Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr. 1691
Herausgegeben
im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers
vom Landesamt für Forschung, Düsseldorf
DK 542.952.1
615.781.22
547.313.2 547.463
Prof. Dr. Karl Dietrich Gundermann
Dr. Man/red Drawert
Dr. Walter Horstmann
Dr. Helmut Schulze
Dlpl.-Chem. Pranz-Josef Sprenger
Organisch-Chemisches Institut der Universität Münster und
Organisch-Chemisches Institut der Bergakademie Clausthal - Technzsche Hochschule
A. Die Isomerisierung von
Äthylenimin-carbonsäure-(2)-nitrilen
B. Konstitution und Chemilumineszenz
bei Phthalhydraziden
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
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IISSBBNN 997788--33--666633--0066000033--11 IISSBBNN 997788--33--666633--0066991166--44 ((eeBBooookk))
DDOOIl 1I 00 ..11000077//997788--33 --666633 --0066991166--44
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UUrrsspprriüinngglliicchh eerrsscchhiieenneenn bbeeii WWeessttddeeuuttsscchheerr VVeettllaagg,, KKiöillnn uunndd OOppllaaddeenn 11996666
Inhalt
A. Die Isomerisierung von Äthylenimin-carbonsäure-(2)-nitrilen . . . . . . . . . . 7
Einführung .................................................... 7
1. Darstellung reiner, umlagerungsfähiger
Äthylenimin-carbonsäure-(2)-nitrile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
II. Zur Synthese von Enaminen des Typs H2C=C-CN . . . . . . . . . . . . . . 12
I
NHR
1. Kinetik der Chlorwasserstoff-Abspaltung
aus oc-Benzyl-amino-ß-chlor-propionitril ..................... 13
2. »oc-Benzylamino-acrylnitril« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
III. Synthese von Äthylenimin-carbonsäure-(2)-nitrilen
/R
des Typs H2C--C" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
"N/ CN
I
CH2C6H5
Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 21
B. Konstitution und Chemilumineszenz bei Phthalhydraziden ........... 23
Einführung .................................................... 23
1. 1. Dialkylamino-Derivate des Phthalsäure-hydrazids ............. 26
2. Alkylderivate des 4-Amino-phthalsäure-hydrazids ............. 28
3. Einflüsse des Reaktionsmilieus auf die Chemilumineszenz
von 4-Dialkylamino-phthalhydraziden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
a) Einfluß der Alkali-Konzentration.... . . . ....... . . ......... 33
b) Andere Milieueinflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 34
II. Mehrfach substituierte Phthalsäure-hydrazide ................... 37
III. Triazin-Derivate des Luminols ............................... 40
Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 43
Literaturverzeichnis ............................................ 45
5
A. Die Isomerisierung von Äthylenimin
carbonsä ure-(2)-ni trilen
Einführung
Im Forschungsbericht »Untersuchungen an Iso- und Heterocyclen niedriger
Ringgröße« [1] war über die Darstellung von N-Alkyl-äthylenimin-carbonsäure
(2)-nitrilen vom Typ
R z. B. n-C4H9, Neopentyl
berichtet und die Probleme angedeutet worden, die sich bei der Umsetzung von
IX,ß-Dibrom-propionitril mit Benzylamin ergeben hatten: hier war nämlich nicht
nur - in analoger Weise wie mit Dibrompropionitril und aliphatischen primären
Aminen - das Äthylenimin-Derivat I entstanden, sondern auch das isomere
Benzyliden-alaninnitril II, das sich vor allem durch die Bildung von Benzaldehyd
und Alanin bei der Hydrolyse zu erkennen gab.
H2C--CH-CN H3C-CH-CN
"'N/
1
N
i
CH2C6H5 11
CH-C6H5
I II
Es war sehr wahrscheinlich, daß II aus I durch eine Isomerisierungsreaktion ent
stand. Jedoch konnte beim damaligen Stand der Untersuchungen kein direkter
Beweis dafür erbracht werden, weil die Reindarstellung von I nicht gelungen war.
Als mögliche Isomerisierungswege von I in II kamen grundsätzlich zwei Reak
tionstypen in Betracht:
A) Eine Äthylenimin-Imin-Umlagerung mit anschließender Tautomerisierung
des Imins:
-r H
H2C"'-''-' -C-CN H3C-C-CN H3C-CH-CN
11 1
"'N// N N
C1 H2C6H5 ~ C1 H2C6H5 +~- C11 H-C6H5
7
Diese Umlagerung wäre ein Analogon zur sehr eingehend untersuchten Isomeri
sierung von Epoxyden zu Carbonylverbindungen; als Beispiel für letztere sei die
Umlagerung von Äthylenoxyd zu Acetaldehyd angeführt:
H2~ c:/H
HaC-CH
"'~o// ~H
o11
(vgl. z. B. [2]).
Diese Umlagerung verläuft ähnlich wie eine Pinakolin-Umlagerung und erfolgt
bei höheren Temperaturen, vor allem aber unter Katalyse von LEwIs-Säuren,
wie BFa, ZnCl2 u. a.
B) Eine Umlagerung über ein Äthylenimonium-Ion, welches unter Ringauf
spaltung unter Deprotonierung zunächst ein Enamin - in diesem Falle also
ein IX-Alkylamino-acrylnitril - liefern sollte:
H2C--CH-CN H2C=C-CN
"'N/ I
-H(+)
---+ NH
I
I
CH2C6H5
CH2C6H5
Der Reaktionstyp der Äthylenimin-Enamin- oder -Imin-Umlagerung war jeden
falls bis dahin nicht bekannt.
Die weiteren Untersuchungen, über die hier berichtet wird, lassen den Weg B)
als den wahrscheinlicheren hervortreten. Die Untersuchungen gliederten sich in
folgende Abschnitte:
I. Darstellung eines reinen, in möglichst hohem Maße umlagerung{fähigen
Äthylenimin-carbonsäure-(2)-nitrils und Untersuchungen darüber, unter
welchen Bedingungen die Umlagerung erfolgte.
11. Herstellung von Enaminen des Typs H2C=C-CN und Unter-
I
NH-CH2C6H5
suchung ihrer Tautomerisierung.
IH. Synthese von Äthylenimin-carbonsäure-(2)-nitrilen des Typs
/CHa
H C---C",
2
'" / CN
"'N/
I
CH C H
2 6 5
im Hinblick auf eventuelle Umlagerung. Bei Äthylenimin-Derivaten dieses Typs
war nämlich eine Umlagerung praktisch nur im Sinne des Weges A) denkbar.
8
1. Darstellung reiner, umlagerungsfähiger Äthylenimin-carbonsäure-(2)
nitrile
Da wie erwähnt alle Versuche, aus dem durch Umsetzung von IX,ß-Dibrom
propionitril mit Benzylamin erhaltenen Isomerengemisch das reine Athylenimino
nitril I zu isolieren, auch in weiteren Versuchen - z. B. mittels chromatographi
scher Trennung des Reaktionsgemisches - nicht zum Ziele führten, wurde nach
anderen geeigneteren Verbindungen gesucht, die möglichst große Kristalli
sationstendenz mit der Fähigkeit zur Isomerisierung bis zur Benzylidenamino
stufe vom Typ II vereinigten. Als eine derartige Verbindung erwies sich das N
Benzhydryl-äthylenimin-carbonsäure-(2)-nitril III,
H2C----CH-CN H3C-CH-CN
~ /
1
~N/ N
CH(C6H5)2 11
C (C6H5)2
III IV
das in guter Ausbeute (bis zu 70% d. Th.) bei der Umsetzung von IX,ß-Dibrom
propionitril mit Benzhydrylamin kristallin erhalten wurde. Diese Verbindung
lieferte bei der sauren Hydrolyse in Dioxan-Wasser nur Spuren Alanin, so daß
somit das II entsprechende N-Diphenyl-methylen-alanin-nitril IV praktisch nicht
entstanden war.
Nach dreistündigem Erhitzen von III auf 100°C wurde III fast quantitativ (neben
geringen Mengen von Zersetzungsprodukten) zurück gewonnen und IR-spektro
skopisch identifiziert.
Erhitzte man jedoch III 3 Stunden auf 100°C in Gegenwart molarer Mengen
Triäthylammoniumbromid (Triäthylammoniumchlorid war weniger, Chinolin
hydrobromid gar nicht wirksam), so lieferte die anschließende Hydrolyse bis zu
70% d. Th. Alanin. Damit war erwiesen, daß die Umlagerung von III in IV nicht
auf rein thermischem Wege - jedenfalls nicht unter den relativ milden Bedingun
gen des Erhitzens auf 100°C - bewirkt wurde, sondern daß dazu die Katalyse
durch das Triäthylammoniumbromid erforderlich war. Dieses Salz ist bei der
Herstellung des N-Benzyl-äthylenimin-carbonsäure-nitrils I im Reaktionsgemisch
anwesend, denn I wird ja hergestellt durch Umsetzung von IX,ß-Dibrompropio
nitril mit Benzylamin in Gegenwart von Triäthylamin.
Daß Triäthylammoniumbromid bei der Bildung des N-Benzyliden-alanin
nitrils II eine Rolle spielt, war bereits in der ersten Kurzmitteilung [3] über die
Umsetzung von IX,ß-Dibrom-propionitril mit Benzylamin in Gegenwart von
Triäthylamin festgestellt worden. Da seinerzeit aber noch keine näheren Kennt
nisse über den Mechanismus der Athylenimin-Umlagerung vorhanden waren,
hatte man das Triäthylammoniumbromid als Katalysator für die Tautomerisierung
des zunächst gebildeten IX-Benzylimino-propionitril zu II angesehen.
Diese Tatsachen legen den Gedanken nahe, daß die Isomerisierung der Athyl
enimin-nitrile vom Typ I bzw. III eine protonen-katalysierte Umlagerung ist und
9
zunächst zu einem »Enamin« - in diesem Falle einem a-Alkylamino-acrylnitril
vom Typ VIII - führt nach dem oben angegebenen Reaktionsschema B; die
Protonierung des Äthylenimin-Derivates erfolgt nach:
H2C-CH-CN
(+) ~/
+ (C2Hs)3NH Br(-) ~ (+ )NH Br( -) + (C2Hs)3N
1
R
Ia
also über ein Säure-Basen-Austausch-Gleichgewicht. Das Äthylenimonium-Ion Ia
kann dann offenbar mit dem im Reaktionsgemisch anwesenden Triäthylamin unter
Deprotonierung am C-Atom 2 des Äthylenimin-Ringes reagieren, wobei sich
direkt das »Enamin« VIII bildet:
H INR3
.. +---
H2C-C-CN (+) H2C=C-CN
~/ -HNR,-+ ---+ 1
(+)NH NH
1 1
CH2C6Hs CH2C6H5
Ia VIII
SOUTHWICK und Mitarbb. [4] hatten nämlich an Hand des sterischen Ablaufes
der Halogenwasserstoff-Abspaltung aus cx-Halogen-ß-dialkylamino-ketonen vom
H
1
Typ R2C-C-CR~, die über Äthylenimoniumionen verläuft, den Beweis
1 1 11
NR2 HalO
erbringen können, daß Äthylenimoniumionen direkt deprotoniert werden:
H (-)
1 H C .r--C-CR"
R C-C-CR" 2 2
2 2 ~'"
~/ 11 V / 011
(+)NR~ 0 (+)NR~
Hal(-)
I
..j..
R " +
2C=C-CR2 H HaI
1 11
NR' 0
2
daß also nicht der Äthyleniminring zuerst durch Halogenwasserstoff aufgespalten
und danach aus der zunächst gebildeten Halogenamino-Verbindung wieder
Halogenwasserstoff zur C-C-Doppelbindung abgespalten wird. Die Verhältnisse
liegen nun bei Ia sehr ähnlich.
10
Es ist noch nicht klar, warum im Falle des N-Benzyl-Derivates I schon die An
wesenheit des Triäthylammoniumbromids im Reaktionsgemisch bei der Herstel
lung von I zu einer weitgehenden Isomerisierung genügt - hingegen nicht beim
N-Benzhydryl-Derivat, das wie erwähnt in der Schmelze mit Triäthylammonium
bromid erhitzt werden muß.
Sehr leicht lagert sich offenbar auch das III nahe verwandte p-Methoxy-benz
hydryl-äthylenimin-nitril VI um: bei der Umsetzung von <x,ß-Dibrom-propio
nitril mit p-Methoxy-benzhydrylamin erhält man nämlich nur geringe Mengen
von VI, dagegen als Hauptprodukt eine kristalline Verbindung, die bei der Hydro
lyse bis zu 80% d. Th. an Alanin liefert und die daher aller Wahrscheinlichkeit
nach schon die isomere Verbindung VII ist
VI VII
Nach Abschluß dieser Versuche wurde kürzlich von HEINE und Mitarbb. [5]
eine Untersuchung veröffentlicht, in welcher die Isomerisierung einer anderen
Art von Äthylenimin-Derivaten beschrieben wurde, nämlich die von Dibenzoyl
äthyleniminen zu den isomeren Enamin-Derivaten
o o o o
.. ..
.. ..
C6H5-C-C'"H ---CH-C-C6H5 C6H5-C-CH=C-C-C6H5
"N// -t N1 HR
R
Diese Reaktion ist ebenfalls protonen katalysiert - wobei Eisessig als Protonen
donator dient. Es gelang nicht, das N-Benzhydrylderivat III mit Eisessig umzu
lagern.
Wie weitere Versuche zeigten, lassen sich auch N-Alkyläthylenimin-carbonsäure
(2)-nitrile mit Triäthylammoniumbromid isomerisieren, so z. B. das N-tert.
Butyl-Derivat:
H2C' " CH-CN H2C=C-CN
"N// H(+N) (C,H.), Er( -) N1 H VIIIa
qCH3)3 q1 CH3)3
H C-C-CN
3
VlIIb
11
N-qCH3)3
Hier geht die anschließende Tautomerisierung des Enamino-Derivates VIlla
naturgemäß nur bis zum Imino-Derivat VIIIb; vgl. auch den nächsten Abschnitt.
11
H. Zur Synthese von Enaminen des Typs H2C=C-CN
I
NHR
Die Schwierigkeit bei der Untersuchung der Isomerisierung von Verbindungen
des Typs I liegt darin, daß sich an die eigentliche Äthylenimin-Enamin-Umlage
rung gleich noch eine Reihe von Tautomerie-Gleichgewichten anschließt, nämlich
H2C=C-CN HsC-C-CN HsC-CH-CN
I I
NH N N
"
I I
11
CH2C6H5 CH2C6H5 CH-C6H5
VIII IX II
Somit ist von vornherein zu erwarten, daß die Reindarstellung der einzelnen
Tautomeren auf große Schwierigkeiten stoßen wird, da insbesondere alle bei
höheren Temperaturen vorgenommenen Operationen, wie Destillation oder Um
kristallisation zu Gleichgewichtsverschiebungen führen werden.
Für die direkte Synthese von Enaminen des Typs VIII erschien grundsätzlich ein
Verfahren brauchbar, welches LANGE, KRANZ und NICODEMUS [6] sowie in
neuerer Zeit TEMIN [7] zur Darstellung von oc-Dialkylamino-acrylnitrilen
H2C=C-CN benutzt haben, nämlich eine modifizierte STRECKERsche Synthese
NR
2
~O
H2C-C"" NaCN H2C-CH-CN -HX
H HNR.~ I I --~
1
X X NR2
X = Cl,Br.
Die oben erwähnten Autoren führten diese Synthese als »Eintopf«-Verfahren
durch, d. h. sie wandten das jeweilige sek. Amin in einem solchen Überschuß an,
daß es gleichzeitig auch als die Halogenwasserstoff abspaltende Base fungierte.
Der wesentliche Unterschied zwischen den Dialkylamino-acrylnitrilen und den
Monoalkylamino-acrylnitrilen vom Typ VIII besteht, wie nochmals betont
werden muß, eben darin, daß die Dialkylamino-acrylnitrile nicht zur Tautomerie
nach der oben geschilderten Art befähigt sind, weil ja am Stickstoff der subst.
Aminogruppe kein Wasserstoffatom vorhanden ist.
Im Hinblick darauf, daß das Isomerengemisch I und II aus oc,ß-Dibrom-propio
nitril und Benzylamin dargestellt worden war, wurde zunächst versucht,
(X.
Benzylamino-acrylnitril VIII aus oc-Bromacetaldehyd, Benzylamin-hydrochlorid
und Natriumcyanid und anschließende Bromwasserstoffabspaltung darzustellen.
Jedoch ließ sich dieser Weg nicht verwirklichen, weil sich bereits kein definierter
Brom-acetaldehyd durch Hydrolyse des entsprechenden Diäthylacetals (vgl.
12