Table Of ContentALGEBRAISCHE GEOMETRIE
Skript zur Vorlesung
Technische Universität Dortmund
Sommersemester 2016
Daniel Plaumann
VORWORT
Dies ist das Skript zu einer vierstündigen Vorlesung im Sommersemester 2016 an der TU
Dortmund. Ziel ist eine Einführung in die Algebraische Geometrie, inklusive algorithmischer
Aspekte.VorausgesetztwerdennurGrundkenntnisseinAlgebra.AusdenvielenÜbungsaufga-
ben in diesem Skript werden auch die wöchentlichen Hausaufgaben ausgewählt. Nähere Infor-
mationenzurVeranstaltungfindensichaufmeinerHomepage.
https://www.mathematik.tu-dortmund.de/sites/daniel-plaumann
EinSkriptistkeinLehrbuch:
⋅ Es wird kein Anspruch auf Originalität erhoben. Aus den im Literaturverzeichnis ge-
nanntenBüchernundVorlesungsskriptenistvielesmalmehrmalwenigerwörtlichüber-
nommen,ohnedassdiesimEinzelnenkenntlichgemachtwird.
⋅ ErläuterungenundZwischentextesowieZeichnungenfehlenoft.
⋅ VorsichtvorFehlernallerArt!
3
4 VORWORT
Literatur
EinigeLehrbücher,dieichalsErgänzungzumVorlesungsskriptempfehlenmöchte.
[Hulek] K. Hulek, Elementare algebraische Geometrie. Springer Spektrum
(2000) — Eine sehr gute Einführung. Zu Beginn abstrakter und weni-
geralgorithmischalsdieseVorlesung.
[Kunz] E.Kunz,EinführungindiealgebraischeGeometrie.ViewegAufbau-
kursMathematik87(1997)—NocheindeutschsprachigesBuch.Tech-
nischanspruchsvoller.
[Reid] M. Reid, Undergraduate Algebraic Geometry. LMS Student Texts
(1989)—mitvielGeometrieundmotivierendenBeispielen.
[Cox-Little-O’Shea] D.Cox,J.Little,D.O’Shea,Ideals,varietiesandalgorithms.Springer
UTM(1992)—EineEinführungmitSchwerpunktaufalgorithmischen
Aspekten.Sehrgutlesbar,inzwischeneinKlassiker.
[Harris] J.Harris,AlgebraicGeometry.Afirstcourse.SpringerGTM133(1992)
— Haufenweise spannendes Material, starker Fokus auf der Geometrie,
SchwierigkeitsgradundAusführlichkeitvariierenerheblich.
[Hartshorne] R.Hartshorne,AlgebraicGeometry.SpringerGTM52(1977)—Die
Bibel unter den Lehrbüchern zur modernen algebraischen Geometrie.
Umfangreich,hervorragendgeschrieben,technischsehranspruchsvoll.
[Shafarevich] I.Shafarevich,Basicalgebraicgeometry1.Springer1977—Trotzdes
Titelssehranspruchsvoll,aberwenigerdichtgeschriebenalsHartshorne.
[Atiyah-Macdonald] M.F.Atiyah,I.G.Macdonald,IntroductiontoCommutativeAlgebra.
Addison-Wesley (1969) — Ein weiterer Klassiker. Das wichtigste zur
kommutativenAlgebraknappabersehrklardargestellt.
[Greuel-Pfister] G.-M. Greuel, G. Pfister, A Singular Introduction to Commutative
Algebra.Springer(2008)—UmfassendeÜbersichtüberalgorithmische
kommutativeAlgebraundihreUmsetzungimSoftwarepaketSingular.
[Eisenbud] D. Eisenbud, Commutative Algebra. With a view toward algebraic
geometry.SpringerGTM150(1995)—UmfangreichesWerkzurkom-
mutativenAlgebra.Gutlesbar,variiertstarkimSchwierigkeitsgrad.
[Bosch] S. Bosch, Algebra. Springer-Lehrbuch, 8. Aufl. (2013) — Werde ich
verwenden,wennicheinErgebnisausderAlgebra-Vorlesungzitierenwill.
Außerdem muss ich die Vorlesungsskripten von Claus Scheiderer (Universität Konstanz),
Marco Manetti (Università di Roma I) und Andreas Gathmann (Universität Kaiserslautern)
erwähnen,ausdenenichzumTeilhemmungslosabgeschriebenhabe.VonScheidererkommen
insbesonderegroßeTeiledesKapitelsüberGröbnerbasen.BeiManettihabeichmichbeimBe-
weisdesNullstellensatzesundzumTeilbeidenGrundlagenderprojektivenGeometriebedient.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Kapitel1. AffineVarietäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.2. AffineVarietäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.3. Computer-Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
1.4. AbbildungenzwischenVarietäten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
1.5. Resultanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
1.6. DerNullstellensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
1.7. Koordinatenringeunddiealgebro-geometrischeKorrespondenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Kapitel2. Gröbnerbasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.1. MonomialeIdeale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.2. MonomordnungenundDivisionmitRest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
2.3. GröbnerbasenundderBuchberger-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
2.4. MinimaleundreduzierteGröbnerbasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
2.5. Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Kapitel3. ProjektiveGeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
3.1. ProjektiveRäume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
3.2. KurzeGeschichtederGeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
3.3. ProjektiveVarietäten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
3.4. HomogenisierungundprojektiverAbschluss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
3.5. AbbildungenzwischenprojektivenVarietäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
3.6. EbeneKurvenundderSatzvonBézout . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
3.7. QuadrikenundKegelschnitte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
3.8. Segre-undVeronese-Varietäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
3.9. DerHauptsatzderEliminationstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
3.10. DiePrimärzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
3.11. Hilbert-FunktionundHilbert-Polynom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
3.12. DimensioneinerprojektivenVarietät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
3.13. GradeinerprojektivenVarietät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
3.14. DerSatzvonBézout . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
Kapitel4. LokaleGeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
4.1. LokalisierungenundlokaleRinge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
4.2. DieZariski-TopologieundquasiprojektiveVarietäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
4.3. ReguläreFunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
4.4. Morphismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
4.5. RationaleAbbildungenundVarietäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
5
6 INHALTSVERZEICHNIS
4.6. Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
4.7. TangentialraumundGlattheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
Algebraische Geometrie DanielPlaumann
TechnischeUniversitätDortmund
Sommersemester2016
. AFFINE VARIETÄTEN
1.1. Einführung
DiealgebraischeGeometrieuntersuchtdieLösungenvonpolynomialenGleichungssystemen
f (x ,...,x )=
n
⋮
f (x ,...,x )=.
m n
Dabei sind f ,..., f Polynome in den Variablen x ,...,x mit Koeffizienten in einem Körper,
m n
z.B.Q.DiePolynomesinddieAlgebra,inderLösungsmengestecktdagegendieGeometrie.
In der linearen Algebra lernt man alles über den Fall, dass die Gleichungen linear sind, die
Polynome also vom Grad höchstens . Die Geometrie ist in diesem Fall die der linearen (oder
affin-linearen)Unterräume.DagegenlerntmaninderAlgebra,dassdieDingebeiGleichungen
höheren Grades viel komplizierter werden, schon bei einer Gleichung in einer Variablen. Die
Lösungen, also die Nullstellen, liegen dann nicht mehr in Q, sondern in Erweiterungskörpern.
FürdieallgemeineGleichungvomGradmindestensistesdabeinichtmöglich,dieLösungen
durch Wurzelziehen zu bestimmen (Satz von Abel-Ruffini). Von der Algebra darf man hier al-
sokeineWundererwarten!WennmanandererseitsdiesenAspektersteinmalbeiseitelässtund
die Lösungen in einem algebraisch abgeschlossen Körper studiert, wie den komplexen Zahlen,
dannzerfallenimmerhinallePolynomeineinerVariableninLinearfaktoren.AberüberdenFall
mehrererGleichungeninmehrerenVariablenistdamitimmernochgarnichtsgesagt.
EinigegrundlegendeFragenderalgebraischenGeometriesinddiefolgenden:
⋅ Inwieweit lässt sich das Eliminationsverfahren für lineare Gleichungssysteme auch auf
SystemevonhöheremGradübertragen?
⋅ Wiekannmanentscheiden,obeinpolynomialesGleichungssystemübereinemalgebra-
ischabgeschlossenenKörperlösbarist?
⋅ KannmandieLösungsmengeeinespolynomialenGleichungssystemsparametrisieren?
⋅ In welcher Weise lassen sich den Lösungsmengen geometrische Eigenschaften wie Di-
mension,Glattheitusw.zuordnen?
⋅ WennesnurendlichvieleLösungengibt,waskannmandannüberihreAnzahlsagen?
⋅ WiekommtdieAlgebramitderklassischenGeometrievonKurvenundFlächeninder
EbeneundimRaumzusammen?
DieseListesiehtvielleichterstmalnachvielAlgebraundwenigGeometrieaus.Eszeigtsichaber,
dassmanauchaufdergeometrischenSeitearbeitenmuss,umalgebraischeFragenzubeantwor-
ten.InsbesonderewerdenwirunsausführlichmitderprojektivenGeometriebeschäftigen.
7
8 1.AFFINEVARIETÄTEN
1.2. Affine Varietäten
ImfolgendenseiimmerkeinKörperundKeinErweiterungskörpervonk.Wirsetzenimmer
voraus,dassK algebraischabgeschlossenist.Bekanntlichbedeutetdies,dassüberdemKörper
K jedes Polynom in einer Variablen in Linearfaktoren zerfällt. Der Körper k wird der Körper
sein,überdemdiePolynomeunddamitGleichungendefiniertsind.DieLösungendagegenbe-
trachten wir im algebraisch abgeschlossenen Körper K. Zum Beispiel kann k = Q und K = C
sein(undfastallePhänomeneindieserVorlesunglassensichandiesemBeispielverstehen).Im
allgemeinensetzenwirabernichtsüberdieCharakteristikvon k undK voraus.
DeraffineRaumderDimensionnüberK istdieMengeKn,inderalgebraischenGeometrie
mitAn oder,beifixiertemK,einfachAnbezeichnet.InsbesondereheißtAdieaffineGeradeund
K
A dieaffineEbene.EinElement p ∈An heißteinPunkt,undist p =(a ,...,a ),dannheißen
n
dieEinträgea ∈ K dieKoordinatenvon p.Esseik[x ,...,x ]derPolynomringinnVeränder-
i n
lichenüber k.EinPolynom f definierteineFunktion f∶Kn → K, p ↦ f(p) = f(a ,...,a ),für
n
p =(a ,...,a ).Wirschreiben
n
V(f) = {p ∈An∶ f(p)=}
für die Menge aller Nullstellen von f. Ist allgemeiner T ⊂ k[x ,...,x ] irgendeine Menge von
n
Polynomen,dannschreibenwir
V(T) = {p ∈An∶ f(p)=füralle f ∈ T}
odermanchmalzurVerdeutlichungV (T)⊂An fürdiegemeinsameNullstellenmengeallerPo-
K K
lynomeinT.EineTeilmengeV ⊂Anheißteineaffinek-Varietät,wennV =V(T)fürirgendeine
MengeT vonPolynomenmitKoeffizientenin k gilt.
Beispiele1.1. (1) DieleereMengeundderganzeRaumAn sindaffinek-Varietäten,dennes
giltV()=∅undV()=An.
(2) Dieaffinenk-VarietätenV ⊊Asindendlich.DenneinPolynom f ∈ k[x], f ≠,hatnur
endlichvieleNullstelleninK =A.
(3) Ist k = K, dann ist umgekehrt jede endliche Teilmenge von A eine affine K-Varietät.
DennistV ={a ,...,a }⊂A = K,danngilteinfach
m
V =V(f)mit f =(x −a )⋯(x −a ).
m
(4) Istdagegenk ⊊ K,danngibtesinallerRegelendlicheTeilmengenvonA,diekeineaffi-
√
nenk-Varietätensind.Istz.B.k =QundK =C,dannistV ={i}(miti = −)keineQ-Varietät,
denn für ein Polynom f ∈ Q[x] mit f(i) = gilt immer auch f(−i) = . Mit anderen Worten,
jede affine Q-Varietät in A , die i enthält, muss auch −i enthalten. Auch V = {π} ist keine Q-
C
Varietät,daesgarkeinPolynom f ≠mitKoeffizienteninQgibt,dasinπ verschwindet.1
(5) InderaffinenEbenesindunterdenaffinenk-VarietätenaußerdenendlichenTeilmengen
zumBeispielauchvertrautegeometrischeFigurenwie
1DieseTatsacheistrechtbekanntaberkeineswegstrivial;dieTranszendenzvon π wurdezuerstimJahr1882von
FerdinandvonLindemann(1852–1939)bewiesen.
1.2.AFFINEVARIETÄTEN 9
ParabelV(x −x) HyperbelV(−x x ) EllipseV(x+x−)
Genaubetrachtetergebensichdie’vertrautengeometrischenFiguren’natürlichnurüberden
reellen Zahlen, also für K = R, was wir ja andererseits verboten haben, da K algebraisch abge-
schlossenseinsoll,etwaK =C.TrotzdemorientiertsichdieGeometrieimmeranreellenBildern.
ZumBeispieldenkenwirunsA immeralsGeradeundnichtz.B.alskomplexeZahlenebene.
K
DerKörper k,überdemdiealgebraischenGleichungendefiniertsind,istbeliebig,abervon
vornehereinbetrachtenwirVarietäten,alsoLösungsmengen,nurmitKoordinatenimalgebra-
isch abgeschlossenen Körper K. Natürlich ist es mindestens genauso interessant, Lösungen in
Körpern zu betrachten, die nicht algebraisch abgeschlossen sind, zum Beispiel die Fälle K = R
oder K/Q endlich (Zahlkörper). Dafür braucht es aber fast immer ganz eigene Methoden, die
wirindieserVorlesungnichtdiskutieren.
Proposition1.2. DieVereinigungendlichvieleraffiner k-Varietätenistwiedereinesolche,ebenso
der Durchschnitt beliebig vieler affiner k-Varietäten. Die leere Menge und der ganze Raum sind
affine k-Varietäten.
Beweis. FürdieAussageüberendlicheVereinigungenreichteszubeweisen,dassdieVereinigung
vonzweiaffinenk-Varietätenwiedereineist,dannfolgtderallgemeineFallperInduktion.Falls
also V = V(T) und V = V(T ), dann ist V ∪V = V(TT ), wobei TT aus allen Produkten
f f , f ∈ T, f ∈ T besteht. Um das zu beweisen, sei p ∈ V ∪V , dann also p ∈ V oder p ∈ V .
Es verschwindet also jedes Polynom aus T oder jedes Polynom aus T in p und damit auch
jedes Polynom aus TT . Ist umgekehrt p ∈ V(TT ) und p ∉ V, dann gibt es also f ∈ T mit
f (p) ≠ . Andererseits gilt für jedes f ∈ T nach Annahme (f f )(p) = f (p)f (p) = und
damit f (p)=.Alsofolgt p ∈ V .
IstV =V(T)einebeliebigindizierteFamilievonaffinenk-Varietäten,sogilt⋂ V =V(⋃ T),
i i i i i i
wiemanleichtsieht.SchließlichgiltV()=∅undV()=An,wieschonbemerkt. ∎
Definition 1.3. Nach Prop. 1.2 verhalten sich die affinen k-Varietäten wie die abgeschlossenen
Mengen einer Topologie auf dem affinen Raum. Diese heißt die k-Zariski-Topologie2 auf An.
Die affinen k-Varietäten werden deshalb auch die k-Zariski-abgeschlossenen oder einfach die
k-abgeschlossenenTeilmengenvonAn genannt.
ImMomentbrauchenwirnochkeinetopologischenKonzepteund’Zariski-abgeschlossene
Menge’isteinfachnureinanderesWortfüraffine k-Varietät.
2OscarZariski(1899–1986),russisch-US-amerikanischerMathematiker,berühmtfürseineBeiträgezurkommu-
tativenAlgebraundalgebraischenGeometrie
10 1.AFFINEVARIETÄTEN
EinegrundlegendeFrage,diewirindenfolgendenAbschnittenuntersuchenwerden,ist:
GegebenzweiMengen T,T′ vonPolynomen,wiekannmanentscheiden,obdiedurchsie
bestimmtenaffinen k-VarietätenV(T)undV(T′)übereinstimmen?
Wenn man T′ = {} setzt, dann ist V(T′) = ∅. Eingeschlossen in die allgemeine Frage ist
alsoderwichtigeSpezialfall,wiemanentscheidenkann,obV(T)dieleereMenge,dasdurch T
bestimmtepolynomialeGleichungssystemalsounlösbarist.
Frage1.4. WiewürdenSieentscheiden,obzweilineareGleichungssystemedieselbenLösungenhaben?
ErinnerungandieAlgebra:EinRingmeintindieserVorlesungimmereinenkommutativenRing
mitEinselement.EinIdealineinemRingR isteineTeilmengeI ⊂ R mitdenEigenschaften
∈ I, I+I ⊂ I, R⋅I ⊂ I.
Ein Ringelement r ∈ R heißt eine Einheit, wenn es r− ∈ R mit rr− = gibt. Die Menge der
Einheitenwirdmit R× bezeichnet.WenneinIdeal I eineEinheitenthält,danngilt I = R.Denn
istr ∈ I∩R×,danns =(sr−)r ∈ I fürjedess ∈ R.InsbesonderegiltI = Rgenaudann,wenn∈ I.
Gegeben T ⊂ R, dann schreiben wir ⟨T⟩ für das von T in R erzeugte Ideal. Jedes Element
f ∈⟨T⟩hateineDarstellung
f = f ⋅g +⋅⋅⋅+ f ⋅g
r r
wobei f ,..., f ∈ Rund g ,...,g ∈ T (r ⩾).Außerdemistdie’leereSumme’,d.h.⟨∅⟩={}.
r r
Eine Teilmenge T eines Ideals I, die I erzeugt, wird Erzeugendensystem genannt oder auch
Basis(obwohlimUnterschiedzurBasiseinesVektorraumskeinerleiUnabhängigkeitzwischen
denErzeugerngefordertist,inwelchemSinnauchimmer).
ImPolynomringgiltnun:
V(T) = V(⟨T⟩) füralleT ⊂ K[x ,...,x ].
n
Denn wegen T ⊂ ⟨T⟩ gilt V(⟨T⟩) ⊂ V(T). Ist umgekehrt p ∈ V(T), dann verschwindet jedes
PolynomausT in punddamitauchjedesPolynomaus⟨T⟩.
DieBedeutungvonIdealenfürdiealgebraischeGeometrieistimmens.DieErzeugerentspre-
chen den Ausgangsgleichungen. Das erzeugte Ideal enthält alle Vielfachen, Summen und Pro-
duktederErzeuger.DamitenthältesinsbesonderejedeelementareUmformungderursprüng-
lichen Gleichungen, wie man sie etwa aus der linearen Algebra kennt. Das Ideal verwaltet also
allemöglichenUmformungenundVereinfachungenderGleichungen.DasschöneanIdealenist,
dasssieimmerendlicherzeugtsind,selbstwennmannichtmitendlichvielenErzeugernstartet:
Satz1.5(Hilbertscher3Basissatz). JedesIdealimPolynomringk[x ,...,x ]übereinemKör-
n
per k istendlicherzeugt.Genauergilt:FürjedeTeilmengeT ⊂ k[x ,...,x ]gibteseineend-
n
licheTeilmengeT′ vonT mit⟨T′⟩=⟨T⟩.
3DavidHilbert(1862–1943)bewiesdenBasissatzimJahr1888.
Description:kommutative Algebra und ihre Umsetzung im Softwarepaket Singular. [Eisenbud] Übung (Satz von Pascal über das Hexagrammum Mysticum).