Table Of ContentInstitutfürAstronomieundAstrophysik
Allgemeine Relativitätstheorie
Jörg Frauendiener
Institut für Theoretische Astrophysik
WS/SS 2004/2005
Version: 25. Januar 2007
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Inhaltsverzeichnis
1 Übersicht 7
2 Das Äquivalenzprinzip 11
3 Tensor-Kalkül 18
3.1 MultilineareAlgebraundTensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
3.1.1 VektorenundKovektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
3.1.2 LineareAbbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
3.1.3 Tensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
3.2 EuklidischeGeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
4 Lorentz-Geometrie und Minkowski-Raum 34
4.1 DierelativistischeRaumzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
4.2 PhysikalischeInterpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
5 Die gekrümmte Raumzeit 48
5.1 DieRaumzeitistgekrümmt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
5.2 DieRaumzeitalsMannigfaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
5.2.1 Mannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
5.2.2 DerTangentialraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
5.3 Tensorfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
5.4 DeraffineZusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
5.4.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
5.4.2 DiekovarianteAbleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
5.4.3 Parallel-Transport. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
5.5 TorsionundKrümmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
5.6 (Pseudo-)RiemannscheGeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
6 Die Feldgleichungen der Gravitation 74
6.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
6.2 DerEnergie-Impulstensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
6.3 Einstein-TensorundFeldgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
3
7 Die Schwarzschild-Lösung 91
7.1 HerleitungderSchwarzschild-Metrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
7.2 GeodäteninderSchwarzschild-Metrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
7.3 LichtstrahleninderSchwarzschild-Metrik. . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
7.4 EinschwarzesLoch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
8 Kugelsymmetrische statische Materieverteilungen 109
8.1 DiegrundlegendenGleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
8.2 LösungderGleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
8.3 DiskussionderLösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
9 Kosmologische Lösungen der Feldgleichungen 122
9.1 DaskosmologischePrinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
9.2 DieGeometriedesWeltalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
9.3 HomogeneundisotropeMannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 128
9.4 KinematischeEigenschaftenvonkosmologischenModellen . . . . . . . 133
9.5 DieDynamikdesUniversums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
9.5.1 KosmologischeModellemitΛ = 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
9.5.2 KosmologischeModellemitΛ 6= 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
9.5.3 QualitativeDiskussionderFriedmann-Lösungen . . . . . . . . . 154
9.5.4 DiedeSitter-Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
9.6 EinekurzeGeschichtedesUniversums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
10 Eigenschaften von Schwarzen Löchern 162
10.1 DieKruskal-Raumzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
10.2 DieEinstein-RosenBrücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
10.3 DieKerr-Lösung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
10.3.1 Null-Tetraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
10.3.2 DieKerr-MetrikinBoyer-LindquistKoordinaten. . . . . . . . . . 176
10.3.3 Kerr-SchildKoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
10.3.4 GrundlegendeEigenschaftenderKerr-Metrik . . . . . . . . . . . 180
10.3.5 DerPenrose-Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
A Differentialgeometrische Grundlagen 185
A.1 MannigfaltigkeitenundTangentialraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
A.1.1 Mannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
A.1.2 AbbildungenzwischenMannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . 188
A.2 Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
A.2.1 Skalarfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
A.2.2 KontravarianteVektorfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
A.2.3 KovarianteVektorfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
A.2.4 Tensorfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
A.3 Zusammenhang,kovarianteAbleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
A.4 DerRiemann-Tensor,Krümmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
4
Literaturverzeichnis
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5
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[25] C.Will,WasEinsteinright?(OxfordUniversityPress,1986).
6
1 Übersicht
DieAllgemeineRelativitätstheorieistEinsteinsTheoriederGravitationskraft.Sieistaber
vielmehralsdas.ImGegensatzzuNewtonsGravitationstheorie,welchedieBewegung
von Körpern unter dem Einfluss ihrer gegenseitigen Schwerkraft in einem festen, un-
veränderlichen, absoluten Raum und einer festen, absoluten Zeit beschreibt, handelt es
sich bei der ART auch um eine Theorie von Raum und Zeit. Diese beiden sind nicht
länger reine Kulissen, in denen die Phänomene der Physik stattfinden, sondern in der
EinsteinschenGravitationstheoriesindsieeinaktiverMitspielerindiesemStück.
Als Theorie von Raum und Zeit, bzw. wie sich herausstellen wird, als Theorie der
Raum-Zeit,istdieARTnatürlicheineTheorievomUniversumalsGanzen.Sieistdaher
auch die Theorie, die für die Kosmologie, das Woher und Wohin unseres Universums
zuständigist.DiesistsicherlicheinGrundfürdieBedeutungdieserTheorie.Letztlich
spielt sich jedes physikalische Phänomen in Raum und Zeit ab, ist also den Gesetzen
derARTzuunterwerfen.DieARTistalsoindiesemSinnealsuniversellzubetrachten.
Dies ist zwar aus physikalischer Sicht ein wesentlicher Grund, sich mit dieser Theo-
rie auseinander zu setzen. Es ist aber sicherlich nicht der einzige Grund, warum sie
eine Faszination auf viele Menschen ausübt. Die ART ist die erste Theorie, die allein
aufgrund von theoretischen Überlegungen das Licht der Welt erblickt hat und erst im
Nachhinein experimentell glänzend bestätigt wurde. Sie ist heute die am besten ex-
perimentell verifizierte physikalische Theorie ‘auf dem Markt’. Die ART ist von einer
berückenden Ästhetik, die sich dem Lernenden jedoch leider erst nach einem mühsa-
men Studium der mathematischen Grundlagen in vollem Ausmaß darstellt: Es passt
alles!
DerwesentlicheSchritthinzurSpeziellenRelativitätstheoriebestehtindemrevolutio-
närenWandelunsererVorstellungvonRaumundZeit,densievonunsverlangt.Nach
Einsteins Artikel über die Spezielle Relativitätstheorie [4] von 1905 war es Minkow-
ski, der erkannte, dass Raum und Zeit sich aufgrund der Lorentz-Transformation zu
einem vierdimensionalen ‘Objekt’ verschmelzen lassen. Diese invariante Raum-Zeit lie-
ferteinevereinheitlichendeSichtweiseaufRaumundZeit.InseinenArbeitenkommen
solcheBegriffewieEreignis,Vierer-Vektor,Weltlinien,Lichtkegelvor;allesVorstellungen,
die man in die ART übertragen kann, und die dort bis heute grundlegend für die For-
mulierungundInterpretationderTheoriesind.
DieARTgehtjedochwesentlichweiter.SieschließtindieBeschreibungvonRaumund
Zeit auch Gravitationsfelder ein. Dies hat aber eine drastische Konsequenz: Gravitati-
onsfelder sind veränderlich in Raum und Zeit. Dies bedeutet, dass eine konsistente
7
BeschreibungderRaum-ZeitsichnunauchvonEreigniszuEreignisändernkann.Die
korrekte mathematische Beschreibung ist die Differential-Geometrie, bzw. eine spezielle
Abartdavon,dieRiemannscheGeometrie.
Die differentialgeometrische Beschreibung beruht auf dem Postulat, die physikalische
Raum-Zeit sei eine 4-dimensionale Mannigfaltigkeit, also ein abstraktes Objekt, des-
sen ‘Punkte’, die physikalischen Ereignisse, sich durch Angabe von vier reellen Zah-
len in einem gewissen Rahmen ein-eindeutig charakterisieren lassen. Im allgemeinen
wirdmanmehreresolcherKoordinatensystemebrauchenumeinsolchesObjektinGänze
zubeschreiben.DieVorstellungdabeiistdie,dassdiesesObjekt,dieMannigfaltigkeit,
durch eine ganze Familie von solchen, sich teilweise überlappenden, Koordinatensys-
temen überdeckt wird.1 Die grundlegenden Strukturen der Mannigfaltigkeit, ihre To-
pologie(ihreGestalt)undihredifferentielleStruktur,d.h.dieVorschriften,wiemandie
infinitesimale Änderung von Funktionen beim Übergang zu infinitesimal benachbar-
ten Punkten zu beschreiben hat, sind bestimmt durch die Relationen, die sich auf den
ÜberlappgebietenzweiersichüberlappendenKoordinatensystemenergeben.
Viele physikalische Größen werden mathematisch durch Tensoren beschrieben. Dies
sind Verallgemeinerungen von Vektoren. Entsprechend der Vektoralgebra gibt es eine
Tensoralgebra,auchTensorkalkülgenannt,dieesunsgestattetmitTensorenzurechnen.
Dieser Kalkül lässt sich in natürlicher Weise auf Mannigfaltigkeiten übertragen. Hier
tritt nun zunächst ein Problem auf. Dieser so definierte Tensorkalkül gilt jeweils nur
an einemPunkt. Tensorenan verschiedenen Raum-Zeit-Punktenhaben zunächst nichts
miteinanderzutun.WillmanBeziehungenzwischenzweisolchenTensorenherstellen,
z.B.dieinfinitesimaleÄnderungeinesTensorsbeimÜbergangvoneinemPunktzuei-
nem infinitesimal benachbarten Punkt (also Tensoren differenzieren), dann muss man
einen Zusammenhang zwischen den Raum-Zeit-Punkten herstellen. Dies ist eine wohl-
definierte mathematische Struktur, die man durch ein Schema Γi von 64 Funktionen
jk
charakterisierenkann.MitHilfedieserChristoffel-SymbolelässtsicheinBegriffvonAb-
leitungvonTensoreneinführen,derunteranderemdieEigenschafthat,dassTensoren
durch Ableiten wieder Tensoren ergeben. Man nennt diesen Prozess die kovariante Ab-
leitung. Diese ist notwendig, wenn man physikalische Prozesse beschreiben will, die
sichinRaumundZeitvollziehen.
DiegrundlegendeGrößederARTistdieRaum-Zeit-Metrik.InderSRTwerdendieme-
trischenEigenschaftenvonRaumundZeitdurchdieMinkowski-Metrik
X3
ds2 = dt2−dx2−dy2−dz2 = η dxidxk
ik
i,k=0
beschrieben. Das wesentliche an diesem Ausdruck ist die Verteilung der Vorzeichen,
die Signatur der Metrik ist (1,−1,−1,−1), es handelt sich um eine Metrik mit Lorentz-
1MandenkenurandieOberflächederErdkugel,derenPunktesichdurchAngabezweierKoordinaten
(z.B.geografischeLängeundBreite)eindeutigcharakterisierenlassen.ManbrauchtmehrereKarten,
gesammeltineinemAtlas,umdieErdoberflächevollständigzubeschreiben.
8
Signatur.DieseEigenschaftderMetrikistes,dieesunserlaubt,voneinemRaum-Zeit-
Kontinuum zu sprechen, denn sie ist verantwortlich dafür, dass Lorentz-Transforma-
tionen in der SRT auftreten und damit solche Phänomene wie Lorentz-Kontraktion und
Zeitdilatation.
In der ART ändert sich die Geometrie von Punkt zu Punkt und daher wird aus der
konstantenMatrix
1
−1
ηik = −1
−1
eine4×4-Matrixg ,vondernurverlangtwird,dasssiequadratischundsymmetrisch
ik
seiundLorentz-Signaturbesitze.SiedarfsichalsovonPunktzuPunktändern.Ausder
Minkowski-MetrikwirdalsoeineLorentz-Metrik
X3
ds2 = g dxidxk
ik
i,k=0
Einsteins große Erkenntnis war das Äquivalenzprinzip, nämlich die Einsicht, dass sich
GravitationsfelderalsdieAngabeeinersolchenMetrikaufdemRaum-Zeit-Kontinuum
auffassen lassen und dass sich ihre Wirkung durch die Krümmung dieser Metrik be-
schreiben lässt. Die Tatsache, dass wir ein Raum-Zeit-Kontinuum beschreiben wollen,
stecktalleininderForderungderLorentz-Signatur.
Wir haben es nun also mit zwei Größen zu tun, die gegeben sein müssen, wenn wir
physikalischeProzesseineinersichänderndenRaum-Zeitbeschreibenwollen:Zusam-
menhang und Metrik, die von vornherein nichts miteinander zu tun haben. Ein Indiz
fürdieKonsistenzderTheoriefolgtnunausderreinmathematischenTatsache,dasses
zueinergegebenenMetrikgenaueinenausgezeichnetenZusammenhang,eineeindeu-
tige kovariante Ableitung, gibt. Das bedeutet, dass die Metrik allein die Verhältnisse
zwischen verschiedenen Ereignissen bestimmt. Der Zusammenhang ist durch die Ei-
genschaftcharakterisiert,dassdieMetrikvonPunktzuPunktimSinnederkovarianten
Ableitungkonstantbleibt.
Nun haben wir also eine Metrik auf dem Raum-Zeit-Kontinuum. Wie aber ist die Me-
trikbestimmt?GibteseinNaturgesetz,welchesdieMetrikfestlegt,undwelcheGrößen
beeinflußendieseFestlegung?DerProzesszurAufstellungdiesesGesetzeswarextrem
langwierig. Einstein brauchte mehrere Versuche dazu. Das Resultat aber kann sich se-
henlassen.
WelcheGrößenkönnendieMetrik,alsodieStrukturvonRaumundZeit,beeinflußen?
EsbleibtnurdieMaterie,diesichinderRaum-Zeitbefindet.InderARTbeschreibtdiese
Materie durch einen sogenannten Energie-Impuls-Tensor Tab, eine Größe, die durch die
Art der Materie bestimmt ist. Die charakteristische Eigenschaft des Energie-Impuls-
TensorsistseineDivergenzfreiheit,
∇ Tab = 0.
a
9
Diese Eigenschaft drückt aus, dass Energie und Impuls in gewisser Weise erhalten
sind.
Es ist nun eine weitere mathematische Tatsache, dass es genau einen Tensor G gibt,
ab
denmanausderMetrikkonstruierenkann,deralsodurchdieRaum-Zeit-Strukturbe-
stimmtistundderebenfallsnotwendigerweisedivergenzfreiist.DieserEinstein-Tensor
ist ein Maß für die Krümmung der Raum-Zeit. Nun haben wir zwei Tensoren, von de-
nen einer durch die Raum-Zeit-Struktur, der andere durch die Materie bestimmt ist.
Beide sind divergenzfrei. Was liegt näher, als zu postulieren, dass beide proportional
zueinandersind?GenaudashatEinsteingetanunddieGleichung
8πG
G = T
ab c4 ab
postuliert. Dies ist die Einsteinsche Feldgleichung, die die Metrik der Raum-Zeit bei ge-
gebener Materieverteilung bestimmt. Diese Gleichung ist eine gewisse Verallgemeine-
rung des Newtonschen Gravitationsgesetzes in dem Sinne, dass sich dieses aus jener
in einem geeigneten Grenzübergang ergibt. Sie ist aber viel mehr, weil sich die ganze
BetrachtungsweisegegenüberderklassischenPhysikgeänderthat.
NachdemEinsteindiePrinzipienderMechaniksogeänderthatte,dasssiemitderMax-
wellschenTheoriedesElektromagnetismuskompatibelwurde,wäreeseinnatürlicher
Schrittgewesen,nundiezweiteklassischeWechselwirkung,dieSchwerkraftoderGra-
Gravitation vitation mit den Prinzipien der Speziellen Relativitätstheorie zu vereinen. Die bisher
akzeptierteGravitationstheorieNewtonswarmitderneuenTheorienichtkompatibel,
Fernwirkungsprinzip dennsiefußtaufeinemFernwirkungsprinzip:jedeStörung‘hier’machtsichunmittel-
bar,sofort,anjedemanderenEreignis‘dort’bemerkbar.DiesistnatürlichmitderExis-
tenz einer maximalen Ausbreitungsgeschwindigkeit nicht vereinbar. Man könnte sich
vorstellen, die Gravitationstheorie, die ja einem ähnlichen Gesetz wie dem Coulomb-
Gesetz der Elektrostatik genügt, durch Hinzufügen entsprechender Terme in eine der
MaxwelltheorieähnlicheTheorieumformenzukönnen.
Abgesehen davon, dass dieser Weg nicht zum Ziel führen würde, es war auch nicht
der Weg, den Einstein einschlug. Zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen nahm er
die weithin bekannte, jedoch unverstandene Tatsache, dass ‘alle Körper gleich schnell
fallen’.
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