Table Of ContentUniverzita Karlova v Praze 
Filozofická fakulta 
Ústav germánských studií 
Filologie – Germánské jazyky a literatury 
 
 
Eva Markvartová 
 
Alchemistische Züge in den Romanen von Gustav Meyrink 
Alchemistic features in the novels of Gustav Meyrink 
Disertační práce 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Vedoucí práce: Doc. PhDr. Milan Tvrdík 
2010
Prohlašuji, že jsem tuto dizertační práci vykonala samostatně s využitím uvedených pramenů a 
literatury. 
 
 
____________________________ 
             Eva Markvartová 
 
 
 
 
2
Inhalt 
 
Vorwort  5  
 
Einleitung  7 - 26 
 
Initiationsbegriff  10    Esoterik  /  Esoterisch  12    Meyrink  und  esoterische 
Wissenschaften 14  Mögliche Berührungspunkte Meyrinks mit esoterischen Lehren 
16  Meyrink und Alchemie 18  Die Alchemie 21  Der alchemistische Diskurs  25   
 
Erster Teil: Der Golem  27 - 132 
 
I.  Alchemistische Züge im Roman  27 - 101 
 
Der Stein als Anfangs- und Zielsubjekt 27  Opus Magnum / Das Große Werk 30  Der 
Anfang des Werkes 32  Der zeitliche Hintergrund 36  Putrefactio 36  Albedo 42  
Citrinitas  49    Rubedo  50    Vier  Elemente  53    Erde  /  Pernaths  Weg  durch  die 
unterirdischen Räume 54  Feuer 58  Wasser 60  Luft 61  Geometrische Symbole 62  
Metalle 68  Bewegungsarten 74  Das alchemistische Subjekt 79  Geist und Seele 80 
Die  Seele  /  Anima  81    Vier  Stadien  der  Seele  81    Das  Osiris-Mysterium  83  
Charousek – Laponder – Pernath 84  Geist – Hillel – Azoth 87  Nur ein Grundprinzip 
89  Kabbala 92  Die Zahlenmystik 93  Die Namen und die Buchstabenmystik 93  
Athanasius 94  Hillel 95  Mirjam 96  Aaron Wassetrum 97  Die Initialen 98 
 
Zusammenfassung des alchemistischen Teils 99 
 
II.  Tarot-Symbolik im Roman  102 - 132 
 
Der Mond 104  Der Krebs 102  Der sich verändernde Mond 107  Das Rad des Lebens 
109  Der Narr 110  Der Teufel 114  Die Päpstin 118  Die Kaiserin 121  Der Herrscher 
123  Der Papst 124  Die Liebenden 125  Der Wagen 126  Die Gerechtigkeit 127  Der 
Gehängte 128  Der Tod 130  Die Sonne 130 
 
Zusammenfassung: Die Tarot-Analogien in der äußeren Romanstruktur  132 
3
Zweiter Teil: Der weiße Dominikaner  133 - 170 
 
Solve et coagula 134  Die Namen 135  Christus-Lapis-Parallele 139  Der Baum des 
Lebens 141  Christopher als spiritueller Alchemist 143  Analoges Denken 145  Der 
Raum 146  Der spirituelle Grundriss der Stadt 149  Der imaginative Innenraum 152   
Weitere Charaktere 153  Ophelia 154  Reinheit / Conjunctio 157  Vier Stadien des 
Werkes 158  Putrefactio 158  Albedo 160  Das Geheimnis der Form 161  Feuer 162  
Rot 163  Rubedo / Das Große Werk als Erlösungsgeschehen 164  Nessoshemd 165 
 
Zusammenfassung des zweiten Teils  169 
 
Dritter Teil: Der Engel vom westlichen Fenster  171 - 208 
 
Die Erbschaft 171  Der Baphomet 172  Hoël Dahts 174  Zwei Wege der Erkenntnis 
174  Der magische Weg der Schrift 174  Der Weg der Alchymisierung des Leibes und 
der Seele 176  Die Rosenkreuzer 177  Das Wappen 178  Heilige Hochzeit und 
verschiedene Stadien der Anima 180  Die Frauengestalten 181  Lady Ellinor 182  Jane 
182  Die schwarze  Isaïs 183  Königin Elisabeth 186  Vergeistigte Königin 187  
Wassersymbolik 188  Der Spiegel 189  Der Raum 190  Gut und Böse 191  Edward 
Kelley und die Engelsgespräche 191  Das Böse: Barlett Green 193  Die Alchemie des 
Gebetes 194  Rudolf II. und das alchemistische Symbol des Löwen 197  Die rote 
Elfenbeinkugel und die Scheidung 201  Die Lanze / rubedo 202 
   
Zusammenfassung des dritten Teils  206 
 
Resümee  209 
Literaturverzeichnis  216 
Internetquellen  225 
Abbildungsnachweis  226 
Abstract  228 
 
 
 
 
4
Vorwort 
 
Die vorliegende Dissertation entstand während meines Doktorstudiums in Prag und vor 
allem  während  meines  sechsmonatigen  Forschungsaufenthalts  an  der  Universität 
Konstanz im Zeitraum 2006 – 2010. 
 
Besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle all denen aussprechen, die mir bei der 
Durchführung dieser Arbeit behilflich waren. 
 
Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Dozent Milan Tvrdík, dem Leiter des 
Lehrstuhls für Germanistik an der Karlsuniversität in Prag. Zu danken habe ich weiter 
insbesondere Herrn Professor Manfred Weinberg von der Universität Konstanz, der die 
Arbeit  in  der  Endphase  gelesen  und  durch  seine  große  Erfahrung  und  die  daraus 
resultierenden fruchtbaren Diskussionen zusätzliche, wichtige Anregungen gegeben hat. 
 
Auf den zahlreichen Doktorandentreffen im Rahmen des Vladimir Admoni-Programms 
wurde die vorliegende Arbeit von Anfang an mit Rat und Ermunterung begleitet. Mein 
Dank für die vielen wertvollen Ratschläge gilt in diesem Zusammenhang außer den schon 
oben  erwähnten  Dozenten  auch  Frau  Prof.  Ingeborg  Fiala-Fürst,  Herrn  Prof.  Jörg 
Krappmann und Frau Prof. Almut Todorow. 
 
Danken  möchte  ich  in  diesem  Zusammenhang  auch  dem  Deutschen  akademischen 
Austauschdienst für die Gewährleistung eines großzügigen Stipendiums.  
 
Die, im Zusammenhang mit einer nicht von einer Muttersprachlerin geschriebenen Arbeit 
stehende,  sehr  aufwendige  Sprachkorrektur  hat  mein  lieber  Freund  Andreas  Egger 
übernommen. Seine Vorschläge und Fragen führten nicht nur zur sprachlichen, sondern 
auch zu zahlreichen fachlichen Verbesserungen, welche diese Arbeit stark beeinflussten.  
 
Ein riesiger Dank gilt nicht zuletzt insbesondere meinen Nächsten: meinen lieben Eltern 
Eva und Ladislav Markvartovi, Frau Dr. Daniela Hodrová, Lenka Netrestová und Frau 
Renata Trčová, ohne die ich diese Arbeit nie beendet hätte. Ich habe ein Riesenglück, so 
vorbildliche und weise Menschen als meine Lebenslehrer zu haben.  
 
5
Motto: „Die Symbole sagen jedem seine Wahrheit. Zu jedem sprechen sie anders. Keiner erschöpft sie. 
Jeder sucht im Unbekannten zuerst sein Ideal. Es kommt nicht so sehr darauf an, welches Ideal er sucht. 
Das Streben selbst, nicht das Objekt des Strebens bildet die Grundlage der Entwicklung. Kein Suchender 
tritt  mit  voller  Erkenntnis  des  Zieles  seine  Wanderung  an.  Erst  nach  so  mancher  Zirkulation  im 
philosophischen Ei und nach so manchem Gang durchs Farbenspiel dämmert jenes Licht, das die Umrisse 
des Vorbilds aller kleineren Ideale ahnen lässt. Wer Hoffnung haben will, in diesem Prozessus zu einem 
guten Ende zu gelangen, vergesse aber ein gewisses sanftes Feuer nicht, das von Anfang bis zu Ende 
wirken muss: die Liebe.“ Silberer, Herbert (1914): Probleme der Mystik und ihrer Symbolik, S. 257 
 
6
Einleitung 
 
Die alchemistische Symbolik ist uns trotz ihrer offenkundigen Bedeutung in Wirklichkeit 
nur wenig bekannt. Die alchemistischen Texte sind fesselnd, ihre Bilder drängen sich in 
unser Leben und in unsere Träume. Sobald wir jedoch ihren genaueren Sinn erfassen 
wollen, stoßen wir auf große Schwierigkeiten. Meyrinks Romane erscheinen in einem 
immer  neuen  Licht,  wenn  man  sie  mit  den  eigenartigen  Lehren  des  Esoterismus  in 
Verbindung bringt. Meyrinks Werk ist in auffälliger Weise geprägt von Wiederholungen 
zahlreicher alchemistischer Motive und Strukturen, die von den Interpreten meistens 
unterschätzt oder gar nicht wahrgenommen werden. Es ist das Anliegen dieser Arbeit, die 
symbolische Struktur des Großen Werkes, Opus Magnum zu beleuchten und auf diesem 
Wege die Struktur der Romane Meyrinks zu untersuchen. Die Alchemie kann in den 
ausgewählten Werken dieses Autors als Modell der inneren Transformation genauso gut 
funktionieren, wie andere esoterische Lehren (z. B. Kabbala, Yoga, Buddhismus), die in 
den vergangenen Jahren Gegenstand so vieler detaillierter Beschreibungen geworden 
sind. 
Es soll dabei nicht der Anschein erweckt werden, als sei die Alchemie der bisher 
unbeachtet gebliebene Teil im Werk Meyrinks. Nur ist ihm bis jetzt nicht die nötige 
Aufmerksamkeit gewidmet worden. Mit der Alchemie im Roman Der Golem (1915) 
befasst  sich  eingehender  D.  Ž.  Bor  in  seinem  Buch  Bdělost,  toť  vše!  (2002).  Eine 
geschlossene alchemistische Deutung entwickelt er dort jedoch nicht. Keinesfalls möchte 
ich die alchemistischen Elemente in den ausgewählten Werken (Der Golem (1915), Der 
weiße Dominikaner. Aus dem Tagebuch eines Unsichtbaren (1921) und Der Engel vom 
westlichen  Fenster  (1926))  verabsolutieren,  ich  möchte  die  bisherige 
literaturwissenschaftliche  Forschung  aber  um  diesen  außerordentlich  interessanten 
Aspekt ergänzen.  
In  der  Sekundärliteratur  werden  die  Romane  von  Meyrink  meistens  ganz 
konkreten  Teilströmen  der  Mystik  zugeordnet.  So  äußert  sich  zu  diesem  Problem 
beispielsweise Eduard Frank: „Jedes seiner Bücher zeigt gewissermaßen einen anderen 
Flussarm, von dem aus Meyrink in den großen Strom zu gelangen versucht. Aber erst alle 
zusammen lassen die zentrale Wegrichtung erkennen.“1 Auch Mohammad Quasim stellt 
fest:  „Jeder  Roman  vertritt  die  esoterische  Lehre  aus  jeweils  einer  anderen  Schule 
                                                 
1 Frank, Eduard (1957): Gustav Meyrink. Büdingen-Gettenbach: Avalun, S. 76 
7
(Kabbala, Chassidismus, Taoismus oder Alchemie).“2 In dieser Studie möchte ich zeigen, 
dass die Grenzen zwischen den einzelnen Strömungen unscharf sind und dass es möglich 
ist, z. B. Den Golem (1915), auch wenn es auf den ersten Blick seltsam erscheinen mag, 
als einen alchemistischen Roman zu lesen. Da alle Bücher Meyrinks, wie auch alle 
esoterischen  Lehren,  zum  selben  Mittelpunkt  streben  (Selbstfindung,  Wiedergeburt), 
dürfte es interessant sein, gerade auf diesen möglicherweise eher untraditionellen Wegen 
zu diesem Kern zu gelangen.  
Der hier vorgestellte Versuch, die ausgewählten Romane nicht nur eingehend aus 
der Sicht der Alchemie, sondern auch in den Begriffen der Tarotmystik zu erläutern, hat 
seine Berechtigung darin, dass zwischen beiden Bereichen zahlreiche Berührungspunkte 
existieren. Die hauptsächlichen Quellen für die Darstellung des Opus Magnum in dieser 
Arbeit sind die Werke von Johannes Fabricius, Johannes Helmond, Titus Burckhardt, 
Julius Evola und Carl Gustav Jung. Bei meinen Tarotstudien stütze ich mich vor allem 
auf Sallie Nichols, Rachel Pollack, Hans-Dieter Leuenberger und Valentin Tomberg und 
sein vierbändiges Buch Die großen Arcana des Tarot (1998).   
Die  Sprache  Meyrinks  zeichnet  sich  durch  eine  extensive  Bildhaftigkeit  aus. 
Typisch für ihn ist die Darstellung einer Fülle von Details, die ein dichtes Geflecht von 
Assoziationen  und  Anspielungen  in  sich  bergen.  Sie  bieten  einen  großen  Raum  für 
Interpretation  und  Deutung.  Die  schwer  nachvollziehbare  Symbolik,  die  der  Autor 
verwendet,  verfolgt  die  Absicht,  esoterische  Momente  darzustellen.  In  diesem 
Zusammenhang  macht  Herbert  Fritsche  darauf  aufmerksam,  dass  sich  Meyrink  stets 
dagegen wehrte, nur als Dichter gewürdigt zu werden. Meyrink schreibt in einer kurzen 
autobiographischen Skizze, seine Bücher hätten mit den Regeln von Kunstaufbau und 
künstlerischer Wirkung nichts zu tun.  
 
Wortmagischer Praktiker, der er wie kein zweiter war, vermochte er es, mit 
gewissen Stellen seiner Bücher geradezu mantrisch verwandelnde Wirkungen 
auszulösen. […] Der „Golem“ und vor allem wiederum der „Engel“ können den 
hingegebenen  Leser  in  einen  Zustand  versetzen,  der  rein  äußerlich  dem 
„Beziehungswahn“ gleicht, den man bei Paranoikern beobachtet. In vielen Fällen 
wurde  mir  berichtet,  dass  mit  dem  Augenblick  der  Lektüre  dieser  Bücher 
unvermittelt Personen und Situationen ins Leben der Leser traten, die denen der 
Bücher bis in kleinste Einzelheiten hinein analog sind.3  
 
                                                 
2 Quasim, Mohammad (1981): Gustav Meyrink. Eine monographische Untersuchung. Stuttgart: Heinz, 
S. 154 
3 Fritsche, Herbert (1935): August Strindberg. Gustav Meyrink. Kurt Adam. Drei magische Dichter und 
Deuter. Prag-Smíchov: Neubert und Söhne, S. 23–24 
8
Natürlich ist jedes Buch zum Teil auch spontane Aussage des Unbewussten und der 
Leser wird immer mit einem Denken konfrontiert, das sich in einer besonderen Art des 
Gebrauchs der Symbole ausdrückt. Wer jedoch ein wenig mit der Sache vertraut ist, wird 
bald erkennen, dass die Symbole bei Meyrink mit den wesentlichen alchemistischen 
Operationen übereinstimmen, vor  allem ist es  die Grundstruktur einer gleichzeitigen 
physischen  wie  metaphysischen  Wissenschaft,  die  übereinstimmt.  Solche 
Entsprechungen erklärt Julius Evola durch die Tatsache, dass man – sind erst einmal die 
besonderen Auffassungen in Bezug auf die allgemeine und traditionelle Sicht der Welt, 
des Lebens und des Menschen fest in einem verankert – auf ganz natürliche Weise zu 
denselben Folgerungen kommt, mag es auch um so spezielle Probleme wie dasjenige der 
Umwandlung gehen.4  
Man  muss  bei  der  Lektüre  der  Initiationsromane  trotzdem  gewissermaßen 
mitdichten, um sich auf diesem Weg durch eigene Anstrengung hermeneutisch dem 
Textsinn anzunähern. Zugleich wird hiermit im Leser eine Metamorphose ausgelöst. 
Durch diese Initiation schafft sich der Text selbst seinen idealen Leser. „Für das hier zu 
erforschende Phänomen gilt, dass das mystische Erlebnis anderer nicht einfach gegeben 
ist  oder  übernommen  wird.  Der  Phänomenologe  konstruiert,  dekonstruiert  und 
rekonstruiert es – um es möglichst selbst zu erleben und damit eine esoterische Erfahrung 
selbst  machen  zu  können.  Die  Untersuchung  eines  Phänomens  lenkt  den  Blick  des 
Untersuchenden (und hier auch des Lesers dieser Arbeit) auf das erlebte Phänomen.“5  
Mystik ist die Spannung zwischen zwei Polen: dem Absoluten (Sinn, Gott, Ich) 
und der Erfahrung desselben. Die Basis bildet eine gewisse Passivität, eine bestimmte 
Form der Aufnahme. Die Interpretation der Initiationsromane ist also einerseits sehr 
subjektiv, denn je tiefer der Leser in deren Aussagen und Erfahrungen eindringt, desto 
mehr wird er in seine eigene Existenz zurückgestoßen. Zugleich aber „objektiviert eine 
Reflexion über die Imagination das subjektiv Phantasierte.“ (Körbel 2001, S. 75) Die 
Phänomenologie lässt sowohl die nötige objektiv-wissenschaftliche Distanz als auch die 
subjektiv-intuitive Ahnung einer möglichen Innenstruktur des Phänomens zu. Die Gefahr 
besteht darin, dass der Forscher zu sehr mit dem beobachteten Phänomen „eins wird“ und 
somit  den  für  eine  adäquate  wissenschaftliche  Arbeit  nötigen  Abstand  verliert. 
                                                 
4 Näher dazu, siehe: Evola, Julius (2001): Die hermetische Tradition. Von der alchemistischen 
Umwandlung der Metalle und des Menschen in Gold. Entschlüsselung einer verborgenen 
Symbolsprache. München: Ansata, S. 21 
5 Körbel, Thomas (2001): Hermeneutik der Esoterik. Eine Phänomenologie des Kartenspiels Tarot als 
Beitrag zum Verständnis von Parareligiosität. Münster: Lit., S. 63 
 
9
Andererseits muss der distanzierte Beobachterstatus aufgegeben werden, will das Wesen 
eines Phänomens, z. B. die Intention einer religiösen Handlung, erfasst werden.  
 
Initiationsbegriff 
 
Nach Ansicht vieler Alchemisten sollten die aktiven Vorgänge im Reich der Natur und 
der  Seele  durch  einen  Prozess  in  Gang  kommen,  den  sie  Erleuchtung  nennen.  Wie 
Daniela Hodrová in ihrem Buch Román zasvěcení (1993) anführt, ist die Erleuchtung/die 
Initiation das Thema der Einweihungsromane.6 Dieser Begriff beinhaltet zwei wichtige 
Aspekte: den der physischen und den der seelischen Reifung des Helden (dieser wird 
zum Eingeweihten). Das Wort „Initiation“ geht auf das Lateinische initium zurück, das 
mit Anfang oder Ursprung übersetzt werden kann. Sein Stamm it- bildet die Grundlage 
für Wörter wie iter (Weg) und itus (gehen, ausgehen.). „Initiieren“ bedeutet also „auf den 
Weg des Anfangs führen“. Darum wird die Initiation in allen Traditionen mit einem 
Geburts-  oder  Schöpfungsakt  gleichgesetzt,  in  dessen  Verlauf  der  Neophyt7  (von 
griechisch neos = „neu“ und phytein = „einpflanzen“), der das Licht annimmt, zum 
Demiurgen  werden  muss.  Ihm  wird  somit  der  weitere  Weg  seiner  ontologischen 
Entwicklung  gewiesen.  Es  geht  jedoch  auch  um  den  begrenzenden  Charakter  der 
Einweihung,  welcher  im  griechischen  Wort  teleté  zum  Ausdruck  kommt.  Dieses  ist 
verwandt mit dem Wort teleuté, das „Beseeltheit“, „Erfüllung“ und „Tod“ bedeutet. Der 
erste Akt der Einweihung zeigt den Tod der profanen Person und die Geburt eines 
Neophyten. Der Eingeweihte tritt in das neue Leben mittels des Todes, um sich auf den 
Weg hin zur Fülle seines Daseins zu begeben. Es ist jedoch nötig, dass ihm dieser Tod 
und dieses neue Leben wie Wegweiser auf dem Weg, den er gehen soll, erscheinen.  
Jede wahre Initiation wird mittels einer „Kette“ verliehen, deren Anfang, nach 
René Guénon, mit einem „außermenschlichen Element“8 spiritueller Art verbunden ist. 
Aus ihm kommt der Lichtsamen, der mittels einer Kette regelmäßig aus einer Welt, die 
nicht den Bedingungen von Zeit und Kausalität unterworfen ist, an unsere begrenzte Welt 
weitergegeben wird. Das erste Glied dieser Kette reicht bis zum Licht aller Anfänge. Der 
                                                 
6 Hodrová, Daniela (1993): Román zasvěcení. Jinočany: H&H. Näheres dazu im ersten Kapitel 
einschließlich der Einleitung 
7 Wie der Anwärter für die Aufnahme in Mysterienbünde oder Geheimgesellschaften genannt wird 
8 René Guénon (1977): Aperçus sur ľinitiation. Paris: Éditions Traditionnelles, S. 20 [übersetzt von E. 
M.] 
10
Description:Aus dem Tagebuch eines Unsichtbaren (1921) und Der Engel vom westlichen Fenster . René Guénon, mit einem „außermenschlichen Element“. 8.