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Altersbilder aktiv gestalten
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  – Alter sozial absichern
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n Seniorenpolitische Themen der GEW
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Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
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Impressum:
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Hauptvorstand
Vorstandsbereich Frauenpolitik
Reifenberger Str. 21 | 60489 Frankfurt am Main
Tel. 069  /  78  97  30 | Fax 069  /  78  97  31  03
[email protected] | www.gew.de
Verantwortlich: Anne Jenter (V.i.S.d.P.)
Text: Beate Eberhardt
Redaktion: Frauke Gützkow
Gestaltung: Frank Walensky-Schweppe
Fotos: Frank Walensky-Schweppe
Druck: Druckerei Hassmüller, Frankfurt am Main
ISBN-Nummer: 978-3-939470-74-8
GEW-Shop – Artikel-Nr.: 1444
Die Broschüre erhalten Sie im GEW-Shop (www.gew-shop.de, [email protected],
Fax 06103  /  3  03  32  20), Mindestbestellmenge: 10 E xemplare, Einzelpreis 1,50 E uro,
Preise zzgl. Verpackungs- und Versandkosten. Einzelbestellungen an: [email protected].
Erscheinungsmonat: November 2011
Die Veröffentlichung
wird gefördert vom BMFSFJ
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Altersbilder aktiv gestalten 
– Alter sozial absichern
Gesprächsstoff für den Generationendialog in der GEW  2
Seniorenpolitik in Gewerkschaften: Solidarität für alle Generationen!  5
Altersbilder in Politik und Gesellschaft  11
Was sind eigentlich Altersbilder?  11
Gesellschaftliche Partizipation: Neue Altersbilder und Rollen  13
Altersbilder in der Gesellschaft: Wie wollen wir im Alter leben?  15
Altersbilder und gesetzliche Altersgrenzen in der Diskussion  18
Aktiv im Ehrenamt: Ältere mischen mit, auch in der GEW  20
Voneinander lernen:  Alter als Schulthema  22
Solidarität der Generationen  24
Seniorenpolitische Herausforderungen in der Sozialpolitik  24
Gewerkschaften für ein solidarisches Gesundheitssystem der Zukunft  27
Reformperspektiven für Solidarität im Gesundheitswesen – 
Verbände und Wissenschaft melden sich zu Wort  29
Weiterlesen: Literatur und Links  36
Ihr Kontakt zur GEW  37
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Gesprächsstoff für den 
Generationendialog in der GEW
»Je länger der Mensch Kind bleibt, desto äl- Die Chancen und die Kraft, die mit der demo-
ter wird er«, sagte Novalis. Doch so einfach  grafi schen  Entwicklung  einhergehen,  werden 
liegen die Dinge nicht. In Europa und ande- häufi g außer Acht gelassen. Viele Ältere sind 
ren Teilen der Welt ist es zu einem Quanten- erfahren und kompetent, aktiv und engagiert, 
sprung in der Lebenserwartung gekommen.  sie haben der Gesellschaft viel zu geben. In gro-
Errungenschaften der Wissenschaft, Medizin  ßer Zahl engagieren sie sich ehrenamtlich in so-
und  Gesundheitsversorgung  haben  eben- zialen Projekten und bei den Gewerkschaften, 
so mitgeholfen wie die demokratische und  in der Politik und in den Kirchen, in Schulen 
soziale Entwicklung: Auch erkämpfte Stan- sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen. Nicht 
dards beim Arbeitslohn, bei der Arbeitszeit  nur gesellschaftspolitisch, auch auf der persön-
und den Arbeitsbedingungen führten binnen  lichen Ebene gibt es Ungereimtheiten: Viele äl-
100 Jahren fast zur Verdopplung der Lebens- tere Menschen fühlen sich missverstanden. Sie 
zeit. Mehr Menschen können teilhaben – am  wollen nicht auf der Parkbank sitzen, auf eine 
Wohlstand, an der Bildung und einem sozia- traditionelle  Oma-  und  Opa-Rolle  festgelegt 
len Ausgleich. werden und als »altes Eisen« gelten. Sie möch-
ten ein selbstbestimmtes Leben führen, dabei 
Trotz dieser positiven Entwicklung ist hier- unterstützt und nicht ausgebremst werden. Wer 
zulande Schwarzmalerei groß in Mode. Die  krank ist oder Hilfe nötig hat, möchte nicht 
Lebenserwartung  der  Älteren  gilt  öfter  als  Objekt der Bevormundung sein.
Problemfall, insbesondere sozial- und arbeits-
marktpolitisch. Denn demografi scher Wandel  Silberköpfe, kein altes Eisen
heißt auch: die Menschen werden älter, wäh- Fraglos bringt der demografi sche Wandel He-
rend die Geburtenrate sinkt oder auf niedri- rausforderungen  und  Gestaltungsaufgaben 
gem Niveau stagniert. Klar wird eine Gesell- mit sich. Auf drängende Zukunftsfragen gibt 
schaft  mit  weniger  Nachwuchs  und  hoher  es nicht von heute auf morgen die passenden 
Lebenserwartung insgesamt älter. Doch stehen  Antworten. Wenn es darum geht, neue Lebens-
deshalb unsere Zukunft und der Wohlstand  modelle und -konzepte zu entwerfen, sind viele 
auf dem Spiel? In der Öffentlichkeit und in  Ideen der gesellschaftlichen Akteure und aller 
den Medien stößt man leider auf so einseitige  politischen  Ebenen  gefragt,  angefangen  bei 
Schreckensbilder. Und nicht selten geben Hi- den Kommunen, Parteien, Sozial- und Senio-
obsbotschaften medial den Ton an. renverbänden, Sozialversicherungsträgern und 
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Kirchen. Nicht zuletzt die Gewerkschaften und  ggrraafifi  sscchheenn   WWaannddeellss   bbeeffaasssstt::  
die Arbeitgeber müssen sich daran beteiligen. WWeellcchhee   CChhaanncceenn   ttuunn  
ssiicchh  aauuff??  MMiitt  wweellcchheenn  
Die  Älteren  wollen  vor  allem  selbst  gefragt  Risiken  ist  zu  rech-
werden! Mit gut gemeinten Vorschlägen und  nen? Wie kann eine 
Angeboten ist es nicht getan, das zeigen bun- ältere  Gesellschaft 
desweite Aktivitäten und Protestaktionen: Die  solidarisch  zusam-
Alten sind nicht stur und egoistisch, aber die  menleben?  Über 
»Silberköpfe« halten mit ihren Überzeugungen  hundert teilnehmen-
und Vorstellungen nicht hinter den Berg. Vie- ddee   GGeewweerrkksscchhaafftteerriinn--
le haben in ihrem Leben neue gesellschaftliche  nneenn  uunndd  GGeewweerrkksscchhaafftteerr  
Standards mitgeprägt, sie waren und sind po- ssoowwiiee   VVeerrttrreetteerriinnnneenn   uunndd  
litisch aktiv für Ökologie, Frieden, Menschen- Vertreter der Parteien, der Wis-
rechte und Emanzipation. Die älteren GEW- senschaft und der Verbände setzten sich mit  Anne Jenter, 
Mitglieder hatten an der Bildungsoffensive der  diesen Fragen auseinander. In Referaten, Work- GEW-Haupt-
1970er Jahre entscheidenden Anteil; in der Ju- shops  und  Diskussionsforen  kamen  Fakten,  vorstand
gendhilfe, im ganzen Erziehungswesen, beson- Meinungen und Lösungsansätze zur Sprache. 
»
ders an Schulen und Hochschulen waren sie  Herausgekommen  ist  viel  Gesprächsstoff  für  Wir diskutie-
direkt am Geschehen beteiligt. Mehr Bildung  den Generationendialog, der sich in diesem  ren in der GEW 
und Chancengleichheit für alle, vor allem für  Heft niederschlägt. demografi sche 
benachteiligte Gruppen, diese Erfahrungen prä- Umbrüche, mehr 
gen die Menschen. Auch über solche Verände- Gesellschaftlicher Wandel,  ehrenamtliches 
rungen und Neubewertungen ist im Generatio- sozial und kulturell Engagement 
nendialog zu reden! Für die GEW steht das Leitbild Solidarität im  und politische 
Mittelpunkt. Moderne Altersbilder und Fak- Teilhabe der 
Der Seniorinnen- und Seniorentag 2011 der Ge- toren für ein gutes Leben – beides gehört zu- Älteren. Es geht 
werkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)  sammen. Jung und Alt profi tieren von einer  aber auch um 
hat sich im Mai in Hannover unter dem Motto  Gesellschaft, in der sich die Starken für die  fortschrittliche 
»Altersbilder aktiv gestalten – Alter sozial absi- Schwachen und die Gesunden für die Kranken  Altersbilder, um 
chern« intensiv mit den gesellschafts- und so- einsetzen. In diesem Zusammenhang ist die  neue Lebens- und 
«
zialpolitischen Herausforderungen des demo- solidarische  Reform  des  Gesundheitssystems  Wohnformen.
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ein zentrales gewerkschaftliches Anliegen: Wie  steigenden Lebenserwartung geht ein sozialer 
sind steigende Gesundheitskosten in einer al- Wandel einher, der nur solidarisch zu bewälti-
ternden Gesellschaft solidarisch zu fi nanzieren?  gen ist. In den kommenden Monaten und Jah-
Wie kann die Solidarität der starken Schultern  ren geht es also aus seniorenpolitischer Sicht 
stärker eingefordert werden? um einen doppelten Wandel in unserem Land: 
sozial und kulturell. Die GEW wird dabei mit-
reden, sich einmischen und mitgestalten!
Der letzte Bundesaltenbericht hat die »Alters-
bilder in der Gesellschaft« intensiv untersucht. 
Danach erleben wir zurzeit einen kulturellen 
Wandel des Alters. Jung und Alt gestalten Rol-
len neu und haben eine neue Sicht auf das Al- AAnnnnee  JJeenntteerr
ter. Die Ergebnisse des GEW-Seniorentags zei- Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der GEW,
gen, wo wir als Gewerkschaft stehen: Mit der  verantwortlich für Seniorenpolitik
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Seniorenpolitik in Gewerkschaften: 
Solidarität für alle Generationen!
Wir betreten Neuland: Nie stand den Menschen  sind die Folge. Jahrelang alterten die Kollegi-
in Deutschland mehr Lebenszeit in Aussicht.  en der Schulen, inzwischen gibt es – nach einer 
Der 6. Bundesaltenbericht vom November 2010  Pensionierungs- und Verrentungswelle – wie-
sagt den heutigen Mädchen eine Lebenserwar- der mehr Einstellungen junger Lehrkräfte. Der 
tung von durchschnittlich 82 Jahren, den Jungen  Generationendialog  an  den  Schulen  kommt 
von rund 77 Jahren voraus. Die Menschen kön- gerade in Schwung, teilweise werden altersge-
nen gewonnene Lebenszeit aktiv gestalten, sich  mischte Teams und ein kooperativer Arbeitsstil 
Ziele setzen und sie verwirklichen. Sie sind nicht  erprobt. Noch beruhen diese Ansätze auf Ge-
»alt, stur und egoistisch«, wie die Online-Ausga- werkschafts- oder Einzelinitiativen. Die Länder 
be eines Nachrichtenmagazins im Sommer 2011  und Dienststellen halten sich als Arbeitgeber 
titelte. Im Gegenteil, nach einem erfüllten Be- zurück, positive Erfahrungen systematisch auf 
rufsleben haben Ältere der Gesellschaft viel zu  alle Schulen und Arbeitsplätze zu übertragen. 
bieten, sie bringen ihre Potenziale ein – in Eh- Ein gutes Miteinander der Generationen im Be-
renämtern, Projekten und Initiativen. Auch Ge- rufsleben braucht aber erprobte Strategien und 
werkschaftsmitglieder engagieren sich, und zwar  Konsequenzen – und politischen Rückhalt.
nicht nur seniorenpolitisch. Sie greifen Jüngeren 
unter die Arme, sind in der Sozialpolitik oder  Neuer Dialog – Altes überwinden
mit Kindern und Jugendlichen aktiv, betätigen  Die älter werdende Gesellschaft erlebt einen 
sich als Ausbildungspaten, in Bildungsprojek- kulturellen Wandel. Sie steht vor neuen Fragen:
ten und an Schulen. Angesichts der steigenden  • Wie ist das Alter heutzutage zu bewerten? Der 
Lebenserwartung sind für das Miteinander von  Defi zitbegriff vom »alten Eisen«, gebrechlich 
Jung und Alt ein neues Verständnis und verän- und passiv, ist unzeitgemäß und hat endgül-
derte Spielregeln nötig. Der Generationendialog  tig ausgedient!
greift all diese Fragen auf. • Wie wollen wir im Alter leben? Darüber ist 
das letzte Wort noch nicht gesprochen. Neue 
Schulen machen sich auf den Weg Wohnformen  sind  noch  wenig  verbreitet, 
In einigen Schulen und Kinderbetreuungsein- aber sehr gefragt!
richtungen erleben die Kolleginnen und Kolle- • Wie gehen Alt und Jung miteinander um? 
gen den demografi schen Wandel hautnah: Der  Der  Wertewandel  vollzieht  sich,  aber  wir 
Geburtenrückgang macht sich dort in sinkenden  sind mittendrin. Altgediente Altersbilder und 
Schülerinnen- und Schülerzahlen bemerkbar,  neue Lebensformen sind noch nicht im Ein-
Schulschließungen  und  -zusammenlegungen  klang.
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Viele  öffentliche  Institutionen  müssen  sich  • Vielen Ruheständler/inne/n ist Vitalität ver-
neuen Ideen öffnen und sich modernisieren.  gönnt. Sie pfl egen Hobbys, Ehrenämter und 
Die  Kommunen  und  Wohnungsbaugesell- leben  sozial  eingebettet  im  Freundeskreis 
schaften haben an mehr betagte Alleinstehen- und der Familie. Wenn die Chance besteht, 
de zu denken: Wohngemeinschaften  betreuen sie Enkelkinder oder kümmern sich 
uunndd  ssoozziiaallee  LLeebbeennssrrääuummee  ffüürr   um Menschen in der Nachbarschaft.
aallllee   GGeenneerraattiioonneenn   ssiinndd   • Der Mobilität nimmt oft erst im fortgeschrit-
ggeeffrraaggtt..   DDiiee   äälltteerreenn   tenen Alter ab, wenn die körperliche Kraft, 
MMeennsscchheenn  ssiinndd  sseellbbsstt-- die Beweglichkeit und Gesundheit nachlas-
bewusster, doch vie- sen.  Intensive  medizinische  Behandlungen 
le  Senioren-  oder  kommen häufi ger vor. Auch dann legen Se-
Pfl egeheime  sind  niorinnen und Senioren Wert auf Unabhän-
darauf  nicht  einge- gigkeit in den eigenen vier Wänden – unter 
stellt;  das  Mitreden  Umständen mit Alltagshilfe oder Assistenz.
uunndd  MMiittggeessttaalltteenn  ddeerr  
BBeewwoohhnneerriinnnneenn   uunndd   Vorkehrungen fürs Alter, keine
BBeewwoohhnneerr   ggeehhöörrtt   bbiisshheerr   pauschalen Urteile
nniicchhtt  zzuurr  RRoouuttiinnee..  DDaass  EEnnggaa-- Das Altersphasenmodell beruht auf Verallge-
Hans Parnickel,  gement der aktiven Älteren für die Zivilgesell- meinerungen – mit statistischer Relevanz. Pau-
Vorsitzender  schaft ist ein Pfund, mit dem die Gesellschaft  schale Aussagen sind dennoch schwierig und 
GEW-Bundesse- wuchern  kann.  Aber  ehrenamtliche  Arbeit  irreführend. Die Gesellschaft braucht einerseits 
niorenausschuss darf keine regulären Arbeitsplätze verdrängen,  stabile Sozialstrukturen und Assistenzangebo-
sie soll die Solidarität und die Stabilität des  te, andererseits alternative Hilfenetze. Aktive 
»
Der GEW-Se- Gemeinschaftslebens fördern. Teilhabe der Älteren an allen Facetten des Le-
niorentag unter  bens, auch wenn die körperlichen und geistigen 
dem Motto ´Al- Junge Alte und alte Junge – der Kräfte nachlassen, ist ein Zukunftsversprechen, 
tersbilder aktiv  Vielfalt auf der Spur keine Realität. Inklusion – volle Teilhabe und 
gestalten – Alter  Fertige Konzepte für eine neue Kultur des Al- umfassende Menschenrechte – muss das Ziel 
sozial absichern`  ters, die hat niemand in der Schublade, zumal  sein, nicht das Gestalten von Parallelwelten für 
unterstreicht:  die ältere Generation keine homogene Masse  Hilfebedürftige und Hochbetagte.
Für uns Gewerk- ist. Auch das haben wir zu lernen: Der längere 
schafter gehören  dritte Lebensabschnitt fächert sich in Phasen  Der Gedanke »Hilfe zur Selbsthilfe« braucht ge-
ein kultureller  auf, Schubladendenken ist überholt: sellschaftspolitisch größeres Gewicht – nicht nur 
Alterswandel  • Ältere im berufl ichen Endspurt haben etwas  in Form von Freiwilligenarbeit, sondern abge-
und Solidarität  vor. Der Übergang zur Rente oder Pension  sichert durch qualifi zierte soziale Institutionen 
«
zusammen. wird  auch  als  Befreiung  betrachtet:  Viele  und  professionelle  ambulante  Hilfen.  In  der 
wollen etwas erleben, reisen und langgeheg- Nachbarschaft  ist  gegenseitige  Unterstützung 
te Wünsche in die Tat umsetzen. Die Suche  machbar, das beweisen Wohnprojekte, die auch 
nach neuen Perspektiven und sinnvollen Be- unter Beteiligung engagierter Gewerkschafterin-
tätigungsfeldern beginnt. nen und Gewerkschafter realisiert wurden.
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Würde im Alter – nur sozial gesichert Arbeitswelt: Die Rente mit 67, der Wegfall der 
Alt werden fängt in jungen Jahren an. Nur wenn  geförderten Altersteilzeit sowie das Streichen 
der Rahmen stimmt, kann ein gutes Altern ge- von Vorruhestandsmöglichkeiten führen dazu, 
lingen: vital, gesellig und sozial gesichert. Die  ddaassss  ddiiee  MMeennsscchheenn  lläännggeerr  iimm  
Qualität der Arbeitswelt und des Sozialsystems  BBeerruuffsslleebbeenn   sstteehheenn   mmüüss--
bestimmen  dafür  maßgeblich  den  Rahmen.  sen.
Die Sozialversicherung hat sich jahrzehntelang  • Im klassischen 
bewährt, mit dem demografi schen Wandel sind  Gewerkschafts-
aber  nachhaltige  und  solidarische  Reformen  gebiet Tarifpo-
unerlässlich. In den vergangenen Jahren ist eine  litik wurden 
Schiefl age entstanden: Sozialleistungen wurden  Tarifverträge mit 
gekürzt, ausgegliedert oder privatisiert. Egal ob  demografi schen 
beim Zahnersatz oder bei den Alterseinkünf- Komponenten 
ten:  Wer  am  Lebensabend  adäquat  versorgt  und Gesundheitsas-
sein will, ist zur privaten Vorsorge gezwungen.  pekten verhandelt. 
Mit niedrigem Einkommen ist das nicht zu be- AAlltteerrsseerrmmääßßiigguunngg  bbeeiimm  
werkstelligen. Benachteiligt sind in aller Regel  Unterrichten, Entlastung von bestimmten  Hedda Lung-
Alleinerziehende, Arbeitslose, Beschäftigte in  Tätigkeiten und Versetzungen ohne Ent- witz, stv. 
Erziehungs- und Sozialberufen, Teilzeit- und  geltverluste dürfen da kein Tabu sein. Vorsitzende 
Honorarkräfte – zum Beispiel in der Weiterbil- • Im Arbeits- und Gesundheitsschutz gewinnt  GEW-Bundesse-
dung. Die deutliche Mehrheit der genannten  die Entwicklung alternsgerechter Arbeitsbe- niorenausschuss
Gruppen stellen Frauen, Altersarmut ist nach  dingungen – für Alt und Jung – an Fahrt. 
»
wie vor weiblich. Altersgemischte Teams, ein präventives be- Die GEW ist 
triebliches Gesundheitsmanagement, ergono- gegen höhere 
Menschen mit Behinderungen und Beschäftig- mische (entlastende) Arbeitsgestaltung, mehr  Altersgrenzen 
te mit ernsten Gesundheitsproblemen spüren  berufl iche Weiterbildung sind wichtige Stich- für Pensionen 
die Folgen der verfehlten Sozialpolitik – der  punkte. Dazu gehört auch das Thematisieren  und Renten. Die 
Kürzungspolitik – bereits deutlich: Der Betrag  und Anpacken der psychischen Belastungen  Anforderungen 
einer  Erwerbsminderungsrente,  die  vor  dem  in den Bildungs- und Erziehungsberufen. in Lehr- und 
regulären Rentenalter bezogen werden muss,  • Und beim Thema Vereinbarkeit von Beruf  Erziehungsberu-
liegt nur noch bei rund 650 Euro. Die Höhe  und  Familie  verfolgen  die  Gewerkschaften  fen sind zu hoch, 
dieser Rentenart ist in den letzten Jahren kon- zwei Ziele: Einerseits das Stärken der Fami- die moderne 
tinuierlich gesunken, die Betroffenen sind auf  lien, andererseits die Vereinbarkeit von priva- Arbeitswelt gibt 
«
ergänzende  Sozialhilfe  oder  Grundsicherung  ter Pfl ege mit dem Berufsleben, ein Thema,  das nicht her.
angewiesen. das  weibliche  und  männliche  Beschäftigte 
zunehmend umtreibt.
Gut altern, sozialpolitische Konzepte
Die Gewerkschaften setzen sich seit geraumer  Verteilungskonfl ikte, keine 
Zeit mit dieser Schiefl age auseinander, denn die  Generationenkonfl ikte
Politik hat Fakten geschaffen. Sozialpolitische  Die sozialpolitischen Themen, die im demo-
Entscheidungen beeinfl ussen zunehmend die  grafi schen Wandel an Brisanz gewinnen, ge-
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hören seit jeher zu den generationenübergrei- breiter Front Altersarmut. Schon in wenigen 
fenden  Arbeitsfeldern  der  Gewerkschaften:  Jahren  sind  Einkommensgruppen  betroffen, 
Fragen der Alterssicherung, der Qualität des  die bisher im Alter ganz gut dastanden.
Gesundheitswesens und der Absicherung bei 
Pfl egebedürftigkeit  bewegen  alle  Altersgrup- Prekär beschäftigte junge Leute bauen notge-
pen. Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter  drungen »Hypotheken« für ihren Lebensabend 
wissen:  Probleme  der  alternden  Ge- auf. Prekär heißt: Beschäftigung in (unfreiwil-
sseellllsscchhaafftt   ssiinndd   iimm   »»KKaammppff««   liger) Teilzeit, befristeten Arbeitsverhältnissen, 
AAlltt  ggeeggeenn  JJuunngg  nniicchhtt  zzuu   im  Niedriglohnbereich,  Praktika,  mit  Hono-
llöösseenn..   IInnsszzeenniieerrttee   VVeerr-- rarverträgen oder in Scheinselbständigkeit. Die 
tteeiilluunnggsskkäämmppffee   ddeerr   Betroffenen sammeln weniger Renten-Entgelt-
Generationen  sind  punkte,  die  durch  mehrere  Rentenreformen 
vornehmlich  eine  auch noch an Wert verloren haben. In den letz-
Medienveranstal- ten Jahren hat sich die Beteiligung der Älteren 
tung.  Politisch  wer- am Arbeitsmarkt zwar leicht verbessert. Aber 
den diese Zerrbilder  die  Mehrheit  der  Über-60-Jährigen  ist  nach 
bbiisswweeiilleenn  mmiissssbbrraauucchhtt,,   wie vor gezwungen, die letzten Berufsjahre in 
uumm  KKüürrzzuunnggeenn  iimm  SSoozzii-- prekären Jobs und Arbeitslosigkeit »zu überbrü-
aallssyysstteemm  zzuu  rreecchhttffeerrttiiggeenn.. cken«. Das drückt das Rentenniveau.
Erwin Meyer,  Für die Gewerkschaften geht es dagegen um So- Viele im Boot – für mehr Solidarität!
stv. Vorsitzender  lidarität: Um Verteilungsgerechtigkeit zwischen  Die DGB-Gewerkschaften haben ihre Reform-
GEW-Bundesse- starken  und  schwachen  Schultern,  zwischen  vorstellungen für das Sozialsystem vorgelegt. 
niorenausschuss Arm und Reich. Die Sozialpartner – Arbeitge- Im  Gesundheitswesen  plädieren  sie  für  eine 
ber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- solidarische  Bürgerversicherung  neuen  Typs 
»
Solidarität  mer mit ihren Gewerkschaften – spielen eine  (vgl. Beiträge in dieser Broschüre ab S. 27). In 
beruht auf Ver- zentrale Rolle. Denn wer die Renten kürzt, ent- der Gesetzlichen Rentenversicherung fordern 
ständnis, deshalb  lastet Arbeitgeber langfristig, Beschäftigte aber  die DGB-Gewerkschaften eine Erwerbstätigen-
braucht unsere  nur kurzfristig: Die tragen das Risiko sinkender  versicherung, die das Rentenniveau stabilisiert 
Gesellschaft einen  Alterseinkünfte und der Altersarmut. und  stärkt.  Beide  Konzepte,  Bürgerversiche-
guten Generati- rung  und  Erwerbstätigenversicherung,  zeich-
onendialog. Am  Altersarmut – Altlasten und Defi zite nen sich durch ein gemeinsames Merkmal aus: 
besten fördern  Einschnitte und Kürzungen bei der Rente und  Die Finanzbasis soll – ergänzt durch neue, so-
wir den schon in  den Pensionen sowie zusätzliche Belastungen  lidarische Elemente und mehr Beitragszahle-
«
den Schulen. im Gesundheitswesen schwächen die Alterssi- rinneninnen und -zahler – verbessert werden. 
cherung. Auf die heute Jungen kommen zu- Bei der Verwirklichung dieser Konzepte unter-
sätzliche Kosten zu: Sie hatten in den letzten  nimmt der DGB keine Alleingänge, sondern 
beiden  Jahrzehnten  unter  schlechten  Bedin- setzt auf breite, gesellschaftliche Bündnisse mit 
gungen auf dem Arbeitsmarkt zu leiden. In  Sozialverbänden, kirchlichen Organisationen, 
Deutschland droht deshalb erstmals wieder auf  Parteien und der Wissenschaft.
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Description:Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Debatte. Altersbilder aktiv gestalten. – Alter sozial absichern. Seniorenpolitische Themen der GEW