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Von den offenen Grenzen lebender Systeme:
Individualität in biologischer Sicht
G.S. LEVIT, J. SCHOLZ, J. KAHLE & G. LIEBEZEIT
Abstract:Definingtheindividualisbasictoevolutionarybiologyandselectiontheory.Ontheotherhand,thereisstillnouni-
versalscientificconceptofbiologicalindividuality.Thisisbecausetherearenofinalanswerspossibletothequestion“whatisan
individual?“Forexample,theindividualityofsomecoloniescanbemorepronouncedthantheindividualityofsomesingle“or-
ganisms“.Bryozoansareagroupofcolonialanimalswellsuitedforthestudyofindividualityeitheratcolonyoratcolonymod-
ulelevel.Thedegreeofindividualitydetermineswhichbiologicalentitycanfunctionasaninteractorinselection.Bryozoansmay
alsoshowthatthebiologicalhierarchiesoforganisms,colonies,orpopulationsarehardtodefine.
Thepropertheoryofbiologicalindividualityshouldproposetheuniversalcriteriaofindividualityforanygivenbiologicalobject
(levelsoforganisation),andthusprovidesuitableanswerstothequestion:Whichdegreesofindividualityconstitutesthe“indi-
vidual“?Inthiscontext,wediscusssomeadvancedconceptsintheoreticalbiologychampionedbyGHISELINandHULL,suggest-
ingthatspeciesareindividualsratherthanclassesconsistingofindividuals.
Keywords:Individuality,coloniality,Bryozoa.
Einleitung Seitetwa30JahrenerlebtdieDiskussiondesIndivi-
dualitätsproblemsabereinekleineRenaissance.Eswird
DieIndividualitätalseinschwerzufassendesbiolo-
allmählichzueinemanerkanntenForschungsgebietin-
gischesProblemwurdebereitsindererstenHälftedes
nerhalb der theoretischen Biologie und Wissenschafts-
20.JahrhundertsvoneinigenführendenBiologenihrer
philosophie. Die derzeitige Debatte lässt sich dabei in
ZeitwiezumBeispielHansDRIESCH(1867-1941),Bo- drei unterschiedliche Themenbereiche untergliedern.
risM.KOZO-POLJANSKIJ(1890-1957)undVladimirBE- Die wohl größte Aufmerksamkeit kommt dem Thema
KLEMISHEV (1890-1962) erkannt und erörtert. Schon „Spezies als Individuum“ zu. Die Diskussion hierüber
damals ging es meistens um die Umformulierung des wurdeinden1970erJahrenvonMichaelGHISELINund
traditionellenOrganismus-BegriffessowieumeineRe- DavidHULLinitiiert.SiestelltendieTheseauf,dassei-
vision des klassischen Darwinismus, eine Aufgabe, die nebiologischeSpezieseinIndividuumsei,derenExem-
durch die Entdeckung der Symbiogenese und des plarenichtalsBeispielfürdieseSpezies,sondernalsde-
„Grundlegenden Biogenetischen Gesetzes“ erleichtert ren Teile zu gelten haben. Mit einer zweiten Richtung
wurde(LEVIT&KRUMBEIN2001,2006).ZuBeginndes wirdderVersuchunternommen,dieGesetzmäßigkeiten
20.JahrhundertsgaltnämlichdiedarwinistischeSelek- der Individualitätsentwicklung im Laufe der Evolution
tionstheorienuralseinedermehroderwenigerplausi- zubeschreiben.DerdritteForschungsschwerpunktgeht
blenVorstellungenüberdenMechanismusderEvoluti- der Frage nach, ob und wie verschiedene Biosysteme
on (JUNKER & HOßFELD 2001). Mit der endgültigen (Individuen,Organismen,Kolonien)auchunterschied-
Etablierung der Synthetischen Evolutionstheorie als licheIndividualitätsgradeaufweisen.
der modernisierten Form des Darwinismus in den
In unserem Beitrag werden wir uns hauptsächlich
1930er-40er Jahren traten die Alternativtheorien je- aufdasProblem„SpeziesalsIndividuen“konzentrieren
doch zunehmend in den Hintergrund und fristeten und dabei den Versuch unternehmen, zu zeigen, dass
schließlich ein Schattendasein. Da dem Versuch, eine ohneeineuniversellanwendbareIndividualitätstheorie
widerspruchslose Revision des Darwinismus zu errei- ein bedeutender Fortschritt in der Individualitätsfor-
chen,zunächstkeindauerhafterErfolgbeschiedenwar, schungunmöglichist.EinesolcheTheoriesolltediesen
Denisia20,
sind auch die historischen Debatten zur biologischen Umstand beheben, auf jedes beliebige Biosystem an- zugleichKatalogeder
oberösterreichischen
Individualität weitgehend der Vergessenheit anheim wendbar und gegen verschiedene Individualitätsgrade Landesmuseen
gefallen. der jeweiligen Biosysteme empfindlich sein. Wir wer- NeueSerie66(2007):
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Abb.1:EineabgestorbeneKorallewirdvonBryozoenbesiedelt.BeidenkleinerenKolonienmitrundlichemUm-
risshandeltessichumhochintegrierte(=aufderEbenederKolonieindividualisierte)ArtenderGattungen
RhynchozoonundDisporella.Dagegenistdiegrößere,flächigwachsendeArteineKoloniederGattungFene-
strulina(rechterBildrand).Sieistvergleichsweiseschwachintegriert(=vergleichsweisestärkeraufderEbeneder
Koloniemodule/Zooideindividualisiert),wasaufderAbbildungunteranderemdarankenntlichist,dassam
WachstumsrandregulärausgebildeteEinzelwesen(Zooide)erscheinen,diestetseingleichesÄußereszeigen.
HingegenweisenhochintegrierteKolonienhäufigeinenbesondersmodifizierten,schwachverkalktenWachs-
tumsrandauf,derinSituationenderRaumkonkurrenzauchaufgestelltwerdenkann.Diesgeschiehtdurchkoor-
diniertesWachstumdergesamtenKolonie.DerWachstumsrandkannalsonichtmehreinemeinzelnenMutter-
zooidzugeordnetwerden.Lokalität:Mahalo,Leyte,Philippinen,Foto:SvenTränkner,Frankfurt.
denBeispieleliefern,diezeigen,dassdiesezunächstrein sentiereneine„Klasse“imSprachgebrauchderPhiloso-
theoretische Annäherung in bestimmten Gebieten der phiebeziehungsweiseeineFamilieim„natürlichenSys-
BiologiepraktischenNutzenhabenkönnte. tem“derTaxonomieundalleEinzelkatzensindMitglie-
derdieserKlasse(Familie).
Spezies als Individuum Eine Parallele zwischen alltäglichem Denken und
taxonomischemSystemistaußerdemdadurchgegeben,
BeinurflüchtigerBetrachtungmagdieAusdrucks-
dass der Umfang der Gruppen und ihrer Mitglieder in
weise „Spezies als Individuum“ etwas seltsam klingen.
ZeitundRaumschwankt.EswerdenimmerwiederAu-
SchoninderSchulzeithabenwirunsangewöhnt,Spe-
tosproduziertundsiezerfallenauchwieder.Katzenster-
zies als Klassen und Organismen als Mitglieder dieser
benoderpflanzensichfort.IngeologischenZeiträumen
Klassen aufzufassen. Ein solches Denken ist im Alltag
entstehen neue Arten, deren Einzelwesen sich mehren
fest verwurzelt. Es gibt Kraftfahrzeuge, mit denen man
oderaberimLaufederZeitabnehmen,wenndieSter-
fährt,undesgibt‚Autos‘alsabstrakteBezeichnungfür
be-dieReproduktionsrateübersteigt.Kurzum:Dastaxo-
eineKlasse,dieAutosaufderganzenWeltrepräsentiert
nomische System zur Klassifikation der Lebewesen ist
undderalleeinzelnenAutosangehören.
der uns alltäglichen Vorstellung entnommen: die Spe-
Und so ist es trügerisch einfach, in diesem Sinne ziesisteine„Klasse“unddieOrganismen,diedieseKlas-
auch bei biologischen Arten zu argumentieren. So serepräsentieren,sindIndividuen.DiebiologischeSpe-
könnten wir, um ein willkürliches Beispiel zu wählen, zieswirdimGegensatzzumOrganismusnichtalsIndi-
über Katzen behaupten: Die „Katzen“ (Felidae) reprä- viduumbetrachtet.
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Doch eben diese „Vor“-Urteilung haben GHISELIN
und HULL in einer Reihe von Veröffentlichungen
(HULL1976,1978,GHISELIN1974,1987,1997)zurDis-
positiongestellt.Siepostulieren,dassbiologischeArten
keineKlasse,sonderneinGanzessind,alsdessenTeile
Organismen bezeichnet werden können. Folgt man ih-
rer Wortwahl, so ist die Spezies keine Klasse, sondern
einIndividuum.Dabeiwird„Individuum“alseineEnti-
tät definiert, die über eine raumzeitliche Kontinuität
verfügtundeinenBeginnundeinEndehat,diedarüber
hinaus gut organisiert und von der Außenwelt abge-
grenztist.DabeikönnennichtnurLebewesenalsIndi- Abb.2:TentakelkränzederBryozoen-Einzelwesen
viduen bezeichnet werden, sondern auch Teile der un- (Zooide).DerCilien-generierteundkolonieweit
koordiniertePartikelstrom(Wasserpumpe)istein
belebtenNaturwiezumBeispielAtomeundPlaneten.
wichtigerGradmesserfürdieIntegrationder
DieserLiniefolgendbautGHISELIN(1987:49)seineAr- Bryozoen-Gesamtkolonie.IllustriertistdieArt
gumentation aus und, basierend auf Analogien (Plane- Membraniporaserrilamella(OSBURN1950).
ten, Gesellschaften, Personen, Firmen usw.) beschreibt Foto:ShunsukeF.Mawatari,Sapporo,Japan.
die fünf Hauptmerkmale eines Individuums: (1) „Bei-
spiellosigkeit“(KlassenhabenBeispiele,Individuenda-
gegen sind einmalig); (2) raum-zeitliche Begrenzung;
(3) Gegenständlichkeit (im Gegensatz zum abstrakten
CharaktereinerKlasse);(4)Gesetze,dieaufKlassenan-
wendbarsind,nichtaberaufdieIndividuenalssolche;
(5)EinIndividuumkannnichtdurchdieMitgliedschaft
ineinerKlassedefiniertwerdenoder,inanderenWor-
ten:eshatontologischePrioritätallenmöglichenKlas-
sengegenüber.
HULL(1977)bautseineArgumentationandersauf.
Ergehtdavonaus,dassOrganismenalsparadigmatische
Individuenangesehenwerdenkönnen,dennkeinerbe-
zweifelt, dass Organismen Individuen sind. Wenn man
nachweisenkann,dassSpeziesdenOrganismeninihren
Abb.3:EinesichunmittelbarnachderAnsiedlungdurchasexuelleKnospung
Eigenschaftenähneln,dannistdarüberhinausauchein
ausbreitendeKolonievonFlustrafoliacea(LINNAEUS1758).
Nachweis erfolgt, dass sie als Individuen bezeichnet
werdenkönnen.
DieArtalssolcheisträumlichundzeitlicheinheit-
lichundkontinuierlich.KontinuitätbetrifftdieRaum-
zeit,worindieSpeziesihrenPlatzhat.Sieistkeineswegs
einestatischeCharakteristik:wiedieZelleneinesOrga-
nismus unterliegen auch die Organismen einer Spezies
dem Erneuerungsprozess. Gleich den Organismen sind
diebiologischenArtenintegriertundkönnenverschie-
deneStufenderIntegrationaufweisen(Abb.1).Sieun- Abb.4:Flustra
foliacea:
terliegen darüber hinaus auch dem Vererbungsprinzip,
Kolonieoberflächemit
welches besagt, dass neu erworbene Qualitäten auch
„vikariierenden“
weitergegeben werden. Die Vererbungskette bleibt real Avikularien
undununterbrochen.WenndemzufolgeGenedieTeile (Avikularien,dieeinreguläresEinzelwesen/Zooidräumlichersetzen).Ihre
FunktionfürdieKolonieistnochnichtgeklärt.Diewohlgeläufigste
einer Zelle und Zellen die Teile eines Organismus sind
Erklärung,dassdiezangenartigenMandibelnderAvikularienderAbwehrvon
und wenn ein Organismus einer Verwandtengruppe Freßfeindendienten,greiftsichernichtweitgenug.Avikularienzeigen,wie
(kingroup)angehört,warumsolltedieseKettedannun- sehrdieKoloniebausteineinMorphologieundFunktiondifferenzieren.
Ausschnittsvergrößerung:RasterelektronenmikroskopischeDarstellungzweier
vermittelt ab einem Niveau oberhalb der Population
AvikularieninmittenregulärerZooide.Letzteretragenmeistenszweikurze,
unterbrochenwerden? dickeStacheln.
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TheoretikerschlosssichihrerAuffassungan,Artensei-
en keine „Klassen“, sondern konkrete „Individuen“
(MAHNER2005).WassinddieAuswirkungen?Wiefast
alle großen Fragen der theoretischen Biologie erfährt
auchdasSpezies-ProblemihreRelevanzdurchdieAus-
wirkungenaufdieEvolutionstheorie.
ZumeinenhatmandamitdenvonErnstMayrvor-
geschlagenen Artbegriff, der eine zentrale Rolle in der
Synthetischen Theorie der Evolution spielt, ontolo-
gisch untermauert (GHISELIN 1997: 98). Zum anderen
sindSpezieszugleichauchEvolutions-beziehungsweise
Selektionseinheiten, wenn man sie als Individuen auf-
fasst.MitanderenWorten:dasSpezies-als-Individuum-
Abb.5:DivergierenderWachstumsrandeinerFlustra
foliacea,derzurVerzweigungderKolonieführen Problem ist in eine Schlüsselposition gerückt, wenn es
wird.DiesisteinweiteresBeispielderhohen umdieFragegeht,obeinenatürlicheSelektionaufhö-
Integration,wiesiebeidenKolonienvielerBryozoen-
heren als auf populationshierarchischen Ebenen denk-
ArtenanhanddeskoordiniertenWachstumsihrer
bar wäre. Damit ist auch die Frage verbunden, ob man
Einzelwesenzubeobachtenist.
auchdieanderennatürlichenundhierarchischorgani-
siertenbiologischenEinheiten–alsoKolonie,Populati-
on,Spezies,GemeinschaftodersogarÖkosystem-inei-
nerIndividualitätstheorieumfassenkann.
DerheutedasMeinungsbildbeherrschendesynthe-
tischeDarwinismusverstehtdieEvolutionalszweistufi-
genProzessimSinneeinesZeitpfeiles.DamiteineEvo-
lutionstattfindenkann,müssensichdieevolutionieren-
den Einheiten zunächst replizieren und danach auf-
grundvonInteraktionenmitderUmweltselektiertwer-
den.DieGrundlagefürdiemoderneTheorieeinerhie-
rarchischenSelektionwirddadurchgeschaffen,dassdie
klassische Genotyp-Phänotyp-Dichotomie durch eine
neue Dichotomie „Replikator-Interaktor“ ersetzt wird.
DenTerminus‚Replikator‘schlugDAWKINS(1978)vor.
„Ein Replikator ist jedes Gebilde im Universum, von
Abb.6:Bryozoenkolonienspaltensichnichtnurhäufigauf(Abbildung4), dem Kopien hergestellt werden. Ein DNA-Molekül ist
sondernkönnenmitunterauchfusionieren.AufdieserabgestorbenenKoralle
eingutesBeispiel,wirlassenaberdieFrageoffen,obdie
ausderRiffregionCebu/PhilippinenverschmelzenzweiKolonienderArt
höheren Einheiten ebenfalls als Beispiele dienen kön-
Celleporariatrifurcata(SCHOLZ1991).BeimAufeinandertreffenwerden
gemeinsameZooidegebildet,diewederdereinennochderanderenKolonie nen“(DAWKINS1988).
zugeordnetwerdenkönnen.Dasgleichetrifftfürdengemeinsamen
WachstumsrandbeiderKolonienzu.ZwischendenbiologischenHierarchien HULLhatsichdarauffestgelegt,dassdieStrukturen,
vonKolonieundPopulationzuunterscheidenistindiesemBeispiel die umfassender als das Genom sind, sich ebenfalls als
unmöglich.Foto:SvenTränkner,Frankfurt. Replikatoren erweisen können. Beispielsweise können
sichinsbesondereKoloniebildner,diesichasexuellfort-
WennandererseitsderVersuchunternommenwird,
pflanzen, als Ganzes replizieren. Gut integrierte Kolo-
dieSpeziesalseineKlassezubeschreiben,wirdmanmit
nienkönnendaherauchalsReplikatorendienen:inei-
unüberwindbaren Schwierigkeiten zu rechnen haben.
nigen Fällen haben Kolonien dabei alle wesentlichen
SchließlichsolleineKlasseWesenszügebesitzen,dieal-
MerkmalevonEinzelwesen(HULL1980).DassStruktu-
leMitgliederanjedemPunktimRaumzeit-Kontinuum
ren, die in der Hierarchie höher als Kolonien stehen,
charakterisiert. Doch gerade dies stimmt für Spezies
ebenfalls als Replikatoren dienen können, bezweifelt
nicht,dasiebekanntlichdemWandeldurchEvolution
HULL. Er stellt also fest, dass die Replikation am unte-
unterliegen. So wird von HULL (1977) eine Spezies als
ren Niveau der organisatorischen Hierarchie und hier
Individuum definiert und dies soll biologische Arten
fürgewöhnlichaufderEbenederGenestattfindet.Mit-
vonhöherenTaxaunterscheiden.
unter wird die Ebene der Organismen und möglicher-
DiePublikationenvonGHISELINundHULLerwiesen weisewiebereitserwähntauchnochdiejenigederKo-
sichinderFolgezeitalseinflussreich.DieMehrheitder lonien erreicht, aber nur sehr selten wird Replikation
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beiübergeordnetenundkomplexerenOrganisationsfor-
menfestgestellt.
Ganz anders sieht die Situation bei den Interakto-
ren aus. Interaktoren sind die Entitäten, die für ihr
ÜberlebenundfürdasÜberlebenderReplikatorenda-
durch sorgen, dass sie als Ganzes mit der Umwelt in
Wechselwirkungtreten(HULL1980).DieInteraktoren
könnensicherlichaufderEbenederKolonienrepräsen-
tiert werden. Aber auch höhere hierarchische Ebenen
sind dabei nicht ausgeschlossen. Die Grunddefinition
besagt, dass die Interaktoren mit der Umwelt nicht als
TeiledergrößerenEinheitenzusammenwirken,sondern
alsfestzusammenhängendesGanzes.
Abb.7:Flustrafoliacea:eineexperimentell
beschnitteneKoloniezeigtsogleicheinerandliche
HULLschließtnichtaus,dassSpeziesundsogarnoch
regenerativeKnospungneuerZooide.Dieseneuen
umfangreichere Organisationseinheiten wie Gemein-
Zooidebildensichinteressanterweiseauchansolchen
schaften und Ökosysteme als Interaktoren, wenn auch Stellen,woaufgrundderBesonderheitender
nichtalsReplikatorenfunktionierenkönnen. VersuchsapparaturkeinWassermitNahrungspartikeln
Zutritthat.DieKolonieistalsodurchausinderLage,
EinEndederdurchdiePublikationenvonGHISELIN Einzelwesenzuunterhalten,dienichtszurErnährung
und HULL ausgelösten Kontroverse ist nicht zu sehen. desGesamtstockesbeitragenkönnen.
StevenJayGOULDundElisabethLLOYDstellendieglei- Abb.8:Epifauna:
che Fragen aufs Neue: (a) Sind Arten Individuen im ZweiBryozoenarten
derGattungenCrisia
SinneDarwins?;(b)ErzeugtdieEvolutionaufderEbe-
undDisporella,die
nederSpezies-InteraktorenAnpassungenundwennja,
aufFlustrafoliacea
wiehäufig?(GOULD&LLOYD1999,GOULD2002).Die siedeln.Dieenorme
Autoren versuchen, die beiden Fragen zu beantworten Vielfaltanstrauchför-
migenundflächigen
und stützen sich dabei auf die revidierte Theorie der
Wuchsformen,welche
biologischenIndividualität.
dieserTierstammaus-
zubildenvermag,
DieersteFragewirdzustimmendbeantwortet.Nun
standalsKunstform
hattenaberdiemeistenBiologenzuvorihreSchwierig- derNatur(HAECKEL)
keitenmitderAkzeptanzdieserAnsicht,weilsienicht beidiversenJugend-
aufdieAllometriedesIndividualitätskonzeptsachteten. stil-DekorsPate.
Unter Allometrie der Individualität verstehen GOULD
undLLOYD,dassdieIndividualitätaufdergenetischen,
organismischenundSpezies-Ebenejeweilsverschiedene
Bedeutungen hat. Bei den biologischen Arten ist so-
wohl eine Außengrenze (boundedness) wie auch eine
Integrationzubeobachten;dieseQualitätenunterschei-
densichaberinvielfacherHinsichtvondenjenigen,die
wir auf der organismischen Ebene beobachten. So hat
zwar eine Spezies Grenzen, die sich aber keineswegs in
MembranenoderHäutenwiderspiegeln.
Ähnliche Unterschiede betreffen die Begriffe von
MorphologieundOntogenie.DienatürlicheAllometrie
derIndividualitätaufdenverschiedenenhierarchischen
Abb.9:Bryozoen(Flustrafoliacea)undHydrozoen
EbenenmussdaherbeiderAnalysederSpezies-Selekti-
aufengstemRaum:zweiKolonien,ein
ongenauestensberücksichtigtwerden. Leistungsgefüge.DieHydrozoenprofitierenvom
Partikelstrom,welchedieBryozoefürden
Die zweite Frage nach den Anpassungen auf der
Nahrungserwerberzeugt,undsorgenihrerseitsmit
EbenederSpezies-InteraktorenwirdimGegensatzdazu ihrenNesselkapselnfüreinengewissenSchutzgegen
mit„nichtimmer“beantwortet.AnpassungaufderEbe- Freßfeinde.
nederSpezieskanndurchdieSummederAnpassungen
aufderorganismischenEbeneerfolgen,kannaberauch
durch die neue konstruktive Veränderungen (enginee-
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Die Überwindung von Grenzen
Die Hypothese der Spezies-Individualität hat viele
Einwände provoziert. Die meisten sind damit verbun-
den,dassdasIntegrationsniveaueinerSpeziesnichtmit
dem Integrationsniveau eines Organismus verglichen
werdenkann.SobehauptetKITCHER,dasseinOrganis-
musdurchdieDesintegrationseinerZellenzerstörtwer-
de (KITCHER 1989). Im Gegensatz dazu könnten Orga-
nismen,diejaeineSpezieszusammensetzen,leichtvon-
einandersepariertwerden,wasaberaufdieExistenzder
Spezies als solche kaum Auswirkungen habe. Den Ein-
wandvonKITCHERkannindessenjederÖkologewider-
legen,daeineSpeziesnurineinembestimmtenHabitat
undsozialerStrukturexistierenkann.Dievoneinander
isolierten Organismen einer Art werden daher nicht
lange fortbestehen können oder aber es kommt unter
Abb.10:BryozoenbeherbergeneinenvielfältigenmikrobiellenGarten.Das
BeispielzeigtwinzigekugeligeStrukturenimCoelom-Bereichvon bestimmtenBedingungenzurEntwicklungneuerArten
Schizomavellaauriculata(HASSALL1842)ausAkkeshi,Hokkaido,Japan. durchräumlicheIsolation(allopatrischeArtbildung).
AufgrundderGröße(ca.3µmDurchmesser)unddessphaerischenUmrisses
könnendieStrukturenalsHefezelleninterpretiertwerden. Esistäußerstschwierig,eineeindeutigeGrenzezwi-
schen den Organismen und höheren hierarchischen
Ebenen festzulegen. Die Unterschiede erscheinen uns
daher eher graduell und nicht qualitativ. Bei Kolonie-
bildnern erweist sich besonders deutlich, dass das alt-
hergebrachteSchubladendenkennichtgreift.
Bryozoen gelten als eine ideale Gruppe, um über
Evolutionsfragenzuarbeiten.Alseinzigerausschließlich
klonalvorkommenderTierstammscheidenBryozoenin
der Mehrzahl ihrer Arten ein Kalkskelett ab. Dieses
zeigt eine große Fülle an morphologischen Merkmalen
sowohl bei den meistens weniger als einen Millimeter
großenEinzelwesen(Zooiden)alsauchbeidengesam-
tenKolonien(Zoarien).LebensprozesseallerArtdoku-
Abb.11:EinejungeKolonievonFlustrafoliacea,die
aufderMutterkoloniegesiedelthat.Späterwerden mentierensichinStrukturendesSkelettes(MCKINNEY
diebeidenKolonieneineneinheitlichen &JACKSON1989,SCHOLZ2000).Insbesonderekönnen
Wuchsverbundbilden.GleicheStrukturenbildensich Veränderungen im Einwirken von Umweltfaktoren in
auchbeimregenerativenSelbstüberwachseneiner einerWeiseüberliefertwerden,dasssichdieLebensge-
Kolonie.DiesisteinweitererBelegdessen,dasseine
schichte einer Kolonie in ihren aufeinanderfolgenden
GrenzziehungzwischendenbiologischenHierarchien
vonPopulationundKoloniemitunterunmöglichsein Zooidgenerationen wie in einer Abfolge von Buchsta-
kann. ben eines Textes zu einer individuellen Geschichte zu-
sammenfügt.
ring adaptations) auf der Spezies-Ebene zustande kom-
men.Wichtigdabeiist,die„Allometrie“derIndividua- GOULD hat angenommen, dass die paläontologi-
lität auf verschiedenen Ebenen im Auge zu behalten. schen Urkunden eine grundsätzliche Limitierung ihres
Informationsgehaltesdadurcherfahren,dasseinigePro-
DamitwirdeinKompromisserreicht:dieIdeederSpe-
zies als Individuum sollte nicht aus dem Grund abge- zesse nicht fossilisierbar seien (GOULD 1995). Dieses
PostulatistfürdasWachstumfossilerBryozoenkolonien
lehnt werden, dass die Individualität auf der Spezies-
sicher nicht zutreffend. Für den rezent-fossilen Ver-
EbeneeineevidenteBesonderheithat.
gleich der Bryozoen eröffnet sich hierdurch ein be-
Als Resümee bleibt festzuhalten, dass die in den trächtlichesundnochkeineswegsausgeschöpftesPoten-
70erJahrenentstandeneHypothesederSpeziesalsIndi- tial.NichtvonungefährgeltenBryozoenindergeologi-
viduum eine signifikante Evolution erfährt und ihren schen Literatur seit jeher als exzellente Faziesfossilien
„Stammkundenplatz“amDiskussionstischdertheoreti- (VOIGT1930).InneuererZeitwurdenfossile(tertiäre)
schenBiologieeroberthat. Bryozoen zu einem Paradebeispiel der Abstammungs-
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lehre, indem sie die Entwicklung der sogenannten trophe Partner besteht meistens aus Dinoflagellaten,
„Punctuated Equilibrium“-Theorie ganz entscheidend DiatomeenoderCyanobakterien(ROSS1979).Derarti-
befruchtethaben(JACKSON&CHEETHAM1994). ge Gemeinschaften verschiedener Organismen weisen
häufig eine so vollkommene Integration auf, dass sie
AuchfürFragenderbiologischenIndividualitätsfor-
nachderDefinitionvonKITCHERdurchausalsOrganis-
schunghabenBryozoeneinigeAntwortenparat.Sosind
menbezeichnetwerdenkönnten.
mancheKolonienkaumschwächeralseinige„paradig-
matische“ Organismen integriert: MCKINNEY & JACK- Die Abwesenheit klarer Grenzen ist nicht nur für
SONhabenBeispielebeiKolonienkaribischerRiff-Bryo- Gegner des Spezies-als-Individuen-Konzeptes proble-
zoenarten gefunden, deren Lebenszyklus vollkommen matisch.SiebereitetinersteLinieProblemefürdieAn-
demjenigen von Einzelorganismen gleicht (MCKINNEY hängerderTheorieselbst.IhreArgumentedrehensich
&JACKSON1989).AndereKolonietypensinderheblich mitunterimKreis.Wiekannzwischender„paradigma-
schlechter integriert. Die funktionellen Attribute der tisch-organismischen“ und „kolonialen“ Ebene in der
Kolonie sowie das Knospungsmuster werden hier we- wissenschaftlichen Praxis unterschieden werden, wenn
sentlichdurchdasbiologischePotentialdersieaufbau- Unterscheidungskriterien nicht zur Verfügung stehen?
endenZooidebestimmt.Alleinbeiflächigwachsenden, Diese Situation führt darüber hinaus zur Vermengung
laminaren Bryozoen lassen sich auf diese Weise vier derBegriffe„Individualität“und„Individuum“sowiezu
morphologisch leicht kenntliche Strukturtypen unter- Versuchen,dieabsolutenKriterienfürdieDefinitionei-
scheiden, die durch unterschiedliche Integrationsmodi nesIndividuumsaufzuspüren.Diesistindessenunmög-
definiert werden (SCHOLZ 2000, KASELOWSKI et al. lich,daeskeineabsolutenIndividuengibt.Esgibtver-
2005). Das Aufeinandertreffen hoch integrierter und schiedene Formen der Individualität, wie GOULD zu
niedrig integrierter Kolonien ist in Abbildung 1 illus- Rechtbetonte(GOULD2002).Siesindbeisexuelloder
triert. nicht sexuell fortpflanzenden Biosystemen sehr unter-
schiedlichundwerdenbeiKoloniebildnernalleinschon
Außerdem verschwimmen die Grenzen zwischen
durch die Vielzahl an Fortpflanzungsmodi (WASSON &
PopulationenundKolonien.Dieskanndadurchgesche-
NEWBERRY1997)hochgradigkomplex.
hen,dassdieplanktonischenLarvenderBryozoeaufih-
EsistdaherkeinZufall,dasszweiderBegründerder
rer Mutterkolonie siedeln, wo sie quasi einwachsen,
synthetischen Evolutionstheorie (E. Mayr und T.
oder dass einander benachbarte Kolonien der gleichen
Dobzhansky)derMeinungwaren,dassstrengasexuelle
Artmiteinanderverschmelzen(Abb.6).InbeidenFäl-
OrganismenkeineSpeziesbildenkönnen(manspricht
lenistesunmöglich,zwischendenhierarchischenEbe-
indemFallvonÖkotypen).EsgibtjedochauchStufen
neneinerKolonieundeinerPopulationzuunterschei-
derIndividualität,dieverschiedenenBiosystemen,etwa
den.
Organismen in verschiedenen Phasen ihrer Entwick-
NichtnurdieGrenzezwischenPopulationundKo- lung oder Populationen, zugeordnet werden können.
lonieinnerhalbeinerArt,sondernauchkontinuierliche WirsindderMeinung,dassmanaufdieSuchenachab-
räumliche Übergänge zwischen ganz unterschiedlichen soluten Kriterien eines „Individuums“ (gleichwohl ob
Arten werden immer wieder beobachtet. In terrestri- paradigmatisch oder analogisch definiert) oder „Orga-
schen Lebensräumen stammen klassische Beispiele aus nismus“verzichtensollte.
der Assoziation von Pflanzen und bestimmten Pilzen
DieEntwicklungeineruniversellenIndividualitäts-
(Mykorhizza), die bekanntlich Nährstoffe auch zwi-
theorie, die auf jedes beliebige Biosystem anwendbar
schenunterschiedlichenBaumartentransportieren.Ein
seinsollteundgegenverschiedeneIndividualitätsgrade
Versuch, darauf aufzubauen und die Lebewelt an Land
der jeweiligen Biosysteme empfindlich wäre, ist zwin-
alseinemehrodermindereinheitliche,kontinuierliche
gend erforderlich.Eswäregewissermaßeneine„Relati-
Flüssigkeitzudefinieren,wurdeals„Hypersea“-Theorie
vitätstheorie“ der Individualität, da man keine absolu-
publik(MCMENAMIN&MCMENAMIN1994).
ten Individuen mehr hätte, sondern Biosysteme, die
Im marinen Bereich könnte man an analoge Vor- sichinBeziehungenzueinandermanifestierenunddabei
gänge bei der sogenannten Photosymbiose denken. mehr oder weniger individuell betrachtet werden soll-
Heutefindensichwenigstens250ArtenvonTierenund ten. Die Universalität bedeutet nicht, dass eine solche
Protozoen,diemiteinemphotoautotrophenMikroorga- Theorie allein am Schreibtisch entstehen kann und
nismus in Symbiose leben (HINDE 1988). Photosymbi- soll.GanzimGegenteilerscheintumfangreichesowohl
onten, deren Präsenz in der Regel die Verkalkungsrate empirische als auch theoretische Arbeit geboten, um
beträchtlich erhöht und daher für Riffbildner typisch die anwendbaren Kriterien der Individualität auszuar-
sind,findensichbeiCnidariern,Schwämmen,Mollus- beiten. Auf den universellen Geltungsanspruch einer
ken, Platyhelminthen und Tunicaten. Der photoauto- solchenTheoriekanndabeiinkeinemFalleverzichtet
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werden.WenndasBewertungssystemderIndividualität kussion, die von Mike GHISELIN und David HULL initi-
nichtuniversalistundmanentsprechendderKonzepti- iertwurde.SiebasiertaufderAnnahme,dassdieSpezies
onderAllometrie(sieheoben)fürjedeIndividualitäts- alsIndividuumaufzufassensei,unddassderenExempla-
ebeneodergarfürSpezieseineigenesBewertungssystem renichtBeispieledieserSpezies,sondernnurihreTeile
zu schaffen hat (was heutzutage die Regel ist), nutzt es sind.
der biologischen Grundlagenforschung wenig. Man er-
hältdannkeineInstrumentefüreineVergleichsanalyse.
Danksagung
MiteineruniversellenTheoriewirdauchdieFrage
WirbedankenunsbeiHerrnProfessorShunsukeF.
„Spezies als Individuen?“ neu gestellt werden können.
Mawatari(HokkaidoUniversity,Sapporo),welcheruns
Eswirddabeinichtgefragtwerden,obeineSpeziesein
dieVorlagefürAbbildung2zurVerfügungstellte.Herr
Individuum sei, sondern welchen Grad an Individuali-
Jürgen Kaselowsky (Heidelberg) hat für uns die Abbil-
tät eine beliebige Spezies hat, da verschiedene Spezies
dung10,HerrSvenTränkner(Frankfurt)dieAbbildun-
sehr wohl unterschiedliche Individualitätsgrade besit-
gen 1 und 6 angefertigt. Frau Brigitte Lotz (Frankfurt)
zenkönnen.
warunsmitdemManuskriptbehilflich.
DannwirdaucheinneuesLichtaufdasProblemder
WirbedankenunsweiterhinbeiderDeutschenFor-
Selektionseinheitenfallen.DieFrage,obeineSelektion
schungsgemeinschaft(Projektförderungen:Ho2143/5-2
auf der supraorganismischen Ebene stattfindet, kann
„Evolution ohne Genetik – Alternativtheorien in der
nicht pauschal beantwortet werden. Wie unsere Bei-
Evolutionsbiologiedes20.Jh.“undGE64/8-2„Bryozo-
spiele zeigen, haben solche hierarchiebeschreibenden
en – Mikrobenmatten“) sowie bei dem Niedersächsi-
Begrifflichkeiten der modernen Biologie (Organismus,
schen Forschungsschwerpunkt Meeresbiotechnologie
Kolonie, Population, Spezies, Gemeinschaft, Ökosys-
fürdiegroßzügigeUnterstützungunsererArbeiten.Die
tem,Biosphäre)keineabsoluteBedeutung.DerIndivi-
SenckenbergischeNaturforschendeGesellschaftförder-
dualitätsgradjedeskonkretenFallesistfürdieweiteren
teimJahre2002einenForschungsaufenthaltdesErstau-
BewertungenvielbedeutenderalsdieaprioriDiskussi-
torsamNaturmuseumSenckenberginFrankfurt/Main.
on, die sich auf diese traditionellen Begrifflichkeiten
stützt.
Literatur
Zusammenfassung DAWKINSR.(1978):ReplicatorSelectionandtheExtendedPhe-
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Die Definition biologischer Individualität ist bis
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heuteeinewesentlicheAufgabeinderEvolutions-und
licheSelektion.—In:MEIERH.(Hrsg.),DieHerausforderung
Selektionstheoriegeblieben:DieFrage,wasdenneigent- derEvolutionsbiologie.SeriePiper,München.
lich unter einem Individuum zu verstehen sei, kann
GHISELINM.T.(1974):Aradicalsolutiontothespeciesproblem.
nochnichtabschließendbeantwortetwerden.Verschie- —Syst.Zool.23:536-544.
deneBiosysteme(„Organismen“)könnennämlichganz
GHISELINM.T.(1987):Species,concepts,individualityandobjec-
unterschiedliche Individualitätsgrade zeigen. Dies wird tivity.—Biol.Phil.2:127-143.
am Beispiel der Bryozoen illustriert. Diese Koloniebild-
GHISELINM.T.(1997):MetaphysicsandtheOriginofSpecies.—
ner zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass bei StateUniversityofNewYorkPress,NewYork.
bestimmtenFormendieKoloniestärkerindividualisiert GOULDS.J.&E.LLOYD(1999):Individualityandadaptationacross
seinkannalseinEinzelwesen.Jenachderuntersuchten levelsofselection:Howshallwenameandgeneralizethe
GruppekannsichbeiBryozoendieIndividualitätstärker unitofDarwinism?—ProceedingsoftheNationalAcade-
myofSciences96(21):11904-11909.
aufderKolonie-oderaufderKoloniemodul-(Zooid)Ebe-
nebemerkbarmachen.Diesistwesentlichdafür,welche GOULDS.J.(1995):AtaskforPaleobiologyatthethresholdof
majority.—Paleobiology21(1):1-14.
EntitätschließlichalsInteraktorinderSelektioninEr-
scheinungzutretenvermag.Bryozoenillustrierenaußer- GOULDS.J.(2002):TheStructureofEvolutionaryTheory.—Har-
vardUniversityPress,Cambridge(Mass).
dem,wieschwierigeswerdenkann,zwischendenbiolo-
gischenHierarchienderOrganismen,KolonienundPo- HINDER.(1988):Symbioticnutritionandnutritionlimitation.—
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pulationeneineGrenzezuziehen.
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sale Individualitätstheorie muss auf jedes beliebige Bio- HULLD.(1977):TheOntologicalStatusofSpeciesasEvolution-
systemundalleIndividualitätsgradeanzuwendensein.In aryUnits.—In:BUTTSR.&J.HINTIKKA(Hrsg.),Foundational
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diesemZusammenhangbeteiligenwirunsaneinerDis-
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Schleusenstraße1
26382Wilhelmshaven
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E-Mail:[email protected]
[email protected]
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