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Algebraische Geometrie 1
Sommersemester 2013
Frankfurt am Main
Prof.Dr.AnnetteWerner
Inhaltsverzeichnis
1 Das Spektrum eines Ringes 1
2 Projektive Spektren 12
3 Garben 23
4 Schemata 39
5 Projektive Schemata 54
6 Faserprodukte 59
7 Eigenschaften von Schemata und ihren Morphismen 73
8 Separierte und eigentliche Morphismen 84
1 Das Spektrum eines Ringes
Wir wollen nun für jeden Ring A einen topologischen Raum SpecA definieren, den
wirspäterzueinem„affinenSchema“machenwerden.Esseidaranerinnert,dassalle
unsereRingekommutativmit1sind.
Definition1.1 SeiAeinRing.
i) DasSpektrumvonAistdefiniertals
SpecA = p : p APrimideal .
{ ⊂ }
ii) FürjedesIdeala Asei
⊂
V(a) = p : p APrimidealmita p SpecA.
{ ⊂ ⊂ } ⊂
Beispiele:
i) IstK einKörper,soistSpecK = 0 eineEinpunktmenge.
{ }
ii) FürA = Zgilt
SpecZ = 0 (p) : pPrimzahl .
{ }∪{ }
FürdasIdeal(n) = nZmitn Ngilt
∈
V((n)) = (p) : pPrimzahl,p n , fallsn = 0ist,
{ | } 6
sowieV((0)) = Z.
DieMengeV(a)verhaltensichähnlichwiedieNullstellenmengenaus§3.
Lemma1.2 FürIdealea,b,(a ) inA,I einebeliebigeIndexmenge,gilt
i i I
∈
i) V((0)) = SpecA, V(A) = .
∅
ii) Ista b,sofolgtV(b) V(a).
⊂ ⊂
iii) V(a b) = V(a) V(b).
∩ ∪
iv) V( a ) = V(a ).
i i
i I i I
∈ ∈
P T
Beweis:
i) JedesPrimidealenthält0,keinPrimidealenthält1.
ii) IstpinV(b),soistpeinPrimidealmitb p.Alsogiltaucha p,d.h.p V(a).
⊂ ⊂ ∈
iii) Ist p V(a) V(b), so ist p ein Primideal mit a p und b p. Somit ist auch
∈ ∪ ⊂ ⊂
a b p,alsop V(a b).
∩ ⊂ ∈ ∩
Ist umgekehrt p ein Primideal mit a b p und a p, so müssen wir b p
∩ ⊂ 6⊂ ⊂
zeigen.Esexistiertalsoeinf amitf / p.Seig beinbeliebigesElement.Dann
∈ ∈ ∈
istfg a b p.DapeinPrimidealist,folgtf p(wasausgeschlossenist)oder
∈ ∩ ⊂ ∈
g p.Alsoistg p,d.h.b p.
∈ ∈ ⊂
iv) Da für alle i I die Inklusion a a gilt, ist nach i) V( a ) V(a ).
i i i i
∈ ⊂ ⊂
i I i I i I
Ist umgekehrt p ein Primideal mit a P∈ p für alle i I, so foPl∈gt a T∈ p, d.h.
i i
⊂ ∈ ⊂
i I
p V( a ). P∈
i
∈
i I
P∈ (cid:3)
Definition1.3 WirnenneneineTeilmengeU SpecAoffen,wenneseinIdeala A
⊂ ⊂
gibtmit U = SpecA V(a).
\
DieMengeSpecAzusammenmitdensodefiniertenoffenenTeilmengenisteintopolo-
gischerRaum,dennnachLemma4.2gilt
i) undSpecAsindoffen.
∅
ii) EndlicheSchnitteoffenerMengensindoffen.
iii) BeliebigeVereinigungenoffenerMengensindoffen.
DiesodefinierteTopologieaufSpecAheißtZariski-Topologie.
Beispiel:DieoffenenTeilmengenvonSpecZsind , SpecZundalleMengenderForm
∅
SpecZ (p1),...,(pr) fürendlich viele Primzahlen p1,...,pr. Wir haben nämlich oben
\{ }
gesehen, dass die Mengen V(a) für ein Ideal a SpecZ gerade die folgenden sind:
⊂
V((0)) = SpecZ,V((1)) = undV((n)) = (p) : p n fürn ≧ 2.
∅ { | }
Seite2
Jedenicht-leereoffeneMengeinSpecZenthältalsodenPunkt(0).Insbesondereistdie
Zariski-TopologieaufSpecZnichtHausdorff’sch.
Definition1.4 Fürjedesf Asei
∈
D(f) = p SpecA : f / p SpecA.
{ ∈ ∈ } ⊂
DieTeilmengeD(f) SpecAistoffen,dennesgilt
⊂
D(f) = SpecA V((f)),
\
wobei(f)dasvonf erzeugteHauptidealinAist.
DieoffenenMengenD(f)fürf AbildeneineBasisderZariski-TopologieaufSpecA,
∈
d.h. für jedes p SpecA und jede offene Teilmenge U SpecA mit p U gibt es ein
∈ ⊂ ∈
f AmitD(f) U.JedesoffeneU mitp U (d.h.jedeoffeneUmgebungU vonp)ist
∈ ⊂ ∈
nämlichvonderForm
U = SpecA V(a)
\
füreinIdeala A.Dap U ist,folgtnatürlichp / V(a),d.h.a p.Somitexistiertein
⊂ ∈ ∈ 6⊂
f a mit f / p. Also gilt p D(f). Wegen f a folgt außerdem V(a) V((f)), also
∈ ∈ ∈ ∈ ⊂
D(f) U.
⊂
Esseiϕ : A B einRinghomomorphismus.DanndefinierenwireineAbbildung
→
f = Specϕ : SpecB SpecA
→
durch f(p) = ϕ 1(p). Da für jedes Primideal p B das Urbild ϕ 1(p) A ein
− −
⊂ ⊂
Primidealist(Übungsaufgabe),istf wohldefiniert.
Lemma1.5 Esseiϕ : A B einRinghomomorphismusundf : SpecB SpecAdie
→ →
zugehörigeAbbildung.Danngilt:
i) f iststetig.
ii) Ista AeinIdealinAundϕ(a)B dasvonϕ(a)erzeugteIdealinB,sogilt
⊂
f 1(V(a)) = V(ϕ(a)B).
−
Seite3
iii) Istg A,sogiltf 1(D(g)) = D(ϕ(g)).
−
∈
iv) Istϕsurjektiv,soinduziertf einenHomöomorphismus(alsoeinebijektive,steti-
geAbbildungmitstetigerUmkehrabbildung)
f : SpecB V(Kernϕ).
→
Beweis:
i) Folgt sofort aus ii), denn es genügt zu zeigen, dass Urbilder abgeschlossener
Mengenabgeschlossensind.
ii) Seia AeinIdeal.DanngiltfürjedesPrimidealpvonB:
⊂
p f 1(V(a)) ϕ 1(p) V(a)
− −
∈ ⇔ ∈
a ϕ 1(p)
−
⇔ ⊂
ϕ(a)B p
⇔ ⊂
p V(ϕ(a)B).
⇔ ∈
iii) f 1(D(g)) besteht aus allen Primidealen in B, so dass g / ϕ 1(p) gilt. Das ist
− −
∈
äquivalentzuϕ(g) / p,alsozup D(ϕ(g)).
∈ ∈
iv) FürjedesPrimidealp B giltKernϕ ϕ 1(p),alsoistBild(f) V(Kernϕ).
−
⊂ ⊂ ⊂
Seiq V(Kernϕ)einbeliebigesPrimideal.Daϕsurjektivist,istϕ(q)einIdealin
∈
B (Übungsaufgabe). Dies ist sogar ein Primideal. Gilt nämlich ϕ(f)ϕ(g) ϕ(q)
∈
für f,g A, so existiert ein h Kernϕ mit fg h q. Da Kernϕ q ist, folgt
∈ ∈ − ∈ ⊂
fg q,alsof qoderg q.Somitistϕ(f) ϕ(q)oderϕ(g) ϕ(q).
∈ ∈ ∈ ∈ ∈
DieAbbildung
f˜: V(Kernϕ) SpecB
→
q ϕ(q)
7→
isteineUmkehrabbildungzuf,wiemanleichtnachrechnet.Fernergilt
f˜ 1(V(b)) = V(ϕ 1(b)),
− −
Seite4
also ist f˜ ebenfalls stetig. Damit ist f ein Homöomorphismus SpecB
→
V(Kernϕ).
(cid:3)
Beispiel:InSpecZgiltV((9)) = V((3)) = SpecZ 3 .
\{ }
Wir wollen jetzt analysieren, unter welchen Umständen verschiedene Ideale in A
dieselbeabgeschlosseneTeilmengeinSpecAinduzieren.Dazubrauchenwirfolgendes
Lemma.
Lemma1.6 Es sei a A ein Ideal. Dann ist √a gleich dem Schnitt aller Primideale in
⊂
A,dieaenthalten.
Beweis:Istf √a,soliegtfk afüreink ≧ 1.Istp AeinbeliebigesPrimidealmit
∈ ∈ ⊂
a p,sofolgtausfk a palsof p.Dahergilt√a p.
⊂ ∈ ⊂ ∈ ⊂
Seiumgekehrtf AeinElement,dasnichtin√aenthaltenist.Alsogiltfürallek ≧ 1,
∈
dassfk nichtinaliegt.WirbetrachtennundieMenge
Σ = b : b AIdealmita b,sodassfürallek ≧ 1dasElementfk nichtinbliegt}.
{ ⊂ ⊂
DieseMengeenthälta,istalsoinsbesonderenichtleer.
Wir betrachten eine bezüglich der Inklusion total geordnete Teilmenge b : i I
i
{ ∈ }
von Σ. Dann ist b ein Ideal in A, das a enthält, aber kein fk. Also ist b Σ
i i
∈
i I i I
eineobereSchrankS∈e.NachdemLemmavonZornhatΣsomiteinmaximalesES∈lementp.
Wirzeigen,dasspeinPrimidealist.Angenommen,x / pundy / pfürElementex,y
∈ ∈ ∈
A.Dannsindp+(x)undp+(y)IdealeinA,dieechtgrößeralspsind.DapinΣmaximal
ist,könnenwederp+(x)nochp+(y)inΣliegen.DabeideIdealeaenthalten,existieren
k,l ≧ 1mitfk p+(x)undfl p+(y).Daheristfk+l (p+(x))(p+(y)) p+(xy).
∈ ∈ ∈ ⊂
Alsoistp+(xy) / Σ,worausxy / pfolgt.DaheristpinderTateinPrimidealinV(a)
∈ ∈
mitf / p.Daf dannnichtimSchnittallerPrimidealeseinkann,dieaenthalten,folgt
∈
dieandereInklusion. (cid:3)
Seite5
Satz1.7 Es gilt V(a) V(b) genau dann, wenn b √a ist. Insbesondere ist V(a) =
⊂ ⊂
V(b)genaudann,wenn√a = √bist.
Beweis:IstV(a) V(b),sofolgtb √b = p p = √a.
⊂ ⊂ ⊂
p V(b) p V(a)
∈ ∈
T T
Umgekehrt folgt aus b √a = p, dass jedes Primideal, das a enthält, auch b
⊂
p V(a)
∈
enthält.AlsogiltV(a) V(b). T (cid:3)
⊂
NununtersuchenwirdieTopologieaufSpecA.DazubrauchenwirfolgendenBegriff.
Definition1.8 EsseiT eintopologischerRaum.EinenichtleereTeilmengeZ T heißt
⊂
irreduzibel, wenn Z nur auf triviale Weise als Vereinigung von in Z abgeschlossenen
Mengengeschriebenwerdenkann,d.h.aus
Z = Z Z
1 2
∪
mitZ ,Z Z abgeschlossenfolgt
1 2
⊂
Z = Z oderZ = Z.
1 2
HierheißtZ Z abgeschlossen,fallsZ abgeschlosseninderRelativtopologievonZ
1 1
⊂
ist,d.h.fallsZ = Z Y füreineabgeschlosseneTeilmengeY T gilt.
1
∩ ⊂
Beispiel:EsseiZ SpecZeinebeliebigeTeilmenge.DadieabgeschlossenenTeilmen-
⊂
geninSpecZgeradedieMengenderForm ,SpecZ, (p1),...,(pr) sind,sindfolgende
∅ { }
Mengenirreduzibel:
SpecZ, , SpecZ (0) , (3) , (0),(3) .
∅ \{ } { } { }
DieMengeV((10)) = (2),(5) istetwanichtirreduzibel.
{ }
Lemma1.9 i) IstT eintopologischerRaumundZ T eineirreduzibleTeilmenge,
⊂
soistauchjedeTeilmengeU Z,dieoffeninZ ist,irreduzibel.
⊂
ii) IstZ T irreduzibel,soistauchderAbschlussvonZ,alsodieMenge
⊂
Z = Y,
Y Tabgeschlossen
⊂
ZTY
⊂
Seite6
irreduzibel.
Beweis:
i) GiltU = U U mitMengenderFormU = U Y undU = U Y ,wobeiY
1 2 1 1 2 2 1
∪ ∩ ∩
undY abgeschlossensind,sogilt
2
Z = (Z Y ) (Z (Y Z U)),
1 2
∩ ∪ ∩ ∪ \
was man sich am besten an Hand eines Bildes klar macht. Da Z irreduzibel ist,
folgtZ = Z Y oderZ = Z (Y Z U).DahergiltU = U Y oderU = U Y
1 2 1 2
∩ ∩ ∪ \ ∩ ∩
undU istirreduzibel.
ii) GiltZ = Y Y fürY ,Y Z,dieinZ,alsoauchinT abgeschlossensind,soist
1 2 1 2
∪ ⊂
Z = (Y Z) (Y Z).
1 2
∩ ∪ ∩
DaZ irreduzibelist,folgtZ = Y Z oderZ = Y Z,d.h.Z Y oderZ Y .
1 2 1 2
∩ ∩ ⊂ ⊂
Da Y und Y abgeschlossen sind, folgt daraus Z Y oder Z Y und somit
1 2 1 2
⊂ ⊂
Z = Y oderZ = Z .DaheristZ irreduzibel.
1 2
(cid:3)
Beispiel:DieTeilmengeSpecZ (2),(3),(13) istoffeninSpecZ,daheristmitSpecZ
\{ }
auchSpecZ (2),(3),(13) irreduzibel.
\{ }
Proposition1.10 DieabgeschlosseneTeilmengeV(a) SpecAistgenaudannirredu-
⊂
zibel,wenn√aeinPrimidealist.DieZuordnung
p V(p)
7→
istalsoeineinklusionsumkehrendeBijektion
SpecA irreduzibleabgeschlosseneTeilmengenvonSpecA .
→ { }
Beweis:Angenommen,V(a)istirreduzibel.Giltxy √afürx,y A,soist(xy) √a,
∈ ∈ ⊂
alsofolgtV(a) = V(√a) V((xy)).
⊂
Sei p V(a). Dann ist p V((xy)), also gilt xy p, woraus x p oder y p folgt.
∈ ∈ ∈ ∈ ∈
Daheristp V((x))oderp V((y)).AlsogiltV(a) = (V(a) V((x))) (V(a) V((y))).
∈ ∈ ∩ ∪ ∩
Seite7
DaV(a)irreduzibelist,folgtV(a) = V(a) V((x))oderV(a) = V(a) V((y)), d.h.es
∩ ∩
giltV(a) V((x))oderV(a) V((y)).NachSatz4.7folgtdarausx √aodery √a,
⊂ ⊂ ∈ ∈
alsoist√aeinPrimideal.
Ist umgekehrt √a ein Primideal, so sei V(a) = V(b ) V(b ) eine Darstellung von
1 2
∪
V(a) als Vereinigung zweier abgeschlossener Teilmengen. Nach Lemma 4.2 ist also
V(a) = V(b b ),worausmitSatz4.7√b b √afolgt.
1 2 1 2
∩ ∩ ⊂
Angenommen V(b1) & V(a). Dann ist nach Satz 4.7 √a & √b1, d.h. es existiert ein
x √b mitx / √a.Füralley b istdannxy √b b √b b √a.Da√aein
1 2 1 2 1 2
∈ ∈ ∈ ∈ ⊂ ∩ ⊂
Primidealistundx / √a,folgty √a.Somitgiltb √a,worausV(a) V(b )folgt.
2 2
∈ ∈ ⊂ ⊂
AlsoistV(a)irreduzibel.
Der zweite Teil der Behauptung folgt mit Satz 4.7, wenn man beachtet, dass für jedes
PrimidealpdieGleichungp = √pgilt. (cid:3)
Korollar1.11 SpecAistgenaudannirreduzibel,wennNil(A) = √0einPrimidealist.
Beweis:DaSpecA = V((0))ist,folgtdiesausProposition4.10. (cid:3)
Definition1.12 EintopologischerRaumT heißtnoethersch,wennerfolgendeabstei-
gendeKettenbedingungfürabgeschlosseneTeilmengenerfüllt:
Für jede Kette Y Y ... Y Y ... abgeschlossener Teilmengen Y T
1 2 n n+1 n
⊃ ⊃ ⊃ ⊃ ⊂
gibteseinn0 ∈ Nmit Yn0 = Yn fürallen ≧ n0.
Lemma1.13 Ist A ein noetherscher Ring, so ist SpecA ein noetherscher topologischer
Raum.
Beweis:EineabsteigendeKetteabgeschlossenerTeilmengeninSpecAistvonderForm
V(a ) V(a ) ... V(a ) ...
1 2 n
⊃ ⊃ ⊃ ⊃
fürIdeale(a ) vonA.MitSatz4.7gilt
n n N
∈
√a √a ... √a ....
1 2 n
⊂ ⊂ ⊂ ⊂
Seite8