Table Of ContentAachener
Bausachverständigentage 2017
Bauwerks-, Dach- und Innenabdichtung:
Alles geregelt?
Register für die Jahrgänge
1975 bis 2017
Herausgegeben von Martin Oswald und Matthias Zöller
AIBau – Aachener Institut für Bauschadensforschung
und angewandte Bauphysik gGmbH
Aachener
Bausachverständigentage 2017
Bauwerks-, Dach- und Innenabdichtung:
Alles geregelt?
Christian Anders Wolfgang Krajewski
Bert Bosseler Hans-Jürgen Krause
Thomas Brüggemann Géraldine Liebert
Karsten Ebeling Heinz-J. Moriske
Martin Günter Michael Raupach
Rainer Henseleit Michael K. Resch
Christian Herold Christoph van Treeck
Gerhard Klingelhöfer Jürgen Warkus
Arno Kohls Matthias Zöller
Rechtsfragen für Baupraktiker
Antje Boldt
Register für die Jahrgänge 1975 bis 2017
Herausgeber
Martin Oswald, Matthias Zöller
AIBau – Aachener Institut
für Bauschadensforschung und angewandte Bauphysik gGmbH,
Aachen, Deutschland
ISBN 978-3-658-18369-1 ISBN 978-3-658-18370-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-18370-7
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Vorwort
Die 43. Aachener Bausachverständigentage befassten sich mit Neuerungen in den Normen für
Bauwerksabdichtungen. Es wurde u. a. der Frage nachgegangen, ob nun mit den im Juli 2017
erschienen Normen alle Details bei den Dach- und Innenabdichtungen sowie bei den erd-
berührten Bauteilen praxisgerecht geregelt sind.
Die Tagung behandelte nicht nur die Neuerungen nach den Einspruchssitzungen zu den Ent-
wurfsfassungen aus dem Jahr 2016, sondern auch die weiterhin kontrovers diskutierten Punk-
te. So stellt sich bei Dachabdichtungen die Frage, ob die Flachdachrichtlinie 2016 oder die
neue DIN 18531 gilt, da sich die beiden Regelwerke teilweise widersprechen.
Es wurde außerdem darüber diskutiert, welche Wassereinwirkung auf der Unterseite von
Boden platten in gering durchlässigem Baugrund oberhalb von Grundwasserspiegeln tatsäch-
lich zu erwarten ist, ebenso wie die Frage, ob Dränanlagen nach DIN 4095 noch zeitgemäß
oder sogar riskant sind.
Neben den Abdichtungen wurden auch neue Bauweisen von WU-Betonbauteilen mit außen-
liegenden Frischbetonverbundsystemen und die Schwächen von Abdichtungen mit Schutz-
estrich in Parkhäusern und Tiefgaragen im Vergleich zu Oberflächenschutzsystemen behan-
delt.
Im Rahmen von Pro und Kontra wurde diskutiert, ob Regelwerke, die für die Planung und Aus-
führung verfasst werden, auch für die anschließende Bewertung geeignet sind. Dazu wurden
die Änderungen der neuen WU-Richtlinie sowie in zwei Beiträgen die Bewertung und Instand-
haltung von Betonbauteilen vorgestellt. Regelwerke verstehen sich als Hilfestellung zum Wer-
kerfolg. Bei Einwirkungen ist zu differenzieren, ob sie einmalig auftreten und abklingen oder
wiederkehren. Wenn in Regelwerken vorgesehene Beanspruchungen abgeklungen sind, müs-
sen diesbezüglich nachträglich keine Maßnahmen ergriffen werden. Technische Bewertungen
sollen daher – zunächst unabhängig von evtl. Nacherfüllungsansprüchen – die tatsächlich vor-
handenen Eigenschaften des Bauteils erfassen und sich damit auseinandersetzen, ob das
Werk für die vorgesehene Nutzungsdauer unter Berücksichtigung zukünftig zu erwartender
Einwirkungen gebrauchstauglich ist. Dann kann geprüft werden, ob es darüber hinaus auch
vertragskonform ist.
Der UBA-Schimmelleitfaden bietet Anlass zur Diskussion im Umgang mit Schimmelpilzschä-
den; hierzu wurde der Stand nach den Einsprüchen vorgestellt. Weitere Themen waren mobile
und stationäre Leckortungssysteme an Flachdachabdichtungen sowie die Erläuterung zum
Nutzen von Building Information Modeling (BIM) für Sachverständige.
Der juristische Beitrag befasste sich mit den Haftungsfallen bei der Verwendung von geschütz-
ten Darstellungen und Regelwerken in Gutachten. Ebenso wurde über Neuerungen in Regel-
werken informiert.
Der Tagungsband enthält nicht nur alle Vorträge, sondern auch zahlreiche zusätzliche und ak-
tualisierte Informationen, die in der Fülle nicht im Rahmen der Tagung dargestellt werden konn-
ten. Weiterhin werden die Diskussionsbeiträge abgebildet, welche zusätzlich die aus Zeitgrün-
den während der Podiumsdiskussion nicht behandelten Fragen beantworten. Das vorliegende
Buch dient somit wieder als Nachschlagewerk, das den heutigen Diskussionsstand zu Abdich-
tungen und dem Schutz gegen Feuchtigkeit mit wasserundurchlässigen Bauteilen aus Beton
abbildet.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen der Beiträge.
Dipl.-Ing. Martin Oswald, M.Eng.
Prof. Dipl.-Ing. Matthias Zöller November 2017
Vorwort (2017) V
Inhaltsverzeichnis
Boldt, Quellenverwendung in privaten und gerichtlichen Gutachten ................................ 1
Liebert, Wichtige Neuerungen in bautechnischen Regelwerken – ein Überblick .............. 6
Henseleit, Flachdachabdichtung – Neuerungen DIN 18531 ............................................. 23
Anders, Neuerungen in der Flachdachrichtlinie................................................................. 27
Kohls, Abdichtung von erdberührten Bauteilen – Neuerungen DIN 18533 ....................... 33
Krajewski, Wassereinwirkung auf der Unterseite von Bodenplatten in gering
durchlässigem Baugrund ................................................................................................... 41
Bosseler/Brüggemann, Sind Dränanlagen nach DIN 4095 noch zeitgemäß oder
sogar schadensträchtig? .................................................................................................... 49
Klingelhöfer, Innenraumabdichtungen – Neuerungen DIN 18534 .................................... 58
Herold, DIN 18532 – Abdichtung befahrbarer Verkehrsflächen aus Beton,
Änderungen und Neuregelungen ....................................................................................... 70
Herold, DIN 18535 – Abdichtung von Behältern und Becken,
Änderungen und Neuregelungen ....................................................................................... 90
Krause/Horstmann, WU-Konstruktionen mit außenliegenden
Frischbetonverbundsystemen ............................................................................................ 96
Raupach, Tiefgaragen: Sind Abdichtungen mit Schutzestrich zuverlässiger
als Oberflächenschutzsysteme? ........................................................................................ 106
Das aktuelle Thema:
Sind Regelwerke als Planungsinstrumente zur Beurteilung geeignet?
Diskussion am Beispiel Beton
Zöller, 1. Beitrag: Einleitung ............................................................................................... 111
Ebeling, 2. Beitrag: Neuerungen in der WU-Richtlinie 2017 .............................................. 121
Warkus, 3. Beitrag: Bewertung von Betonbauwerken –
Wann gelten die Regelwerksanforderungen?..................................................................... 130
Günter, 4. Beitrag: Bedeutung von Regelwerken bei der Instandsetzung
von Fassaden aus Beton .................................................................................................... 142
Moriske, UBA-Schimmelleitfaden: Auswertung der Einsprüche aus
dem öffentlichen Diskussionsverfahren.............................................................................. 154
Resch, Leckortung an Flachdachabdichtungen ................................................................ 160
Van Treeck/Fischer/Zander, BIM (Building Information Modeling) –
Nutzen für Sachverständige? ............................................................................................. 166
Inhaltsverzeichnis (2017) VII
1. Podiumsdiskussion am 03.04.2017 ............................................................................. 172
2. Podiumsdiskussion am 03.04.2017 ............................................................................. 179
1. Podiumsdiskussion am 04.04.2017 ............................................................................. 187
2. Podiumsdiskussion am 04.04.2017 ............................................................................. 195
Verzeichnis der Aussteller Aachen 2017 ........................................................................ 201
Register 1975 – 2017
Rahmenthemen der Aachener Bausachverständigentage ................................................. 210
Autoren der Aachener Bausachverständigentage .............................................................. 211
Die Vorträge der Aachener Bausachverständigentage,
geordnet nach Jahrgängen, Referenten und Themen ........................................................ 215
Stichwortverzeichnis .......................................................................................................... 246
VIII Inhaltsverzeichnis (2017)
Quellenverwendung in privaten und gerichtlichen
Gutachten
Prof. Dr. Antje Boldt, Fachanwältin für Vergaberecht und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht,
Frankfurt am Main
Die wesentliche Tätigkeit eines Sachver- ten von einem Sachverständigen verwende-
ständigen besteht darin auf Basis seiner ten Quellen dem Urheberschutz unterfallen.
Begutachtung ein Sachverständigengut- Voraussetzung dafür ist jedoch immer, dass
achten zu erstellen. Er tut dies entweder in ein gewisser Grad individuellen Schaffens,
privatem Kontext für seinen Auftraggeber also eine persönliche geistige Schöpfung
oder als gerichtlich bestellter Sachverstän- vorliegt.
diger. Im Rahmen der Gutachten werden Damit unterliegen in Fachbüchern oder Fach-
häufig Texte, Skizzen, Abbildungen, zeitschriften veröffentlichte Fotos, aufwändi-
DIN-Normen oder Ausdrucke aus dem In- ge Zeichnungen oder sonstige aufwändige
ternet, z. B. von Google-Maps, verwendet. Skizzen in der Regel dem Urheberrechts-
Diesbezüglich ist fraglich, ob hier fremdes schutz gem. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG. Auch For-
Urheberrecht zu beachten ist und welche mulare sind urheberrechtsfähig, wenn es sich
Rahmenbedingungen beachtet werden dabei um persönliche geistige Schöpfungen
müssen. handelt – auf den sachlichen Inhalt kommt es
dabei nicht an.1
Landkarten oder Stadtpläne wurden eben-
1 Was ist urheberrechtsfähig?
falls bereits als schutzwürdig im Sinne des
Die Urheberrechtsfähigkeit eines geschütz- Urheberrechtes angesehen. So hat das LG
ten Werkes richtet sich nach § 2 UrhG. Dieser München beispielsweise entschieden, dass
lautet: Stadtpläne und Landkarten dann dem Urhe-
berrecht unterfallen, wenn durch die Auswahl
„§ 2 UrhG
der Darstellung und die Besonderheit der
(1) Zu den geschützten Werken der Li Methode und Darstellungsmittel ein individu-
teratur, Wissenschaft und Kunst gehören elles Kartenbild entsteht und die Karten da-
insbesondere: durch künstlerische Züge erhalten.2 Gleiches
1. Sprachwerke wie Schriftwerke, …; gilt somit für Ausdrucke von Abbildungen aus
… dem Internet, wie beispielsweise Google-
4. Werke der bildenden Künste ein Maps. Nach § 72 UrhG sind auch Erzeugnis-
schließlich der Werke der Baukunst und se, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt wer-
der angewandten Kunst und Entwürfe den, in entsprechender Anwendung der Vor-
solcher Werke; schriften, die für Lichtbilder gelten, geschützt.
5. Lichtbildwerke einschließlich der Wer Es besteht daher grundsätzlich die Möglich-
ke, die ähnlich wie Lichtbildwerke ge keit, dass Urheberrechte bei Verwendung
schaffen werden; von Google-Maps-Ausdrucken verletzt wer-
… den.
7. Darstellungen wissenschaftlicher und Abzugrenzen hiervon sind amtliche Werke,
technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, die nach § 5 UrhG keinen urheberrecht-
Karten, Skizzen, Tabellen und plastische lichen Schutz genießen. Gesetze, Verord-
Darstellungen; nungen und amtliche Erlasse oder Bekannt-
… .
(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes
sind nur persönliche geistige Schöpfun
1 OLG Hamm, Urteil vom 25.04.1991, Az.:
gen.“
4 U 201/90
Wie aus der vorstehenden Aufzählung er-
2 LG München I, Urteil vom 19.06.2008, Az.:
kennbar wird, können die unterschiedlichs- 7 O 14276/07
Boldt / Quellenverwendung in privaten und gerichtlichen Gutachten (2017) 1
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017
M. Oswald und M. Zöller (Hrsg.), Aachener Bausachverständigentage 2017
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18370-7_1
machungen unterfallen daher nicht dem Verbreitung, öffentliche Ausstellung und
Urheberschutz, können folglich jederzeit öffentliche Wiedergabe der Werke zuläs
unproblematisch zitiert oder kopiert wer- sig.“
den.
Problematisch ist hier jedoch die Einord- § 45 UrhG verfolgt den Zweck, dass Gerichte
nung von DIN-Normen oder DIN-EN-Nor- und Behörden zur Gewährleistung einer
men. Diese werden von privaten Gremien möglichst zügigen und auch kostengünsti-
erstellt, sodass es sich nicht um Gesetze gen Rechtspflege Dokumente vervielfältigen
handelt. Die Frage, ob diese DIN-Normen dürfen, hierfür folglich keine Erlaubnis benöti-
daher urheberrechtlichen Schutz genießen gen. Auch fällt hierfür keine Vergütung an.
können, weil sie eventuell nicht unter den Fraglich ist, ob der gerichtlich bestellte Sach-
Ausnahmetatbestand des § 5 UrhG fallen, verständige sich ebenfalls auf diese Norm
war lange Zeit umstritten. Das Landgericht berufen könnte.
Hamburg hat mit seinem Urteil vom Der gerichtliche Sachverständige ist in § 45
31.03.2015 sehr ausführlich begründet, Abs. 1 UrhG zwar nicht ausdrücklich ge-
dass es sich bei DIN-Normen um ein nannt, aber aus der dort verwendeten For-
Sprachwerk handelt, welches nach § 2 Abs. mulierung „zur Verwendung in Verfahren vor
2 Nr. 1 UrhG tatsächlich ein urheberrecht- einem Gericht“ wird der Schluss gezogen,
lich schutzfähiges Werk darstellt.3 Hinsicht- dass auch der gerichtliche Sachverständige
lich der Verwendung von anderen techni- zu den privilegierten Personen im Sinne die-
schen Regelwerken, wie beispielsweise ser Vorschrift zählt.4 Im Rahmen eines Ge-
VDE-Normen gilt somit das Gleiche. richtsverfahrens, aber auch bei Beauftragung
Urheberrechtlich geschützte Werke dürfen durch eine Verwaltungsbehörde oder die Po-
daher durch den Privatsachverständigen nur lizei oder Staatsanwaltschaft dürfen folglich
dann verwendet werden, wenn er hierfür die urheberrechtlich geschützte Werke in dem
ausdrückliche Berechtigung des Urheber- Sachverständigengutachten vervielfältigt und
rechtsinhabers eingeholt hat. Es liegt auf der verbreitet werden. Hierzu zählen auch sämtli-
Hand, dass dies im Einzelfall schwierig bzw. che Fotos, die jeweils zu den Akten gereicht
nicht handhabbar ist. worden sind. Sofern sich in den Akten andere
Wie nachfolgend noch dargestellt wird, ist Privatgutachten befinden, können auch diese
daher bei dem Umgang mit DIN-Normen in Fotos verwendet und in Bezug genommen
einem Sachverständigengutachten für den werden.
Sachverständigen Vorsicht geboten. Allerdings ist hierbei von der Rechtsprechung
immer wieder darauf hingewiesen worden,
dass es sich bei § 45 UrhG um eine Ausnah-
2 Schutz des gerichtlich bestellten
mevorschrift handelt, die somit eng auszule-
Sachverständigen
gen ist. Es gilt insoweit das Gebot des scho-
Eine Einschränkung des Urheberrechtes lie- nendsten Eingriffes, was bedeutet, dass ur-
fert jedoch § 45 UrhG. Dort heißt es: heberrechtlich geschützte Werke nur in dem
„§ 45 UrhG Rechtspflege und öffentliche Umfang verwendet werden dürfen, wie dies
Sicherheit für das Verfahren zwingend notwendig er-
(1) Zulässig ist, einzelne Vervielfälti scheint. Auch bleibt die Verwendung auf das
gungs stücke von Werken zur Verwen Verfahren alleine beschränkt. Es wäre daher
dung in Verfahren vor einem Gericht, ei nicht ohne weiteres zulässig ein besonders
nem Schiedsgericht oder einer Behörde gelungenes Gutachten aus einem Gerichts-
herzustellen oder herstellen zu lassen. verfahren im Anschluss daran beispielsweise
(2) Gerichte und Behörden dürfen für zu veröffentlichen, sofern das Gutachten tat-
Zwecke der Rechtspflege und der öffent sächlich urheberrechtlich geschützte Be-
lichen Sicherheit Bildnisse vervielfältigen standteile enthält.
oder vervielfältigen lassen.
(3) Unter den gleichen Voraussetzun
gen wie die Vervielfältigung ist auch die
3 LG Hamburg, Urteil vom 31.03.2015, Az.: 308 O
4 Luft, in Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar
206/13
zum Urheberrecht, 4. Auflage 2014, § 45 Rn. 4
2 Boldt / Quellenverwendung in privaten und gerichtlichen Gutachten (2017)
3 Der privat beauftragte c. Gestattung über die sogenannte
Sachverständige Zweckerreichungsregel?
Wird der Sachverständige im Rahmen einer
Wesentlich problematischer stellt sich die Si- außergerichtlichen Auseinandersetzung
tuation für den Privatsachverständigen dar, zwischen zwei Parteien für eine Seite tätig
der von einer Partei mit der Erstellung eines und überlässt ihm sein Auftraggeber bei-
Sachverständigengutachtens beauftragt spielsweise einen Anwaltsschriftsatz der
wird. Hier gilt es für den Privatsachverständi- Gegenseite oder auch ein Gutachten, wel-
gen, die rechtlichen Rahmenbedingungen ches die Gegenseite hat erstellen lassen, so
genau zu kennen: kann der Sachverständige die dortigen Er-
läuterungen und Ergebnisse in seinem Gut-
a. Keine Legitimation durch § 53 UrhG achten ebenfalls verwerten. Zunächst ist
§ 53 UrhG erlaubt die Vervielfältigung natürlich fraglich, ob der überlassene An-
zum privaten oder sonstigen eigenen Ge- waltsschriftsatz oder das überlassene Pri-
brauch. Da der Privatsachverständige jedoch vatgutachten der Gegenseite überhaupt ur-
gewerblich tätig wird und folglich etwaige ur- heberrechtsfähigen Inhalt besitzen. Sollte
heberrechtlich geschützte Werke Dritter nicht dies jedoch bejaht werden, so ist jedenfalls
für seinen eigenen privaten Gebrauch ver- die Auseinandersetzung mit den gegnerisch
wendet, kann er sich nicht auf § 53 UrhG be- überlassenen Unterlagen durch eine unter-
rufen. stellte Einwilligung der Gegenseite gedeckt.
Der Zweck, den die Gegenseite mit Überga-
b. Kein Schutz durch das Zitatrecht in be eines Privatgutachtens oder Anwalts-
§ 51 UrhG schriftsatzes erreichen möchte, rechtfertigt
§ 51 UrhG erlaubt unter bestimmten Voraus- es, dass sich der Auftraggeber mit diesen
setzungen das Zitat von urheberrechtlich ge- Inhalten im Detail auseinandersetzt und
schützten Werken. Dort heißt es: hierfür ggf. einen Dritten, nämlich den
„§ 51 UrhG Sachverständigen mit der Erstellung eines
Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbrei eigenen Privatgutachtens beauftragt. Über
tung und öffentliche Wiedergabe zum diese Zweckerreichungsregel liegt daher
Zwecke des Zitats, sofern die Nutzung in keine Verletzung eines vermeintlichen Urhe-
ihrem Umfang durch den besonderen berrechtes vor.
Zweck gerechtfertigt ist. Zulässig ist dies
insbesondere, wenn d. Umgang mit DIN-Normen oder an-
1. einzelne Werke nach der Veröffentli deren privatrechtlichen Unterlagen
chung in ein selbständiges wissen Wie bereits vorstehend erläutert wurde, dür-
schaftliches Werk aufgenommen fen DIN-Normen nicht vervielfältigt, also nicht
werden, im Rahmen des Gutachtens – auch nur in
2. Stellen eines Werkes nach der Veröf Ausschnitten – eingescannt und einkopiert
fentlichung in einem selbständigen werden. Auch das Abschreiben von Teilen
Sprachwerk angeführt werden, …“ von DIN-Normen ist somit nicht zulässig. Will
Wie sich bereits aus dem Gesetzestext er- man gleichwohl eine DIN-Norm in dem Gut-
gibt, muss das eigene zu erschaffende Werk achten zitieren und auf diese Bezug nehmen,
eine derartige Gestaltungstiefe aufweisen, so muss ein eigenes Exemplar in der Origi-
dass es als selbständiges wissenschaftliches nalfassung dem Gutachten beigefügt wer-
Werk oder als selbständiges Sprachwerk an- den. Nur dann ist durch den Erwerb dieses
gesehen wird, seinerseits also urheberrechts- Exemplars die Verwertung in dem Gutachten
fähig ist. Dies dürfte bei einem Privatgutach- von der Einwilligung des Rechteinhabers er-
ten nur in Ausnahmefällen gegeben sein.5 fasst.
Nur dann, wenn ein Sachverständigengut- Wird kein Originalexemplar beigefügt, bleibt
achten eine extreme „Gestaltungshöhe“ auf- dem Sachverständigen nichts anderes übrig,
weist, könnte daher über das Zitatrecht eine als ausschließlich den exakten Fundort im
Verletzung des Urheberrechtes gerechtfertigt Rahmen einer DIN-Norm zu zitieren und die
sein. Parteien darauf zu verweisen, dass diese
die einschlägigen technischen Regelungen
durch Beschaffung einer eigenen Kopie der
DIN-Norm überprüfen können. Wenn der Auf-
5 Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 51 Rn. 8
Boldt / Quellenverwendung in privaten und gerichtlichen Gutachten (2017) 3