sie ergibt sich einmal aus der Tatsache, daß ohne eine genauere Kenntnis der amerika
nischen Chinapolitik Ende der 40er und Anfang der 50er Jahre und ohne einen Ein
blick gerade auch in die »Innenseite« dieser Politik die Haltung der USA im Vietnam
konflikt heute in ihrer vielschichtigen Problematik nicht richtig erfaßt und beurteilt
werden kann. Wie auch in den großen »Hearings« des Auswärtigen Ausschusses des
US-Senates unter seinem Vorsitzenden Fulbright im Frühjahr 1966 über die amerika
nische Vietnam- und Chinapolitik deutlich wurde, steht die erste Weltmacht heute im
Fernen Osten letztlich vor der Frage, ob sie den indirekten Krieg gegen Peking, um ihn
in absehbarer Zeit zu einem erfolgreichen Abschluß bringen zu können, erneut eskalie
ren und damit eine unmittelbare Konfrontation mit dem kommunistischen China her
aufbeschwören bzw. herbeiführen will oder aber unter Beibehaltung der gegenwärtigen
Gesamtstrategie versuchen sollte, auf allen nur denkbaren diplomatischen Wegen mit
dieser dritten Weltmacht zu einem schließlichen Ausgleich zu kommen. Ein solcher Aus
gleich könnte dann die weitere militärische Auseinandersetzung in Vietnam selber ge
genstandslos machen. Für eine Beurteilung der gegenwärtigen Politik Washingtons in
Ost- und Südostasien, und insbesondere auch der Chancen eines Rapprochement mit
Peking, ist nun aber eine Kenntnis der ersten Phase der amerikanisch-"rotchinesischen«
Beziehungen nach der Proklamierung der neuen Volksrepublik im Oktober 1949 bis
zum Ausbruch des Koreakrieges im Juni 1950 insofern von großer Bedeutung, als da
mals die USA ein von ihnen möglicherweise sehr ernsthaft angestrebtes Rapprochement
n.icht erzielen konnten und somit Weichen gestellt wurden, die nicht nur das Verhältnis
dieser bei den Weltmächte, sonaern den gesamten Verlauf der internationalen Politik
bis in unsere Zeit schlechthin entscheidend bestimmt haben.
Zum anderen ergibt sich die Aktualität der in dieser Studie zu behandelnden Probleme
aus der Tatsache, daß genauso wie heute schon Mitte und Ende der 40er Jahre eine,
nicht zuletzt für die Bundesrepublik und das deutsche Volk schicksalhafte, Interdepen
denz zwischen amerikanischer Asien- und Europapolitik sichtbar wurde. Im Frühjahr
und Herbst 1949 fällte die Führungsspitze der USA mit der Gründung der NATO
endgültig eine außen- und militärpolitische Entscheidung zugunsten eines militärischen
Schutzes west- und südeuropäischer Staaten. Eine solche Entscheidung war schon durch
die auf den west alliierten Kriegskonferenzen der 40er Jahre gefaßten Beschlüsse vor
bestimmt worden, das Gros der verfügbaren amerikanischen Landstreitkräfte zur Nie
derwerfung der Achsenmächte in Europa einzusetzen. Das Korrelat dieser Weichenstel-
6 Vorwort
lung sowohl im 2. Weltkrieg wie in der Endphase des chinesischen Bürgerkrieges von
1947-1949 bestand für Washington in dem Verzicht auf einen massierten Einsatz von
Landstreitkräften zugunsten des nationalchinesischen Verbündeten. Das heißt, es wur
den solche Landstreitkräfte weder im Kriege zur unmittelbaren »Befreiung« des chine
sischen Festlandes von der Achsenmacht Japan eingesetzt - das vielmehr durch den
grandiosen »Inselsprung«feldzug und schließlich durch die Atombombe niedergerun
gen wurde - noch Ende der 40er Jahre zur möglichen oder schon nicht mehr möglichen
Rettung Tschiangkaischeks vor dem revolutionären Elan und schließ lichen Siegeszug
der kommunistischen Machthaber. Washington konnte daher auch einen militärisch
politischen Einbruch der Sowjetunion in den Jahren 1945-1949 nicht in beiden Berei
chen, d. h. in Westeuropa und in China, zugleich verhindern. Im Gegenteil: auf Grund
einer bis heute unverständlich, auf jeden Fall aber tragisch anmutenden Fehleinschät
zung der militärischen Gegebenheiten im Fernen Osten und insbesondere auch der psy
chologischen Wirkung eines atomaren Einsatzes (die US-Führung rechnete bekanntlich
mit einer Fortdauer des Krieges gegen Japan nach der Kapitulation Deutschlands von
ein bis zwei Jahren) wurde die militärische Präsenz der Sowjetunion auf dem chine
sischen Festland im Sommer 1945 im Einklang mit den Vereinbarungen von Yalta
auf ausdrückliches Drängen der USA selber herbeigeführt. Ja, diese Präsenz wurde von
der demokratischen Präsidentschaftspartei sogar als ein Sieg der eigenen Diplomatie
gefeiert, der Konzessionen gegenüber Stalin in anderen Kontroversbereichen der inter
nationalen Politik rechtfertigte.
So wurden mit einer, von den USA aus gesehen unvermeidbaren Konsequenz zu Be
ginn des hier interessierenden Zeitabschnittes, d. h. im Spätsommer und Herbst 1949,
zwei Marksteine von epochaler Bedeutung der internationalen Politik unmittelbar
nacheinander gesetzt: Auf der einen Seite die im US-Kongreß von einer überwältigen
den Mehrheit aus bei den Parteien vorgenommene Ratifizierung des NATO-Vertrages
sowie die Verabschiedung seines »1. Durchführungsgesetzes« über die amerikanische
Militärhilfe an die neuen europäischen Verbündeten in Friedenszeiten und auf der an
deren Seite der vor aller Welt mit der Proklamierung der Volksrepublik China end
gültig besiegelte »Verlust« dieses Reiches der Mitte an den Kommunismus.
Entscheidende Kräftegruppierungen innerhalb der USA, und insbesondere einige der
führenden republikanischen Kritiker der demokratischen Administration Trumans,
waren nun aber 1949/50 nicht bereit, sich mit diesem Verlust abzufinden und eine da
durch erforderlich gewordene Umorientierung der US-Chinapolitik ins Auge zu fas
sen. Im Rahmen des Kongresses versuchten sie vielmehr, nicht zuletzt im Sinne des hier
angedeuteten Interdependenzverhältnisses zwischen Asien- und Europapolitik eine
weitere, ohnehin nur von einem Teil der Republikanischen Partei aus voller überzeu
gung gebilligte Unterstützung der amerikanischen Maßnahmen in Europa davon ab
hängig zu machen, daß die Administration eine militärisch-wirtschaftliche Eindäm
mung des irrtümlicherweise als eine einheitliche Macht- und Ideologiestruktur angese
henen Weltkommunismus auch im Fernen Osten in die Wege leiten würde.
Der Notwendigkeit, sich aus einem Dilemma zwischen eigenen außenpolitischen Um
orientierungsplänen, der sich ständig verändernden weltpolitischen Gesamtkonstella
tion und einer starken innenpolitischen Obstruktion zu extrahieren, wurde die ameri
kanische Regierung 1950 erst durch den Ausbruch des Koreakrieges und endgültig dann
durch das massive Eingreifen Pekings in diesen Krieg enthoben. Bemerkenswert bleibt
aber, daß diese, damals von den Demokraten gestellte Regierung sogar angesichts der
allein schon national-psychologisch schwerwiegenden militärischen Rückschläge um die
Vorwort 7
Jahreswende 1950/51 nicht bereit war, das Steuer der Chinapolitik vollends wieder
umzuwerfen, d. h. einen konventionellen oder atomaren Präventivkrieg gegen das
kommunistische China ins Auge zu fassen. Die Begründung lieferte - wiederum im
Sinne des angedeuteten Interdependenzverhältnisses - 1951 der amerikanischen Ge
neralstabschef nach der Entlassung des US- und UN-Oberbefehlshabers Fernost, Gene
ral MacArthur, in einem berühmt gewordenen Fazit, daß die USA sich nicht »in einen
falschen Krieg mit dem falschen Gegner zur falschen Zeit am falschen Ort«, d. h. nicht
in Asien, sondern allenfalls in Europa, hätten hineinziehen lassen dürfen.
Wie eine solche ZweifrontensteIlung: Washington zwischen Asien und Europa unter
den veränderten Bedingungen der militärischen und politischen Gesamtkonstellation
im Dreiecksverhältnis: Washington-Peking-Moskau von der außen- und militärpoliti
schen Spitze der führenden westlichen Weltmacht zwei Dekaden später beurteilt wird
und welche Konsequenzen möglicherweise aus einer Analyse der gegenwärtigen Welt
lage in Washington gezogen werden - dies bleibt die erregend aktuelle Frage, die sich
gerade dem deutschen Leser einer solchen politikwissenschaftlichen Studie über die
amerikanische Chinapolitik der Jahre 1949-1951 aufdrängen muß.
An dieser Stelle möchte ich abschließend den in der akademischen »Infrastruktur«
Tätigen und hier vor allem den Bibliothekarinnen danken, ohne deren unermüdliche
Hilfe die Untersuchung nicht hätte zustande kommen können. An erster Stelle müssen
die Damen der Bibliothek des Deutschen Bundestages genannt werden. Ich betrachte
diese Bibliothek als eine der am besten organisierten und auch unter dem Gesichtspunkt
des allgemeinen Arbeitsklimas vorbildlichsten Einrichtungen ihrer Art in der Bundes
republik. Aber auch die Unterstützung der Bibliothekare der Universitäten Stanford
und Duke sowie der Bibliotheken der großen amerikanischen Religionsgemeinschaften
verdient besonders hervorgehoben zu werden. Große Mühe beim Schreiben der ver
schiedenen Fassungen (die sich aus der Notwendigkeit ergaben, den Vergleich zu Groß
britannien erheblich zu kürzen), machte sich meine langjährige Berliner Sekretärin,
Frau Blossy Nadolpf. Meine Frau hat mir bei der kritischen Durchsicht des Manuskrip
tes, beim Lesen von Korrekturfahnen und bei der Anfertigung des Stichwortregisters
zur Seite gestanden. Es sei noch darauf hingewiesen, daß Hervorhebungen bei allen
Zitaten im Text der Untersuchung vom Verfasser vorgenommen wurden.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitendes 11
1. Zur Fragestellung, Anlage und Methode der Untersuchung. . . . . . . . . . .. 11
2. Allgemeine Gestaltungsfaktoren der amerikanischen Außenpolitik. . . . .. 15
3. Kriterien der völkerrechtlichen Anerkennung und ihre Anwendung durch
die angelsächsischen Mächte: ein kurzer überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 21
II. Der außenpolitische Willens bildungs- und Entscheidungsprozeß im gouverne-
mentalen Bereich am Beispiel der Chinapolitik ........................ 28
1. Exekutive .................................................... 28
A) Struktur und Funktion der Exekutive im Hinblick auf die Außen-
politik .................................................. 28
B) Round-Table-Konferenz im State Department zur Chinapolitik im
Oktober 1949 ............................................ 40
C) Intentionen der Exekutive im Anschluß an diese Konferenz 1949-50 47
2. Beteiligung der Legislative am außenpolitischen Entscheidungsprozeß .. 66
A) Einleitendes zur Verfassungs- und Parteienstruktur .............. 66
B) Struktur und Instrumentarium der Legislative auf dem Gebiet der
Außenpolitik .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 68
a) Großbritannien ........................................ 68
b) Fraktionen in Großbritannien ............................ 71
c) Das Instrumentarium des US-Kongresses .................. 74
C) Die Wahrnehmung der application-Funktion durch die Legislative
auf dem Gebiet der Außenpolitik am Beispiel der Chinapolitik .... 85
D) Die Wahrnehmung weiterer Funktionen des amerikanischen Kon-
gresses auf außenpolitischem Gebiet .......................... 96
a) Intelligence-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 96
b) appraisal- und Kontrollfunktion .......................... 103
c) Wahrnehmung von Recommendation- und Termillations-
funktionen ............................................ 111
E) überparteilichkeit, Parteilichkeit und innerparteiliche Entscheidungs
zentren im außenpolitischen Willensbildungsprozeß am Beispiel der
Chinapolitik ............................................ 129
a) Interparteiliche Außenpolitik ............................ 129
b) Parteien und Außenpolitik außerhalb des Kongresses mit beson
derer Berücksichtigung »dritter« politischer Gruppierungen in
den USA .............................................. 153
10 Inhaltsverzeichnis
III. Einflußnahmen aus dem Bereich der intermediären Gruppen auf den außen
politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß und Stellungnahmen
dieser Gruppen zur Chinapolitik .................................... 165
1. Allgemeines .................................................. 165
2. Intermediäre Gruppen und Chinapolitik in den USA ................ 172
A) Stellungnahmen aus der Wirtschaft in den USA zur Chinapolitik .. 173
B) Stellungnahmen der Gewerkschaften in den USA zur Chinapolitik
1949-1951 .............................................. 188
C) Stellungnahmen aus dem Bereich der evangelischen Religionsgemein-
schaften in den USA zur Chinapolitik ........................ 193
a) Grundsätzliches ........................................ 193
b) Die Stellung der Kirchen zur US-Chinapolitik .............. 198
c) Zusammenfassung ...................................... 214
D) Die Haltung katholischer Kreise in den USA zur China politik 217
E) Andere intermediäre Gruppen, die zur Chinapolitik der USA
1949-1951 Stellung nahmen ................................ 224
F) Die Haltung der Presse zur Chinapolitik 1949/50 227
3. Außenpolitik und öffentliche Meinung im engeren Sinne .............. 247
A) Allgemeines .............................................. 247
B) Die Chinapolitik im Spiegel der öffentlichen Meinungsumfragen
1949-1951 ............................................... 253
4. China-Lobby ................................................ 260
Anti-China-Lobby - Ein Exkurs ................................ 281
IV. Anglo-amerikanische Interdependenzen in der Chinapolitik .............. 287
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 287
Zur anglo-amerikanischen Konsultation und Abstimmung in der Frage der
Anerkennung Pekings 1949/50 ...................................... 288
Auseinandersetzungen um die Zulassung Pekings zur Weltorganisation .... 296
V. Zusammenfassung ................................................ 313
Literaturverzeichnis .................................................. 321
Sach- und Personenregister ............................................ 335
Probleme des außenpolitischen Entscheidens in demokratischen
Regierungssystemen am Beispiel der US-Chinapolitik 1949-50
1. Einleitendes
1. Zur Fragestellung, Anlage und Methode der Untersuchung
In der Wissenschaft von der Politik hat sich das Interesse nach 1945 in Deutschland
verhältnismäßig langsam den Problemen der Internationalen Politik zugewandt. Ein
bei uns zu beobachtendes Schwergewicht zugunsten innenpolitisch angelegter Untersu
chungen tritt in besonderem Maße bei Analysen des Prozesses der politischen Willens
bildung und des Entscheidens, d. h. des »policy-making« und »decision-making-pro
cess«, in Erscheinung 1. Auf außenpolitischem Gebiet ist daher gegenüber dem Ausland
immer noch ein Nachholbedarf zu befriedigen. Das gilt sowohl für theoretische wie für
sachorientierte, d. h. Fallstudien. Auf beiden Gebieten hat die ausländische Forschung,
speziell die nordamerikanische, seit 1945 eine ganze Reihe von bahnbrechenden Arbei
ten vorzuweisen. Im Bereich der Theorie über den »decision-making-process in foreign
policy« sei hier nur an Snyder und Furniss, Quincy Wright, Karl Deutsch, Modelski
oder M. Kaplan in den USA und an J. Fraenkel in Großbritannien erinnert 2. Bemer
kenswerte Fallstudien liegen aus den USA vor allem von B. C. Cohen, A. Whiting und
A. Rosenau vor. Im französischen Sprachraum sind etwa die Arbeiten von Grosser und
Huesler zu nennen. Schließlich muß in diesem Zusammenhang die erste Veröffentli
chung einer beabsichtigten neuen Serie der Carnegie-Foundation in Genf erwähnt wer
den 3. Die Herausgeber und Bearbeiter dieser Serie wollen unter anderem an die Kon-
1 Der Verf. hält eine strikte Unterscheidung zwischen poliey-making und deeision-making für
wenig fruchtbar. Es kann kein policy-making ohne deeisions (auch »non-deeisons« stellen
Entscheidungen dar!) geben und umgekehrt.
R. C. Snyder, H. W. Buck, B. Sapin (ed.): Foreign Poliey Deeision-Making, An approach to
the Study of International Polities, NY, Free Press of Gleneoe 1962; R. C. Snyder, E. S.
Furniss: Ameriean Foreign Poliey, Formulation, Prineiples and Programs, NY 1955; M.
Beloff: Foreign Poliey and the Demoeratie Proeess, Baltimore 1955; Q. Wright: Design for
a Research Projeet on International Confliets, in: Western Pol. Quarter!y, Bd. X, 1957;
Kar! W. Deutsch: The Nerves of Government, London und NY 1963; G. Modelski: A
Theory of Foreign Poliey, NY, Praeger 1962 (i. A. Center of International Studies, Prinee
ton); M. A. Kaplan (ed.): The Revolution in Wor!d Polities, NY 1962, und ders.: System
and ProeeS5 in International Relations - A General Theory, Cambridge, Mass., 1965; J.
Frankel: The Making of Foreign Policy, London-Oxford 1963.
3 B. C. Cohen: The Politieal Proeess and Foreign Pliey - The Making of the Japanese Peaee
Settlement, Prineeton 1957; A. S. Whiting: China crosses the Yalu . -. The Deeision to enter
the Korean War, NY 1960; James N. Rosenau, in: Readings in the Making of Ameriean
Foreign Poliey, ed.: A. M. Seott and R. H. Dawson, NY 1965; A. Grosser: La IVe Repu
a
blique et sa Politique Exterieure, Paris 1961; A. Hüsler: Contribution l'Etude de la Poli
tique Etrangere Britannique 1945-1956, Genf 1961; Jaques Freymond: The Saar Con
fliet, 1945-1955, NY Praeger (for the Carnegie Endowment for Int. Peaee, European Cen
ter) 1960; K. W. Deutsch und L. J. Edinger: Germany rejoins the Powers: Mass Opinion,
12 Einleitendes
zeption anknüpfen, die Q. Wright für das Studium internationaler Konflikte vorge
schlagen hat. Wright schränkt zwar den Gebrauch des Terminus "decision-making
process« auf den Bereich der Exekutiye ein, fordert jedoch auch vergleichende Analy
sen der Einflußnahmen durch Legislative, pressure-groups, Parteien und "öffentliche
Meinung« sowie der gesamten »Tradition, Kultur und Ideologie der Nation, ihres
Selbstverständnisses und ihres Image vom jeweiligen Gegner« 4.
In der vorliegenden Studie soll in Modifizierung dieses Ansatzes unter dem Terminus
»außenpolitischer Entscheidungsprozeß« der gesamte policy- und decision-making
process verstanden werden, das heißt derjenige Prozeß, der die Meinungs- und Wil
lensbildung auf dem Gebiet der Außenpolitik bis hin zu einer möglichen exekutiven
Endentscheidung bzw. Maßnahme umfaßt. Wir könnten somit von einem außenpoli
tischen Entscheidungsprozeß einmal im engeren Sinne einer Entscheidung durch die
Exekutive unter Mitwirkung der Legislative im sogenannten gouvernementalen Be
reich 5 sprechen; und zum zweiten im weiteren Sinne einer Einwirkung von inter
mediären Gruppen aller Art (Verbänden etc.), der öffentlichen und veröffentlichten
Meinungen sowie aus dem Primärbereich der allgemeinen öffentlichkeit heraus.
Im Prozeß der Meinungsbildung, Willensbildung und Entscheidung auf außenpoliti
schem Gebiet kommt es - genauso wie auf innenpolitischem - zu vielfältigen Wechsel
beziehungen und Weschselwirkungen sowohl innerhalb der einzelnen Bereiche als auch
zwischen ihnen 6. In pluralistisch organisierten demokratischen Regierungssystemen
sind die Führungseliten im gouvernementalen Bereich um eine größtmögliche Unter
stützung aus dem intermediären Bereich der »attentive« und »effective publics« und
dem der allgemeinen öffentlichkeit bemüht 7. Kräfte aus den beiden letzteren Berei
chen nehmen ihrerseits gerade in den angelsächsischen Regierungssystemen am Prozeß
auch der außenpolitischen Meinungs- und Willensbildung teil und versuchen (wie wir
sehen werden, in den USA oft mit großem Erfolg), auf den Entscheidungsprozeß in der
Außenpolitik Einfluß zu nehmen. In diesen Systemen wirken die politischen Parteien
in jeweils unterschiedlicher, aber gleichermaßen vielfältiger Weise an diesem Prozeß
mit und betätigen sich als »Transmissionsriemen« zwischen gouvernementalem und in
termediärem Bereich sowie zwischen den intermediären Gruppen und dem Primär
bereich der allgemeinen öffentlichkeit. Sie nehmen somit eine Sonderstellung ein, die
auch im Aufbau dieser Studie berücksichtigt werden wird. Der Bereich der allgemeinen
öffentlichkeit wird hier als derjenige verstanden, der die nach der Theorie der Demo
kratie zur Mitarbeit und Mitverantwortung aufgerufenen Wähler in ihrer Gesamtheit
umfaßt 8. Hier werden »popular attitudes« wirksam, die gerade in den USA den
Interest Groups and Elites in Contemporary German Foreign Poliey, Stanford 1959; L. N.
Lindberg : The Politieal Dynamies of European Eeonomie Integration, Stanford 1963; J. G.
Hayden! J. Kaufman : How UN-Deeisions are made. Leyden 1960; H. Speier und W. P.
Davison (eds.): » West-Germ an Leadership and Foreign Poliey«, Evanston 1957.
4 Q. Wright, a.a.O., S. 268.
5 D. h. dem der Exekutive, Legislative und Judiaktive.
6 J. N. Rosenau: The Opinion-poliey relationship, in: Readings in the Making ..., a.a.O.,
S. 70; vgl. J. Franke!, a.a.O., S. 98.
7 Hierzu s. vor allem: G. A. Almond: Ameriean People and Foreign Poliey, NY 1950; vgl.
B. C. Cohen: The Influenee of non-governmental Groups on Foreign Poliey Making, in:
Readings in the Making ..., a.a.O., S. 99 H.
8 Th. Ellwein sprüht in diesem Zusammenhang zutreffend von »Ge!egenheitspoIitikern«, die
sich innerhalb dieses Primärbereiches aller Wahlbürger engagieren. S.: Th. Ellwein, Politische
Verhaltenslehre, Stuttgart 1964.