Table Of ContentSchriften reihe der Arbeitsgemeinschaft Planungsrechnung e. V.
Band 10
Unternehmensplanung
in der Marktwirtschaft
9. AGPLAN-Tagung
lil
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
ISBN 978-3-663-12530-3 ISBN 978-3-663-12962-2 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-12962-2
Verlags-Nr. 349
Copyright by Springer Fachmedien Wiesbaden
Ursprünglich erschienen bei Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr . Tb. Gabler GmbH, Wiesbaden 1965.
Vorwort
Bei unternehmerischen Entscheidungen und Maßnahmen erscheint eine folge
richtig planende Vorausschau auf der Basis fundierter Unterlagen nicht mehr
entbehrlich. Ober Aufgabe und Bedeutung der Planung in der Marktwirtschaft
bestehen jedoch unterschiedliche Meinungen. Die vorhandenen Möglichkeiten
planenden Vorgehens in den Unternehmen de1' einzelnen Wirtschaftsbereiche
(Industrie, Handel, Dienstleistungsgewerbe) und in der Volkswirtschaft, die
damit erreichten Erfolge und die zu beachtenden Grenzen wurden auf der
9. AGPLAN-Tagung der Arbeitsgemeinschaft Planungsrechnung (AGPLAN) e. V.
am 23. März 1965 in Düsseldorf von Wissenschaftlern und Praktikern behandelt.
Inhaltsverzeichnis
Eröffnung und Begrüßung
Josef Fuchs, Vorstandsmitglied der AEG, Frankfurt a. M. 7
Grußworte
Min.-Dir. Dr. Fr. Schiettinger, Bonn . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Unternehmensplanung und Rationalisierung aus unternehmerischer Sicht
Dr. e. h. E. W. Mommsen, Vorstandsvorsitzer des RKW, Vorstandsmitglied der
Phönix-Rheinrohr A.-G., Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Planung als Lenkungsinstrument der Unternehmensleitung
Prof. Dr. Dr. h. c. Dr. h. c. Erich Kosiol, Berlin . . . . . . . . . . . . 15
Betriebliche Planung im Rahmen der Marktwirtschaft
Proj. Dr. W. Kr eHe, Bonn . . . . . . ............ 27
Unternehmensplanung in der Industrie
Dipl.-Kjm. Günter Vogel sang, Vorstandsmitglied der Mannesmann A.-G.,
Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Unternehmensplanung in einem Dienstleistungsbetrieb - dargestellt
am Beispiel eines Versicherungsunternehmens
Dr. R. Schwebler, SteHv. Vorstandsmitglied der Karlsruher Lebensversiche
rung A.-G., Karlsruhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Unternehmensplanung im Bereich des Handels
Dipl.-Kjm. E. Leihner, Geschäftsjührer der Hauptgemeinschajt des Deutschen
Einzelhandels, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
Eröffnung und Begrüßung
durch Josef F u c h s, Vorstandsmitglied der AEG, Frankfurt/M.
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Im Namen des Vorstandes und der Mitglieder der AGPLAN begrüße ich Sie
recht herzlich zu unserer heutigen 9. AGPLAN-Tagung. Sehr herzlich begrüße
ich aber auch die Herren Referenten und danke ihnen für ihre Bereitschaft,
über ihre Ideen und Gedanken zum Thema "Planung" zu sprechen.
Es ist stets ein etwas schwieriges Unterfangen, Theorie und Praxis in hervor
ragender Besetzung auf einer Arbeitstagung zusammenzubringen, aber ich
glaube sagen zu können: es ist uns ziemlich gut gelungen. Wir in der AGPLAN,
die wir keinen Streit zum Thema "Theorie und Praxis" kennen, sind uns voll
kommen darüber im klaren, daß die beste Praxis eine gute Theorie und die beste
Theorie eine gute praktische Erfahrung zur Voraussetzung haben muß.
Meine Damen und Herren, wenn wir mit der 9. AGPLAN-Tagung hier an
Rhein und Ruhr unter dem Motto "Planung in der Marktwirtschaft" vor die
Öffentlichkeit treten, so möchte ich zum Thema lediglich zwei Dinge sagen:
einmal, daß wir es nicht nur für möglich, sondern für absolut notwendig hal
ten, gerade in der freien Marktwirtschaft zu planen; zum anderen möchten
wir Ihnen aber auch mit ganz besonderer Betonung sagen, daß diese Planung
keine Sache von Buchhaltern und untergeordneten Abteilungen ist. Planung
muß vielmehr ein Hauptanliegen des Unternehmens, d. h. der Unternehmens
leitung, sein. Wir halten die Planung für eines der wichtigsten Instrumente in
der Hand des verantwortungsbewußten Unternehmers. Wir sind der Auffas
sung, daß sie eine Verpflichtung ist, von der er sich nicht befreien kann. Er ist
fehl am Platz, wenn er nicht plant.
Meine Damen und Herren, ein Unternehmer, der in einer Zeit wie der unseren
lebt, in der sich alles ständig von außen und innen in rasantem Tempo ändert,
in der sich die Gesetze wandeln - ich denke an die Aktienrechtsreform, an das
312-DM-Gesetz usw. -, in der die Arbeitnehmer immer mehr Freizeit erhalten
- wobei die Freizeit häufig besser bezahlt wird als die Arbeit -, ein Unter
nehmer, der in eine solche Zeit hineingeht 0 h n e Planung, der leistet der freien
Marktwirtschaft einen schlechten Dienst.
Wenn darüber geklagt wird, daß in zunehmendem Maße mit ausländischem
Kapital deutsche Firmen aufgekauft werden, so weiß ich nicht, ob die betroffenen
8 Eröffnung und Begrüßung
Unternehmen bzw. Unternehmer planvoll arbeiten oder gearbeitet haben, ob
in ihren Plänen überlegt ist, daß der Weg, den man mit Kooperation oder
Konzentration bezeichnen könnte, nicht vielleicht besser gewesen wäre, d. h.
ein Zusammenschluß von deutschen Firmen unter sich, und zwar zu Betrieben,
die in der Lage sind, in der Weltwirtschaftskonkurrenz zu bestehen. Dies soll
keine Kritik an der öffentlichen Hand sein, sondern eine rein sachliche Fest
stellung. Es wäre mir lieber gewesen, wenn eine "Konzentrations-Enquete"
entstünde, nicht um festzustellen, was sich in den letzten 30 Jahren getan hat,
sondern um festzustellen, was in den nächsten 10 Jahren von den Unternehmun
gen in freier Entscheidung auf diesem Gebiet getan werden muß. Das wäre
Planung. Und Planen ist nach unserer Meinung notwendig, um unsere freie
Marktwirtschaft zu erhalten. Es sind Demokratien daran zugrunde gegangen,
daß die Völker keine Demokraten waren; lassen wir keine freie Marktwirtschaft
daran zugrunde gehen, daß der Unternehmer kein freier Unternehmer ist.
In diesem Sinne eröffne ich die heutige 9. AGPLAN-Tagung und wünsche ihr
einen guten Erfolg.
Grußworte
Von Min.-Dir. Dr. Fr. Schiettinger, Bonn
Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Vor einem Kreise wie dem Ihren zu sprechen, ist für uns Beamte manchmal
eine schwierige Sache; auf der einen Seite gehören wir dazu, auf der anderen
Seite werden wir vielleicht als überflüssig empfunden oder empfinden uns
selbst als überflüssig. In diesem Dilemma ist es dann immer zweckmäßig, wenn
man einmal prüft, was die Generationen vorher auch schon geprüft haben: Bist
du eigentlich zuständig? Wenn du zuständig bist, dann tu's, wenn du nicht zu
ständig bist, dann laß die Finger davon. Dementsprechend habe ich meine
Gedanken auf die Frage eingestellt: Was haben wir miteinander zu tun, und
wie stellt sich bei uns im Wirtschaftsministerium die Arbeit dar, der Sie sich
verschrieben haben?
Ganz einfach und vorne angefangen: Was hat unser Wirtschaften überhaupt
für einen Sinn? Wirtschaften ist ein etwas zweideutiger Ausdruck. Man kann
final an die Sache herangehen (wozu wirtschaften wir?), und man kann kausal
an die Sache herangehen (warum sind wir gezwungen so zu wirtschaften, wie
wir es tatsächlich tun?). Beide Überlegungen sind bei Ihrer Arbeit wichtig.
Dieses "wozu wirtschaften wir?" zu erklären, ist auch eine der Aufgaben des
Wirtschaftsministers. Wir sind uns alle darüber im klaren, daß der Erfolg die
ses Wirtschaftens eine entscheidende Grundlage für unser nationales Dasein ist,
nicht nur im Hinblick auf den privaten Lebensstandard, sondern auch im Hin
blick auf Politik und Kultur.
Die kausale Betrachtungsweise des Wirtschaftens führt zu de1· Frage nach der
Knappheit der Güter. Damit kommen wir unserem eigentlichen Problem, der
Planung in der Marktwirtschaft, beträchtlich näher. Wir haben das Prinzip des
privaten Eigentums, wir haben das Prinzip der Vertragsfreiheit, und wir haben
das Prinzip der unternehmerischen Wirtschaft. Dieses Prinzip der unterneh
merischen Wirtschaft gipfelt in der unternehmerischen Entscheidung. Deren
Probleme sind es, die eigentlich hinter diesem Planen stehen.
Dabei geht es nicht zuletzt um die recht nüchterne Frage: Kann das eine ge
fühlsmäßige Angelegenheit sein und inwieweit kann es eine rationale Angele
genheit sein? Im 20. Jahrhundert - selbst wenn man die Eierschalen der
Aufklärung abgestreift hat - ist dieser Wunsch, rational zu entscheiden, sinn
voll. Nicht mehr würfeln, nicht mehr Lotterie spielen - was sehr häufig in
Vabanquespielen übergeht - sollte man, sondern rational entscheiden. Dieser
Wunsch ist sehr groß, und wir sollten, glaube ich, ihn als berechtigt aner
kennen. Stellen wir uns vor, die Menschen hätten den Drang nach dem ratio
nalen Entscheiden und nach dem größeren Wissen nicht gehabt, wo wären wir
dann! Ist es also möglich, diesen Drang, der zutiefst in der menschlichen Na
tur begründet liegt, in einem solchen Gebiet wie dem Wirtschaften anzuwenden?
Ich möchte mit "Ja" antworten mit den Einschränkungen, die sich auch aus der
menschlichen Unzulänglichkeit ergeben.
10 Grußworte
Eine weitere Frage, die sich uns aufdrängt: Paßt das Planen in unser
Wirtschaftssystem? Auch hier kann die Antwort nur "Ja" lauten. Denn Planen
heißt nichts anderes, als sich systematische Überlegungen über Zielsetzungen
und über die Zielverfolgung zu machen. Allerdings hat die Unternehmenspla
nung nur dann einen Sinn, wenn der Staat der Planerei für die Unternehmen
enträt. Wenn Sie in den Unternehmen nur Vollzugsorgane eines staatlichen
Planes wären, dann könnten Sie sich allenfalls Gedanken über die Technik
machen - also wie das, was Ihnen als Auftrag gegeben wird, möglichst sinn
voll durchgeführt wird -; die eigentliche Gestaltungsmöglichkeit hätten Sie
dann nicht. Deswegen bin ich der Überzeugung, Planung im Unternehmen ist
gerade dann geboten, wenn der Staat nicht "plant".
Ihre Planungsarbeit wird also zu einem guten Teil darauf beruhen, daß es
gelingt, mindestens realistische Annahmen zu erarbeiten, noch besser natür
lich, Daten zu bekommen, d. h. also Unterlagen für rationale Entscheidungen.
Es gibt feste Daten, die Sie positiv oder negativ beurteilen. Es gibt variable
Daten, auf die Sie Einfluß nehmen können, wobei Sie sich darüber im klaren
sind, daß Ihr Einfluß möglicherweise Gegeneinjlüsse hervorruft.
Es bleibt vielleicht eine Größe besonders zu erwähnen, die sehr eng mit dem
Staat verbunden ist, nämlich alles, was mit der staatlichen Haushaltswirtschaft
zu tun hat. Hier wäre es sicherlich erwünscht, wenn die Dinge nicht ganz so
geheimnisvoll wären, wie sie tatsächlich gehandhabt werden. Das ist aber ein
Wunsch an die Zukunft; denn wir sind leider politisch noch nicht so weit, daß
wir alles das, was dort an Möglichkeiten besteht, voll ausnützen können.
Bitte denken Sie an die öffentlichen Haushalte: Wenn irgendeine Zahl im
Raume steht, so gilt sie als unverbindlich. Der eine sagt: Das ist die Ausgangs
basis, die jetzt hochgetrieben werden muß; der andere sagt, das ist die obere
Grenze, die kaum erreicht werden kann. Und was vielleicht noch wichtiger ist,
keiner der unmittelbar Beteiligten ist bereit anzuerkennen, daß im öffentlichen
Haushalt dauernd Zielkonflikte ausgetragen werden, die zu lösen mehr die
Aufgabe des Staatsmannes als des Politikers sein sollte. Die Verstrickung in
den Niederungen des politischen Alltags führt also dazu, daß wir im öffent
lichen Haushalt noch nicht die Aussagen machen können, die wir eigentlich
machen sollten. Wir stehen hier noch vor einer Entwicklung, die wir - glaube
ich - in die Wege leiten sollten. Sie würde auch Ihre Arbeit sehr gürv
stig beeinflussen, insbesondere wenn Sie sich vor Augen stellen, daß die
öffentlichen Haushalte insgesamt rund 40 % des Sozialproduktes beanspruchen.
Die Entwicklung des öffentlichen und privaten Bedarfes ist aber sicherlich nur
ein Teil des Gedankengebäudes; das Fundament ist und bleibt der
Satz der alten Griechen: Erkenne dich selbst! Was immer und ewig die Ange
legenheit des Unternehmens gewesen ist: Latente Bedürfnisse zu erkennen,
latente Möglichkeiten zu entdecken; vorausschauend das zu tun, was an Ent
wicklungsarbeit, was an Vorbereitungen im Bereich der Ausstattung mit Appa
raten, Maschinen und Anlagen, aber auch das, was im Bereiche der Ausbildung
erforderlich ist, wird Ihnen niemand abnehmen können. Es geht jedoch darum,
auch die vernünftige Entwicklung des Bedarfes im breitesten Sinn des Wortes
in den Griff zu bekommen.
Ich habe versucht, Ihre Arbeiten in einen größeren Zusammenhang hinein
zustellen, und würde mich freuen, wenn ich damit einige Anregungen gegeben
hätte.
Unternehmensplanung und Rationalisierung
aus unternehmerischer Sicht
Von Dr. e. h. E. W. Mo m m sen, Vorstandsvorsitzer des RKW,
Vorstandsmitglied der Phönix-Rheinrohr A.-G., Düsseldorf
Ich möchte zunächst dem AGPLAN-Vorstand für seine Einladung danken und
meiner Freude darüber Ausdruck geben, auf der heutigen 9. AGPLAN-Tagung
einige Worte an Sie richten zu dürfen. Das Thema, das Sie auf der gedruckten
Einladung vor sich sehen, ist mit Bedacht so gewählt worden, denn es gibt mir
Gelegenheit, in zweifacher Funktion zu Ihnen sprechen zu dürfen: einmal als
Vorstandsvorsitzer des Rationalisierungs-Kuratoriums der Deutschen Wirt
schaft (RKW) , und zum anderen als Vorstandsmitglied eines großen deutschen
Unternehmens.
Lassen Sie mich zunächst elmge Worte zum Zusammenhang "Planung und
RKW" sagen. Der Gesamtvorstand des RKW - in dessen Namen ich Sie heute
gleichfalls begrüße - hat im Jahre 1962 auf Anregung des Bundesausschusses
Betriebswirtschaft (BBW) die Unternehmensplanung zu einer Schwerpunkt
aufgabe des RKW erklärt. Er tat dies aus der Überzeugung heraus, daß in der
damaligen - und heutigen - Situation des ständig zuneh:nenden technischen
Fortschrittes, des sich verschärfenden Wettbewerbs nicht nur innerhalb Euro
pas, sondern auch aus den USA und Ostasien, des steigenden Mechanisierungs
und Automatisierungsgrades und der entsprechenden Auswirkungen auf Um
sätze, Kosten und Gewinne der Unternehmen eine intensivere Vorausschau im
einzelbetrieblichen Bereich unerläßlich sei. Das Bundeswirtschaftsministerium
hat die Bedeutung dieser Aufgabe besonders für Mittelbetriebe anerkannt; ich
möchte dem Bundeswirtschaftsminister und den hier anwesenden Vertretern
seines Ministeriums ausdrücklich dafür danken, besonders meinem Vorredner,
Herrn Ministerialdirektor Dr. Schiettinger, für seine würdigenden Worte und
die Zusage, diesen wichtigen Ansatzpunkt der Rationalisierung zu fördern.
Das RKW hat sich zwischenzeitlich in vielfältiger Weise um die weitere Ver
breitung des Planungsgedankens bemüht. Es wurden Praxisbeispiele fort
schrittlicher Gesamtplanungen aus amerikanischen, deutschen und schweizeri
schen Unternehmen gesammelt und veröffentlicht, die zugleich die Differen
ziertheit der Methoden je nach Branche und Betriebsgröße bekunden; eine
gezielte Sammlung und Verbreitung einschlägiger aus- und inländischer Lite
ratur-Informationen findet statt; in Sachverständigenkreisen wurde mit Unter
nehmern, Praktikern und Beratern ein RKW-Planungsrahmen geschaffen,
der die Grundlage für die Zusammenfassung der Teilpläne aus Absatz, Produk
tion, Entwicklung, Finanzierung usw. zu integrierter unternehmerischer Pla
nung bildet. Tonbildschauen und Einführungsbroschüren zur Unternehmens
planung wurden entwickelt, die in neu gebildeten regionalen Erfahrungsaus-