Table Of ContentUnvoHstandigkeit
und Unentscheidbarkeit
Die metamathematischen Resultate von
Godel, Church, Kleene, Rosser
und ihre erkenntnistheoretische Bedeutung
Von
Wolfgang Stegmiiller
o. Professor an cler Universitat Miinmen
Dritte, verbesserte Auflage
1973
Springer -Verlag
Wien . New York
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C 1959, 1970, and 1973 by Springer-VerlagfWien
Library of Congress Catalog Card Number 73-14357
ISBN-13:978-3-211-81208-2 e-ISBN- 13:978-3-7091-8352-6
DOl: 10.1007/978-3-7091-8352-6
Vorwort zur dritten Auflage
Die vorliegende Auflage enthii.lt gegeniiber der vorangehenden zwei
Erganzungen: Der intuitive Zugang zum GOdelschen Theorem wurde
etwas erweitert; ferner wurden auf einen mehrfach von seiten der
Leser geauBerten Wunsch hin die vier auf S. 38 fehlenden Definitionen
metamathematischer Pradikate in einem zusatzlichen Abschnitt des
Anhanges angefiihrt. Fiir das langste unter diesan Pradikaten, welches
die Substitutionsoperation beschreibt, wurde auBerdem die Arithmeti.
sierung effektiv angegeben.
Lochham, im Juni 1973. Wolfgang Stegmfiller
Inhaltsverzeichnis
Sette
Einleitung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
A. Intultlver Zugang zum Godelschen Unvollstindlgkeitstheorem: Die
Antinomie von Richard ....................................... 3
B. Die Godelschen Theoreme ..................................... 12
1. Das fonnale System ZL ................................... 12
2. Die Theoreme von Godel.................................. 20
3. Primitiv rekursive Funktionen und Pradikate ............... 29
4. Die Arithmetisierung der Metatheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 36
C. Die Unentscheldbarkelt der Quantlflkatlonstheorie (Theorem von
Church) ..................................................... 44
Vorbemerkungen ............................................. 44
5. Allgemein.rekursive Funktionen ............... . . . . . . . . . . . .. 45
6. Der Gleichungskalkiil von Kleene .......................... 48
7. Die schematische Funktionentheorie von Quine.............. 52
8. Das Theorem von Church (nach Quine)..................... 54
D. Die Verallgemelnerungen von Kleene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 58
9. Das Kleenesche T·Pradikat................................ 58
10. Das Aufzahlungstheorem und seine Konsequenzen..... ...... 61
ll. Das Nonnalfonnentheorem ................................ 64
12. Algorithmische Theorien und das Theorem von Church in der
Fassung von Kleene ...................................... 66
13. Rekursive Aufzahlbarkeit, Beweisverfahren und das verallgemei.
nerte Godelsche Theorem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 69
14. Die symmetrische Fonn des verallgemeinerten Godelschen Theo·
rems und die Unentscheidbarkeit der elementaren Zahlentheorie 81
15. Zusammenfassung......................................... 96
E. Anhang...................................................... 99
16. Die GOdelsche p.Funktion ................................. 99
17. Primitiv rekursive und arithmetische Pradikate und der zahlen-
theoretische Formalismus .................................. 104
18. Einige Definitionen metama.thematischer Pridikate ......•... 111
Literaturverzeichnia ..................•....•.•.........•...... 113
Namen- und 8achverzeichnia ......•....•...•........•....... 115
Einleitung
Der heutige Erkenntnistheoretiker kann an den Resultaten der
logischen und mathematischen Grundlagenforschung nicht mehr vorbei
gehen. Insbesondere sind viele der innerhalb der Metamathematik
gewonnenen Ergebnisse von einer so auBerordentlichen theoretischen
Bedeutung und Tragweite, daB deren genaues Studium fur jeden, der
erkenntnistheoretische Untersuchungen betreiben will, welche auf der
Hohe der Zeit stehen, ganz unerlii.J3lich ist. Durch jene Ergebnisse ge
winnen wir tiefste Einblicke in die Endlichkeit unseres Denkvermogens,
in die Reichweite und die Grenzen des axiomatisch-deduktiven Vor
gehens, in das Verhaltnis zwischen formalen, kalkiilmaBig aufgebauten
logischen sowie mathematischen Systemen und dem nichtformalisierten
intuitiven SchlieBen, in die Beziehung zwischen logischer und mathe
matischer Wahrheit einerseits und Beweisbarkeit andererseits, in die
Relation zwischen anfechtbaren, "bedenklichen" SchluBweisen der
klassischen Logik und fur unbedenklich gehaltenen Operationen, durch
welche die ersteren nachtraglich gerechtfertigt werden sollen. Bei ver
schiedenen dieser Resultate wird von Oberlegungen ausgegangen, die
eine groBe Ahnlichkeit besitzen mit bereits von fruher her bekannten
philosophischen Gedankengangen, insbesondere solchen, die zur Konstruk
tion von Paradoxien fiihrten. Diese Paradoxien waren meist als mehr
oder weniger unfruchtbare, mehr oder weniger sophistische gedankliche
Spielereien aufgefaBt worden. Nun konnten aber bedeutende metalogische
und metamathematische Resultate dadurch gewonnen werden, daB man
an jenen zu Paradoxien fiihrenden Oberlegungen gewisse Modifikationen
vornahm, fehlerhafte Elemente ausschied und giiltige SchluBfolgerungen
prazisierte und in geschickter Weise auswertete. Dies gilt insbesondere
fiir die Antinomie des Liigners von EPIMEN'IDES und das Paradoxon
von RICHARD. Die Analyse der ersteren stellte auch einen bedeutsamen
Schritt zum Aufbau der Semantik dar, in welcher erstmals zahlreiche
logische und erkenntnistheoretische Begriffe einer prazisen Bestimmung
zugefiihrt werden. Eine weitere philosophische Tatsache ist in dem
Umstande zu erblicken, daB bei vielen wichtigen metamathematischen
Resultaten (insbesondere bei samtlichen, die im folgenden zur Sprache
kommen werden) vom CANToRschen Diagonalverfahren Gebrauch ge
macht wird, welches in seiner einfachsten Gestalt innerhalb des klassischen
Beweises der Oberabzahlbarkeit der in Dezimalbruchform angeschriebenen
reellen Zahlen zwischen 0 und I auftritt.
Stegmlliler. UnvollBtiind\gkeit. 3. Autl. 1
2 Einleitung
Bedauerlicherweise sind die meisten metamathematischen Werke
und Abhandlungen so voraussetzungsreich abgefaBt oder von einem 80
groBen Schwierigkeitsgrad, daB sie vom Nichtspezialisten kaum gelesen
werden konnen. Dies diirfte die Hauptursache dafiir sein, daB sie in
ihrer philosophischen Tragweite im allgemeinen noch gar nicht richtig
erfaBt, geschweige denn allseitig philosophisch ausgewertet wurden.
In der folgenden Darstellung sollen drei Gruppen von bedeutsamen
metamathematischen Ergebnissen unter Benutzung eines Minimums
von Voraussetzungen behandelt werden: die Theoreme von GoDEL
(nebst einer Verallgemeinerung von ROSSER), von CHuRcH und die
Verallgemeinerungen von KLEENE. Es ist dabei allerdings unmoglich,
aIle Details genau anzufiihren. Es sollen aber nur solche Einzelheiten
fortgelassen werden, die fiir die Beweisfiihrung nicht wesentlich sind,
oder die ohne Beeintrachtigung des Verstiindnisses weggelassen und
von einem pedantischen Leser leicht nachgeholt werden konnen. Lediglich
gewisse elementare Vorkenntnisse aus symbolischer Logik miissen wir
beirn Leser voraussetzen.
FUr aIle metamathematischen Betrachtungen ist die Unterscheidung
zwischen Objekt- und Metasprache wesentlich. Es ist daher wichtig,
einen Symbolismus zur VerfUgung zu haben, der diesen Unterschied
stets deutlich zum BewuBtsein des Lesers bringt. Die von W. V. QUINE
beniitzte Methode, insbesondere das Verfahren der sogenannten Quasi
Anfiihrung, diirfte hierfi:.r die geeignetste sein. Es wurde daher im
folgenden von dieser Methode Gebrauch gemacht. Fiir den intuitiven
Zugang zum Theorem von GoDEL wurde das Buch von MosTowsKI [17]*
verwendet. Die formale Durchfiihrung des Beweises zum GODELSchen
Unentscheidbarkeitstheorem kniipft an die Darstellung bei KLEENE [16]
an, in welcher der Beweis in zwei Teile aufgespalten wird und der eigent
liche Nachweis des GODELSchen Theorems unter Verwendung einer
spater bewiesenen Voraussetzung auf raschem Wege erbracht werden
kann. Der Beweis des Theorems von CHuRCH stiitzt sich auf eine ver
einfachte Beweisfiihrung von QUINE in [20). FUr die Darstellung der
Verallgemeinerungen von KLEENE wurden die beiden Originalarbeiten [15]
und [16] verwendet. An verscrnedenen Stellen wurde Material aus den
iibrigen im Literaturverzeichnis angefiihrten Arbeiten verwertet.
Herrn Professor G. HASENJAEGER mochte ich herzlich danken fUr
die Freundlichkeit, die Hauptteile A bis D dieses Manuskriptes zu
lesen und mich auf einige Unklarheiten im Text aufmerksam zu machen.
• AIle Zahlen in eckigen KJammem beziehen sich auf das Literatur
verzeichnis am Ende der Abhandhmg.
A. Intuitiver Zugang
zum Godelschen Unvollstiindigkeitstheorem:
Die Antinomie von Richard
Die Antinomie von RICHARD, eines der Mufig angefiihrten Beispiele
logischer Paradoxien, kann durch 'Oberfiihrung aus der vagen Alltags
sprache in ein nach prazisen Regeln aufgebautes zahlentheoretisches
System S sukzessive in das erste Theorem von GODEL umgeformt werden.
Durch diese "Oberfiihrung verschwindet der antinomische Charakter des
ersten Satzes und an die Stelle einer antinomischen Behauptung tritt
ein wichtiges metamathematisches Resultat. Man kann geradezu sagen,
daB die Leistung GODELS darin bestand, die Fehler zu korrigieren, die
fiir das Zustandekommen jener Antinomie verantwortlich zu machen
sind, dabei aber zugleich die bei der Konstruktion der Antinomie ver
wendeten korrekten Schliisse beizubehalten und sie in geschickter Weise
fUr sein Theorem auszuwerten.
Fiir die Bildung der Antinomie von RICHARD betrachten wir jene
Ausdriicke der deutschen Sprache, welche Definitionen von Eigenschaften
natiirlicher Zahlen darstellen (wir wollen im folgenden statt "natiirliche
Zahl" einfach "Zahl" sagen). Da die Anzahl der Ausdrucke, welche
wir in einer Sprache bilden konnen, abzahlbar ist, muf3 insbesondere
die Klasse jener Definitionsausdriicke abzahlbar sein. Wir konnen diese
Ausdrucke somit numerieren und als eine unendliche Folge anschreiben:
(a) AI> A2, A3, .••
Die Anordnung kann ganz willkurlich vorgenommen werden. Man kann
z. B. bestimmen, daf3 ein Ai einem Aj dann voranzugehen habe, wenn Ai
weniger Buchstaben enthalt als Ai> oder, falls bcide diesel be Anzahl
von Buchstaben besitzen, dann, wenn der erste unter den vom Beginn
des Ausdruckes an gezahlten Buchstaben von Ai' der von dem ent
sprechenden Buchstaben in Ai verschieden ist, im Alphabet an friih~rer
Stelle steht als der entsprechende Buchstabe in Ai (lexikographische
Anordnung). Da es sich bei all diesen Pradikaten Ai urn Zahlpradikate
handelt, muf3, wenn irgendein derartiges Ai herausgegriffen wird, fUr
jede beliebige Zahl entweder geIten, daf3 diese Zahl die durch jenes Ai
bezeichnete Eigenschaft besitzt oder daf3 sie diese Eigenschaft nicht
besitzt. Da die Ai durch ihre unteren Indizes numeriert werden, kann
man dies auch so ausdriicken: Fur zwei belie big herausgegriffene Zahlen n
und k muf3 entweder der Fall eintreten, daf3 n die durch Ak bezeichnete
1·
4 Intuitiver Zugang zum GOdelschen Unvollstindigkeitstheorem
Eigenschaft besitzt oder daB n die durch At bezeichnete Eigenschaft
nicht besitzt. 1st der erste Fall gegeben, so schreiben wir abkurzend
"At(n)", wahrend wir fur den zweiten Fall die Abkiirzung ",...,At(n)"
benutzen. Wir betrachten nun die Eigenschaft, welche mittels der
Formel ",...,An(n)" (1) ausgedruckt wird. Dies ist offenbar eine in der
deutschen Sprache definierte Eigenschaft; denn diese Formel besagt
ja: "n hat nicht die Eigenschaft, welche durch A" bezeichnet wird" (2),
und do. laut Voraussetzung A" ein Ausdruck der deutschen Sprache ist,
so gilt dies auch vom Satz (2), fur den die Formel (1) nur eine Ab
kurzung darstellt. Die durch (1) bzw. (2) definierte Eigenschaft muB
somit, do. die Folge (a) aUe deutschen Ausdrucke enthalt, welche Zahl
eigenschaften definieren, mit einem dieser Ai zusammenfallen, d. h. es
muB eine Zahl r geben, so daB fiir jede beliebige Zahl n die beiden
Bedingungen Ar(n) und ,...,An(n) zusammenfallen. Was fiir beliebiges n
gilt, muB insbesondere fur die spezielle Zahl r gelten. Es muBte also
Ar(r) dasselbe sein Wie ,...,Ar(r). Dies ist aber offenbar ein Widerspruch,
do. die zweite Formel gerade die Negation der ersten darstellt.
Wir denken uns nun die Umgangssprache ersetzt durch ein formales
System S, welches die Arithmetik der naturlichen Zahlen in formalisierter
Gestalt enthalt. Wir wollen ferner annehmen, daB dieses System wider
spruchsfrei ist. Dann wissen wir a priori, daB eine Rekonstruktion
der Antinomie von RICHARD innerhalb von S unmoglich ist. Wir wollen
uns uberlegen, was wir an Stelle der Antinomie erhalten.
Wenn wir Ausdrucke eines formalen Systems, in denen freie Variable
vorkommen, "Aussageformen" nennen, so treten innerhalb des Systems S
an die Stelle der oben angefiihrten deutschsprachigen Ausdriicke, welche
Eigenschaften von naturlichen Zahlen definieren, Aussageformen mit
einer freien Variablen, wobei der Wertbereich dieser Variablen der
Bereich der natiirlichen Zahlen ist. Wir bezeichnen diese Aussageformen
abermals mit Ai und ordnen sie in einer unendlichen Folge an:
(b)
Fur die Konstruktion der Antinomie war die Formel ",...,A,,(n)"
wesentlich, d. h. eine Aussage, die mittels der fur das System S geltenden
Terminologie ausgedruckt werden muBte durch
(3) "n. besitzt nicht die Eigenschaft, welche durch die Aussageform
An ausgedruckt wird"
oder, wie man auch haufig sagt, "n erfiillt nicht die Aussageform A,,".
In intuitiver Hinsicht ist es ganz klar, was damit gemeint ist; denn
wir werden von einer Zahl n dann und nur dann sagen, daB sie eine
Aussageform M mit einer freien Variablen ediilIt, wenn der Satz M(n)
wahr ist, wobei ."n" jenes Symbol sei, durch welches in S die Zahl n
bezeichnet wird. Wir nennen diese Symbole "Ziffem" und nehmen an,
daB die Ziffern in S die Gestalt I, 2, 3, ..., n, ... haben.
Auf die erste Schwierigkeit stoGen wir bereits bei dem Versuch, den
zur Antinomie analogen Satz innerhalb von S zu konstruieren. Der
Die Antinomie von Richard 5
intuitive Wahrheitsbegriff steht uns zunachst fur dieses System nicht
zur Verfugung. Wir mussen daher nach einem formalen Analogon fur
das System S Umschau halten, von dem wir hoffen, daB es dem intuitiven
Wahrheitsbegriff moglichst nahekommt. Wenn wir nun bedenken,
daB der Erbauer des Systems S offen bar von dem Bestreben geleitet
war, ein solches Axiomensystem der Arithmetik zu errichten, aus dem
man samtliche wahren arithmetischen Satze beweisen kann, so konnen
wir versuchsweise als dieses formale Analogon den Begriff der Beweis
barkeit wahlen. Dies legt den Gedanken nahe, an Stelle von (3) die
folgende Aussage zu verwenden:
(I) Der Satz An(n) ist unbeweisbar in S.
Da fur ein formales System wie das System S die Begriffe "Satz",
"beweisbar" und damit auch die Negation von "beweisbar" mit einem
beliebigen Grade von Prazision eingefuhrt werden konnen, enthalt (I)
im Gegensatz zu (3) nur scharf definierbare Begriffe. Um nun aber in
derselben Weise fortfahren zu konnen wie bei der obigen Konstruktion
der Antinomie, muBte (I) mit einer Eigenschaft identifiziert werden, die
durch eine der Aussageformen aus der Folge (b) ausgedruckt wird
(vgl. die obige Identifizierung der durch (1) ausgedruckten Eigenschaft
mit der durch ein Glied der Folge (a) bezeichneten Eigenschaft). Man
vermag zunachst nicht einzusehen, wie dies moglich sein sollte: Das
System S stellt ja laut Voraussetzung eine Formalisierung der Arithmetik
dar und daher bezeichnen aIle in S vorkommenden Ausdrucke nur
Zahlen, Klassen (oder Eigenschaften) von Zahlen und Relationen zwischen
Zahlen; insbesondere also sind aIle Glieder der Folge (b) Zahlpradikak
Demgegenuber ist (I) eine Aussage uber einen Satz von S, in welchem
Ausdrucke vorkommen, die zur Syntax (Grammatik) von S gehoren,
wie "Satz", "beweisbar" (und vielleicht noch weitere, die sich bei einer
genaueren Analyse von (I) ergeben). Jedenfalls sind sole he syntaktische
Pradikate wie "Satz" und "beweisbar" keine Zahlpradikate.
Durch einen genialen Einfall vermochte GODEL diese erforderliche
Identifizierung zu bewerkstelligen. Sein Vorgehen wird als "Al'ithmetisie
rung in der Metamathematik" (heute auch "Godelisierung") bezeichnet.
Es beruht auf folgendem Gedankengang: Das System S enthalt bestimmte
formale Zeichen (logische Zeichen, Zahlzeichen und Variable), formale
Ausdriicke, welche endliche Folgen von solchen Zeichen sind, und schlieB
lich endliche Folgen von Ausdriicken (so kann z. B. jeder Beweis als eine
endliche Folge von Satzen angeschrieben werden, so daB jeder Satz der Folge
entweder eines der formalen Axiome darstellt oder mittels der formalen
Ableitungsregeln von S aus Satzen, die ihm in der Folge vorangehen,
unmittelbar abgeleitet werden kann). Wenn wir annehmen, daB S ab
zahlbll.l' unendlich viele verschiedene Zeichen enthaltl, so konnen wir
1 FUr formale Systeme wil'9- gewohnlich ein unendlicher Vorrat an
Variablen, etwa durch "x", "y", "z", "x"', "y"', "z''', "x'''', "y"", "z'''', ...
bezeichnet, vorausgesetzt. Diese Unendlichkeit des Alphabetes ist ein
charakteristischer Unterschied solcher Systeme gegeniiber der Umgangs
sprache, die nur ein endliches Alphabet (z. B. 26 Buchstaben) enthiilt.