Table Of ContentHANDBUCH DER ORIENTALISTIK
ERSTE ABTEILUNG
1. BAND, 5. ABSCHNITT
HANDBUCH DER ORIENTALISTIK
Herausgegeben VOO B. SPULER
unter Mitarbeit von
H. FRANKE, J. ÜONDA, H. HAMMITZSCH, W. HELCK, B. HROUDA,
H. KÄHLER, J. E. VAN LOHUIZEN·DE LEEUW und F. Vos
ERSTE ABTEILUNG
DER NAHE UND DER MITTLERE OSTEN
HERAUSGEGEBEN VON B. SPULER
ERSTER BAND
ÄGYPTOLOGIE
HERAUSGEGEBENV ON
W. HELCK
FÜNFTER ABSCHNIIT
WIRTSCHAFTSGESCHICHTE DES ALTEN
ÄGYPTEN IM 3. UNO 2. JAHRTAUSEND VOR CHR.
LEIDEN/KÖLN
E. J. BRILL
1975
WIR TSCHAFTSGESCH ICHTE
DES ALTEN ÄGYPTEN
IM 3. UND 2. JAHRTAUSEND VOR CHR.
VON
WOLFGANG HELCK
LEIDEN/KÖLN
E. J. BRILL
1975
ISBN 90 04 04269 5
Copyright 1975 by E. J. Bril/, Leiden, The Netherlands
All rights reserved. No part of this book may be reproduced or
translated in any form, by print, photoprint, microfilm, microfiche
or any other means without written permission /rom the publisher
PRINTED IN BELGIUM
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort VII
ALTES REICH
1. Die geographischen Grundlagen der Wirtschaft 3
2. Die Lebensmittel- und Rohstofflage . 10
3. Die Anfänge der altägyptischen Wirtschaft . 18
4. Die Organisation des Landes als Grundlage der Wirtschaft 34
5. Der königliche Totentempel als Wirtschaftszentrum 45
6. Tempelbesitz und -einkünfte 52
7. Die Versorgung der Beamten . 56
Übernahme von Priestertätigkeit. 64
Die Privatgründungen 68
8. Grab und Totenpriester 73
9. Die königliche Wirtschaftsverwaltung. 95
10. Die Bevölkerung im Alten Reich 98
ll. Die Freistellung von Personen und die Entstehung ,,freier"
Handwerker . 104
12. Das Problem der Stadt im Alten Reich 107
13. Arbeitsauflagen und Steuern 110
14. Binnenhandel. 114
15. Verkaufen im Alten Reich . 116
16. Der Wertmesser sn'.tj 118
17. AuJ3enhandel im Alten Reich 120
18. Expeditionen 126
19. Organisation der Privathaushalte 131
20. Die Veränderungen der Wirtschaft im Alten Reich . 134
MITTLERES REICH
21. Einteilung und Entwicklung der Bevölkerung im Mittleren Reich 141
22. Eigentum im Mittleren Reich . 156
23. Tempelbesitz im Mittleren Reich . 166
24. Totenpriester im Mittleren Reich . 169
25. Die Staatseinnahmen im Mittleren Reich 173
26. Abgaben im Mittleren Reich 176
27. AuJ3enhandel im Mittleren Reich . 178
VI INHALTSVERZEICHNIS
28. Expeditionen im Mittleren Reich 182
Sinaï . 182
Wadi Hammamat 187
Wadi el-Rudi 190
Hatnub 191
W estliche Wüste 191
Nubien 192
29. Die Entwicklung der Wirtschaft im Mittleren Reich 195
NEUES REICH
30. Die Staatsfinanzen im Neuen Reich 201
31. Getreidewirtschaft 205
32. Die Viehwirtschaft 209
33. Gartenkultur . 213
34. Fisch, Geflügel, Fleisch als N ahrungsmittel 215
35. Bevölkerungsschichtung im Neuen Reich 217
36. Die Arbeitsdienstverpflichtung 226
37. Arbeiterversorgung 231
38. Privatbesitz im Neuen Reich 235
39. Stadt und Dorf im Neuen Reich 237
40. Tempelbesitz im Neuen Reich 239
41. Tempelbesitz in der Spätzeit 244
42. Abgaben und Steuern im Neuen Reich 246
43. Versorgung der Beamten und Umlauf. 249
44. Der Handel 259
45. Transportwesen . 268
46. Die Preisangaben 270
Endbetrachtung 282
Verzeichnis der gebrauchten Literaturabkürzungen 289
VORWORT
Eine Wirtschaftsgeschichte des Alten Ägypten zu schreiben, ist zum
gegenwärtigen Zeitpunkt kaum mit Erfolg durchzuführen. Denn nicht
nur ist das Material bruchstückhaft und zum groBen Teil noch nicht durch
gearbeitet, liegen wichtige Teile noch unveröffentlicht in Museen, sondern
es gibt auch kaum Versuche, ein wenn auch nur skizzenhaftes Bild zu
zeichnen. Eigentlich ist hier nur das 2. Kapitel in dem Buch von H. Kees,
"Das alte Ägypten, eine kleine Landeskunde" anzuführen, in dem dieser
groBe Gelehrte versucht hat, aus seiner Kenntnis und seinen Vorstellungen
heraus ein allgemeines Bild von den wirtschaftlichen Grundlagen der
altägyptischen Kultur zu zeichnen. Ganz natürlich hat sich auch der Ver
fasser der vorliegenden Zusammenstellung an dieses Vorbild angelehnt.
Dabei war das Bestreben, aus den ägyptischen Angaben selbst zusammen
zustellen, was für eine Kenntnis der Wirtschaft dieser Epochen bekannt ist.
Dabei muB bekannt werden, daB die methodische Ausgangsbasis weder die
eines modernen Wirtschaftshistorikers noch eines Soziologen ist, sondern
höchstens die eines historisch interessierten Ägyptologen, der sich dankbar
als Schiller von Kees betrachtet. Schon aus Mangel an methodischer Schu
lung mu.13d aher hier verzichtet werden, die ägyptische Wirtschaft nach
modernen Gesichtspunkten zu betrachten. Ansätze hierzu sind von dafür
besser geeigneten Gelehrten wie von Morenz in seinem Büchlein "Prestige
Wirtschaft im alten Ägypten" (Bayr. Ak. Wiss., phil-hist. Kl. 1969 Heft 4)
oder in dem Artikel von Liverani in Oriens antiquus 11, 297 ff. ,,Elementi
,irrazionali' nel commercio amarniano" vorgelegt worden. Dabei bleibt natür
lich die Frage offen, oh man bereits in augenblicklichen Stand der Kenntnis
den zweiten Schritt der Deutung vor dem der Materialaufbereitung machen
darf. Was hier vorgelegt werden soll, soll nicht über den Versuch einer
Ordnung des Materials hinausgehen. DaB dies eigentlich für ein "Handbuch"
zu wenig ist, ist dem Verfasser nur zu gut bewuBt, aber es schien ihm richtiger,
bei der tatsächlichen Lage der bisherigen Beschäftigung mit diesem Problem
kreis einen Schritt nach dem anderen zu tun in der Hoffnung, daJ3 dadurch
andere angeregt würden, die Untersuchungen fortzuführen bis zu dem Punkt,
an dem es dann von einer gesicherten Basis aus möglich ist, die altägyptische
Wirtschaft fachmethodisch einwandfrei zu beschreiben und zu bewerten.
ALTES REICH
1
DIE GEOGRAPHISCHEN GRUNDLAGEN DER WIRTSCHAFT
Die Flu.f3oase des Nil hängt wirtschaftlich von den jährlichen Nilüber
schwemmungen ah, da wenigstens in der geschichtlichen Zeit der Regen
wohl im Delta, aber nicht im Gebiet südlich von Memphis eine Rolle gespielt
hat. Die durch die Monsunwinde hervorgerufenen Niederschläge im Quell
gebiet des Blauen Nils und des Atbara bringen diese Überschwemmungen
hervor, die zu Beginn der Geschichte zu einer Aufschüttung des vorher
eingeschnittenen Niltales geführt haben. Dabei entstanden natürliche
Deiche an den Ufern, da sich die schweren Sinkstoffe unmittelbar am Ufer
absetzten, sodaB der Nil langsam liber das umgebende Land wuchs. Auf
diesen Uferdeichen entstand Galleriewald, dort konnten sich aber auch die
Bewohner ansiedeln, da diese Gebiete durch wenig Arbeit überschwemmungs
sicher gemacht werden konnten. Das übertretende Wasser flo.f3i n die nied
riger gelegenen Bereiche hinter den Uferdeichen und setzte dort in immer
geringeren MaB die fruchtbaren Sinkstoffe ab, bis sich eine Formation des
Tales ergab, in der sich vonden hochgelegenen Uferdeichen aus das Gelände
in Richtung auf die Randwüsten hin senkte, so dall dort, wo Fruchtland
und Wüste zusammenstieBen, sich häufig Dauerseen und Sümpfe bildeten,
in die das jährliche Überschwemmungswasser abflo.f3. Im Delta durch
schnitten die Arme des Nil ebenfalls alte Aufschüttungen, die sog. ,,Schild
krötenrücken", auf denen Ansiedlung möglich war, und bildeten erst ah
Mitte des Deltas die Brackwasserlagunen und Sümpfe, die langsam in das
Mittelmeer übergingen. Diese Gebiete waren wie die Ränder des Niltals
selbst mit Papyrus und anderen Schilfsorten bewachsen und wurden als
s!J.bte zeichnet, wo das Vieh weidete. Auf dem trockenen Gebiet begann man,
durch Anlage von Bassins die Überschwemmungswasser aufzufangen und
zur Bewässerung des Landes zu benutzen. AuBerdem versuchte man, durch
Kanäle das Wasser auch dorthin zu bringen, wo es sonst meist nicht hinkam.
Endlich begann man durch Hebewerke und Brunnen auch Gebiete zu
bewässern, die nicht von der Überschwemmung erreicht wurden.
Nach Ablagerung des Schlammes und Abtrocknung war die sofortige
Bestellung der Felder möglich. Es ist verständlich, da.f3 dieser Rythmus
der Nilüberschwemmung die Jahreszeiten bestimmte : 4J.t Überschwem
mung, pr.t "Herauskommen" des Landes und damit Aussaat, lmw Hitze
und damit Zeit der Reife und der Ernte.
4 ALTES REICH
Es ist noch durch die Angaben des Annalensteines deutlich zu erkennen,
dal3 die Mengen der Wassermassen, die jedes Jahr durch die Überschwem
mung nach Ägypten gebracht wurden, zu Beginn der Geschichte merklich
nachliel3en. Es hängt das mit einer weitgehenden Austrocknung des ganzen
Gebietes zusammen, die auch die umliegenden Wüstengebiete in Mitleiden
schaft zog. Das deutlich erkennbare Verschwinden des Grol3wildes in dieser
Zeit, abzulesen an den damaligen Felszeichnungen - nicht nur im Niltal
selbst, wo die Veränderung des Landschaft durch die Menschen eine Rolle
gespielt haben dürfte, sondern besonders in den umliegenden Steppen
gebieten, die nun langsam zur Wüste wurden - ist mit dieser Austrocknung
zusammenzubringen, die ein deutliches Nachlassen einmal der Regenfälle
im ägyptischen Gebiet nach sich zog, aber sich auch anscheinend in den
Quellgebieten des Blauen Nil und des Atbara auswirkte und damit auch
die Höhen der Überschwemmung verringerte 1• Wir dürfen schliel3en, dal3
dieser Rückgang der Nilüberschwemmung in der Tat in der ersten Zwischen
zeit am stärksten gewesen ist und dal3 die Darstellungen der verhungernden
Leute am Onnosaufweg 2, das Vorrücken der Dünen in Mittelägypten auf
altes Fruchtland 3 und die zahlreichen Schilderungen von Hungersnöten
und niedrigen Nilen in der 1. Zwischenzeit 4 Auswirkungen dieser Trocken
periode gewesen sind. Erst mit der 17. und 18. Dynastie hören wir plötzlich
im Gegensatz dazu von gewaltigen Überschwemmungen 5, weshalb man
annehmen <larf, dal3 damals wieder eine Feuchtigkeitsperiode in Ägypten
eingetreten war, die sich günstig auf die Landwirtschaft auswirkte. Diese
Periode scheint mindestens bis in die Zeit der Äthiopen weiterbestanden zu
haben 1•
Die Messungen der Nilhöhen bei der Überschwemmung wurden im Alten
Reich in den Annalen festgehalten; die Zahlen zeigen an, dall sie als Angaben
der W asserhöhe über den Feldern anzusehen sind. Sie schwanken in der
ersten Dynastie zwischen 6 Ellen und 1 Elle mit einer Spitze bei 8 Ellen -
die Spannen, Handbreit und Finger nicht gerechnet, mit deutlichem Absinken
des Durchschnitts von guten 5 Ellen zu 4 Ellen und -in der 5. Dynastie-
1 Butzer, Naturlandschaft Ägyptens (Abh. Mainz. Ak. Wiss., math.-nat. KI. 1959, 2.).
2 Schott, RdE 17, 7.
a Butzer, a.a.O.
4 Bell, Geographical Journal 136, 569 ff.; AJA 75, 1 ff., wenn auch mit Überinterpretation
des Materials.
s Vandersleyen, RdE 19, 123 ff; 20, 128 ff.; L. Habachi, SAK 1, 209: ,,Es zog S.M. zum
Hof dieses Tempels, indem er die Überschwemmung betrachtete. Es ging S.M. zum Hof dieses
Tempels, der mit Wasser gefüllt war. Da iat S.M. darin gewatet zusammen mit seinen Räten
(qnb.t)".
8 Taharqa-Inschrift bei MacAdam, Kawa I pl. 10.