Table Of ContentInformatik-Fachberichte 294
Herausgeber: W. Brauer
im Auftrag der Gesellschaft fOr Informatik (GI)
Reinhard MOiler (Hrsg.)
2. Workshop
Sichtsysteme -
Visualisierung in der Simulationstechnik
Bremen, 18. / 19. November 1991
Proceedings
Springer-Verlag
Berlin Heidelberg New York London Paris
Tokyo Hong Kong Barcelona Budapest
Herausgeber
Reinhard MOiler
Fachbereich Elektrotechnik
Bergische UniversiUit, Gesamthochschule Wuppertal
Fuhlrottstr. 10, W-5600 Wuppertal
Tagungsveranstalter
Gesellschaft fOr Informatik
FG 4.1.4: Animation und Graphische Simulation
~ Krupp Atlas Elektronik GmbH, Bremen
Bergische UniversiUit Gesamthochschule Wuppertal
Lehrstuhl I fOr Automatisierungstechnik (Prof. Dr. Ing. J. Heidepriem)
Fachgruppe Graphische Datenverarbeitung
Tagungsleitung
Hermann A. Hattermann
Krupp Atlas Elektronik GmbH, Bremen
CR Subject Classification (1991): B.2.1, C.1.1-C.1.3, C.3, 1.3.1-1.3.4,
1.3.7, J.7
ISBN-13:978-3-540-54902-4 e-ISBN-13:978-3-642-77147-7
001: 10.1007/978-3-642-77147-7
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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1991
Satz: Reproduktionsfertige Vorlage vom Autor
33/3140-543210 -Gedruckt auf s4urefreiem Papier
Vorwort
Der "2. Workshop Sichtsysteme - Visualisierung in der Simulationstechnik" findet am 18.
und 19. November 1991 in Bremen statt. Er gehort zu einer Reihe von Veranstaltungen der
Fachgruppe 4.1.4, Graphische Simulation und Animation, im FachausschuB 4.1, Graphische
Datenverarbeitung, der Gesellschaft flir Informatik. Das Interesse dieser Fachgruppe gilt den
Systemen und Verfahren der Bewegtbild-Erzeugung in allen Bereichen der graphischen
Priisentation und Interaktion und damit besonders auch den Realzeit-Sichtsystemen und
Simulatoren in der Luftfahrt-, Raumfahrt-und Verkehrstechnik.
Eine gleichnamige Veranstaltung wurde bereits im November 1989 an der Universitat in
Wuppertal mit Erfolg durchgeflihrt, und es entstand bei den Teilnehmern der Wunsch, diese
Tagung regelmaBig zu wiederholen. Das Ziel des Workshops ist es, Wissenschaftlern sowie
Anwendem und Entwicklem von Sichtsystemen ein gemeinsames Forum zu bieten.
Hierdurch ist es moglich, den Anwendem sowohl die Problematiken als auch die
Leistungsgrenzen heutiger Sichtsysteme zu verdeutlichen, den Wissenschaftlem und
Entwicklem die Wtinsche aus Anwendersicht mitzuteilen und gemeinsam die technischen
Moglichkeiten der niiheren Zukunft zu erortem.
Die Vortragsinhalte veranschaulichen technische und konzeptionelle Probleme sowie
LOsungsansatze flir Visualisierungsaufgaben in der Simulationstechnik. Sie stellen
insbesondere den Stand der Technik heutiger Realzeit-Sichtsysteme flir den Einsatz in der
Flug-und Fahrsimulation dar und zeigen Entwicklungstrends auf.
Das Programmkomitee (H. Hattermann, Krupp Atlas Elektronik Bremen, E. Klement, FhG
AGD Darmstadt, R. Moller, BUGH Wuppertal) wahlte die Beitrage nach den folgenden
Themenschwerpunkten aus:
Anforderungen an modeme Sichtsysteme,
Technik heutiger und zukiinftiger Sichtsysteme,
Datenbasiserzeugung! Modellierung.
Aus dem vielfaItigen Gebiet der Anforderungen an moderne Sichtsysteme werden die
Beispiele "Standardisierung von Datenbasen" und "Realitatsbezogene Visualisierung"
behandelt. In einem Ubersichtsvortrag wird eine Abgrenzung zwischen realitatsbezogener
Simulation und Animation prasentiert.
VI
Zur Technik heutiger und zukunjtiger Sichtsysteme werden in vier Beitriigen versehiedenene
System-Architekturen vorgestellt. Hier werden sowohl grob granulare Multiprozessorkon
zepte erfutert wie aueh die Mtlgliehkeiten fein granularer massiv-parallel-Konzepte.
Die kontinuierliehe Entwieklung immer leistungsflihigerer Siehtsysteme fUr Forsehungs- und
Trainingssimulatoren und aueh die damit verbundene Erweiterung der Aufgabengebiete fUr
Siehtsimulation (frtiher: Flugsimulation - heute: Flug-, Fahr-, Feuerwehr-, Chirurgie- und
andere Simulation) erfordern aueh stlindig verbesserte Datenbasen. Oem Thema Datenbasis
erzeugung/ Modellierung sind deshalb drei Beitrage gewidmet.
An dieser Stelle wird allen gedankt, ohne deren Mithilfe eine solehe Veranstaltung nieht
mtlglieh ware. Besonderer Dank gilt der Firma Krupp Atlas Elektronik GmbH in Bremen und
ihren beteiligten Mitatbeiterinnen und Mitarbeitern fUr die Durehfiihrung und Organisation
der Tagung vor Ort.
Wuppertal, im September 1991 Dr.-Ing. Reinhard Mtlller
Inhaltsverzeichnis
1. Anforderungen an modeme Sichtsysteme
Simulation und Animation: Konvergenz oder Divergenz?
P.Lorenz ....................................................................................................................... 1
Untersuchung des Beitrages zur Tiefenwahrnehmung bei digitalen AuBensichtsystemen
D. Pfeffer, A. Christidis, E. Kliirner ............................................................................... 17
Fahrsimulation -Anforderungen an das Sichtsystem bei Daimler Benz
V. Schill, H. Schmieder, E. Skurski ................................................................................ .33
Standardisierung von Datenbasen fUr Sensorsyteme in Ausbildungssimulatoren
der Bundeswehr und das US-Projekt 2851
D. Steinkamp, H. Holthusen .......................................................................................... .34
2. Technik heutiger und zukiinftiger Sichtsysteme
Einsatzmoglichkeit massiv-paralleler Rechner in der Sichtsimulation
R. Moller ...................................................................................................................... .46
Sichtsimulation bei Volkswagen
M. Goldapp .................................................................................................................... 57
Visualisierung mit dem i860-Mikroprozessor
W.Kuss .......................................................................................................................... 64
Das Systemkonzept des ESIG 4000 -Bildgenerators
J. Milliner ...................................................................................................................... 75
3. Datenbasiserzeugung/ Modellierung
Konzept eines Modelliersystems fUr Simulatordatenbasen
R.Last ........................................................................................................................... 83
Interaktive StraBenmodellierung fiir Fahrsimulatoren
A. Schaar ..................................................................................................................... 100
Application Visualization System (A VS)
M. Berger .................................................................................................................... 110
Simulation und Animation: Konvergenz oder Divergenz?
P. Lorenz
Institut fUr Simulation und Graphik
Technische UnivelSWit Magdeburg
Abstract: Simulation wird heute nur akzeptiert, wenn Modelle, Prozesse und Resultate graphisch
und geometrisch ahnlich prasentiert werden. Andererseits gewinnt die Computeranimation an
Realitl1tstreue und wird effektiv, wenn sie sich auf Modelle ihrer Aktoren stOtzt und deren
Bewegung simulieren kann. Der \A:)rtrag sucht am Beispiel von Simulationsanwendungen nach
Antworten auf die mit dem Thema formulierte Frage.
1. Geschichte und Begriffsentwicklung
Simulation und Animation (S & A) sind Worter. deren Wurzeln man im
Lateinischen findet. Fur beide hat sich in den letzten Jahrzehnten ein
Bedeurungswandel vollzogen.
1.1. Geschichte der Wortbedeutungen
In alteren Worterbtichem ist Simulation ein Begriff. der tiberwiegend mit
negativen Werten belastet ist:
Wort Sprache Bedeutung
simulatio lateinisch Verstellung. Vorwand
simulator Nachahmer. Heuchler
simulate englisch vortiiuschen.vorgeben. ahneln. nachahmen
simuler franzosisch heucheln. erdichten. tingieren. verstellen
simulieren deutsch vortiiuschen. nachsinnen
Simulation Vortiiuschung von Krankheit
Demgegentiber ist Animation in der Welt des Guten angesiedelt. wie die
folgenden Ausztige aus Worterbtichem belegen:
anima lateinisch Atem. Seele. Leben
animer franzosisch Seele einhauchen. beleben. Mut fassen.
erroten
animation Beseelung. Belebung
animar spanisch beseelen. beleben. leben. wohnen
animieren deutsch beleben. anregen
Animator Puppenfiihrer bei der Trickfilmproduktion
animate cnglisch breath life into. give appearence of
movement by using quick succession of
gradually varying drawings
Wenn man der aktuellen Bedeutung dieser beiden Worte nachgeht. findet
man im popuiarwissenschaftlichen Bereich mitunter tiberhaupt keine
Differenzierung zwischen Simulation und Animation. Zwnindest im Rahmen
dieser Publikation soli gelten:
Animation ist synthetische oder ktinstliche Visualisierung dynamischer
Systeme. Simulation ist Konstruktion und Nutzung von Modellen dyna
mischer Systeme. Dynamisc/z heiBt hier zeitlich veranderlich.
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Simulation und Animation (S & A) konnen den Computer als Werkzeug
nutzen. Computerunterstiitzte S & A sind Gegenstand dieses Beitrages. 1m
iibrigen ist im fo~geJhden generell die diskrete ereignisorientierte Simulation
gemeint.
1.2. Geschichte von S & A
Die Geschichte der Animation HiBt sich bis in die erste Halfte des vorigen
Jahrhunderts zuruckverfolgen. Das Phantoskop oder Phanakistoskop soll
nach [ThaI86] im Jahr 1831 von dem Franzosen Josephe Antoine Plateau
erfunden worden sein.
~~inanftoffo~' (~f)antoitop, griecO., »~iiu"
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Bild 1: Das Phantoskop (1831)
Die Trickfilmproduktion wurde vor dem ersten Weltkrieg begonnen und
Ende der zwanziger Jahre durch die Walt-Disney-Produktionen welt
bekannt. Bis etwa 1960 war Animation eine Methode, die den Eindruck von
Bewegung durch Fotos einer Folge gezeichneter Bilder erzeugt. Etwa seit
1960 beginnt "computerunterstiitzte Animation" Computer werden benutzt,
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Entwicklung von Simulation und Animation
-
-
1831 Phantoskop
- - 1910 Trickfilm
- Monte-Carlo-
f- 1950
Methode
computerunter-
erste
- - 1960 Simulations- stOtzte
Animation
systeme
Bewegte Bilder
--
1970
simulierter Prozesse
Computerspiele
"Modellierte"
-f- 1975 Animation
Animationskomp. von Animationssysteme
Simulationssystemen: z.B. Story Board™
-
- GPSS- PCl"M
1985
CINEMATM AutodeskAnimator™
TESSTM ALiASTM
TAYLORTM SkyWriter™ (IRIS)
--
1991
"modellgetriebene" "scriptgetriebene"
• Animation
~
Bild 2: Entwicklung von Simulation und Animation
urn Zwischenbilder (inbetweens) zwischen handgezeichneten
Schltisselbildem (key frames) zu generieren oder urn gezeichnete Flachen
mit Farben oder Mustem zu fUllen. In den siebziger Jahren beginnt die
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Nutzung von 3D-Objektmodellen und kinematischen ProzeBmodellen. Damit
wird hahere Realitatstreue erreichbar und der Computer wird ein zentrales
Werkzeug der Animation. Der Gesamtablauf, die Handlung des Films sind
nach wie vor vom Autor im Script und im Drehbuch festgelegt
Eine andere Klasse von ProzeBmodellen liefert seit Mitte der fUnfziger Jahre
die diskrete ereignisorientierte Simulation. Ihre Modelle beschreiben das
Zusammenwirken zeitlich parallel laufender Teilprozesse. Anfangs
zustandsbeschreibung und Regeln fUr den Ablauf und die Interaktion von
Prozessen werden mit Simulationssprachen beschrieben. Niemand kann den
tatsachlichen Ablauf vorausbestimmen. Seine Beobachtung und Analyse ist
Ziel der Simulation, mit der man neue Erkenntnisse fiber simulierte
Prozesse gewinnt. Die Resultate werden protokolliert und in
alphanumerischer Fonn ausgegeben. Ende der sechziger Jahre tauchen die
ersten graphischen Resultatdarstellungen [DJA69] und bald danach auch erste
Berichte fiber die Erzeugung beweglicher ProzeBbilder auf [Reit71].
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Bild 3: Bewegte Bilder simulierter Prozesse: Flughafen (1970)
Ebenfalls ohne Script und Drehbuch entstehen die beweglichen Bildfolgen
von Computerspielen Mitte der siebziger Jahre treten sie zuerst als Tele
spiele auf und finden schnell ein groBes Publikum. Die Interaktion des
Spielers mit dem Spielprogramm fUhrt in jedem Spiel zur Erzeugung neuer
Bildfolgen.
Die Entwicklung scriptgesteuerter, programmgesteuerter und interaktiver
Animation wird seit Mitte der siebziger Jahre immer deutlicher durch die
Qualitat ihrer Objekt- und ProzeBmodelle bestimmt.